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Hallo,
Ich möchte kurz eine Frage stellen, und gerne auch an Meinungen anderer teilhaben wollen:

Ich arbeite in der Produktion. Gleichzeitig erfülle ich die Doppelfunktion, dass ich Maschinen intern reparieren muss, die die Produktionsleute versehentlich kaputtmachen.


Obwohl ich diese Leute sehr mag, sind sie sehr engstirnig unterwegs. Als letztens eine kleine Reparatur anstand, die ohne Probleme vom Produktionsmitarbeiter selbst hätte erledigt werden können, beharrte er darauf, dies nicht zu tun (Arbeitsverweigerung). Der Chef wiederum gab dem ganzen nach und drückte mir dann die Arbeit auf, obwohl mir das Wasser schon bis zum Hals stand.

Ein Teil meiner Arbeitskollegen ist mit mir privat befreundet.
Ich möchte solche Situationen mit einer gewissen Reife und Distanz betrachten und versuche immer den Standpunkt des anderen zu verstehen. Mittlerweile habe ich aber Mühe, meinen befreundeten Arbeitskollegen privat zu begnegnen, weil ich mich innerlich unglaublich über diese Engstirnigkeit aufrege. Aber ich habe meine Meinung bereits anständig und freundlich kundgetan, wurde aber nur belächelt.

Hat jemand einen Tipp für mich, oder einen Gedankenanstoss und ob ich diese Situationen vielleicht sogar komplett falsch betrachte?

Gruss

14.10.2023 10:06 • 14.10.2023 #1


11 Antworten ↓


Es hat schon einen Sinn, dass man Abläufe in einem Unternehmen einhält. Es ist deine Aufgabe, du wirst dafür bezahlt und hast sicher dafür in der Produktion weniger zu tun. Diesmal ist es eine kleine Sache, die der Kollege für dich übernehmen soll. Wenn es einen Ausnahme bleibt, sicherlich kein Problem. Aber solche Sachen haben die Tendenz, sich auszuweiten. Ich sage nicht, dass du persönlich das ausnutzen würdest und ihm das nächste Mal auch wieder eine Aufgabe zuschiebst, die eigentlich deine wäre. Aber allgemein läuft es oft so und schon hat man ein Gerangel um Aufgaben und Kompetenzen.

Das vermeidet man, in dem jeder das tut, für was er eingeteilt ist.

Wenn es ganz doof läuft, vernichtest du am Ende deinen eigenen Job damit. Kleinere Sachen machen die Kollegen selbst und für den Rest holt man einen Externen. Wäre nicht das erste Mal, dass so was passiert. Habe ich gerade in meiner Nähe so beobachtet.

Zitat von Angstmensch:
beharrte er darauf, dies nicht zu tun (Arbeitsverweigerung).


Wenn es deine Aufgaben ist, dann war es keine Arbeitsverweigerung. Ganz streng genommen wäre es eine Arbeitsverweigerung von dir gewesen. Das ist wahrscheinlich nicht das, was du hören wolltest, nehme ich an.

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Herausfordernde zwischenmenschliche Dynamiken im Beruf

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Zitat von Angstmensch:
Der Chef wiederum gab dem ganzen nach und drückte mir dann die Arbeit auf, obwohl mir das Wasser schon bis zum Hals stand.


Hier musst du ansetzen. Wenn du überfordert bist, weil Doppelbelastung, dann kläre das mit dem Chef.

Zitat von Angstmensch:
Ich arbeite in der Produktion. Gleichzeitig erfülle ich die Doppelfunktion, dass ich Maschinen intern reparieren muss, die die Produktionsleute versehentlich kaputtmachen.

Wie kam es zu dieser Doppelfunktion? Steht sie (inzwischen) so in der Stellenbeschreibung Deines Arbeitsvertrages?

Wenn ich alles, was die Kollegen an mich abdrücken, als Arbeitsverweigerung betrachten würde, wäre außer mir wahrscheinlich keiner mehr im Unternehmen, da alle wegen Arbeitsverweigerung gekündigt wurden Irgendjemand muss es ja machen und wenn es kein anderer macht, dann bist du es halt. So läuft es nun mal, wenn man im TEAM arbeitet. Wenn das nichts für dich ist, dann musst du dich selbstständig machen - da bist du dann allein verantwortlich.

Hallo Angstmensch,

Was Du sagst kannst Du versuchen anders zu sehen, must Du aber nicht.
Einiges wurde hier auch schon beschrieben.
Zum einen ist es Deine Aufgabe die Maschinen zu reparieren.
Einfach gestrickte Arbeiter reparieren auch deswegen manchmal nicht selbst,
weil in der Zeit, wo die Maschine steht, haben sie Pause.
Auch ich würde es nicht Arbeitsverweigerung nennen. Ihre eigentliche Arbeit machen sie ja.
Die Kollegen verhalten sich nicht unbedingt engstirnig. Mit ihrem Verhalten möchten sie etwas bestimmtes erreichen.
Falls es nicht, Pause machen ist, dann werden sie einen anderen Grund dafür haben.

