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C
Hallo,
nachdem ich eine Weile nur die Beiträge gelesen habe, bin ich der Meinung, dass mir hier der eine oder andere vielleicht helfen kann.
Für diesen Post ist meine eigene Angstsituation mal nebensächlich,
es geht vielmehr um meinen Bruder.
Nachdem wir eigentlich nie ein Geschwisterverhältnis hatten, in den letzten 20 Jahren sind wir uns gänzlich aus dem Weg gegangen und hatten eine nur auf das allernötigste begrenzte Kommunikation. Das war nie besonders schwer, da wir 30 km voneinander entfernt wohnen.
Nun ist letztes Jahr unsere Mutter durch eine Komplikation bei einem Eingriff schwer erkrankt und ca. 10 Wochen später gestorben.
Unser Vater lebt schon fast 30 Jahre nicht mehr.
Während der Zeit der Erkrankung unserer Mutter haben wir wieder zusammen gefunden, falls man das so nennen kann, hatten nach ihrem Tod zwar Kontakt, der sich aber so ziemlich auf die Abwicklung von Erbangelegenheiten begrenzte.
Im August diesen Jahres nun hat er mich angerufen und um ein 4-Augen-Gespräch gebeten. Seine Frau will sich trennen. Er weiß nicht weiter, will das nicht wahr haben hat regelrecht panische Angst vor dem allein sein. Vor allem diese Angst vor dem Verlassen werden und alleine zu sein lässt ihn manchmal nicht mehr klar denken. Er schläft kaum, muss sich jeden Tag schon morgens schieben.
Sieht sein ganzen Leben, alles was er sich aufgebaut hat, den Bach hinunter gehen. Kinder haben die beiden keine.
Das geht nun schon seit Monaten so. Einmal die Woche kommt er vorbei, wir trinken einen Kaffee, reden....
Ich hab ihm geraten zum Psychologen zu gehen, was er auch gemacht hat, aber die Chemie scheint nicht zu stimmen.
Jetzt nimmt er auf dessen Verordnung ein Medikament - ich weiß leider nicht wie es heißt - das allerdings einige Zeit benötigt um Wirkung zu zeigen.
Falls das Medikament nicht anschlägt rät ihm der Doc zu einem Aufenthalt in einer Privatklinik. Er will sich die mal anschauen, ich soll mitkommen.
Das hab ich ihm zugesagt, aber lehn ich mich da nicht zu weit in sein Leben hinein, bzw. hindere ich ihn zu lernen alleine klar zu kommen. Wo hört eine unterstützende Hilfe auf und wo nehme ich ihm überspitzt gesagt das Denken ab. Ich will nicht, dass er aus der sozialen Abhängikeit von seiner Frau in eine Abhängigkeit von mir rutscht. Er muss lernen sein Leben wieder selbst zu organisieren und zu gestalten.
So, nun hab ich einen halben Roman geschrieben. Vielleicht kennt ja jemand von euch eine solche Stiuation und kann mir raten.
ich grüße euch
Conny

04.12.2008 10:47 • 12.12.2008 #1


8 Antworten ↓


I
Hallo Conny,

es ist sehr traurig, dass es deinem Bruder so schlecht geht, aber er befindet sich doch schon auf dem Weg der Heilung, mimmt Antidepressiva und wird eine Therapie machen. Das wird ihm auf jeden Fall helfen.

Ich kann dir nur meine Meinung dazu sagen: Bei Lebenskrisen oder Krankheiten anderer Menschen sollten wir uns vielleicht nicht zurück ziehen, denn gerade dann brauchen die Betroffenen unsere Unterstützung. Abhängig sind wir mehr oder weniger alle voneinander und wenn das gesunde Maß überschritten wird, hilft eben die Therapeutische Unterstützung, aber nicht nur. Dass dein Bruder dich hat ist für ihn ein großes Glück. Es gibt doch viele depressive Menschen, die niemanden mehr haben... das wünsche ich keinem. Mache dir da keine Sorgen, bei einem Verwandten entstehen keine Beziehungsabhängigkeiten, innerhalb der Familie ist doch selbstverständlich, dass man füreinander da ist...

