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nelli99
Guten Morgen,
Ich wusste nicht genau in welches Thema das hier passt, ist auch mein erster Eintrag. Versuche vieles direkt zu schreiben, nicht zu umschreiben.
Zu mir: ich bin in meinen 20er Jahre und war schon immer ein offener, lebensfroher aber grüblerischer, nachdenklicher Mensch gewesen.

In meiner Vergangenheit hatte ich schlechte Erfahrungen mit Freunden gemacht. Von meinen Freunden wurde ich ziemlich enttäuscht. Seitdem habe ich keinen Kontakt mehr mit diesen Personen. Nach dieser Erfahrung lernte ich einen echt sehr netten Mann kennen. Wir kamen uns auch schnell nah, ich konnte ihm auch schnell vertrauen und zeigte erst auch echtes Interesse an mir. Mit der Zeit hatte ich aber immer mehr das Gefühl, dass er nur Interesse an einer F+ hatte, auch wenn er oft andere Signale gesendet hat, was mich echt verletzt hat. Ich hatte immer die Hoffnung, dass er sich noch in mich verliebt und habe den Kontakt deshalb gehalten. Da wir uns berufsmäßig sehr oft gesehen haben. Mit der Zeit merkte ich aber, dass es mir nicht gut tat. Vor allem die Treffen und wenn wir uns ein wenig nähergekommen sind. Bis vor ein paar Wochen hatten wir noch sporadisch hin und wieder mal Kontakt, zwischenzeitlich habe ich das für einige Wochen den Kontakt beendet, wenn. Ich merkte, dass es nicht guttat.
Der Mann meldet sich zwischenzeitlich noch, aber ich bin echt verletzt von ihm. Ich denke dass mein Selbstwert schon stark darunter gelitten hat. Vor allem aufgrund der Erfahrungen, die ich in der Vergangenheit gemacht habe. Auch durch dieses viele Nachdenken und Grübeln war ich gut darin, Probleme zu konstruieren die gar nicht da waren, einfach weil durch dieses viele Nachdenken immer mehr Aspekte dazu kamen, die mir vorher nicht aufgefallen sind. Dieses Überdenken und Grübeln kennen ja sicherlich noch mehrere Leute.

Möglicherweise habe ich auch eine Veranlagung dazu, viel Nachzudenken. Dadurch, dass ich schon irgendwie ruhig und ein Kopf Mensch bin. Eigenschaften wie sensibel zu sein oder auch eine perfektionistische Veranlagung. Von den Leistungen her muss bei mir eigentlich alles muss mindestens sehr gut sein. War immer Einser-Schülerin. Am liebsten mit vielen Leuten unterwegs, aber auch allgemein gerne mal für mich und verbringe viel Zeit in den eigenen Gedanken. Aber ich denke ich kann mich selbst wirklich sehr gut selbst reflektieren. Ich bin strukturiert und halte wie viele Menschen in meiner Umgebung auch nicht viel von Zig. und Dro., Alk. etc.

Ich habe in Verlauf der Zeit einige Ängste entwickelt. Mir ist bewusst, dass diese Ängste selbst konstruiert waren. Darunter waren z.B. die Angst, Was wäre wenn ich depressiv bin oder so werden könnte? Oder nach einem Fall von Schizophrenie in meiner familiären Umgebung fing ich an darüber zu grübeln, wie es ist so zu werden. Und die Gedanken entwickelten sich in die Richtung, Was ist, wenn ich auch so veranlagt bin und irgendwann schizophren werden könnte?

Mit einer Pulsapp auf meinem Handy, die anfangs eher als Spaß gedacht war, entwickelte ich schon so eine Art Herzangst. Es fing selten an, aber kam immer öfter, dass ich aus Neugier anfing den Puls zu messen. Irgendwann kam diese Erwartungshaltung dazu. Oder Angst, dass ich jetzt einen hohen Puls haben könnte. Nach einer Untersuchung kam heraus Ich habe: Nichts. Das hörte irgendwann auch wieder auf.

