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H
Ich bin IT'ler in einem Projekt, das einem anderen Bereich zugehört. Dort gibt es einen Leiter, der mir mit seiner altmodischen, militanten, autoritären, kontrollsüchtigen Art gehörig auf den Keks geht. Er läd immer mehr zu Terminen ein, bei denen meine Arbeit bzw. Fortschritt besprochen werden soll. Soweit nichts Illegales. Er ist aber dafür bekannt, auch mal Mitarbeiter zu kontrollieren, sich deren Arbeit zeigen zu lassen (natürlich rein aus positivem Wohlwollen *hust*) und hat durch diese pedantische und übermotivierte Art schon dazu beigetragen, dass Kollegen gekündigt haben (es herrscht Fachkräftemangel und die Fluktuation bei uns liegt bei 10 %).

Nun kommt hinzu, dass mich dieses Projekt extrem langweilt. Die Tätigkeit ist ok, ich darf viel technischen Kram machen, muss mich aber auch mit der Anwendung, für die ich den technischen Kram mache leider auseinander setzen (möchte nichts genaueres dazu sagen, was man auf mich zurück führen könnte). Und die Anwendung bzw. das Fachliche ist so trocken, dass ich dort eingehe. Da reicht der Technik-Kram nicht aus, um mich zu motivieren.

Seit meiner Angststörung, den Extrasystolen und Schwindel leiste ich zudem weniger, muss mich oft zwingen. Das erhöht bei mir zusätzlich den Druck.

Das ist auch der Grund, warum ich mich nicht traue, mich weg zu bewerben. Ich bin BR-Mitglied und ideal wäre, die würden mich raus ekeln - Aufhebungsvertrag etc., dann müsste ich mich zwingen, woanders zu bewerben. Aber an sich wird woanders auch nur mit Wasser gekocht. Der Laden an sich ist ok. Mein direkter Vorgesetzter kennt meine Problematik, kann da im Moment aber nicht viel ausrichten. Dieser eine Leiter aus dem anderen Bereich hat eigentlich keine Weisungsbefugnis mir ggü. und trotzdem möchte ich den Konflikt meiden, nehme an den völlig unnötigen Terminen teil, um eben nicht negativ aufzufallen. Man wird dort schnell zur Zielscheibe, wenn man sich nicht fügt.

Aus emotionaler Sicht liegt mir so oft auf der Zunge, einfach zu sagen, was ich denke. Nämlich dass er mir einfach nur auf den Sack geht und ich keinen Bock mehr auf dieses Projekt habe, dass mich diese Gulag-Atmosphäre anwiedert, ich nie ein Hussler sein werde für den Traum eines anderen und ich auch nicht mehr seine Kontrollbedürfnisse befriedigen möchte, nur damit er am Ende seine fünfstellige Gewinnbeteiligung absahnt und auf der Weihnachtsfeier wieder geschwärmt wird, welche tollen Umsätze wir mit dem Projekt gemacht haben, hingegen es bei Gehaltsverhandlungen immer Gründe gibt, warum nicht aufgestockt werden kann.

Ich weiß, dass es in anderen Unternehmen ja auch so oder so ähnlich zugeht. Zudem habe ich eine Immobilie, bin nahezu nur mit hoher Abfindung kündbar und durch meine aktuelle depressive Phase würde ich auch nicht woanders neu anfangen wollen, um dort wieder zu husseln, um nicht aus der Probezeit zu fliegen.

Ich habe oft das Gefühl, ich bin das Problem. Gefühlt können andere bei Projekten und Arbeiten länger durchhalten. Und als BR-Mitglied kenne ich zudem deren Gehälter, was mich noch mehr demotiviert.

Ich bin nicht chronisch faul, bei meinen Hobbies leiste ich viel und werde auch oft bewundert (soll nicht überheblich klingen, aber ich will damit sagen: ich muss für etwas brennen, dann kann mich selbst die Angststörung kaum bremsen).

Mir ist auf Arbeit so langweilig, dass ich mich regelrecht freue, wenn ich die Wohnung putzen oder irgendwelche privaten Projekte angehen kann. Die Phasen, in denen ich nicht depri bin und Energie habe, nutze ich da gefühlt 120 % (ihr wisst, was ich meine).

