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Hallo.

Hatte gerade wieder einen "Deep-Talk" mit meiner Mutter. Ich bin schon lange gefühlskalt, wird Alexithymie genannt, obwohl ich das eigentlich gar nicht will. Manchmal bin ich ganz froh drum, es kann helfen, wenn ich verletzt wurde, aber das ist auch nicht immer so.
Seit wann das so ist kann ich auch nicht genau sagen, ich denke, dass fing so langsam auf der weiterführenden Schule an. Aber genau sagen kann ich es nicht und meine Mutter wohl auch nicht.
Sie hat mich mit Ende 30 bekommen und ich bin ihr einziges Kind. Ich denke schon seit mehreren Wochen darüber nach, dass dies und das, eventuelle Demenz und körperliche Beschwerden nicht mehr sehr weit entfernt sind. Ich wohne noch zu Hause und plane nächstes Jahr zu studieren. In der Zeit darf ich auch noch zu Hause wohnen bleiben.
Vater ist tot, war sogar Anfang 40, als er mich bekam. Sein einziges Kind.
Mir ist auch aufgefallen, dass mir ihre Nähe seit ein paar Wochen irgendwie anstrengend vorkommt. In ein paar Wochen fange ich ein FSJ an, bin seit sehr langer Zeit nur zu Hause, weil ich aufgrund Covid kein Praktikum mehr gefunden habe.
Meine Oma ist Mitte 80 und meine Mutter und meine Tante kümmern sich um sie, fahren sie zur Tagesgruppe etc., aber sie hat auch eine Pflegerin. Sie möchte nicht ins Heim, kann ich verstehen. Seit etwa fünf Jahren hat sie Demenz. An einem Tag mehr, am anderen Tag weniger. Aber das ist recht selten der Fall. Sie hat Demenz recht spät bekommen. Gerade mal gegoogelt und gesehen, dass manche, wenn auch wenige, Demenz schon mit 50 bekommen können. Das hab ich nicht gewusst. Meine Mutter ist etwas älter und ich habe Angst vor der Zukunft, weiß nicht, wie ich damit umgehen soll. Sie sagte eben zu mir, nicht zum ersten mal: "Du kümmerst dich sowieso nicht um mich." Ich weiß gar nicht, was ich darauf sagen soll. Ich kümmere mich nicht viel um meine Oma, aber weil ich nicht soll. Ich soll nicht sehen, wie sie neben die Toilette macht oder sogar in die Hose, weil sie, auch mit Hilfe, nicht rechtzeitig ins Bad kam. Den Anblick, das langsame Gehen und die Füße nicht richtig heben, diese Hilflosigkeit die ältere Menschen dann einfach verspüren, tut mir aber weh und ich weiß nicht, was ich dann empfinden soll.
Ich denke momentan viel über meine Mutter nach. Sie sieht gut aus für ihr Alter, gute Kleidung, schminkt sich hübsch. Aber sie hat nie wirklich Sport getrieben und hat jetzt schon manchmal Probleme, vom Sofa hoch zu kommen. Sie macht sonst sehr viel und ist belastbar. Auch körperlich. Aber ich sehe, wie sie schon jetzt manchmal etwas gebückt geht etc. Sie hat auch recht viel Gewicht, hat aber nie etwas dagegen gemacht. Aufgrund des hohen Blutdrucks, den sie seit der Schwangerschaft hat. Aber hilft nicht gerade dann Sport? Zumindest ein bisschen?
Jetzt im Sommer geht sie in der Pause wohl manchmal ein bisschen spazieren. Das sind zwar nicht viele Minuten, aber freut mich. Vielleicht hilft das ja etwas.
Mit manchen Freunden ist es nicht anders, eher bei den Mädchen. Besonders zwei suchen gerade nicht wirklich meine Nähe. Die eine ist gerade im Prüfungsstress, da verstehe ich das ja noch. Die andere ist gerade im Urlaub, muss eine Klasse wiederholen. Das aber ich selber und war auch zu der Zeit mega down, aber von ihr kommt fast nichts mehr. Schreiben tun wir, aber sie fragt nicht nach Verabredungen. Das mach immer nur ich. Aber wenn wir uns treffen, lachen wir viel. Eigentlich als wäre alles normal. Sie hat mir vor zwei Jahren mal dick ins Gesicht gelogen und ich habe das durch einen Dritten herausgefunden und sie dann damit konfrontiert. Klar, ich verstehe, dass ihr das dann wahrscheinlich unangenehm war, aber ich fand das nicht okay.
Meine Mutter will, dass ich diesbezüglich eine Therapie mache. Aber ich habe mich gerade auf ein paar Websites durchgelesen und gesehen, dass Therapien in dieser Form, wohl noch nicht sehr fortgeschritten sind.
Ich weiß, dass die eine Freundin (die kaum nach Verabredungen fragt) auch eher ein Einzelgänger ist und auch nicht sehr viele Freunde hat. Eigentlich haben wir uns damals nur deswegen kennen gelernt. (Sie ist zwei Jahre jünger als ich.)
Soll ich meine Freunde einfach mal ganz klar und direkt fragen, was deren Problem mit mir ist? Die Antwort wird bestimmt wehtun, aber dann habe ich vielleicht etwas mehr Klarheit. Und / Oder was kann ich selber gegen die Kälte tun?

