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ShadyAngel90
Hallo ihr Lieben,

es ist jetzt schon 3 Jahre her, aber es beschäftigt mich immer noch. Ich hoffe ich poste das hier am richtigen Ort. Ich bin neu hier.
Am 4. Januar 2015 ist mein Opi gestorben. Er war alt und hatte leichte Demenz. Ich bin davon allerdings nicht so überzeugt. Es fing damit an, dass meine Onkel und Tanten ALLES verändert haben, als er zu einem Pflegefall wurde. Er sollte nicht mehr oben in seinem Schlafzimmer schlafen, wo er seit einem halben Jahrhundert geschlafen hatte. Man wollte nicht mehr in einen Treppenlift investieren mit den Worten Das lohnt sich nicht. Ist ja schon möglich, dass er alt ist und so, aber muss man es so kalt ausdrücken? Meine Omi lebt noch. Sie hat sich viel um ihn gekümmert. So wurde unten ein Zimmer hergerichtet in dem beide geschlafen haben. Dann wurde in seinem geliebten Garten alles umgerissen, Bäume gefällt, die Terrasse umgerissen ect. Er fing oft an zu weinen, dass er nach Hause möchte. Er hat sein Zuhause kaum wiedererkannt. Ich schiebe das nicht wie aller anderen, auf eine Demenz. Ich bin der Meinung, dass alte Menschen schwer mit Veränderungen umgehen können und er sich darüber erschrocken hat und dachte, er sei nicht mehr Zuhause. Man hätte damit warten sollen, zumal er nur noch in seinem Rollstuhl saß und in seinen Garten sehen konnte.

Jetzt aber zu dem Erlebten, was ich zu gleichen teilen schön und traurig fand und mich einfach nicht loslässt.
Es war Silvester, kurz vor seinem Tod. Ich weiß nicht mehr warum, aber ich wollte ihn besuchen. Er saß in seinem Rollstuhl vorm Fenster. Mein Mann, meine Tochter und ich setzten uns zu ihm. Er hat mich zuordnen können, meinen Mann vielleicht auch. Da bin ich mir nicht sicher. Meine Tochter kannte er nicht. Mein Mann ist dann mit unserer Tochter spazieren gegangen, weil man gespürt hat, dass etwas nicht stimmt. Mein Opi nahm meine Hand und hielt sie die ganze Zeit fest. Er sah in seinen Garten. Sein Blick war weit entfernt. Ich habe ihn beobachtet, kaum mit ihm gesprochen. Ich habe ihn nur angesehen. Hin und wieder sah er mich an und strahlte richtig und streichelte meine Hand. Es war ein merkwürdiger Moment. Ich wusste, dass er wusste, dass er bald sterben wird. Ich sah es ihm an und irgendwie war ich erleichtert in dem Moment. Er sah so zufrieden aus irgendwie. Als wir uns verabschiedeten, habe ich ihn gedrückt und ihm gesagt, dass ich ihn lieb habe. Er hat mich lange festgehalten und geknuddelt. Er meinte er habe mich auch lieb. Im Auto habe ich angefangen zu weinen, weil ich wusste, dass ich ihn heute zum letzen Mal gesehen habe.
An dem Tag als er starb, rief meine Mutter mich an und wollte, dass ich dahin komme. Er war wohl schon Besinnungslos und hatte die Augen geschlossen. Sein Herz schlug aber noch. Alle anderen wären auch da. Ihre drei Geschwister mit Familie. Ich wollte das nicht. Ich fand, dass ich da nicht hingehöre an sein Sterbebett. Ich habe mich von ihm verabschiedet und er sich von mir in einem so viel schönerem Moment wo er auch noch wirklich da war und mich wahrgenommen hat. Ich wollte diesen Moment als letzte Erinnerung an ihn bewahren. Bis heute hält sie mir das vor und ist der Meinung, dass ich mich nur drücken wollte und nur Angst hatte. Das stimmt aber nicht. Wenn sie oder mein Vater sterben wird, dann werde ich da sein. Von meinen Kindern aber verlange ich das nicht. Die hätte ich dann gerne bei mir am Sterbebett. Ist es so falsch, dass ich nicht da war?
Ab und an frage ich mich das wirklich. Aber ich bin mir ziemlich sicher, dass es das Richtige für meinen Opi und mich war.

Das wollte ich einfach nur mal loswerden, da ich in meiner Familie nur mit meinem Mann darüber reden kann, der Rest mir aber böse zu sein scheint.

03.04.2018 14:34 • 03.04.2018 #1


6 Antworten ↓


Luna70
Zitat von ShadyAngel90:
Ist es so falsch, dass ich nicht da war?


Nein, das finde ich überhaupt nicht falsch. Er war ja nicht alleine, sondern in Gesellschaft von vertrauten Menschen. Vorwürfe finde ich da fehl am Platz, jeder muss für sich selbst entscheiden wie er sich verabschiedet. Deine Mutter hat sich vielleicht irgendwie alleine gelassen gefühlt? Habt ihr denn mal darüber gesprochen, was sie dir genau vorwirft?