Mich würde es freuen, hier ein wenig Inspiration zu bekommen.
Ich weiß nicht so recht weiter. Und sehe mich eher als Taktiker, der nicht impulsiv handelt.

04.07.2023 20:52 • 23.09.2023 x 2 #1


54 Antworten ↓


D
Schon mal daran gedacht die Firma zu wechseln? Oder wäre das eventuell ein Verlassen der Komfortzone? Jedenfalls gibt es ja vielleicht auch Fachkräfte Mangel in anderen Firmen und dementsprechend offene Posten.

04.07.2023 22:35 • #2


A


Mein Job langweilt mich zu Tode, Probleme mit Autorität

x 3


H
@Disturbed Ja, natürlich, den Mangel gibt es aktuell in der gesamten IT-Branche. Ich wäre bereit, nur eben nicht mit Depressionen/Angststörung und Immobilie im Nacken. Das ist ja mein Dilemma. Ich habe aktuell eine extrem sichere Stelle und bin nicht prinzipiell mit allem unzufrieden. Ich weiß nur nicht, wieso mich der Job so langweilt. Und andere Software/Unternehmen ist ja auch nicht per se spannender. Es ist gefühlt überall der gleiche Einheitskäse.

04.07.2023 22:53 • #3


Donnervogel
Evtl. besuch bei der Berufsberatung ?

04.07.2023 22:59 • #4


H
@Donnervogel Mein Problem ist nicht die falsche Berufswahl. Ich habe einfach nur o. g. Situation und finde da keinen richtigen Umgang damit. Ich dachte, vielleicht hatte jemand schon mal eine ähnliche Situation/Phase und kann mich inspirieren, damit unzugehen. Kein Job ist durchgehend spannend. Das weiß ich.
Es ist ein Abwägen zwischen Sicherheit und Risiko, das im schlimmsten Fall an die Existenz geht. Und in meiner aktuellen Lage mit der AS/Depressiven Phase bin ich mit keiner der beiden Richtungen zufrieden.

05.07.2023 00:40 • #5


-IchBins-
@herrAngsthase
Prioritäten setzen, Abwägen und eine Veränderung einleiten.
Oder lernen, damit umzugehen, lernen es zu lieben, was du machst, wenn es keine andere Wahl gibt.
Ansonsten würde ich mir ernsthaft überlegen, ob das noch Taug hat. Bevor ich mich sowas von unzufrieden fühle mit oder ohne Einschränkung, würde ich mich ernsthaft hinterfragen, ob ich mir das wirklich weiterhin antun möchte oder ob ich nach Alternativen schaue.

Es gibt Menschen, die mit weniger Geld zufrieden sind. Alles dreht sich immer nur ums Geld, weniger um die eigene Gesundheit.
Ich hatte damals einen gut bezahlten Job, war sowas von unglücklich und habe gekündigt.
Heute bin ich zwar in Rente, habe um einiges weniger Geld, aber bin zufriedener und fühle mich wohler. Geld macht eben nicht allein glücklich, sondern die innere Einstellung zu den Dingen. Meine Erfahrung und Sicht der Sache.

Ich hatte mal ein Bericht gesehen über einen Manager, der viel Geld hatte, aber sehr minimalistisch lebte, ein tolles Vorbild wie ich finde. Er hatte nur von jedem wichtigen Kleidungsstück 7 Paar Teile, eine Wohnung mit dem Nötigsten eingerichtet und war sehr zufrieden. Je mehr man hat, umso mehr Ballast liegt auf den Schultern, wenn man unzufrieden ist. Kann ich bestätigen. Bin auch immer froh, nicht zuviel zu haben. Und wenn man den eigenen inneren Frieden leben kann, braucht man nicht viel. Anderes sind nur materielle Dinge, die für den kurzen Moment mal ein Glücksgefühl hervorrufen und man schon wieder auf der Suche nach dem nächsten ist, so wird das nichts mit dem inneren Einklang. Bewusster leben lernen und auch mal Verzichten können könnte hilfreich sein.
Vielleicht könntest du auch eines deiner Hobbys zum Beruf machen?