22.07.2021 11:13 • 25.07.2021 #1


16 Antworten ↓


Hallo erstmal,

wie sind Deine Eltern denn, auch eher kühler und distanziert?

A


Gefühls Probleme, null Empfinden

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@portugal
Nein, meine Mutter ist sehr nett. Sie sagt, in meinen Augen, schon zu zu vielem "Ja, mache ich." beispielsweise. Meine Tante ist auch eher kälter und meine Mutter und sie verstehen sich nicht mehr gut. Haben eigentlich nur noch wegen meiner Oma (gemeinsame Mutter) ein bisschen zusammen zu tun.
Mein Vater weiß ich nicht, der ist schon zu lange tot. Er hatte auch viele negative Seiten an sich, aber meine Mutter hat ihn trotzdem irgendwie geliebt. Er hat sich gut um mich gekümmert, hat viel mit mir unternommen.

Ich frage nur, weil die Eltern einem ja vieles unbewusst vorleben. Sprich, wenn das Elternteil eher distanziert seinen Kindern gegenüber ist, dann kann es passieren, dass man es unbewusst übernimmt.

Nach Fir doch über Dich keine solche Gedanken, wichtig ist doch, dass Du ehrlich im Leben bist, wirst was ich meine?

@portugal

Ja schon, aber ich hab deswegen immer öfter unangenehme Gespräche mit meiner Mutter. Ich hab auch nicht viele Freunde. Vielleicht liegt es daran. Es stört mich ja selber, das ist so nicht immer ein schönes Leben.

Kannst du denn gar keine Emotionen spüren, also weder positive noch negative?
Ich hab keine Ahnung ob es stimmt (!) - aber irgendwo las ich mal, dass wenn Menschen z. B. lange Zeit negative Emotionen verdrängen oder unterdrücken (ob bewusst oder unbewusst) sich dieses verdrängen auch auf alles andere ausbreiten kann. Dass das Gehirn sozusagen lernt, Gefühle im Allgemeinen nicht mehr hochkommen zu lassen.

Zitat von Moe89:
Kannst du denn gar keine Emotionen spüren, also weder positive noch negative? Ich hab keine Ahnung ob es stimmt (!) - aber irgendwo las ich mal, ...


Das ist eine sehr gute Aussage, ja ich denke, sowas kann erlernt werden.

Doch, natürlich verspüre ich Trauer, Freude, Hass etc. Merkt man in dem Text nicht, dass ich mir Sorgen um meine Mutter mache?

Doch natürlich

Also kann ich hier keine Tipps bekommen? Hat keiner Ideen? Sieht nämlich gar nicht so aus.

Das irritiert mich auch ein wenig, denn wirklich null Empfinden oder Gefühlskälte kann ich in deinem Beitrag auch nicht rauslesen. Also hast du ja doch Empfinden und Emotionen - keine Gleichgültigkeit - und diese können ja unterschiedlich interpretiert, gewertet und behandelt und zu Ausdruck gebracht werden können. Liegt dann dein Problem eher bei dem Umgang mit diesen Gefühlen? Sprich, du weißt nicht was mit diesen 'anfangen' sollst, bzw. wie du diese verarbeiten kannst? Wenn das der Fall ist, dann könnte das schon für Verdrängen/beiseite schieben sprechen.

Hat man dir die Alexithymie denn schon diagnostiziert? Ich bin keine Fachfrau, aber das ist meines Wissen nach ja schon das nicht-empfinden-können von Gefühlen, sprich Gleichgültigkeit gegenüber Situationen oder Personen - was du in diesem Fall ja dann nicht hättest.

Zitat von FeuerLöwin:
Also kann ich hier keine Tipps bekommen? Hat keiner Ideen? Sieht nämlich gar nicht so aus.

Na ja, dazu müssen wir es ja erst mal schaffen, das Kind richtig zu benennen.
Ich lese da eher ne latente Depression im Anfangsstadium oder depressive Verstimmung aus deinem Beitrag heraus und eben keine Alexithymie. Dafür gibt es dann aber andere Ansätze und andere Tipps.

