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Hallo,

ich wollte mir mal meine Erlebnisse aus diesem Jahr von der Seele schreiben. Sorry, dass der Beitrag so lang geworden ist, aber das musste mal raus. Vor ab eine kurze Info zu meiner Person:

Ich bin 29 Jahre alt, und habe Ängste seit meiner Jugend. Zum richtigen Ausbruch kam es 2002 nach einer Hepatitis-Impfung. Von da an hatte/habe ich Angst vor sämtlichen Medis und ich hatte Angst vor allen Lebensmitteln. Meine Angst bestand/besteht darin einen anaphylaktischen Schock zu bekommen. Dann hatte ich eine Herzneurose, da ich wie viele anderen auch, unter Herzstolpern leide, aber organisch gesund bin. Angst vor dem Tod, die vor 2 Jahren in einer mittelschweren Depression endete. Ich habe 2 stationäre Therapien hinter mir und eine ambulante. Aber so wirklich geholfen hat mir das alles nichts. Habe mich auch nie mit Tabletten behandeln lassen.

So nun zu den Erlebnissen in diesem Jahr:

Angefangen hatte es schon im Januar, mit einer Erkältung die sich 2 Wochen hinzog, und es hinterher auf eine Antibiotika- Einnahme hinauslief. Der absolute Horror, da ich auch keine Lungenentzündung haben wollte. Ich war über mich selbst erstaunt, dass ich die 1. Tablette genommen habe, und schon nach 10 Minuten die ganze Angst verflogen war.

Im Februar habe ich dann eine Steißbeinfistel bekommen. Und bei meinem Glück musste ich das natürlich operativ entfernen lassen unter Vollnarkose. Die Operation war Ende März. Ich hatte solche Ängste. Ich konnte an nichts anderes mehr denken. Hatte mich innerlich schon von allen verabschiedet. Natürlich habe ich das ganze gut überstanden. Ich musste dort Medkamente nehmen, und wäre am liebsten nach Hause gegangen. Aber der Eingriff war notwendig, und ich nahm die Medis. Und es war das Beste was ich hätte machen können.

Mitte April erfuhr ich dann, dass ich schwanger war. Im ersten Moment gefreut, dann auch ein Schock. Vor meiner Steißbeinfistel OP hatte ich meinem Freund noch gesagt, wenn ich das alles gut überstehe, dass wir uns dann um die Kinderplanung kümmern. Aber da war ich schon schwanger, was ich nicht wusste. Nunja, 2 Wochen später dann die Diagnose, Fehlgeburt. Der Embryo hat sich nicht weiterentwickelt. Das war wie ein Schlag ins Gesicht. Ich hatte mich nach der anfänglichen Skepsis doch so gefreut. Und warum musste mir das passieren? Am 30. April hatte ich dann die Ausschabung. Aber ich hatte keine Angst vor dem Eingriff. Vielleicht war es auch einfach nur der Schock. Es ging ja auch alles so schnell, da blieb mir nicht viel Zeit um lange darüber nachzudenken.

Mitte Mai starb dann auch noch der Vater meines Freundes. Das das passieren wird, war uns klar. Er hatte letztes Jahr im Dezember die Diagnose Bauchspeicheldrüsenkrebs bekommen. Man konnte leider nicht mehr operieren. Also wurde ich diese 6 Monate auch ständig mit dem Tod konfrontiert. Es war so schlimm anzusehen, wie der Vater so hilflos war. Wie oft er abends angerufen hat, weil er seinen Sohn sehen wollte. Wenn man dann dort ankam, war er völlig aufgelöst und hat geweint. Er war die letzten Wochen dann nur noch im Krankenhaus. Er selber wollte auch nicht mehr, und zum Schluss ging es auch sehr schnell.

Vor 4 Wochen habe ich dann noch mit dem Rauchen aufgehört. Ich habe mehr als 10 Jahre geraucht. Habe es unzählige Male versucht und nie geschafft. Diesmal bin ich guter Dinge. Und ich mache seitdem regelmäßig Sport zu Hause. Ich will nicht unbedingt Geld für ein Fitnessstudio ausgeben. Der Sport tut mir gut, und ich habe keine Angst, durch die Belastung an einem Herzanfall oder sonstigen zu sterben.