05.07.2023 06:24 • x 1 #6


P
Zitat von herrAngsthase:
Ich bin IT'ler in einem Projekt, das einem anderen Bereich zugehört. Dort gibt es einen Leiter, der mir mit seiner altmodischen, militanten, ...


Change it, love it or leave it ist der beste Ratschlag für alle Lebenslagen. Schau mal, was davon geht. Ja, auch das leave it: mal prüfen.
Wenn dich die Arbeit so runter zieht, ist sie wahrscheinlich stark an deiner Depression beteiligt. Da beißt sich dann die Katze in den *beep*, wenn du deswegen nicht woanders hin wechseln willst.
Wäre evtl ein Sabbatical oder längerer unbezahlter Urlaub möglich? Sicher würden dir mehrere Wochen Auszeit sehr helfen, um deine Lebenssituation zu beleuchten und einen Ausweg zu finden.

05.07.2023 06:40 • x 2 #7


H
@-IchBins- Danke, das hilft mir weiter. Also ich fahre momentan nur Rad, brauche das Auto im Grunde nie und der Minimalismus-Gedanke gefällt mir ebenso. Das mit dem Geld stimmt schon, allerdings trifft mich das nur so hart, weil ich sehe, was andere, die neu eingestellt werden verdienen, einfach weil der Markt das so her gibt, während langjährige Mitarbeiter blöd aus der Wäsche schauen. Ich gehe ja auch arbeiten, um Geld zu verdienen und mache das nicht, weil es mein Lebenswerk ist. Und es gibt durchaus Arbeitgeber, bei denen beides möglich ist.
Und an sich gefällt mir die Firma, allerdings ist mir heute kkar geworden: es geht um diese eine Person. Ich finde den Typen derart abstoßend, dass ich mit seinem Bereich einfach nichts zu tun haben möchte.
Ich denke, ich werde da mit meinem Vorgesetzten nochmal reden und wenn es keine andere Perspektive gubt, gibt es die nicht. Dann werde ich woanders hin müssen und das Risiko auf mich nehmen.

@Pauline333
Ja, die unglückliche Situation ist definitiv mit ein Hauptgrund, warum ich in diese Depression stecke und ich vermute, die Extrasystolen, Angstzustände usw. sind ein Resultat daraus.
Ende des Monats beginnt meine Therapie, ich denke, ich muss mich bis dahin krank melden. Gerade heute ist wueder was vorgefallen, wo es mir einfach wieder klarer geworden ist. Dieser eine Leiter verkörpert einfach all die Dinge, die in meiner Erziehung falsch gelaufen sind und ich denke, dass ich deswegen so eine starke Abneigung gegen ihn habe und demnach mir auch das Projekt sauer aufstößt.

05.07.2023 09:43 • x 2 #8


Mushu
Ein Boreout zeigt sich eigentlich mit den selben Symptomen wie ein Burnout. Der Unterschied ist nur, dass die Unterforderung den Stress verursacht. Deine Symptome gehen in diese Richtung und ohne Veränderung wird sich daran nichts ändern.

Ich verstehe dich total, dass du deine Sicherheitszone nicht verlassen willst, da doch einiges für dich in Ordnung geht. Zudem ist es ein sicherer Job welchen du auch trotz deiner Symptome bewältigen kannst. Irgendwo einen neuen Job anzufangen ist mit extrem viel Aufwand, Energie und Motivation verbunden. Sollte es wegen deiner Symptome nicht funktionieren, stehst du vor einem Scherbenhaufen.

Meine Vorschreiben haben dir viele gute Ratschläge gegeben. Wenn du das, was du gerade hast, nicht lieben lernst, kann dir nur ein neuer Job zu mehr Lebensfreude verhelfen.

05.07.2023 09:56 • x 2 #9


D
Zitat von herrAngsthase:
Ich habe aktuell eine extrem sichere Stelle und bin nicht prinzipiell mit allem unzufrieden.

