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Hallo.

Ich habe mehrere Probleme, die alle ab einem gewissen Punkt zusammenspielen und zu denen ich vielleicht noch ein anderes Thema eröffnen werde. Hier aber möchte ich etwas niederschreiben, was mich im Grunde schon jahrelang beutelt. Es wurde mit der Zeit besser, jetzt allerdings hatte ich wieder stark damit zu kämpfen.
Evtl. bin ich damit nicht ganz allein und es findet sich jemand, der das kennt. Es ist mir an sich unheimlich peinlich, weswegen ich darüber auch mit niemandem reden kann.

Zum Thema:

Ich war auf einem Festival und da war dieses Problem wieder. Nahezu meine gesamte Fixierung lag auf der Möglichkeit möglichst in Ruhe und ungestört urinieren zu können. Wir hatten es versäumt ein eigenes Dixi zu mieten, also war ich darauf angewiesen, die öffentlichen zu benutzen, wo jeder andere auch hingeht. Das ist der blanke Horror für mich. Ich verkrampfe total und all meine Gedanken kreisen nur noch um den nächsten Toilettengang. Schon bei geringer Füllmenge merke ich die Blase, was vor allem zur Schlafenszeit oder zur Stoßzeit (wenn das Gelände erwacht und sich an den Toiletten Schlangen bilden) sehr unangenehm ist. Ich taxiere ständig die Umgebung, ob ich möglichst meine Ruhe haben könnte und kriege schon Panik, wenn es langsam dringend wird und irgendwo eine Schlange ist, weil ich mich durch wartende Menschen noch mehr unter Druck setze und es schon vorkam, dass ich dann trotz Dringlichkeit nicht konnte. Ein Urinal zu benutzen oder einfach an einen Zaun zu gehen, wie es viele andere tun, ist nahezu unmöglich und funktioniert wenn, dann nur, wenn es dunkel ist oder ich komplett betrunken bin.
Fakt jedenfalls ist:
Sowas verleidet mir wirklich alles und ich kann nicht entspannen und die Gegebenheit, die ich besuche, einfach nur genießen. Die Spirale dreht sich immer mehr und führt zu starker Anspannung, die die anderen Symptome noch verstärkt. Dadurch sackt mein Selbstwertgefühl herab und ich merke richtig, wie ich energetisch auf andere Menschen abweisend wirke und mich sozial damit isoliere.
Sprich: Das, was eine Festivität ausmacht, Freude, Spaß am kommunikativen Austausch mit fremden Menschen oder vielleicht sogar der ein oder andere Flirt, sind für mich dann passė und das führt dazu, dass der Druck noch mehr steigt und ich mich noch mieser fühle.

10.07.2022 16:08 • 10.07.2022 #1


9 Antworten ↓


colitis9439
Ich kenne das sehr gut, und das ist eine höhere Belastung als viele für möglich halten.

Die Lösung für dein Problem ist Exposition. Üben, üben, üben. Geh auf Toilette auch wenn du nicht musst. Stell dich an den Zaun auch wenn du nicht musst. Wenn du im Büro arbeitest, geh jede Stunde zum Urinal, auch wenn du nicht musst. Suche die vollsten Toiletten und geh hin. Ganz ohne Erwartungen.

Es interessiert keine Sau, ob und was bei dir da raus kommt wenn du am Urinal oder Zaun stehst. Und selbst wenn mal ein Spruch käme, was soll's. Einfach weiter machen.

Auch zu Hause im stehen pinkeln. Im Stehen ist es grundsätzlich schon schwerer, wenn man sonst nur zu Hause im sitzen pinkelt.

10.07.2022 16:25 • #2


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Ein Problem, das sehr nervig ist

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Zitat von colitis9439:
Ich kenne das sehr gut, und das ist eine höhere Belastung als viele für möglich halten. Die Lösung für dein Problem ist Exposition. Üben, ...

Hat es denn bei dir geholfen?

10.07.2022 16:27 • #3


JniL
Das heißt Paruresis und daran leiden viele, auch ich. Bei mir hilft leider gar nix außer so dringend zu müssen dass es schon schmerzt. Ich schaffe es nicht mal beim Arzt eine Urinprobe zu produzieren.

10.07.2022 16:32 • x 1 #4


colitis9439
Es gibt gute und schlechte Tage. Aber es wird auf jeden Fall besser. Wenn du ohne Drang und ohne Erwartung zur Toilette gehst, dann wird es mit jedem scheitern weniger dramatisch. Wenn du tausend mal gescheitert bist, dann trifft einen dass 1001-te Mal nicht mehr. Und dann wird es besser und besser.

