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Spaceman
Eigentlich bin ich ein freundlicher, gutmütiger, gütiger, höflicher, vernünftiger und mitfühlender Mensch. Aber es gibt einen kleinen Teil in mir, der ist immer noch zutiefst verbittert, zynisch, gehässig und voller Wut auf die Welt, die Menschen und mein völlig verunglücktes Leben. Es gab Zeiten, da war dieser Teil groß und teilweise charakterbildend. Heute ist er nur noch klein und selten zu sehen. Aber manchmal bricht er dennoch hervor und dann benehme ich mich völlig daneben. Ich werde gedanklich und sprachlich feindselig, boshaft, fies, verliere die Kontrolle über meine Sprache und fange an zu pöbeln.

Ich weiß nicht, was diesen Zustand triggert oder begünstigt, aber wenn ich aus diesem Zustand wieder aufwache, fühle ich mich hundeelend. Ich heule aus Scham und Abscheu über mich und diesen widerlichen kleinen Dämon, der da in mir haust. Dieser Teil ist nicht nur fies gegenüber anderen, sondern auch für mich sehr gefährlich, denn anschließend gehen diese gefährlichen Gedanken wieder los: Man kann mich auf Dauer gar nicht mögen. Egal, ob Bekannte, Freude oder Partnerin, früher oder später werden sie diesen Teil zu sehen bekommen und sich zurecht von mir abwenden. Dann werde ich wieder alleine, verlassen und einsam sein und das wird nie aufhören.


Kennt irgendwer dieses Problem? Weiß jemand einen Rat, wie ich diesen Teil endgültig loswerden oder zumindest noch weiter abschwächen oder besser kontrollieren kann?

29.10.2022 23:15 • 13.11.2022 x 10 #1


135 Antworten ↓


P
Du kannst es nur loswerden, indem du es integrierst.
Schwieriger Satz. Ich empfehle, ihn langsam zu verdauen ...

Ich habe so was Ähnliches (?). Ich bin der netteste Mensch auf diesem Planeten. Doch wenn mir jemand irgendwas Negatives unterstellt oder wenn sich jemand in der Öffentlichkeit daneben benimmt, tendiere ich zum Überreagieren. Ich mache seit über einem halben Jahr - wegen Unterbrechungen ist es eher ein Dreivierteljahr - eine Art Aggressionsberatung.

Der erste Schlüssel, nicht mehr auszurasten und rumzupöbeln - ich denke mal, es geht dir vor allem um Vermeidung solcher Ausraster -, ist, es zunächst nicht negativ zu bewerten! Die Aggression an sich ist überhaupt nicht übel. Sie zeigt, dass du aufbegehrst und dich nicht unterkriegen lassen willst. Wir müssen nur lernen, unsere Aggression vernünftiger auszudrücken.

Also die erste Übung wäre: Bewusster pöbeln!

Wenn dir das gelungen und du es genossen hast, wäre der zweite Schritt, die Aggression deutlich ANGEMESSENER zu äußern.

Beispiel Partnerschaft: Man schreit den Partner besser nicht einfach an. Man erhöht nicht, nur weil man genervt ist, deutlich die Lautstärke. Sondern sagt Ich-Botschaften wie: Ich fühle mich unwohl, wenn ... Mir ist es zu viel, wenn ... Ich bin sauer auf dich, weil du ... Man kann den Anderen auch ernsthaft um Hilfe bitten, um Ruhe bitten, um Verständnis bitten. Und ihm dabei die Wahl lassen, wie er reagiert.

Damit bekommt man etwas Druck vom Kessel.

Der Dämon auf deiner Schulter ist jedenfalls ein guter Kumpel von dir. Begrüße ihn als solchen. Heißt ja nicht, alle seine Vorschläge gutzuheißen. Aber je mehr du ihn nett behandelst, desto eher wird er überflüssig. Ist so meine These.

29.10.2022 23:42 • x 10 #2


A


Der schlechte, böse Teil in mir - wie soll ich damit umgehen

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P
Nachtrag: Bewusster pöbeln macht man besser so, dass der Andere es nicht hört! Also z.B. hinterm Lenkrad im Auto rumbrüllen und hemmungslos ausfallend werden. Gute Übung!