Das ist doch schon mal nicht schlecht. Vor allem letzteres, nicht mit allem unzufrieden zu sein. Denn die meisten Menschen sind nicht rundherum zufrieden mit ihrer Lebenssituation. Deshalb entwickeln aber nicht alle eine Depression aus einer Unzufriedenheit heraus. Es wird nur allzuoft propagiert, man müsse nur Zufriedenheit empfinden und dann wäre ja alles gut und empfindet man diese nicht, wäre das eine Depression.

Ein gewisses Maß an Unzufriedenheit kann kompensiert werden, wenn man den Fokus auf die Dinge legt, die einem Zufriedenheit bescheren und nicht gesteigert auf das zu achten, was einem gerade nicht passt. Denn wenn man es objektiv betrachtet, nimmt es oft nur einen wirklich geringen Teil des Lebens ein und es obliegt einem selbst, wie sehr man sich daran aufhängt. Allerdings kann ich mir natürlich auch beispielsweise den Tag vermiesen lassen, von einem Kollegen den ich tatsächlich 10 Minuten ertragen musste und mich damit den Rest des Tages befassen. Natürlich kann Unzufriedenheit mit einer Depression einhergehen, aber ob die ursächlich ist, lasse ich mal dahingestellt. Meist liegen die Gründe tiefer und wenn man daran nicht arbeiten kann, wirds schwer mit der Zufriedenheit im Job oder der Beziehung oder auch allem anderen.

05.07.2023 10:21 • x 1 #10


-IchBins-
Zitat von herrAngsthase:
dass ich mit seinem Bereich einfach nichts zu tun haben möchte.

Gibt es denn die Möglichkeit, dass entweder der Mensch oder du den Bereich innerhalb der Firma wechseln könnte? Das wäre dann vielleicht noch eine Alternative. Aber du wirst eine Lösung für dich finden, das packst du. Ich wünsche dir viel Erfolg.

05.07.2023 10:26 • x 1 #11


E
Zitat von herrAngsthase:
Ich dachte, vielleicht hatte jemand schon mal eine ähnliche Situation/Phase und kann mich inspirieren, damit unzugehen. Kein Job ist durchgehend spannend. Das weiß ich.
Es ist ein Abwägen zwischen Sicherheit und Risiko, das im schlimmsten Fall an die Existenz geht. Und in meiner aktuellen Lage mit der AS/Depressiven Phase bin ich mit keiner der beiden Richtungen zufrieden.

Ich glaube, ich kann Deine Situation total nachvollziehen.
Bei mir war es ähnlich mit dem Job, nur dass bei mir dazu kam, dass es wohl auch ein wenig die falsche Berufswahl an sich war, was ein bisschen auf meine Eltern zurückzuführen ist.

Als meine psychische Erkrankung damals mehr und mehr aufkam, war es ein riesen Problem, dass mein Job mir nicht gut tat, es verschlimmerte meine Erkrankung am Ende sogar noch ganz massiv, so dass ich nach einem gescheiterten Wiedereingliederungsversuch in einer anderen Abteilung dann am Ende akzeptieren musste, dass es keinen Sinn mehr hat.
Was mir meine Augen öffnete und das teils unter Tränen:
Meine Frau hat in ihrem Beruf zwar (wie überall nervige Dinge, wie Bürokratie usw), aber die Hauptarbeit erfüllt sie sehr und gibt ihr sogar Kraft, die Sache mit mir überhaupt auszuhalten. Immer, wenn sie von der Arbeit kam und schwärmte, wie toll das wieder war (sie arbeitet mit Kindern), dann kamen mir fast die Tränen, weil ich einerseits so froh war, welches Glück sie hat, aber andererseits, wie mir selbst dann vor Augen geführt wurde, wie negativ mein Job doch war. Den empfand ich nämlich die letzten Jahre immer mehr als Last, völlig sinnlos und sogar extrem belastend und zerstörerisch für mich. Vor 20 Jahren sah ich in meinem Beruf noch Sinn und hatte oft Spaß, aber war dann irgendwann nicht mal mehr in Ansätzen zu spüren.