Ich wünsche deinem Bruder Gute Besserung und dir viel Kraft...

Liebe Grüße, Isis

04.12.2008 12:40 • #2


A


Wie kann ich ihm helfen?

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W
hallo,
ich kann mich den worten von isis-z nur anschliessen.
dein bruder braucht dich nun, und gerade wenn man angst hat zu vereinsamen braucht man menschen um sich herum. du solltest ihn aber keine entscheidungen abnehmen oder alles für ihn erledigen. sondern zeigen das du ihm bei seiner entscheidung hilfst. ihn auch mal ablenken. zum frühstück einladen oder so, und nicht nur über alles negative reden sondern auch einfach nur mal so plaudern......
er braucht jetzt auch das gefühl der interesse an der eigenen person. sonst könnte er denken das nur seine probleme wichtig sind und nicht er selbst.
du schreibst: Ich will nicht, dass er aus der sozialen Abhängikeit von seiner Frau in eine Abhängigkeit von mir rutscht. Er muss lernen sein Leben wieder selbst zu organisieren und zu gestalten.
ich glaube er braucht deine hilfe (abhängigkeit) um dann sein leben neu zu oranisieren. das ist doch nicht schlimm. jeder braucht jemanden um im leben klar zu kommen. dafür braucht man freunde und familie.

04.12.2008 16:12 • #3


B
Hallo Conny,

mir ging es selber letztes Jahr sehr schlecht, habe mich da von meinem Mann getrennt, die Trennung war zwar mein Wunsch, aber ich war abhängig von ihm und habe genau so eine Krise gehabt wie Dein Bruder.

Was mir in der Zeit am meisten geholfen hat waren meine Freunde, die haben mir wenn nötig drei mal täglich zugehört und mich begleitet wo ich sie brauchte.

Entscheidungen solltest Du ihn nicht abnehmen, aber in dem Ramen wie Du es kannst für ihn da sein, das braucht er jetzt.

Ich finde es zu dem schön das ihr nach all den Jahren zueinander gefunden habt.


Liebe Grüsse Bine

04.12.2008 21:24 • #4


C
Erst mal Danke für eure Worte.
Mir geht halt nicht aus dem Kopf, dass sein Psychologe gesagt hat, erst war es Mama, die ihn versorgt hat, dann die Frau und jetzt sei er wieder auf der Suche nach einem Mama-Ersatz.
Die kann ich ihm eh nicht ersetzen, ich knabbere selbst noch sehr daran, dass unsere Mutter nicht mehr da ist und hab auch meine eigenen Probleme.
Aber fühle mich irgendwie von ihr in die Pflicht genommen nun für ihren Sohn da zu sein. Vielleicht hab ich ihn auch die ganzen Jahre einfach nur sehr als Bruder vermisst, dass ich jetzt nachholen möchte.
Einladungen die über unsere wöchentlichen Treffen raus gehen nimmt er meist nicht an, weil er keine Belastung sein möchte und schiebt andere Termine vor.
Dass ich keine Entscheidungen für ihn treffen kann war mir von Anfang an klar, ich möchte nicht verantwortlich sein, wenn er Entscheidungen irgend wann mal bereut. Aber zu Entscheidungen schupsen würde ich ihn gerne das eine oder andere Mal, dieses ständige hin und her - vielleicht überlegt sie es sich ja nochmal kostet einfach sehr viel Kraft.
Ich werd Geduld üben müssen , wie ihr sagt für ihn da sein, wenn er mich braucht und ihm irgend wann einmal Hilfestellungen geben solange er sie braucht.
Ich grüße Euch
Conny