Guten Tag zusammen,
vielen Dank für eure Inputs!
Die Arbeit habe ich noch nie verweigert. Bin auch kein fauler Mensch, falls das so rüberkam.
Die Doppelfunktion steht nirgends im Vertrag. Es wird einfach von mir erwartet, dass ich Produktion und die Reparaturen zu 100% mache. Dies aus dem Grund, weil ich durch meine Ausbildung mehrere Berufe abdecken kann. Dafür bekomme ich aber weder mehr Lohn noch sonst irgendwas (bin ich selber Schuld).

Ich möchte kurz ein Beispiel geben (auch wenn es sich hier gerade nicht um eine Maschinenreparatur handelt, aber es kommen auch solche Sachen vor):
Produktionsmitarbeiter bemerkt ein scharfkantiges Bauteil. Die restlichen Bauteile sind in Ordnung.
Der Qualitätsverantwortliche kommt auf Platz und klärt die Sache ab. Es wird bemerkt, dass die Bauteil-Kanten mit ein paar Feilenstrichen gebrochen werden können und es keinen Sinn macht, nur ein Bauteil zurückzuschicken, da es gerade dringend gebraucht wird.
Der Produktionsmitarbeiter, welcher Werkzeug und Feilen in vollem Umfang besitzt, kommt zur Aussage, dass dies nicht seine Arbeit ist.
Ich (gleiche Funktion wie Produktionsmitarbeiter), werde von meiner Arbeit abgezogen und feile das Bauteil. Meine Arbeit muss ich aber auch machen. Das ist ja eigentlich kein Problem, wenns schnell geht, jedoch häufen sich die Sachen über die Woche.

Ich finde, man könnte da den gesunden Verstand verwenden und solche Lapalien auch mal selbst in die Hand nehmen. Aber ich verstehe auch, dass man in der Produktion nicht angestellt ist, um Sachen zu feilen, sondern Sachen zusammenzubauen.

Ich habe einfach den Charakter, dass ich lösungsorientiert handle. Ich habe schon viele Sachen gemacht, welche nicht zu meinem Aufgabenfeld gehören, ohne mich zu Beschweren. Den ich war mehrmals im Leben Bereichsleiter gewesen, verstehe meinen Chef ja auch.

Aber ich sehe, was ihr mir da sagen möchtet. Nochmals vielen Dank.

Zitat von Angstmensch:
Ich habe einfach den Charakter, dass ich lösungsorientiert handle.

Den habe ich auch und das war mit ein Grund dafür, dass ich einen Burnout entwickelte. So sehr ich Deine Einstellung schätze - Du wirst langfristig ausgenutzt und sobald Du das dann mal deutlich zur Sprache bringst, ist man Dir auch noch böse...

Viele Mitarbeiter ducken sich bei jeglicher Zusatzaufgabe und stellen sich lieber zu unfähig als zu fähig. So schaffen sie es, weiterhin das Minimalprinzip zu leben (= gesetzte Vorgaben mit dem geringstmöglichen Aufwand zu erfüllen). Die hohe wirtschaftliche Stellung am Weltmarkt hat diese Entwicklung lange indirekt gefördert, nebst der neuerlichen Übermacht des Gewerkschaftsgedankens. Ich schätze, lange können wir uns diesen Anspruch - (ich arbeite bis hierher und keinen Millimeter weiter) nicht mehr leisten.

Danke auch Dir für deinen Input @moo

Ich weiss nicht, ob das bei mir ein Burnout war, aber ich hatte einen kompletten Zusammenbruch im April.
Da ich mich für meinen Zustand geschämt habe, bin ich zur Geschäftsleitung und habe mich einen Monat unbezahlt freistellen lassen, damit ich den Kontakt zu meinem Psych. wiederherstellen konnte und auf einen Termin warten konnte.
Selbst die Geschäftsleitung riet mir an, mich einfach krankschreiben zu lassen. Sowas selbst zu zahlen sei ja nicht mehr normal.

Aber eben... entweder ich krieg' da die Kurve, oder das wird böse enden.

Naja, bei mir hat es böse geendet. Aber nur bei oberflächlicher Draufsicht. Letzten Endes bin ich froh, dass es mir damals (2015) den Stecker zog. Ist sicher nicht für jeden gut aber weiter geht es immer irgendwie.

Ich finde es immer noch schade, dass meistens die - ich sag´s jetzt mal ganz flapsig - Guten zusammenbrechen, wie Du es ausdrückst. Oder zumindest sind es meistens die, die sich kümmern, selber mitdenken, Verantwortung übernehmen, echt und gerne was leisten, mit Herz und Verstand dabei sind usw.

In einer der ersten Gruppensitzungen fragte die Thera-Tante, weshalb es wohl genau uns getroffen hat. Das war eine ziemlich provokante Frage...warum eigentlich ich? (Betonung auf warum ...)

Da habe ich viel gelernt, was mir erstmal ziemlich unsympathisch ankam. Irgendwie wollte uns die Thera unterjubeln, wir seien selbst Schuld. Irgendwann merkte ich, nö - nicht schuld, sondern zuständig (für die Burnout-Entwicklung) - ein großer Unterschied. Das stellte dann diese ganze Schuld-Kiste erst mal komplett auf den Kopf und statt einer Schuld-Suche begann eine Möglichkeiten-Suche.

