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Itsybitsy
Hallo liebe Forumsmitglieder!
Im Moment ist mein Leidensdruck grad recht hoch, man merkt's - ich muss einfach ein paar Sachen mal schreiben. (Sorry, ist etwas lang!)
Ich würde gern ein Beispiel nennen von meinen Versuchen, Freunde zu gewinnen. Vor kurzem habe ich eine nette Frau in meinem Alter auf einer Veranstaltung kennengelernt. Sie hat einen Partner und erwachsene Kinder,fand meinen Humor nett und schlug vor, dass wir uns doch mal treffen. Haben wir auch getan, in einem Café, war auch nett und interessant. Jedoch habe ich schnell festgestellt, dass diese Frau ziemlich feste religiöse und esoterische Grundsätze hat (was für mich völlig ok ist), aber das sie auch sofort anfing, mich sozusagen zu ihren Ansichten bekehren zu wollen. So nach dem Motto Krankheit gibt es nicht, die macht man sich selbst, Krebs ist eine Lüge, das bilden sich die Leute nur ein, und Du musst Dir täglich sagen ich bin Gott usw. usw.

ich finde, jeder muss das glauben, was er will, aber er soll es keinem andern aufdrängen! Auch ihre Vorurteile (nein, sie hat natürlich keine Vorurteile...) Amerikaner können alle keine Freundschaften pflegen, Amerikaner sind alle (alle Millionen von US-Bürgern!) oberflächlich, das weiss sie, weil ihr Vater nämlich Amerikaner ist. Deshalb wurden die Gespräche zwischen uns dann doch leicht unentspannt, weil ich mich gegen solche Oberflächlichkeiten einfach wehre.

Dann wollten wir eigentlich an einem Sonntag gemeinsam morgens zum Flohmarkt gehen, dann blieb sie aber den ganzen Sonntag bei mir, weil ihr Freund sie erst abends abholen konnte. Ungefragt, ob mir das passt, ob ich Zeit habe etc. Den ganzen Tag habe ich sie mit Essen und Trinken versorgt und sie unterhalten (weil sie mir auf Schritt und Tritt nachlief und mich erwartungsvoll ansah). Und abends sagt sie mir dann völlig herablassend, wie anstrengend es doch den ganzen Tag war, weil ich zwischendurch auch mal kurz was saubermachen musste (ich bin beruflich die ganze Woche unterwegs und habe nur das Wochenende daheim). also, ich finde das sehr frech und undankbar, für mich war der Sonntag auch sehr anstrengend, aber das habe ich ihr nicht so uncharmant unter die Nase gerieben! Aber für sie stand fest, nur für sie war das alles anstrengend, nur sie hat alles richtig gemacht und ich bin eine schreckliche Person.
Ich denke mir, so eine Art von Freundin brauche ich nicht! Mit einem Freund möchte ich mich doch gegenseitig gut fühlen! Aber ich bin ja diejenige, die keine Menschen in ihrem Leben hat, nicht diese Frau! Hab ich das Recht, so zu fühlen?
Aber was ist das denn bloss? Ich habe keinen Menschen mehr in meinem Leben, und wenn ich dann endlich mal jemanden kennenlerne, passiert sowas! Bin ich undankbar? Bin ich zu schwierig? Ziehe ich die falschen Menschen an?
Vielen Dank, wenn sich jemand diesen langen Beitrag durchliest und mir ein Feedback gibt, wie das auf ihn wirkt!
Lg Itsy

13.11.2009 10:24 • 13.11.2009 #1


8 Antworten ↓


R
Nein das war einfach keine gute Freundin. Dein einziger Fehler ist es, dass du das mit dir machen lässt. Irgendwie scheinst du schwach zu wirken so von wegen Mit der kann man es ruhig machen. Ich find die Frau hat dich irgendwie nur ausgenutzt um mal nen ruhigen Abend zu haben. So ne Freundin würde ich nicht wollen. ^^'

Aber ich hab ja eh das gleiche Problem wie du...

13.11.2009 10:32 • #2


A


Wo ist hier der Fehler?

x 3


Itsybitsy
Rya, danke für die flotte Antwort! Schön, dass mein Bauchgefühl da dann doch wohl richtig lag. Aber ich mittlerweile so verunsichert....stimmt wirklich, was Du sagst. Da ich ja immer denke, ich habe das Problem, ich bin falsch, ich darf nicht kritisch sein, lasse ich mir wohl wirklich zuviel gefallen. Nun, diese nette Dame hat aber auch prompt mit Kontaktabbruch reagiert....aber das ist mir auch ganz recht, denn das passte ja nun gar nicht zueinander.
Na, da wären wir dann wieder bei der Frage: wie lerne ich Leute kennen, die zu mir passen? Es gibt ja gerade bei Leuten über 30 viele Menschen, die schon so ihre Partner und Kinder haben, dazu Verwandtschaft und einen Freundeskreis, die wollen und brauchen gar keine neuen Freunde...