Das war also mein Jahr. Ich musste mich all meinen Ängsten in diesem Jahr stellen und habe es sehr gut gemeistert. Eigentlich habe ich immer gedacht, nachdem was alles so passiert ist, dass irgendwann der große Knall kommt und ich eine Panikattacke bekomme. Aber dem ist nicht so. Ich bin sehr sehr stolz auf mich. Natürlich gibt es auch mal Tage an denen ich ängstlich bin, aber alles in einen überschaubaren Rahmen. Ich verkrümel mich nicht mehr zu Hause. Wenn es mir schlecht geht, gehe ich erst recht raus. Die Ängste hatten mich jetzt Jahre lang im Griff. Jetzt ist Schluss damit. Und seit meiner Fehlgeburt, weiß ich jetzt 100%ig, dass ich ein Kind will. Ich hoffe, dass es bald wieder mit einer Schwangerschaft klappt, weil ich mir nichts sehnlicheres Wünsche.

LG Pueppy

23.11.2009 20:02 • 24.11.2009 #1


3 Antworten ↓


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Hallo Pueppy

Ich habe deinen Beitrag sehr aufmerksam gelesen,
und es ist wahr, du hattest sehr viele Erlebnisse in diesem Jahr.

Die Sache mit der Fehlgeburt (kann man das so nennen?) hat mich besonders berührt.
Vielleicht stand diese in Verbindung mit der notwendigen Steißbeinfistel-OP.

Ihr habt aber noch sehr viel Zeit, und damit die gute Möglichkeit auf ein zweites und gesundes Kind (auch auf ein drittes).

Der Tod eines Menschen ist immer schlimm, aber so hart es jetzt klingen mag, Menschen sterben, niemand ist auf dieser Welt unsterblich.

Was ich aber nun unbedingt zu dir selber sagen möchte, du hast sehr viele gesundheitliche und menschliche Probleme gemeistert. Du hast deine Ängste überwunden, und die notwendigen Medikamente erfolgreich eingenommen.

Ich denke, dieses Jahr solltest du, trotz zweier Verluste, für dich selber als ein erfolgreiches Jahr ansehen und stolz auf dich sein können.

Liebe Grüsse, omega

23.11.2009 20:30 • #2


A


So viel passiert.

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Hallo omega,

vielen Dank für deine Antwort.

In meinem Fall spricht man auch von einer Fehlgeburt. Im Fachjargon sagt man auch dazu Missed Abortion - verhaltene Fehlgeburt. Ich denke mittlerweile auch, dass die OP dabei eine Rolle gespielt hat. Der Frauenarzt hatte damals noch gesagt, dass in den ersten Wochen das Alles oder Nichts Prinzip gilt, und das es in dem Fall keine Komplikation durch die OP gegeben hat. Aber leider war es dann ja doch nicht so. Auf jeden Fall habe ich noch genug Zeit für einen erneuten Versuch. Noch tickt meine Uhr nicht

Du hast Recht, dass wir nicht unsterblich sind. Manchmal noch schwer vorstellbar für mich, aber so ist dás Leben nun mal. Aber mittlerweile kann ich mit dem Ganzen besser umgehen. Vor 2 Jahren hätte ich nicht so offen darüber reden können. Für mich war das immer ein Tabuthema.

Ich sehe dieses Jahr als einen meiner größten Erfolge an, bin aber auch froh, wenn das Jahr bald zu Ende geht.

LG Pueppy

23.11.2009 21:34 • #3


P
Hallo Pueppy,
da hast du ja eine Menge mit und auch durchgemacht. Es zahlt sich halt aus wenn man den Kopf nicht hängen lässt und man trotzdem weiter an sich glaubt.


Glückauf


Thomas

24.11.2009 11:24 • #4