Hallo Julchen,
habe jetzt nicht alles gelesen, möchte dir aber kurz meine Erfahrungen schildern.
Eine echte Depression hat nichts mit wetterbedingten Stimmungsschwankungen zu tun. Da bist du auch beim schönsten Sonnenschein down.
Eine Depression kann viele Gesichter haben und sich ganz unterschiedlich äußern. Grundlegend ist, dass man völlig antriebslos ist, zu nichts Lust hat, nirgends im Leben mehr Schönes erkennen und sich über nichts mehr freuen kann. Die positiven Gefühle fehlen, die negativen überwiegen. Man hat trübe, traurige und schwere Gedanken, und oft kreisen sie immer um dieselben Dinge.
Wenn die Depression stärker ist, haben viele Schlafstörungen, morgens und abends ist die depressive Stimmung schlimmer, ich hatte abends oft Unruhe in mir. Man schafft den Alltag nicht mehr, Hausarbeit wird zur Qual, kleinste Dinge sind kaum zu schaffen, alles wird wahnsinnig anstrengend und man glaubt, man hat einen Berg vor sich, den man niemals bewältigen kann. Ich z.B. konnte nicht mehr arbeiten (in die Uni, war während des Studiums), man kann sich nicht konzentrieren und erträgt keinen Druck oder Anforderungen von außen. Man hat ein Leeregefühl in sich, alles Emotionen nimmt man nur noch gedämpft wahr, wie unter einer Decke begraben, und gleichzeitig fühlt sich alles schwer an, als ob eine Bleidecke auf deiner Seele liegt. Die Wahrnehmung ist verzerrt, und wenn es arg ist, bekommt man von seiner Umgebung kaum etwas mit. Man zieht sich von Freunden und Bekannten zurück, weil man allein sein muss und keine Menschen um sich herum ertragen kann. Ich habe die Depression gleichzeitig als kaum erträglichen seelischen Schmerz empfunden, so schlimm, dass ich manchmal nicht wusste, ob er körperlich oder seelisch ist, ich dachte er reißt mich in Stücke. Ach ja, und man verliert das Urteilsvermögen, kann Dinge nicht mehr beurteilen und keine Entscheidungen mehr treffen - alles ist weg. Ich hatte Weinkrämpfe und Erschöpfungszustände, In der schlimmsten Phase war das Weinen so anstrengend, dass ich hinterher vor Erschöpfung schlafen musste! Es war furchtbar!
Suizidgedanken müssen nicht unbedingt dabei sein. Bei mir war es ziemlich schlimm und es ging mir wirklich schlecht, aber an Selbstmord habe ich nie gedacht. Ich wollte da einfach wieder raus! Obwohl ich kein wirklich religiöser Mensch bin, war das einzige, was mir wirklich geholfen hat, wenn es richtig schlimm wurde: Beten und Musik hören.
Das ganze ist über 12 Jahre her und heute geht es mir gut!
Liebe Grüße,
Grashüpfer
06.09.2015 15:15 •
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