29.10.2022 23:50 • x 4 #3


C
Ja, die Antwort von @PQhope ist super.
Wir sind eben immer auch aggressiv und je mehr einem das bewusst ist, desto besser ist es und desto besser kann man auch mit dieser Aggression umgehen.
Aggression ist ein normaler Teil unserer Grundausstattung, das wird im Westen gerne mal verdrängt, da macht man daraus einen grundsätzlichen Charakterfehler.
Es ist schön und sinnvoll, wenn wir die Aggression kontrollieren können, am besten geht das, wenn man sie, wie der Kollege schreibt, in die eigene Psyche integriert.

30.10.2022 07:48 • x 4 #4


Moelli80
Hallo das kenne ich auch,
Hab es aber nie Therapiert.
Ich lebe mit meinen Dämonen und Sie sind ein Teil von mir, dass muss man akzeptieren.

Meine Frau, Familie und Freunde kennen es aber. Sie akzeptieren mich so.
Es kann manchmal nur was kleines sein und ich übertreibe den völlig und Pöbel, reg mich völlig auf und später wird mir klar, oh war ja nichts schlimmes, aber hatte mich total reingesteigert.
Meine Frau beruhigt mich meistens und erinnert mich, du steigerst dich wieder zu sehr rein usw., meist komme ich den wieder runter.
Es können Nachrichten aus den Medien sein, jemand hat was falsches gesagt usw.
Zur Zeit reg ich mich furchtbar über meine Frau Ihre Arbeit auf

Es gibt Tage da wache ich auf und habe sofort ein schlechtes Gewissen und überlege, hab ich gestern wieder was falsches gesagt (gemacht).
Meistens ist den aber nichts gewesen.

Eine Person die ein runterbringt, bzw. Es kann, ist ein Segen dabei.
Vielleicht findest ja auch eine, die du anrufen kannst oder auch ein Partner der dir dabei hilft.

Sport bringt mich auch manchmal runter.

Meine Frage dazu.
Hattet Ihr auch eine sehr schlechte Kindheit mit Schlägen, gefühlskälte usw. ?

30.10.2022 08:07 • x 1 #5


kritisches_Auge
Zitat von Spaceman:
Heute ist er nur noch klein und selten zu sehen. Aber manchmal bricht er dennoch hervor und dann benehme ich mich völlig daneben. Ich werde gedanklich und sprachlich feindselig, boshaft, fies, verliere die Kontrolle über meine Sprache und fange an zu pöbeln.

Bevor ich etwas falsch verstehe möchte ich lieber nachfragen, du wirst nicht nur gedanklich feindselig und fies sondern läßt deinen Unmut an anderen aus?

Wer sind diese anderen, sind sie enge Bezugspersonen oder weitläufige Umwelt?

30.10.2022 09:21 • x 1 #6


Lina60
Lieber @Spaceman, Du hast hier so viele gute Ideen, Verständnis und nützliche Tips erhalten, dass ich nur noch ein Wort, das mir in den Sinn kommt, beifügen möchte : DISZIPLIN

30.10.2022 10:01 • x 3 #7


moo
Hi Spacy,

wenn man dem Ego in den Steiß tritt, darf man sich nicht wundern, wenn es hin und wieder zurückschlägt .

Da ich von Persönlichkeitsanteilen nichts halte, gibt es m. E. auch nix zu integrieren oder anzuerkennen. Im therapeutischen Sinne therapiere ich ja nicht mich sondern es wird Unheilsames nach und nach vermindert und Heilsames nach und nach vermehrt.

Es liegt in der Natur des Unheilsamen, dass es sich nicht ohne Widerstand einfach auflösen lässt. Zuviel kompensierende Wirkung hat es ja als Sedativum im Geist etabliert. Wenn die D roge (Unheilsames) durchschaut wird, kann es übergangsweise sehr ungemütlich werden. Ist nicht viel anders als beim Absetzen von Benzos (um es schlichter zu formulieren).

30.10.2022 10:25 • x 2 #8


C
Zitat von moo:
Da ich von Persönlichkeitsanteilen nichts halte, gibt es m. E. auch nix zu integrieren oder anzuerkennen.

Inwiefern hältst Du nichts davon, wenn ich fragen darf?
Du scheinst ja ein durchaus reflektierender Mensch zu sein, wirst also Deine Gründe haben.

30.10.2022 10:28 • x 1 #9


Hotin
Zitat von Spaceman:
Eigentlich bin ich ein freundlicher, gutmütiger, gütiger, höflicher, vernünftiger und mitfühlender Mensch.