Mit der weiteren Zeit fingen manche Gedanken an in Richtung Zwang und Grübelattacken zu gehen. Zuerst waren das wieder Themen wie Depressionen, versch. Krankheiten. Als sich in meiner Umgebung eine ehemalige Freundin als bi geoutet hat, entwickelten sich Gedanken zu, Was ist wenn ich Bi bin oder werden könnte? Selbst die Tatsache, dass ich mich bisher nur zu Männern hingezogen fühlte, mir meine Märchenwelt mit Prinzen errichtete und nie Interesse an meinem Geschlecht hatte. Je nachdem wo ich gerade in meinem Leben stand, wie es mir ging und wie ich gerade drauf war, waren die Gedanken mal mehr/weniger vorhanden.

Lief es in meinem Leben gut, waren es an bestimmten Tagen Ängste in Richtung, Was wenn ich Krank bin?, Herzangst, etc.
Generell kenne ich von einigen auch die Angst, vor Neuem, Angst vor der Zukunft. Das kennen sicherlich auch einige mehr. Sobald in beruflicher Richtung sich neue Chancen öffneten, habe ich theoretisch den Kopf immer in den Sand gesteckt. Ich bin Fan von Gewohnheiten, und tue mich mit Veränderungen schwer, was mir und meiner Familie auch nicht immer guttut.


Z.b. in der Bewerbungsphase damals konnte ich mich nicht aufbringen Bewerbungen zu schreiben. Ich mochte gerne und viel Lernen, und dass diese Zeit zuende sein sollte mochte ich nicht gerne dran denken. Die Schulzeit vermittelte mir ein Gefühl von Sicherheit. Ich musste mir keine Fragen über die Zukunft stellen, es gab Kontaktmöglichkeiten. Leute um mich herum, Freundschaften.


Mit dem Zwang, mir einen Ruck zu geben, zog ich diese Phase dann doch durch. Es war nicht leicht, aber machbar. Generell kann ich mich nach einiger Zeit dazu überwinden, meine Probleme anzupacken. Zu Beginn des neuen Abschnitts hatte ich zwar einige Schulfreundschaften während dieser Zeit, aber keine hat wirklich gehalten. Durch all diese Grübelphasen sind einige gute Freundschaften weggebrochen leider.

In der Zwischenzeit fand ich eine Stelle für ein Praktikum, dass mir eigentlich als gute Ergänzung in meinem Lebenslauf vorkam. In dieser wechselhaften Zeit viel mir auf, wie sehr ich auch Probleme mit dem Telefonieren habe. Zu der Zeit wollte ich mit niemandem darüber sprechen und versuchte vor Telefonaten Texte zu schreiben, die ich dann ablas. Am Ende bekam ich auch diese tolle Stelle . Mir fiel jedoch dann auf, dass es mit jedem Üben und Versuch ein klein Wenig besser funktionierte. Also indem ich versuchte, daran zu telefonieren. Das Googlen machte es aber schlimmer.


Zu der Zeit hatte ich auch noch Kontakt dem Mann, den ich oben schon einmal erwähnte. Bevor ich die Stelle meines Praktikums antrat, trafen wir uns nochmal, weil wir uns so auch lange nicht mehr gesehen haben. Das war das letzte Mal. Seitdem nur hatten wir nur telefonischen Kontakt. Er vergaß immer wieder wichtige Termine und Vereinbarungen. Und meldete sich bald darauf wieder einmal kurz, nämlich kurz vor Weihnachten. Heute glaube ich bin ich ihm absolut nie etwas wert gewesen, nur ein Notgroschen den er anrufen konnte, wenn ihm danach war. Ich bin sehr lange gesprungen wenn er von sich aus endlich wieder nach einem Treffen fragte, heute kann ich nicht mehr. Nach diesem Treffen hatten wir sporadisch mal geschrieben…

Zu dem Praktikum: Das machte mir viel Spaß. Und auch mit allen Mitarbeitern verstand ich mich ganz gut. Ich fühlte mich zu Anfang auch sehr wohl dort, auch wenn es etwas Neues war. Ich war viel beschäftigt, und war erst auch weitgehen nicht so am Grübeln wie vorher.