@Moe89 Ich war sieben Jahre lang in Therapie, wegen Depression. Nochmal werde ich das nicht machen, ich kann doch nicht wie eine Irre mein ganzes Leben zur Therapie rennen. Richtig krank.

Durchgehend sieben Jahre ist eine lange Zeit. Es scheint so, dass es in diesen sieben Jahren auch nicht den erhofften Erfolg gab. In deinem Anfangspost erwähnst du ja auch - in dem Fall nochmals - eine Therapie, allerdings eine in einer anderen Form. Vielleicht waren die Ansätze damals zur Behandlung deiner Depression für dich eher ungeeignet. Hiermit kommt auch mein Tipp - tatsächlich nochmals zur Therapie, vielleicht sogar nochmals wegen Depressionen, allerdings mit anderen Ansätzen. (kognitiv, medizinisch... die Bandbreite ist ja mittlerweile recht groß)
Ja, auch bei Therapien gibt es nie die Garantie für Erfolg und man kann leider auch immer an - für einen persönlich - ungeeignete Therapeuten geraten. Genauso gibt es aber auch die Wahrscheinlichkeit, an einen geeigneteren zu kommen. Ob du es dennoch nochmals probieren möchtest, liegt natürlich ganz in deiner Hand.
Deine Freundinnen kannst du ja mal anschreiben und fragen, was los ist, ob es ein Problem gibt. Wer weiß, vielleicht wirst du ja auch positiv überrascht oder es gibt Dinge, die somit dann gleich aus der Welt geschafft werden können.
Jedenfalls viel Glück für was auch immer du dich entscheidest.

@Moe89 Ich habe keine Depression mehr. Klar, mir geht es nicht immer gut, aber das hat verschiedene Gründe und da kann man jetzt nicht was von heut auf morgen machen.
Ich empfinde Gefühle wie Freude, Hass, Trauer etc., bei Mitgefühl beispielsweise wird es manchmal schwieriger und ich weiß nicht, warum.

Zitat von FeuerLöwin:
Ich empfinde Gefühle wie Freude, Hass, Trauer etc., bei Mitgefühl beispielsweise wird es manchmal schwieriger und ich weiß nicht, warum.


Weil echtes Mitgefühl eine wahrlich große Leistung ist. Nur wenige Menschen können es hervorbringen. Mitgefühl bedeutet, nicht die Situation eines anderen Wesens zu beurteilen sondern mit seinen Sinnen zu erleben. Aus diesem Grunde ist das Mitgefühl nicht zuletzt auch für uns selber ein heilsamer Zustand. Er verringert die Distanz zwischen mir und den anderen, sowie in der Folge zwischen Subjekt (Ich) und Objekt (Welt).

Für Menschen, die gerne auf Distanz leben ist es mitunter sehr schwierig, Mitgefühl, Mitfreude, Gleichmut und eine gewisse Allgüte zu erzeugen. Lernen kann man diese vier Geisteskräfte vor allem in der sogenannten Metta-Meditation aus der buddhistischen Theravada-Tradition.

Zudem kann es dem Verständnis dienen, die Begriffe Gefühl und Emotion zu unterscheiden. Gefühle gibt es im Grunde nur zwei: Angenehm (will ich!) und Unangenehm (will ich nicht!). Sie tauchen unmittelbar mit Sinneseindrücken (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten und Denken) auf und sind durch vorherige Wahrnehmungen konditioniert. Gefühle stellen automatisch auch Bewertungen dar und bestimmen deshalb die Geisteszustände. Dies sind die Emotionen (z. B. Wut, Trauer, Freude, Seeligkeit, Angst, Einsamkeit, Unzufriedenheit, Gier, Hass, Neid, Missgunst etc.). Sie sind gefühlsbedingte Unterkategorien. Merke: Man hat keine Wut, sondern ist wütend - man hat keine Emotion sondern ist emotional. In manchen Therapien wird oft missverständlicherweise die Emotion vergegenständlicht um sich von ihr distanzieren zu können. Das ist blanke Theorie die m. E. nie zu einer dauerhaften heilsamen Veränderung führt.

Da die Emotionen gefühlsbedingt sind, können sie auch nicht direkt manipuliert bzw. verändert oder gar aufgelöst werden. Wenn man an ihnen etwas ändern will, muss man sich den Gefühlen zuwenden. Wie das funktionieren kann ist eine etwas längere Geschichte und erfordert schon etwas Hingabe. Bei ehrlichem Interesse kann ich näher drauf eingehen.

@moo Ich möchte doch was ändern, sieht man das nicht? Auf Dauer komm ich so nicht weiter, das versteh ich.

A


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