Guten Morgen Spaceman.
Wenn Du ein überwiegend gutmütiger Mensch bist, hast Du vermutlich eine wunderbare Lebenseinstellung
und persönliche Grundlage.
Kein Mensch kann aber immer nur gutmütig, höflich und mitfühlend sein.
Ist der von Dir beschriebene Teil wirklich so schlecht und böse? Warum denkst Du das?

Zitat von Spaceman:
Aber es gibt einen kleinen Teil in mir, der ist immer noch zutiefst verbittert, zynisch, gehässig und voller Wut auf die Welt, die Menschen und mein völlig verunglücktes Leben.

Was können die anderen Menschen (allgemein gesehen) und was kann die Welt, allgemein gesehen,
dafür, dass Dein Leben bisher unglücklich verlaufen ist?

Zitat von Spaceman:
Aber manchmal bricht er dennoch hervor und dann benehme ich mich völlig daneben. Ich werde gedanklich und sprachlich feindselig, boshaft, fies, verliere die Kontrolle über meine Sprache und fange an zu pöbeln.

Findest Du mehr, dass Du zu böse und feindselig reagierst oder beklagen sich andere Menschen vor
allem darüber?

Zitat von Spaceman:
Dieser Teil ist nicht nur fies gegenüber anderen, sondern auch für mich sehr gefährlich, denn anschließend gehen diese gefährlichen Gedanken wieder los: Man kann mich auf Dauer gar nicht mögen.

Zitat von Spaceman:
Egal, ob Bekannte, Freude oder Partnerin, früher oder später werden sie diesen Teil zu sehen bekommen und sich zurecht von mir abwenden. Dann werde ich wieder alleine, verlassen und einsam sein und das wird nie aufhören.

Ich glaube nicht, dass sich Bekannte und Freunde von Dir abwenden werden. Warum sollten sie das?
Ist das nicht unlogisch? Du bist doch meistens freundlich und hilfsbereit.

Zitat von Moelli80:
Es gibt Tage da wache ich auf und habe sofort ein schlechtes Gewissen und überlege, hab ich gestern wieder was falsches gesagt (gemacht).

Dies halte ich für eine überwiegen verständliche, also normale Reaktion. Jeder Mensch macht immer mal
etwas, von dem er später sagt. Nochmal würde ich das so nicht machen. Rückblickend gesehen,
war meine Reaktion falsch. Solche Fehler werden von anderen Menschen meistens mehr oder
weniger akzeptiert und haben selten gleich negative Auswirkungen.
Wir Menschen machen alle täglich Fehler. Du also auch. Deshalb versuche zu akzeptieren,
dass Du immer mal etwas machst, was andere falsch finden.
Woher kommt Dein hoher Anspruch an Dich selbst, immer alles richtig machen zu wollen?
Hat es einen religiösen Hintergrund?
Oder ist es wirklich hauptsächlich nur eine Angst davor, nicht gemocht zu werden und allein gelassen zu
werden?

Wenn Du das möchtest, kannst Du nach und nach erreichen, diesen hohen Anspruch an Dich selbst
so abzuschwächen, dass Du Dich damit wesentlich besser fühlst.

30.10.2022 11:09 • x 3 #10


Moelli80
Zitat von Hotin:
Woher kommt Dein hoher Anspruch an Dich selbst, immer alles richtig machen zu wollen?
Hat es einen religiösen Hintergrund?
Oder ist es wirklich hauptsächlich nur eine Angst davor, nicht gemocht zu werden und allein gelassen zu
werden?

Religiös bin ich gar nicht.

Alles richtig machen, der Anspruch kommt denke ich aus meiner Kindheit.
Irgendwie war da immer alles falsch was ich gemacht habe und war auch an sämtlichen Sachen schuld.
Es gab auch immer schöne Bestrafungen, aber sowas möchte ich nicht veröffentlichen.

30.10.2022 12:08 • x 3 #11


Hotin
Zitat von Moelli80:
Alles richtig machen, der Anspruch kommt denke ich aus meiner Kindheit.
Irgendwie war da immer alles falsch was ich gemacht habe und war auch an sämtlichen Sachen schuld.
Es gab auch immer schöne Bestrafungen, aber sowas möchte ich nicht veröffentlichen.

Millionen von Menschen kennen soetwas aus ihrer Kindheit. Ich finde es etwas schwierig, sich davon zu
lösen. Aber es geht, wenn Du verstehst, wie und warum es entstanden ist. Und auch wenn Du verstehst,
wie wir Menschen uns selbst beeinflussen können.