Ich finde einen Mix aus Analyse, Verhalten und genereller Sinnsuche für mich sehr passend. Mein Beruf stand mir eigentlich zeitlebens im Weg oder besser, ich arrangierte mich notgedrungen damit. Irgendwann wurden die Umstände in dieser Branche immer unerfreulicher - Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter, digitale Entwicklung, Beschleunigung, Effizienz, Bürokratie, Technik und unendlich viel mehr. Ich war nicht mehr der Chef, sondern der letzte Knecht für meinen Laden.

Sicher kennst Du ähnliche Gedanken. In der Thera-Gruppe hatten wir zwar alle unterschiedliche Jobs aber die eben beschriebene Struktur war sehr ähnlich. Entweder hat sich der Job durch äußere Umstände stark verändert oder wir selber entwickelten uns weg davon. Letztlich saßen da nur noch Zombies im Raum - Jeder und Jede völlig fertig mit Beruf, Familie, Eltern, Haus und was weiß ich.

Heute backe ich superkleine Semmeln im Vergleich zu früher. Meine Eltern und mein Bruder sind inzwischen gestorben, von ca. 200 ständigen Bezugspersonen blieben vielleicht noch heute 10, wohne wo anders, nicht mehr in der Stadt sondern am Dorf, mache Büroarbeit für mich und andere, ganz nach meinem Gusto und probiere nebenher, mit dem verfügbaren Geld ein wenig intelligent zu haushalten. Letzteres ist nicht ohne, aber auch sehr interessant.

Ich erzähle das alles deshalb: es gibt dieses (vermeintlich) andere Leben. Und oft wird es erst durch unsere psychische Krankheit ermöglicht - so crazy das klingt.

Zitat von Angstmensch:
Der Produktionsmitarbeiter, welcher Werkzeug und Feilen in vollem Umfang besitzt, kommt zur Aussage, dass dies nicht seine Arbeit ist.
Ich (gleiche Funktion wie Produktionsmitarbeiter), werde von meiner Arbeit abgezogen und feile das Bauteil. Meine Arbeit muss ich aber auch machen. Das ist ja eigentlich kein Problem, wenns schnell geht, jedoch häufen sich die Sachen über die Woche.

Du kannst doch zu der gleichen Aussage kommen.
Hast Du das schon mal probiert? Wenn Du da eine zehntel-Sekunde zögerst, verlierst Du das
kurze Duell.
Du könntest auch sagen. Du weißt, meine Aufgabe ist das auch nicht, außerdem habe ich gerade
eine Maschine zu reparieren. Mach Du das bitte. Dann drehst Du Dich ohne zu zögern um und gehst.

Man kann solche Gespräche und die dazugehörende Körpersprache genau analysieren.
Dabei erkennst Du, was da genau abgeht.

Zitat von Angstmensch:
Ich möchte solche Situationen mit einer gewissen Reife und Distanz betrachten und versuche immer den Standpunkt des anderen zu verstehen.

Mit dieser Sichtweise hast Du eventuell schon halb verloren. Denn die anderen versuchen Deine
Sichtweise nicht zu verstehen. Somit sind es 1,5 Personen, die die Situation Deines Kollegen verstehen.
Aber versteht irgendjemand Deine Sichtweise?

Zitat von Angstmensch:
Aber ich habe meine Meinung bereits anständig und freundlich kundgetan, wurde aber nur belächelt.

Du hast also Deine Meinung dazu gesagt. Nun wissen die anderen Bescheid, wie Du denkst.
Und was passiert nun?

@moo
Vielen Dank, dass Du deine Erfahrung mit mir geteilt hast! Dein familiärer Verlust tut mir leid.
Aber ich sehe, dass Du das Leben im Griff hast, auch wenns kleinere Brötchen sind. Das freut mich!

@Hotin
Vielen Dank für deinen Beitrag!
Ich habe bislang noch nie verweigert, etwas zu tun, aber es sollte an der Zeit sein. Das eigentlich Traurige dabei ist, dass ich diese zusätzlichen Arbeiten etc. sogar noch gerne mache, sofern ich Zeit dafür habe. In meinem Leben habe ich fast nur die Arbeit, es ist ein grosser Teil meiner Lebenszeit. Auch begleitet mich die Angst, gekündigt zu werden, wenn ich mich etwas widersetze (auch diese Angst ist unbegründet).

Und wenn ich den Tag auf der Arbeit zwingend verbringen muss, versuche ich einfach alles an Arbeit durchzujagen, in der Hoffnung, dass es einfach irgendwann aufhört. Aber es hört ja nicht auf, ich bin jeden Tag von Neuem wieder da.

Ich denke, es wird weiterhin seitens betrieblicher Organisation nichts passieren. Man verhält sich da meist sehr passiv und wundert sich dann, wenn Leute gehen. Aber das ist auch anderswo oft das Gleiche.

Es bleibt für mich einfach noch die Frage im Raum, ob ich zukünftig noch mit den Leuten private Unternehmungen machen will. Aber das muss ich dann irgendwie herausfinden

A


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