Und völlig klar: Manchmal schämt man sich ein bisschen dafür, weil man weiß, dass es viele Menschen gibt, die überhaupt froh sind, irgendeinen Job zu haben. Wie Du schreibst; Nirgends ist es immer toll, egal in welchem Job, aber es muss halt insgesamt die Balance passen zwischen kotzt mich an und geht schon wieder und hat ja irgendwo seinen Sinn und macht Spaß.
Es hilft uns psychisch Erkrankten hier nicht, wenn unsere kompletten Familien den Bach runter gehen, nur weil wir uns nicht trauen, den vielleicht nötigen Schritt zu gehen und beruflich einiges umzukrempeln.
Dass das je nach Job und Situation (z.B. auch finanziell) sehr sehr schwer ist, kann ich sowas von verstehen. Es ist eine der schwersten Entscheidungen im Leben. Leider kann ich Dir die in Deinem individuellen Fall auch nicht abnehmen. Ich kann Dir nur sagen, dass ich den extremen Schritt akzeptiert habe. Bei mir war es aber ein bisschen leichter, weil es finanziell fast kein Problem war. Das ist ein riesen Glück, was ich habe und das weiß ich. Mein Problem und meine Erkrankung ist damit aber noch nicht gelöst. Ich muss nun die nächste Zeit etwas finden, was mich wieder erfüllt. Nur daheim Rumsitzen reicht mir nicht in meinem Alter und für meine Erkrankung ist gar nichts mehr machen pures Gift.

Du kannst mir gerne privat schreiben, wenn Du noch tiefer einsteigen willst oder Fragen an mich hast.
Aber wie gesagt....ich kann Dich so sehr verstehen!

05.07.2023 11:03 • x 2 #12


A
Eigentlich hast du doch ein ziemlich gutes Blatt: Deine Leistungen sind zur Zeit auf dem Markt begehrt und etwas wert. Gleichzeitig hast du einen sicheren Job, der dich finanziert, und (nur) eine größere Baustelle (den Idioten) bereit hält (wobei ich die psychische Situation, die davon ausgeht, keinesfalls kleinreden will!) Jetzt kannst du dir in Ruhe überlegen, ob du Deine Bedingungen vor Ort verbessern willst, oder schauen, wieviel Veränderungen du riskieren willst.

Du könntest auch, bevor du versuchst, die Situation im jetzigen Job zu verbessern, mal auf dem Markt testen, wie du ankommst. Falls das doch nicht so läuft, (zu wenig Geld, falsche Region, keine coolen Unternehmen) kannst Du immer noch den Weg des geringeren Risikos gehen, die Lösung des Inhouse-Problems intensivieren. Vlt. ist aber auch schon ein roter Teppich in den neuen Job dabei, den Du nicht ausschlagen willst.

Ich hab mich Anfang des Jahres beruflich verändert, und merke, das war genau der richtige Schritt. Langweilig war mir vorher nicht, aber es winkte ein Aufstieg, und ich konnte die Gelegenheit nutzen, ein paar toxische Leute los zu werden, mit denen ich nichts mehr zu tun haben will. Der Preis ist, nun nochmal 200km weiter von zu Hause entfernt zu sein an den Officetagen. Das Risiko war, das ich evtl. mit der Entfernung doch nicht so gut klar komme, oder dass der neue Job vorher nicht absehbare schlechte Bedingungen bereit hält. Beides hat sich bisher nicht bewahrheitet. Kurzum: weiter weg, mehr Zeitaufwand, mehr Verantwortung, neues Umfeld, super Bedingungen, tolle Kollegen, tolle neue Stadt, viele neue Erfahrungen auf meine nicht mehr ganz so jungen Tage.

Ich konnte das riskieren, weil mein letzter beruflicher Wechsel vor ein paar Jahren gezeigt hat, dass ich mit meiner Ex-Herzphobie mittlerweile solche Veränderungen nicht scheuen brauche. Damals hatte ich schon große Bedenken, war die ersten Monate total angespannt, nervös, dünnhäutig und hab mich nur schwer an die Zweitwohnung gewöhnen können. Am Ende hab ich das aber sehr gut nutzen können, um mich weiter zu entwickeln. Während meiner heftigsten Angstphasen früher hätte ich mir niemals vorstellen können, solche Veränderungen jemals machen, und je wieder so sehr im Leben stehen zu können.