30.10.2022 12:18 • x 2 #12


Moelli80
Zitat von Hotin:
Millionen von Menschen kennen soetwas aus ihrer Kindheit. Ich finde es etwas schwierig, sich davon zu lösen. Aber es geht, wenn Du verstehst, wie ...

Das Wie und Warum, ist so eine Sache.
Verstehen nicht warum es passiert ist, aber bin schon bei einer Therapie und hoffe die hilft.
Momentan ist leider nur so viel zum aufarbeiten, weil mein Körper psychosomatisch bedingt streikt.
Deshalb wurde auch erstmal eine Reha beantragt, die schon genehmigt wurde.

30.10.2022 12:42 • x 1 #13


Hotin
Zitat von Moelli80:
Momentan ist leider nur so viel zum aufarbeiten, weil mein Körper psychosomatisch bedingt streikt.

Oft gibt es da gar nicht so viel aufzuarbeiten. Wenn Du den richtigen Abzweig in Deinen Gedanken
gefunden hast, ändert sich sehr viel wie von allein.
Stell Dir unsere Gedankenwelt etwa so vor, wie ein großer Baum wächst.
Wenn Du über die Äste redest, die scheinbar in eine ungüstige Richtung wachsten, dann sind es viele.
Wenn es Dir aber gelingt, herauszufinden, welcher große Ast in eine unglückliche Richtung gewachsen ist,
dann kannst Du vieles verbessern, wenn Deine Gedanken in Zukunft nicht mehr überwiegend diesem
einen Ast folgen.
Führe Deine Gedanken zukünftig über andere, für Dich besser zu gebrauchende Äste.
Dadurch ändert sich häufig erstaunlich viel innerhalb kurzer Zeit.

30.10.2022 12:55 • x 3 #14


kritisches_Auge
Ich wünschte, Spaceman würde sich wieder melden und etwas dazu sagen, wie sich seine Aggression äußert.

30.10.2022 14:14 • x 3 #15


laluna74
Kein Mensch hat nur gute Anteile, man sollte einfach nicht zu streng mit sich sein.

Aber gut, wahrscheinlich sehen das die meisten hier wieder ganz anders.

30.10.2022 14:27 • x 6 #16


E
Nein, das sehe ich auch so, life74. Solange die bösen Anteile keine Extreme (Totschlag z.B.) annehmen und kontrolliert sind, sind sie doch völlig OK. Hätte ich gestern gut gelaunt sein sollen, wenn man für eine Bahnstrecke von knapp einer Stunde mehr als die vierfache Zeit benötigt und wirklich maaaassenhaft von bräsigen, asozialen, lauten Idioten umgeben war (der Pott kommt mir immer vor wie FFM/Berlin/Bronx)? Bestimmt nicht. Da bekam der Stahlmülleimer mal 'nen leichten Tritt und dann ist es auch wieder gut. Asozial aus der Sicht von anderen? Mag sein, mir völlig egal. Es ist eh nur ein winziger Teil der Persönlichkeit; Emotionen müssen (sollen) raus.

Gerade Aggressionen werden uns (Männern) aberzogen im Zuge der Verweichlichung der 2010er Jahre, dabei sind sie männlich und menschlich. Deutscher Fußball hat daher Eier wie ein Eunuch (keine Trikots ausziehen beim Jubeln, keine Rudelbildungen, am besten nicht auf den Rasen spucken usw.): Gar keine.

30.10.2022 14:59 • x 2 #17

Sponsor-Mitgliedschaft

kritisches_Auge
Eine leichte Tendenz Männer kas trieren zu wollen meine ich auch manchmal festzustellen.
[ Vor allen Dingen ärgert es mich, wenn eine Frau schreibt, dass sie gerne dem Mann eine knallen wollte oder es schon getan hat, sagt niemand etwas, schriebe das ein Mann, gäbe es einen Sturm der Entrüstung.
Es ist immer ein Armutszeugnis jemandem eine zu knallen, das gilt für beide Geschlechter.]

Ja, Spaceman, mich würde wirklich interessieren was dein böser Teil tut wenn er die Oberhand gewinnt.

30.10.2022 15:58 • x 4 #18


I
Meine böse Seite liegt darin, Dinge zu äußern, die ich besser für mich behalten sollte.
Ich trainiere das gerade, klappt nicht immer, aber immer öfter.

30.10.2022 18:05 • x 1 #19


kritisches_Auge
Gerade diese kritischen Äußerungen mag ich an dir.

30.10.2022 18:30 • x 2 #20


A


x 4


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