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J
Hallo liebes Forum,

das ist mein 1. richtiger Beitrag. Seit 2 Jahren lese ich hier fleißig mit und nehme passiv Anteil an euren Geschichten.
Nun folgt ein kleiner Ausschnitt meiner.

Heute in der Früh mussten wir uns von unserem Hund verabschieden.
Er war Herzkrank und hatte am Schluss Wasser in Lunge und Bauch.
Letzte Nacht begann er, sich zu quälen. Für uns war klar, dass wir das nicht wollen und wurden also von einer Tierärztin bei uns zu Hause in ruhiger Atmosphäre begleitet.
Für unseren Schatz war es, wie man so sagt, das beste.
Aber es schmerzt unfassbar doll. Es ist hier so still.

Warum schreibe Ich das hier ins Forum?

Ende 2014 fing es an, dass es mir sehr schlecht ging.
Ich litt unter extremen Panikattacken die sich in eine depressive Phase reinsteigerten und erlebte die gemeinste Zeit in meinem Leben.
Es fiel mir schwer, den Alltag zu bewältigen.
2007 hatte ich schon einmal das Vergnügen mit Panikattacken aus heiterem Himmel.
Damals begann ich eine Therapie. Die brach ich aber nach einiger Zeit ab.
Mit reichte es zu wissen, dass es Panikattacken sind und andere Menschen auch dran leiden. Das Kind hatte einen Namen und war somit für mich erledigt.

Nun überkam es mich erneut - in zehnfacher Ausführung.
Ich bekam einen Therapieplatz bei dem selben Therapeuten von damals. Ich hatte wirklich Glück.
Die letzte Stunde ist nächste Woche.
Über 2 Jahre lang bin ich teilweise 2x die Woche dort hin und habe mich intensiv mit meinem Leben auseinander gesetzt.
Eine sehr anstrengende Zeit. Schmerzhaft, interessant, traurig und Lehrreich zugleich.
Es gab Tage, an denen ich nicht zum Briefkasten konnte. Ich habe es probiert. Immer wieder. Bin in den Lebensmittelladen rein und rückwärts wieder raus. Voller Panik und Todesangst.
Viele wissen, wovon ich rede.
Angst davor, verrückt zu werden und mir was anzutun, weil ich zu extreme Kontrollverlustangst hatte.
Hatte Angst vor Tabletten, wollte nie welche nehmen. Viele haben auf mich eingeredet.
Nimm was! Angstlöser wirken Wunder!
Mit Mühe und Not habe ich mir mal eine !halbe! Opipramol genommen und zitternd auf Nebenwirkungen gewartet.

Ich kam auf den Gedanken, mir einen Hund anzuschaffen. Und so kam unsere Fellnase im Mai 2015 zu uns.
Ich hielt mich für sehr egoistisch.
Weder mein Mann noch ich sind mit Hunden groß geworden.
Ich habe auch zu meinem Therapeuten damals gesagt, dass ich Angst habe, ihm nicht gerecht zu werden.
Ich kann ja noch nicht mal vor die Tür. Zur Arbeit im Auto mit schlimmen Panikanfällen und wieder zurück.
Wie soll ich einem Lebewesen das geben, was er braucht?

Kurzum, er lebte 2 Jahre und 7 Monate bei uns und hat uns zu glücklicheren Menschen gemacht.
Ich habe mich auf biegen und brechen um ihn gekümmert.
Bin mit ihm spazieren gegangen. Am Anfang nur mit Survival Kit. Handy, Wasser, Tüte (Ich könnte ja hyperventilieren), Neurexan und auch immer nur in Reichweite von Menschen.
Es wurde immer und immer besser. Was bin ich am Schluss mit ihm durch die Wälder gestreift! Ohne Tüte und co.

Natürlich war das keine Wunderheilung ausschließlich durch Hund.
Aber er hat mich in der schwierigsten Zeit meines Lebens begleitet und unterstützt. Und jetzt ist er weg.
Ich war wieder die alte. Mir ging es durch die hilfreiche Therapie wieder vollkommen gut. Ich habe verstanden, warum ich zu Panikattacken neige und Angst vor der Angst habe und wie ich damit umgehen kann.

Und nun ist mein kleiner alter Schatz weg.
Und ich kann einfach nicht abstreiten Angst zu haben, dass es wieder los gehen könnte.
Ich weiß: es ist unterm Strich ein Tier.
Aber er war mein Tier. Mein kleiner Engel.

Was soll ich ohne ihn machen?

Es geht weiter, aber ich bin so unsagbar traurig. Und es schneit heute Abend ohne Ende. Er hat Schnee geliebt. Das ist gemein. Er war so heilsam für mich.

Danke für's zuhören!