Und bei alten Freundschaften/Bekanntschaften von mir habe ich nur die eine Erfahrung gemacht: von sich aus meldet sich absolut keiner, es bin immer ich, die Emails und Briefe schreibt, die die Kontakte aufrecht erhält. Die Leute sind dann auch immer ganz erfreut, sagen, es tut ihnen leid, dass sie sich immer nicht melden.....aber ändern tun sie auch nichts daran....wenn ich dann mal abwarte, ob mal was von den anderen kommt....na, da sitze ich aber bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag....ist schon traurig....

Itsy

13.11.2009 10:43 • #3


R
Ich muss mich auch immer von selbst melden. Echt schlimm. Immer wenn mich mal wer von alleine anschreibt freu ich mich total.

Du hast Recht es ist schwer Freunde zu finden, wenn man älter ist. Suchst du denn nur Freunde in deinem Alter? Ich finde das Alter meistens oft egal, ich könnte mit ner 40 jährige genauso befreundet sein wie mit ner 16 jährigen. Kommt halt immer auf den Charakter drauf an.

13.11.2009 11:09 • #4


Itsybitsy
Hallo Rya.Reisender!
Da bin ich total Deiner Meinung, das Alter ist wirklich sowas von egal! Wenn man was miteinander anfangen kann, ist es egal, ob der/diejenige 14, 30 oder 60 ist! Tendenziell hab ich eher einen jüngeren Freundeskreis gehabt. Aber da mein Leben -durch den Job zum Beispiel - sehr speziell ist, und ich -für mein Alter wohl eher ungewöhnlich - weder Familie noch Kinder habe, dafür aber recht flippig bin, passe ich selten wirklich irgendwo hin. Ich habe sehr viel erlebt in meinem Leben, habe viele interessangte Jobs gehabt, in vielen Ländern gelebt und kann daher ganz viel erzählen, das finden Leute meist toll, schüchtert sie aber oft wohl auch ein. Ich möchte aber nichts verbergen müssen und möchte einfach so genommen werden, wie ich bin! Hmmmm..
LG Itsy

13.11.2009 14:22 • #5


L
Liebe Itsybitsy,

finde überhaupt nicht, dass Du undankbar bist. Nur weil man alleine und einsam ist, muss man ja nicht gleich mit jedem können. Und natürlich hast Du das Recht festzustellen, dass Dir jemand nicht behagt. Wäre ja noch schöner, wenn einsame Menschen keinerlei Ansprüche mehr haben dürften. Für mich hört sich das zudem so an, als sei diese Dame grenzüberschreitend. Und mich hätte es wahnsinnig gemacht, jemandem den ganzen Tag förmlich ausgeliefert zu sein, den ich auch noch kaum kenne. Ist doch nicht normal, dass sie ungefragt den Tag bei Dir verbringt. So was macht man selbst bei Freunden nur nach Absprache.

Ob Du allerdings schwierig bist und/oder die falschen Leute anziehst, kann ich Dir nicht beantworten. Wenn man lange alleine lebt, wird man schon etwas komisch. Davon bin ich inzwischen überzeugt. Kann dieses komisch allerdings noch nicht näher erläutern.

Aber wie Du es auch drehst und wendest, es ist definitiv nicht einfach in einem bestimmten Alter Menschen kennen zu lernen. Wie Du selbst weißt, verschieben sich oft Interessen und Wertigkeiten mit einer Familiengründung.

Ich denke, je einsamer man ist, desto höhere Erwartungen hat man unbewußt an die Menschen, die man trifft. Unbewußt möchte ich betonen! Und Erwartungen führen zwangsläufig zu Enttäuschungen.