So ist es mit allem im Leben. Wenn du z.B. Angst davor hast, Präsentationen zu halten, dann hast du einfach noch nicht genügen Präsentationen verhauen. Als ich dann Beruflich irgendwann 5 mal pro Woche vor der Leinwand stand, dann war's einfach nur noch egal.

Es ist völlig normal zu scheitern. Wenn du keinen Erfolg hast, bist du nur noch nicht oft genug gescheitert.

10.07.2022 16:35 • #5


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Zitat von colitis9439:
Es gibt gute und schlechte Tage. Aber es wird auf jeden Fall besser. Wenn du ohne Drang und ohne Erwartung zur Toilette gehst, dann wird es mit jedem ...

Ja, es war schon mal besser aber jetzt kam es wieder. Möglichereise liegt das ja auch daran, dass ich dieses Jahr wieder mit Depressionen zu kämpfen hatte und mein Innenleben noch ziemlich labil ist.
Ich bin mir nicht sicher, ob mein Selbstwert momentan dieses Scheitern vor anderen ertragen würde, sodass ich's noch öfter probieren würde. Hab das alles nämlich schon versucht und natürlich auch Sprüche bekommen.

10.07.2022 16:47 • #6


colitis9439
Depressionen sind natürlich eine Sache, die du dann mal in Angriff nehmen solltest, falls noch nicht geschehen. Ein Hausarzt würde dir leichte Antidepressiva verschreiben, wie Opipramol, oder vielleicht auch mal Sertralin. Damit kann man bei leichten Depression auch mit niedriger Dosierung schon was bewirken.

Überlege dir einfache Kontersprüche, wenn du Kommentare bekommst.
Tja, das Leben ist hart.
Hätte ich doch nur deine Urinirfähigkeiten. Ich bin stolz auf dich.
Hetz mich nicht

Also versuche es mit selbstironischem Humor zu nehmen. Jeder Mann hat mal so eine Phase.

10.07.2022 16:53 • #7


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Zitat von colitis9439:
Depressionen sind natürlich eine Sache, die du dann mal in Angriff nehmen solltest, falls noch nicht geschehen. Ein Hausarzt würde dir leichte ...

Ich habe immer wieder mal eine depressive Episode und war auch schon mehrfach in Behandlung. Ebenso nahm ich über 8 Jahre lang Paroxetin und bin eher froh, es endlich los zu sein, zumal kein Wirkspiegel mehr im Blut nachweisbar war.
Mittlerweile kann ich ja mehr und mehr akzeptieren, dass ich nunmal ne Macke mit multiplen Ausdrucksformen habe (die Pinkelgeschichte ist ja nur ein Teil des Ganzen), dennoch war das, was da jetzt passierte etwss zu arg, selbst für meine Verhältnisse.

10.07.2022 17:00 • #8


Kruemel_68
Zitat von colitis9439:
Ein Hausarzt würde dir leichte Antidepressiva verschreiben, wie Opipramol, oder vielleicht auch mal Sertralin. Damit kann man bei leichten Depression auch mit niedriger Dosierung schon was bewirken

Waaaaah, sorry, aber da muss ich rein grätschen. Die Verschreibung von ADs gehören in die Hände eines Psycchiaters, nicht eines Hausartzes. Es gibt kein leichtes Antidepressivum - das sind Medikamente, die in den Gehirnstoffwechsel eingreifen und unter Umständen gravierende Nebenwirkungen haben können,. Nutzen und Risiken müssen gut abgewogen werden. Die gängigen Leitlinien empfehlen den Einsatz nur noch bei mittleren bis schweren Depressionen. Bei leichten Episoden wirken Therapie in Kombination besser und haben ach noch ein geringeres Rückfallrisiko.

Gerade bei dem geschilderten Problem wäre Therapie ideal.

10.07.2022 17:08 • x 3 #9


colitis9439
Da er ja mindestens 6 Monate warten müsste bis er einen Therapieplatz bekommt, sehe ich da nicht wirklich ein Problem. Er wird ja auch von einem Hausarzt medizinisch betreut. 6 Monate warten bis aus einer leichten eine mittlere Depression wird ist auch nicht ohne.
Opipramol macht nicht abhängig und verbleibt auch nicht lange im Körper.

Grundsätzlich stimme ich dir zu. Aber man muss schon abwägen. Völlig ablehnen würde ich Medikamente vom Hausarzt, zumindest zur Überbrückung, nicht.

10.07.2022 17:28 • #10


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