05.12.2008 23:49 • #5


W
es ist schon sehr komisch was manche psychologen so von sich geben. wenn jemand gersde alles verliert und zuneigung braucht ,sucht er bestimmt kein mamma ersatz.......
du schreibst :
Aber fühle mich irgendwie von ihr in die Pflicht genommen nun für ihren Sohn da zu sein. Vielleicht hab ich ihn auch die ganzen Jahre einfach nur sehr als Bruder vermisst, dass ich jetzt nachholen möchte.
genau das würd ich ihm sagen und darüber reden....
dann denkt er hoffentlich nicht mehr eine belastung für dich zu sein.
man muß sich ja auch jetzt nicht plötzlich ständig treffen, öfter telefonieren ist auch schon gut.....dann kommen treffen schon wie von selber......
LG-wladimir-

06.12.2008 00:31 • #6


I
... eigentlich ist es die Aufgabe des Psychologen dem Bruder zur Selbständigkeit und aus den Abhängigkeiten heraus zu helfen. Die Bezugspersonen des Patienten sollte er jedenfalls nicht in die Flucht treiben.

Nicht ärgern, nur wundern.... ... und einen anderen suchen!

06.12.2008 03:19 • #7


I
Zitat von conny:
Unser Vater lebt schon fast 30 Jahre nicht mehr.

Wie wird der Vater von Familie erinnert? Ist in irgendeiner Form getrauert worden?

06.12.2008 11:35 • #8


C
Hallo,
@ixmugl: Im Nachhinein stelle ich fest, dass bei uns jeder für sich auf seine Art getrauert hat. Für mich war mein Vater etwas ganz besonderes, ich war so ein typisches Papa-Kind - und dann verliere ich ihn in einem Alter wo ich einen Halt nötig gehabt hätte. Ich glaube, dass ich heute einige Probleme nicht hätte, wenn ich damals besser aufgefangen worden wäre. Und ich könnte vielleicht heute meine Mutter besser loslassen. Bis heute sträubt sich etwas in mir zu akzeptieren, dass sie nicht mehr da ist.
Die Zeit der Trauer um meinen Vater ist schon lange vorbei, aber ich haben noch sehr viele schöne Erinnerungen an ihn und wenn ich Bilder von ihm sehe, streiche ich mit einem versonnenen Lächeln darüber - mein Papa! Bilder meinen Mutter machen mich nur traurig, sie tun weh, mir schießen die Tränen in die Augen, es braucht wohl alles noch sehr viel Zeit.
@all: was den Psychologen meines Bruder angeht - ich weiß nicht was ich von ihm halten soll.
Er meint er hätte das Gefühl, die Medikation würde langsam bei ihm anschlage, er mache ihm einen gefestigteren Eindruck, und die Klinik, die bräuchte er möglicherweise gar nicht. Aber Wege, Wege zeigt er ihm keine auf. Er könne seine Probleme nicht lösen, das müsse mein Bruder selber tun. Und wenn seine Frau ihn verlassen will, dann muss er das halt akzeptieren.
Termine hat er jetzt erst wieder im Januar. Ich frage mich, wie es weiter geht, wie die Strategie des Psychologen aussieht. die hat er nämlich mit meinem Bruder nicht besprochen. Z.B. wie es mit den Tabletten aussieht, die kann er doch nicht ewig nehmen.
Ich bin nur froh, dass unsere Mutter sich damit nicht mehr belasten muss,
sie hat etwas in der Art immer kommen sehen - sie hat ihren Sohn halt besser gekannt als ich meinen Bruder.
Unterm Strich weiß ich auch nicht, was ich denken, fühlen, tun soll, bzw. wohin der Weg uns führen wird.
Ich verlasse mich und hoffe halt auch weiterhin darauf, dass mein Papa, nun unterstützt von meiner Mutter, mir wie immer den Weg zeigen wird, mir bestimmt auch wieder den einen oder anderen Stolperstein hin legt, damit es mir nicht zu wohl wird, aber letztendlich alles gut sein wird.

Ich wünsch euch allen ein schönes Wochenende.
Conny

12.12.2008 09:46 • #9





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