Was ich nicht einschätzen kann, ist, wie sehr der depressive Teil bei Dir eine Rolle spielen kann, weil ich mich damit nicht auskenne. Vorstellen kann ich mir, dass die derzeitige Langeweile und der Stress mit dem Deppen dies eher verschlimmern, andererseits aber auch die Veränderungsmotivation hemmen.

Ich weiß nicht, ob es noch eine Überlegung wert sein kann, dich mit dem Job, wie er ist, zu arrangieren, ihn auf einer Backe abzusitzen, und dich um den Rest des Lebens zu kümmern: Hobby intensivieren, Maßnahmen für den Umgang mit Angst und Depression ausweiten (!), um Haus und Familie kümmern, mehr Sonne ins Leben lassen.

05.07.2023 11:13 • x 3 #13


E
Ich wollte noch ein paar Sätze ergänzen:

Meiner Meinung nach wird es immer noch ziemlich unterschätzt, wie viel Einfluss die berufliche Zufriedenheit Einfluss auf das gesamte Wohlbefinden im Leben hat und natürlich auch, dass ein über die Jahre unzufriedener Zustand dort sehr dazu beitragen kann, hier im Forum zu landen, sprich psychische Erkrankungen zu entwickeln. Das muss nicht pauschal auf jeden zutreffen, dem sein Job nicht taugt, aber wenn gewisse andere Punkte erfüllt sind (entsprechende Prägung in der Kindheit, Traumata oder es einfach zu viel wird, weil private Probleme neben dem unerfüllten Job auch noch dazu kommen), dann kippen viele irgendwann um. Meist ignoriert man teils jahrelang bestimmte somatische Symptome und hangelt sich so durch, denn ist ja klar: Einfach mal so den Job wechseln oder da irgendwas groß ändern, ist nicht so einfach und schlägt massive Wellen.

Meine Frau wäre ohne ihren Job schon längst selbst in Therapie gegangen, weil es echt Zeiten gab, in denen meine Erkrankung die ganze Familie so unfassbar belastet hat. Ihr Job hat ihr also in der Hinsicht sogar geholfen. So wäre es ideal, aber das ist eben leider bei den meisten nicht so.
Bei mir war es das Gegenteil. Mein Job trug mehr und mehr dazu bei, dass ich immer kränker wurde. Er war nicht der alleinige Grund, warum ich meine psychischen Probleme entwickelte, aber er war ein Puzzleteil von vielen, die negativ wirkten.
Dies zu erkennen, dauert manchmal sehr sehr lange. Es hat auch oft etwas damit zu tun, dass man sich gesellschaftlich davor scheut, es sich einzugestehen.

Manchmal geht es, dass man die Tätigkeit im Job zwar hasst, es aber insgesamt erträglich ist, weil die Kollegen super sind, also die Atmosphäre passt. Das ist dann so ein sehr häufiger Fall, wenn die Leute immer sagen: Eigentlich habe ich voll den langweiligen / nervigen Job, aber die Kollegen sind super und daher stehen wir das alle zusammen durch!.
Da passt dann sozusagen die Balance insgesamt noch. Bei mir war das lange Zeit auch so, aber die letzten Jahre war auch das nicht mehr da.

@herrAngsthase
Leicht ist kein Weg, der vor Dir liegt. Das dürfte klar sein.
Du musst für Dich aber erkennen, welcher Weg der auf Dauer zerstörerische ist und welcher der langfristige gesündere ist und zwar in erster Linie in Bezug auf Deine psychische Erkrankung und Deine Familie.
Wenn Du total unzufrieden bist und unter Deinem jetzigen Job leidest, aber nichts dagegen tust, kann ich Dir leider fast garantieren, dass Du so Deine psychische Erkrankung wohl nie überwinden wirst, eher wird es noch schlimmer werden. Wir brauchen nämlich als Gegenpol Beschäftigungen, ein Leben, welches uns gut tut und einen positiven Ausgleich herstellt zu unseren negativen Gedanken/Ängsten. Das kann aber leider nicht gehen mit einem Beruf, den wir hassen und durch den wir uns Tag für Tag quälen. Das ist hart, aber es ist die Realität.