Irgendwann mittendrin kamen auch die Gedanken wieder auf, unter Anderem wieder Gedanken zu bi.. Also z.b. Was ist wenn ich so werde oder bin? Auch wenn es nie Anhaltspunkte dazu gab. Sobald im TV oder im Umfeld dieses Thema erwähnt wurde, bekam ich Angst und die Fragen kamen hoch. Machte Selbsttests, las Erfahrungsberichte, hatte aber auch ständig Angst dabei, dass warum auch immer etwas auch auf mich passen könnte. Ich glaube nicht, dass LGBT schlecht ist, aber dennoch reagierte ich mit Angst und grübelte ständig um Lösungen zu finden. Als Erwähnung: In meinem Umfeld sind eben auch Leute, die LGBT angehören, mit denen ich mich auch gut verstehe, Probleme mit ihnen habe ich nicht. Und auch sie meinten, dass ich mir so viele Gedanken unnötig mache. Im Internet stoß ich auf den Begriff HOCD. Damit konnte ich mich mehr als sehr identifizieren.



Während des Praktikums lernte ich einen anderen Mann kennen, er sah gut aus und wir redeten auf dem Flur oft, wenn wir uns begegneten. Wir tauschten Nummern und schrieben, machten Treffen aus. Er war sehr interessant, ich konnte kaum abwarten mich mit ihm zu treffen. Leider sagte er das Treffen vorher ab wegen Familienproblemen und meldete sich danach auch nicht mehr. Ich wurde geghostet. Mein Selbstwert erlag ein Crash und diese Ablehnung tat meinen Grübeleien auch nicht gut. Wieso wieder ich? Ich zweifelte u.a. aufgrund dessen an mir Selbst und fühlte mich schlecht. War negativ drauf danach, und meine Gewohnheiten mit dem Denken und Prüfen meiner Gedanken wurden auch schlimmer. Sobald ich mich schlecht fühlte, dachte ich an alles was mich down brachte, auch meine Grübeleien.


Irgendwann fing ich also wieder an den Puls zu messen, zu schauen wie er den Tag über war. Dann habe ich mich darauf verschossen zu denken, dass dieser bei einer Arbeitskollegin (die ich in Richtung LGBT eingeschätzt habe), hoch sein könnte und hatte den Drang, mehrmals nachzusehen. Das hat sich verselbstständigt. Auch mit dem Lockdown der dann kam, konnte ich viel Denken und mich verängstigen. Nebenbei hatte ich noch den Zwang, mehrmals nachzuschauen ob die Lichtschalter denn auch richtig aus waren… Irgendwann prüfte ich meinen Puls anhand von Whatsapp Profilbildern. Ich prüfte mit den Pulsmessgerät mehrmals täglich länger, bei welchem Profil/Chat der Puls stieg. Ist das nicht aber im Grunde schon mit einer Erwartungsangst verknüpft? Ich habe Angst dass der Puls bei XYZ steigt, dann steigt er da auch. Bei ABC gibt es kein großes Problem, also blieb das auch normal, … So ging das mehrmals, mal mit dem ein oder anderen Ergebnis, aber ich musste, selbst bei OK Ergebnis, immer weiter machen, um zu schauen, wie es beim nächsten Mal ist. Dieses Prüfen war ohne Sinn und Zweck und belastend. Eben um zu schauen, ob es bei z.b. dieser Kollegin steigt oder nicht. Ich bemerkte währenddessen einen Druck, jetzt richtig atmen zu müssen damit es mal so oder so ist. Druck, Atmung, Stimmung, Sitzhaltung beeinflusst alles. Es nervt so dermaßen.

Ich stresse mich mit den Gedanken, verbringe stundenlang meine Zeit mit Grübeln und testen und lesen. Es raubt Energie, ich kann nicht mehr lachen, die Zeit mit meiner Familie nicht mehr genießen, weil ich im Kopf mit so viel anderem beschäftigt bin. Ich möchte einfach leben und meine Zeit genießen. Gelassen werden. Fokussiert sein, im Hier und Jetzt leben und meine Zeit genießen.