Jolli

09.12.2017 00:22 • 11.12.2017 #1


5 Antworten ↓


Hotin
Hallo Jolli,

es tut mir Leid, dass Du Dich von eurem Hund verabschieden musstest.

Gerade, weil Du so eine positive Bindung zu ihm aufgebaut hattest, wird Dich sein
Tod sehr traurig machen.
Vielleicht ist es ein kleiner Trost für Dich, dass er nicht weiter leiden muss.
Zitat:
Ich war wieder die alte. Mir ging es durch die hilfreiche Therapie wieder vollkommen gut. Ich habe verstanden,
warum ich zu Panikattacken neige und Angst vor der Angst habe und wie ich damit umgehen kann.


Ja, wenn Du das geschafft hattest, dann wird es Dir zukünftig nicht schlechter gehen.
Zitat:
Und nun ist mein kleiner alter Schatz weg.
Und ich kann einfach nicht abstreiten Angst zu haben, dass es wieder los gehen könnte.


Natürlich kann ich das verstehen, aber ich glaube, da wird nichts Negatives passieren.

Hallte Deinen Therapiebegleiter in guter Erinnerung. Du wirst einen Weg finden, in der nächsten Zeit Deinen
Alltag zu gestallten.
Jetzt aber lebe erst mal Deine Traurigkeit aus.

Alles Gute

Bernhard

09.12.2017 01:26 • #2


A


Was für ein Tag

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N
Hallo Jolli,

ich möchte dir von Herzen mein Beileid aussprechen und kann mir vorstellen, was du gerade durchmachst. Es war die richtige Entscheidung, ihn zu erlösen und nicht aus egoistischen Motiven an ihm festzuhalten. Doch nur, weil es das Richtige war, heißt das nicht, dass es nicht auch weh tun darf! Aus meiner Sicht muss es das sogar. Wenn mein Schatz irgendwann mal vor mir gehen wird, will ich mir gar nicht den Schmerz ausmalen... Das ist das Leid, die Kehrseite der Medaille, einen so wunderbaren Freund zu haben. Halte an all dem Schönen und Guten fest, was euch verband und versuch, dich nicht hängen zu lassen. Ich weiß nicht, wie sehr du an Seelen und solche Dinge glaubst, aber ich bin mir sicher: Selbst als Hund hätte er nicht gewollt, dass es dir wieder schlecht geht, nur weil seine Zeit gekommen ist. Vielleicht magst du ja auch noch einmal einen anderen Hund bei dir aufnehmen. Nicht, um deinen Schatz zu ersetzen - einfach, weil das Leben mit Hund so viel reicher und schöner ist. Ich finde, gerade für uns Sensible. Ich drück dich aus der Ferne und werd bestimmt heut Abend bei unserem Schneespaziergang noch an deinen Schatz denken.

Liebe Grüße,
Nesquik

09.12.2017 01:32 • #3


J
@Hotin

Vielen Dank für deinen Beitrag! Er hat mir Mut gemacht nicht direkt wieder vom schlimmsten auszugehen.
Vielleicht kann ich ja wirklich mir und meinen Fortschritten vertrauen.
Es ist definitv ein Trost, dass er nicht leiden musste. Aber er fehlt an allen Ecken und Enden.
Er war nur 2 Jahre und 7 Monate bei uns. Aber er hat uns zu glücklicheren Menschen gemacht.
Vielleicht war er auch so unglaublich wichtig für mich, weil er eben in der Krisenzeit zu mir kam. Es war so schön und befreiend zu merken, wie es aufwärts ging. Immer weiter. Und er war dabei. Jetzt ist er weg.
Habe viel Herzstolpern gehabt am Wochenende. Das war ganz eklig, hat mich aber nicht in Panik verfallen lassen. Ich weiß ja, warum. Und mein vegetatives Nervensystem funktioniert bombastisch. Ich hoffe, dass es sich nicht noch mehr einfallen lässt.
Die emotionale Seite denkt, dass es nun ja nur wieder bergab gehen kann. Rein rational versuche ich einfach mal mich weiterhin auf mich verlassen zu können.

@Nesquik

Herzlichen Dank auch dir für deine lieben Worte. Du als Fellnasenbesitzer kannst mit Sicherheit erahnen, wie schwer es ist.
Früher, wenn mit Leute vom Tod ihres Hundes berichtet haben, dachte ich klar, nicht schön. Aber immer noch ein Tier.
Falsch gedacht. Er war so viel mehr. So ein Charakter. Und immer da.
Diese Abläufe, wenn ich zur Tür rein kam - die Geräusche die er machte wenn er die Treppe runter gerannt kam, der *beep* der ging, die Äugelchen die vor Freude funkelten... all das und 1000 Dinge mehr. Das fehlt und tut weh. Das Körbchen ist nun leer.
Der erste morgen ohne ihn war furchtbar.
Wir haben so viel geweint am Wochenende und dem Schnee dabei zugeguckt, wie er seinen letzten Platz im Garten zudeckt.
Vielen Dank für deine Worte!
Genieße die Zeit mit eurem Schatz!
Ich bin gespannt, wie die Woche wird.