Auch bei diesem Jobproblem gilt für uns Angstgestörte fast immer:
Passivität ist Gift. Aktivität ist der richtige Weg, auch wenn er unheimlich schwer fällt, siehe Beitrag von @amyg.Dala

Vielleicht habe ich es überlesen, aber weiß Dein Arbeitgeber von Deiner psychischen Erkrankung?

05.07.2023 11:24 • x 1 #14


H
@-IchBins- Diese Möglichkeit wird noch geklärt. So oder so kann ich das nicht mehr weiter machen in diesem Projekt. Ich habe - wenn ich so einem Artikel meiner Krankenkasse betrachte - sämtliche Anzeichen eines Boreouts. Und ich schäme mich dafür. Ich habe meine Aufgaben gut und zufriedenstellend erledigt und irgendwann war es nur noch ein monotoner Brei, ein stumpfes abarbeiten. Zudem ist es eben nicht der Bereich, in dem ich arbeiten wollen würde. Insbesondere wegen diesem einen Leiter. Ich leiste nur Hilfe, weil es ein wichtiges Projekt ist. Ich habe jetzt einen Termin, bei dem ich das offen legen werde und hoffe, dass mir andere Perspektiven gegeben werden können. Andernfalls muss ich nochmal evaluieren, was ich als nächstes tun möchte.

05.07.2023 11:27 • x 4 #15


E
Zitat von herrAngsthase:
und irgendwann war es nur noch ein monotoner Brei, ein stumpfes abarbeiten.

Das ist so krass, diese Worte, weil ich mich damit echt 1:1 wiedererkenne.
Völlig hirnlose, sinnlose Fließbandarbeit irgendwann ohne Spaß und Forderung unseres kreativen Teils im Kopf. Da solltest Du so schnell es geht raus, weil das genau die Sache ist, die Gift für unsere Erkrankung ist.
Ich hätte vor etlichen Jahren meine Stelle wechseln sollen, als ich die Gelegenheit hatte und es noch nicht so schlimm war bei mir, aber ich habe es nicht getan. Hätte ich es damals getan, hätte ich vielleicht noch verhindern können, dass meine psychische Erkrankung sich so verschlimmert. Jetzt ist es leider zu spät.
Irgendwann ist man dann leider an dem Punkt, dass fast gar nichts mehr geht in Sachen Belastung.

05.07.2023 11:32 • x 1 #16


H
@Hicks Mein direkter Vorgesetzter weiß, dass es mir nicht gut geht und ich Herz-Rhythmus-Beschwerden habe. Er weiß auch, dass ich in dem Prijekt nicht zufrieden bin. Damals haben wir das aber erstmal weiter laufen lassen, zumal es mir ganz gut damit ging, das mal auszusprechen. Nun holt mich das aber ein, indem eben noch mehr gefordert wird - eben aus dem Projekt, nicht von meinem direkten Vorgesetzten.
Und das ist, was mich im Moment an diese Gabelung bringt und ich nicht nicht voreilig handeln möchte, zumal eine Therapie in Aussicht ist und ich nochmal mit meinem direkten Vorgesetzten reden möchte. Es ist einfach auch etwas Scham dabei, da es sich immernoch wie eine Ausrede anfühlt. Ich war halt zu Beginn meiner Karriere in der Firma ein Hussler und habe Prämien bekommen und als ich einen Durchhänger hatte, bekam ich die volle Breitseite an Ablehnung. Diese Vorgesetzten, die das damals verursacht haben, sind nun nicht mehr da. Nur eben einer aus dem besagten Projekt, der eben die gleiche Gulag-Schiene fährt. Darum sehe ich es differenziert: es ist eben nicht alles per se schlecht dort, sondern einzelne Störfelder gepaart mit meiner psychischen Situation, mit der ich auf diese Störer stark reagiere.