Ist es dieses HOCD? Dieser Begriff ist vor allem in Amerika schon publik, eher weniger in Deutschland. Und ich kann mich damit bisher sehr gut identifizieren.. Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass ich bi bin. Es ist nicht dasselbe, wie wenn jemand seine Orientierung sucht. Ich war schon immer interessiert an Männern und fing das Grübeln über dieses Thema nicht aufgrund von dem Wissen, irgendwas für Frauen empfunden zu haben, sondern nur aufgrund eines Vergleichs, bei dem Ich als Beispiel eingesetzt wurde an.

Sry für den langen Text.
Ich freue mich, falls doch noch eine Antwort kommt.
Hat jemand Tipps? Oder Lösungen? Denn sprechen tue ich darüber mit bisher niemandem.

17.04.2021 10:46 • 17.04.2021 x 1 #1


5 Antworten ↓


M
Zitat von nelli99:
Ich weiß nicht was ich tun soll. Ob das auch andere haben. Ist es denn Krankheit? Soll ich mir Hilfe suchen?


Mal ganz allgemein gesprochen, immer wenn der persönliche Leidensdruck so hoch ist, dass man glaubt alleine nicht mehr weiter zu kommen, dann würde ich mir Hilfe suchen, egal erstmal ob es einen klinischen Krankheitswert haben sollte oder nicht.
Dein letzter Absatz hört sich stark danach an, dass du darunter wohl sehr leidest. Mal abgesehen von deinem Wohlbefinden kann sich dies ja auch auf dein FSJ auswirken oder was du danach noch so vorhast (spreche da aus eigener Erfahrung). Würde mir im Zweifelsfall daher lieber früher als später, wenn sich deine Probleme ggf. weiter verfestigt haben, professionelle Hilfe suchen.

17.04.2021 18:02 • #2


A


Ständiges Pulsmessen und viele Selbstzweifel

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nelli99
@MichaelS Danke erstmal für deine Antwort und dass du dir das durchgelesen hast. Ich habe auch schon darüber nachgedacht einen Therapeuten aufzusuchen... ich hab mit solchen Gedanken/Grübeleien ja auch schon länger zu tun, immer mit anderen Thematiken. Jetzt ist es diese hier. Langsam ist es lästig.. vielleicht wird es doch Zeit für sowas.

17.04.2021 18:15 • #3


M
So ein Termin für eine erste psychologische Sprechstunde ist ja (zum Glück) meist recht schnell ausgemacht. Danach wird der Psychologe das weitere Vorgehen mit dir besprechen. Würde das auf jeden Fall in Anspruch nehmen, tut manchmal ja schon gut mit jmd. in natura darüber gesprochen zu haben

17.04.2021 18:27 • x 1 #4


S
Eben. Wie Michael sagt.

Und zu Tom: wenn ihr eine unverbindliche Beziehung ausgemacht habt, dann kannst Du ihn nichts vorwerfen. Er hat klipp und klar eine Ansage gemacht.

Spring nicht mehr mit ihm ins Bett, er nimmt das nur als Plus mit hin. Er mag Dich bestimmt aber er will nichts festes.

Entweder Du akzeptierst es o Du musst die Freundschaft beenden, so hart das such klingen mag.
Männer die eine Beziehung wollen, verhalten sich ganz anders.

17.04.2021 18:37 • x 2 #5


nelli99
@portugal ja.. es ist wahrscheinlich eher besser den Kontakt dauerhaft zu beenden. Vielleicht hängt ja auch alles (oben) gewissermaßen miteinander zusammen und das ist der erste Schritt. Auch meine Familie hält nicht mehr viel von ihm... leicht ist es im Moment leider trotzdem nicht.
danke für deine Antwort und die Zeit die du dir genommen hast

17.04.2021 20:08 • #6





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Mira Weyer