Wenn ihr Vorwurf eher so in die Richtung geht, dass du sie blamiert hast, weil alle anderen Enkelkinder da waren und du nicht, dann würde ich sagen, ist das ihr Problem und nicht deines. Ich stimme dir vollkommen zu, es gab für dich keine Pflicht zu kommen. Ich habe das bei uns auch so gehandhabt, eines meiner Kinder war beim Tod meines Vaters dabei, eines nicht, beide haben das selbst entschieden.

Vielleicht kannst du versuchen, in einem Gespräch diese Situation, als du dich von deinem Opa verabschiedet hast nochmal zu erklären und das eben dein Abschied war. So hast du eine schöne Erinnerung als letzten gemeinsamen Moment, darüber sollte sie doch eigentlich froh sein.

03.04.2018 15:07 • #2


A


Der Tod meines Großvaters

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ShadyAngel90
Ich fühle auch, dass es so richtig war.

Wir haben darüber geredet, aber ich bin mir nicht sicher, dass sie es wirklich 100% so hingenommen hat.
Ich bin ja sowieso nicht so wie sie es gerne hätte. Ich bin halt ein bisschen mehr die Rockerin... na ja,
ihre Familie ist sehr gläubig und steif. Das ist sicher auch mit ein Grund, weshalb ich anders sein wollte....
und es letztendlich auch bin. Ich kam damit nie so richtig klar.

Und ich fand den Moment wirklich sehr innig und schön und gleichzeitig natürlich auch traurig.
Aber ich freue mich mit meinem Opi einen Abschied auf diese Weise gehabt zu haben.
Ich denke gerne und auch mit Tränen in den Augen daran zurück, bin aber sehr glücklich darüber.
Ich konnte ihm sagen, dass ich ihn lieb habe und er konnte auch antworten. Das ist mir so viel Wert.

03.04.2018 15:17 • #3


Mondkatze
Hallo

Ich finde, du hast gut gehandelt.
Es war in dem Augenblick das richtige für dich und deinen Opa.
So liest es sich jedenfalls.
Du hast den Abschied so gestaltet, wie du es für dich als richtig empfunden hast.
Und es scheint, dass dein Opa es auch genau so wollte.
Lass dir bitte nichts einreden.
Ich weiß auch nicht, aus welcher Motivation heraus Menschen so etwas gemeines sagen können.
Wichtig ist, dass du deinen Seelenfrieden hast.
Behalte es so in Erinnerung.

03.04.2018 15:20 • #4


ShadyAngel90
Danke

Ich empfinde es auch so. Eigentlich gebe ich auch nicht viel darauf, was andere sagen.
Ich bin da ein wenig rebellisch. Aber manchmal habe ich mich schon gefragt, ob ich es wirklich richtig gemacht habe.
Ich liebe meiner Mutter ja und wollte ihr natürlich auch nicht wehtun oder sie enttäuschen. Oder gar alleine lassen. Nein, aber ich denke auch, dass es wirklich besser für meinen Opi und mich war.
Es tut gut, das auch von anderen bestätigt zu bekommen.
Danke

03.04.2018 15:26 • #5


M
Zitat von ShadyAngel90:
Ich habe mich von ihm verabschiedet und er sich von mir in einem so viel schönerem Moment wo er auch noch wirklich da war und mich wahrgenommen hat.


Das freut mich - auch wenn Du die Trauer hast - das IHR BEIDE richtig voneinander Abschied nehmen konntet!

Das das außer Dir und Deinem Opa keiner nachvollziehen kann ist doch eigentlich egal.
Laß Dich nicht verunsichern.

03.04.2018 20:53 • #6


steffi_is_queen
Vorne weg, es ist ganz allein deine Entscheidung wie du Abschied nimmst und wie du trauerst. Du hast für Dich eigene Entscheidungen zu treffen, niemand sonst!

Meine Kollegin hat vor einigen Jahren ihren Papa verloren und war bisher noch nicht einmal auf dem Friedhof, sie möchte das nicht, sie denkt ja trotzdem an ihn. Das kann zum Beispiel keiner aus ihrer Familie so wirklich verstehen.

Ich musste mich so zusammenreißen nicht in Tränen auszubrechen. Dieser gemeinsame, letzte Moment zwische deinem Opi und Dir.. einfach wunderwunderschön, wirklich. Dieser Moment gehört euch beiden allein.. einen schöneren Abschied hättet ihr nicht haben können.. Warum solltest du den durch diese Massenversammlung kaputt machen.. ?

Du hast die richtige Entscheidung getroffen!

Ich habe meinen Opa lange bevor die Maschinen abgestellt wurden nicht mehr gesehen.. und dass er zum Ende nur durch Maschinen am Leben erhalten wurde hat meine Mama mir Jahre später erzählt, mit 15 hätte ich das vielleicht schon verstanden.. aber nicht verstanden.. denn ich habe sein Krankheitsbild damals noch nicht begriffen.. für mich stand da noch fest dass er für immer bleibt.. auch wenn mir natürlich bewusst war dass wir alle sterben müssen.. ich denke man weiß was ich damit sagen möchte.

Mit meiner Oma hatte ich noch ein schönes Silvester.. und fast zwei Monate später starb sie ganz plötzlich..

Ich finde es mies dass du deswegen Vorhaltungen bekommst.. jeder geht mit gewissen Situationen anders um.. und du hast den besten Weg für Dich, für Euch, gewählt!

03.04.2018 21:08 • #7





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