Viele liebe Grüße!

10.12.2017 18:43 • x 2 #4


Hurt
Hallo Jolli,

ich kann Deine Gefühle und Gedanken gut nachvollziehen.
Als ich 4 Jahre alt war, kam mein Vater mit einem jungen Schäferhund an. Und er war meine Rettung. Meine Eltern waren mit sich selbst beschäftigt und ich war unglaublich viel alleine. Rolf, so hiess er, wurde der Freund meines Lebens.
Als ich 9 Jahre alt war, hat meine Mutter ihn zum Tierarzt gefahren und ihn töten lassen. Ohne vorher ein Wort darüber zu sprechen. Rolf war von einem zum anderen Tag nicht mehr da. Sie hat es abends beim Abendbrot ganz cool erzählt, was sie getan hat. Mein Vater war ausser sich, und ich war in Schockstarre.
Der Hund war nicht krank, er hat sie einfach nur gestört.
Ich kann mich wie heute daran erinnern, dass ich noch Jahre später im Dunkeln über den Freund gestiegen bin, wo er sonst immer gelegen hat. Und nicht mehr da war. Ich kann es bis heute hören, wie er die Treppe hinunter gerast ist, und immer nicht die Kurve bekommen hat. Oder wie seine Krallen über das Linolium geschrabbst sind.

Aber spätestens als meine Mutter mit mir beim Abdecker vorbeigefahren ist und mir erzählt hat, dass Rolf hier gelandet ist, habe ich ihn im Hundehimmel verortet. Da ruht er nun seit über 40 Jahren, und ist irgendwie immer noch da - nur anders.
Ich denke immer wieder an ihn und freue mich über die wunderbare Zeit, die wir gemeinsam erlebt haben.

LG

11.12.2017 08:05 • x 1 #5


calinmagique
Liebe @jolli

Deine Geschichte ist mir sehr zu Herzen gegangen.
Ich kann Deinen Schmerz nachvollziehen, auch wenn
ich nicht mehr mit einem Hund gelebt habe, seitdem ich
fünf war. Bodo, unser schwarzer Windhundmischling,
mußte traurigerweise eingeschläfert werden, weil er,
wohl wegen eines Infekts, der ihn toll hatte werden lassen, auf
meinen Vater losgegangen ist.
Obwohl wir in Sorge waren um meinen Vater. haben meine Mutter,
mein Bruder und ich herzzerreißend geweint, nachdem wir ihn begraben hatten.
in Libyen, wo wir damals lebten, gab es keinen Hundefriedhof, aber ich glaube,
dass Bodo es guthat im Hundehimmel.

Einem meiner besten Freunde sind Hunde sogar wichtiger als Menschen, weil er sagt,
dass Hunde einem ihre Liebe unvoreingenommen und bedingungslos zeigen - der Borderline-Collie, wie er seinen Lieblingshund nannte, kriegte sich immer 10 Minuten nicht ein vor Freude, wenn er ihn besuchte.

Ich finde, dass man sogar um unbelebte Dinge trauern kann, wenn sie einen lange begleitet haben und ans Herz gewachsen sind. So war ich traurig, als ich mich Ende Oktober von meinem Käfer trennen musste, und als ich im Januar überlegte, mein liebes Motorrad zu verkaufen, kamen mir die Tränen, als ich die Maschine und die Seitenkoffer putzte, und ich beschloss trotzig, mein Motorrad zu behalten.
1999 sollte unser geliebter T3-VW-Bus verkauft werden, mit dem ich fahre, seitdem ich Kind bin, habe ich so lange geheult und mit Engelszungen auf meine Eltern eingeredet, bis sie einverstanden waren, den Bus restaurieren zu lassen.

Ich hoffe, Du findest es nicht taktlos (wenn doch, entschuldige ich, wenn ich hier den Vergleich mit meinen Fahrzeugen anbringe, aber für mich scheint die Trauer ähnlich zu sein wie bei Deinem Hunderl.

Ich fände es schön, wenn Du nach einer gewissen Trauerzeit wieder eine liebe Fellnase - mir gefällt der Ausdruck - in Dein Leben lassen und liebhaben kannst, zumal der Hund Dir ja bei Deinen PAs sehr geholfen hat.
Vielleicht wäre es bis dahin am besten, wenn Du sein Körbchen u.ä. wegräumst, denn so erinnert euch ständig etwas an euren Liebling

@Hotin Das ist ja furchtbar! Wie konnte Deine Mutter so herzlos sein?

Fühl Dich lieb umarmt

von calin

11.12.2017 09:50 • #6





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