05.07.2023 11:40 • x 1 #17

Sponsor-Mitgliedschaft

E
Zitat von herrAngsthase:
Mein direkter Vorgesetzter weiß, dass es mir nicht gut geht und ich Herz-Rhythmus-Beschwerden habe.

Ok, zumindest das. Aber weiß er auch, dass der Grund dafür psychische Probleme sind oder nenne wir es firmengerechter einen Burnout hast?
Glaube mir - der Unterschied ist gewaltig. Ich weiß es, weil ich es selbst erlebt habe und seit einiger Zeit regelmäßig Kontakt habe zu vielen Leute, die damit auch Erfahrungen haben, siehe mein Outing hier:
agoraphobie-panikattacken-f4/was-mir-geholfen-hat-hilft-t120718-70.html#p2961765
Von den Betroffenen, die sich mir gegenüber geoutet haben, war in vielen Fällen der Job eines der Hauptprobleme und einige haben nun schon gewechselt oder sich zumindest dem Problem angenommen.
Dem Arbeitgeber 100% ehrlich zu sagen, was Sache ist, ist unfassbar schwer, das weiß ich, aber es ist der richtige Schritt. In fast allen Fällen in meinem Bekanntenkreis, in denen die Leute sich komplett gegenüber dem Chef oder sogar der ganzen Mannschaft geoutet haben, war es sehr sehr positiv.
Ein paar Deppen wird es immer geben, aber die denken eh immer schlecht über einen, egal, was man tut oder sagt.

05.07.2023 11:46 • x 1 #18


H
@amyg.Dala Danke, du triffst es - wie so oft - mal wieder auf den Punkt. Und dein Umgang damit inspiriert mich ungemein.
Ich will der AS/Depression
nicht alles in die Schuhe schieben. Ich sehe da ja eben Fortschritte, die Extrasystolen nerven noch etwas, aber sie machen mich nicht völlig handlungsunfähig wie noch Anfang des Jahres. Ich habe halt immer wieder noch depressive Phasen, bei denen ich mich leer fühle, mich nach dem Sinn frage und was ich da eigentlich auf der Arbeit mache. Das geht noch halbwegs. Aber es gibt dann noch immer diese Schwindel-Situationen, bei denen meine Gedanken oder Konzentration komplett flöten geht. Die Situation ist es, die mir Angst macht, mich woanders umzusehen. Zumal ich bei der Einarbeitung mein volles Gehirn brauche. Und wie gesagt habe ich aktuell zumindest die Sicherheit, dass ich noch den BR als Backup habe, sollte es eskalieren.

Mit der Sonne im Leben klappt es auch immer besser. Du verfolgst mein Tagebuch ja (worüber ich mich übrigens sehr freue) und ich schreibe auch die guten Tage nieder.

Es ist im Moment einfach nur sehr viel, was zusammen kommt und ich glaube, in meiner AS habe ich die Komponente Job ein wenig unterschätzt. Ich glaube aber Stand jetzt, dass diese Komponente bei meiner Psyche einfach einen doch höheren Impact hat, als ich es mir Anfangs zugestehen wollte.

05.07.2023 12:06 • x 1 #19


H
Zitat von Hicks:
Aber weiß er auch, dass der Grund dafür psychische Probleme sind oder nenne wir es firmengerechter einen Burnout hast?

Nicht so direkt und klar. Mir fällt es schwer, so 100 % offen darüber zu sprechen. Mein anderer Vorgesetzter weiß, dass ich seit Jahren immer wieder Panikattacken/Angstzustände habe und schon mal eine Therapie deshalb gemacht habe.
Ich war immer ganz vorsichtig mit solchen Informationen, zumal viele nicht ganz nachvollziehen können, was so eine psychische Erkrankung ja auch bedeutet. Ich habe einfach Angst, dass das als Alibi gesehen wird, dass ich eben nicht performe oder nicht performen will/kann (ich kann es ja nichtmal selbst so gut deuten).

Ich glaube aber, schlimmer kann es nicht kommen und ich sollte mich komplett outen.

05.07.2023 12:14 • #20


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