Was ich mir auch vorstellen kann, ist, dass Du bisher oder im Moment auf Menschen stößt bzw. gestoßen bist, die mit diesen zwei Seiten nicht klar kommen. Das gibt es einmal die Itsybitsy, die zielstrebig und erfolgreich ihren Job macht, viel erlebt hat und interessant ist und auf der anderen Seite die Itsybitsy, die doch an sich zweifelt und wahrscheinlich Minderwertigkeitskomplexe mit sich herumschleppt, weil sie immer noch alleine ist. Jemand der in unserem Alter alleine ist, mit dem kann ja was nicht stimmen. Wenn man so was denkt, strahlt man es wahrscheinlich auch aus. Und ich kenne es zur Genüge, dass viele der Leute oder sogenannten Freunde, die Partner und Familie haben, von sich aus den Kontakt nicht gerade pflegen. Ich weiß nicht, woran das liegt. Vielleicht sind es definitiv die falschen Menschen oder sie können es nicht nachvollziehen, wie Du Dich fühlst oder grundsätzlich nicht, wie sich ein Mensch fühlt, der alleine lebt. Und wenn Du zu allem noch nach außen stark wirkst, dann denkt sich der ein oder andere Mensch vielleicht auch, Du kommst super alleine klar und Du brauchst niemanden. Vielleicht sendest Du falsche Botschaften an die Leute. Es ist aber auch super schwer seine Bedürftigkeit vor anderen einzugestehen, vor allem wenn man befürchtet kategorisiert zu werden. Und dazu neigen die Menschen ja leider alle. Nimm jemanden aus diesem Forum mit einer Angststörung. Soll derjenige sich outen oder nicht? Glaubst Du, man würde diesem Menschen noch zutrauen, dass er trotzdem den Anforderungen der Arbeitswelt gerecht werden kann? Würde man ihn nicht wahrscheinlich eher als grundsätzlich labil einordnen? In eine Schublade packen? Was denkst Du, würde einer Deiner Auftraggeber von Dir denken, wenn er wüßte, dass Du ein total einsamer Mensch ohne Kontakte bist? Und ist es nicht so, dass man dazu neigt, diese Seite deswegen zu unterdrücken oder gar zu verleugnen? Vor allem wenn man in einer Branche arbeitet, die Schwächen nicht akzeptiert.

Ich will damit nicht sagen, dass Du mit Deiner Einsamkeit hausieren gehen sollst. Auf keinen Fall! Ich glaube, Du musst überhaupt erst mal die Itsybitsy finden, die Du bist, die sich mag, sich selbst genügt. Einfach nur so genommen werden, wie man ist, funktioniert leider nicht oder nur ganz schwer.

Und es gibt natürlich verschiedene Arten von Kontakten. Welche, die einem wirklich emitional was bringen - sprich Freunde - und Kontakte, die einem das Alleinsein ein bisschen versüßen wie z.B. evtl. diese Frau. Mir fiel auf, Du schriebst gleich davon, dass Du so eine Freundin nicht brauchst. Mal abgesehen von ihrer wirklich etwas extremen Art, hätte Du sie doch auch einfach als jemanden sehen können, mit dem Du mal was unternimmst und vielleicht nicht gleich an Freundschaft denken dürfen. Womit wir da nämlich wieder bei den Erwartungen sind. Meine Kontakte sind aus bestimmten (teilweise gewollten) Gründen inzwischen auch sehr rar gesät, doch ich pflege auch Beziehungen zu Menschen, mit denen ich nur ganz ganz wenig gemeinsam habe. Nun, und oft funktionieren diese Kontakten sogar am Besten, vielleicht deswegen, weil sie mit wenig Erwartungen verknüpft sind und vielleicht auch, weil sie emotional nicht so gefährlich werden können.

Und was mir noch aufgefallen ist, dass sich mehrere Leute aus Hamburg auf Deinen anderern Thread gemeldet haben, die an Kontakt interessiert sind. Du hast aber nur geantwortet (PNs kenne ich natürlich nicht), dass Du im Grunde wenig Zeit hast. Das ist es, was es dem Gegenüber schwer macht, weil Du undeutliche Signale sendest. Auf der einen Seite beklagst Du Deine Einsamkeit, auf der anderen kommt dann rüber Ich habe aber eigentlich keine Zeit. Ich meine das nicht böse, ich kenne das selbst von mir. Vielleicht ist es ein Denkanstoß, mal zu analysieren, was Du von anderen möchstest und erwartest, welche Botschaften Du aber gleichzeitig sendest, also was Du ausstrahlst und wie das wohl bei Deinem Gegenüber ankommt.

Ich denke, niemand braucht Dir hier Tipps geben, wie Du es schaffst Menschen kennen zu lernen. Ich schätze Dich so ein, dass Du schon weißt, wie und wo man das macht. Nur die bisherigen Erfahrungen machen Dich unsicher. Und mal abgesehen von allem, was ich jetzt geschrieben habe, ist es ein Phänomen, was viele alleinstehende Menschen in unserem Alter betrifft, vor allem wenn sie auch noch andere Probleme haben (z.B. Angst). Gott sei Dank hast Du die nicht. Deswegen würde ich Dir anraten, Leute zu suchen, die AUCH alleine sind. Das ist eine ganz andere Ausgangsbasis. Gibt doch in Hamburg bestimmt sowas wie Singletreffs oder so. Ich meine keine Über 30 Party, sondern so etwas wie einen Stammtisch o.ä. für Singles. Das lernt man dann Männer und Frauen kennen, die gemeinsam was unternehmen. Oder gib kostenlos eine Anzeige auf bei ...meine-stadt.de.

Ich will Dein Problem damit nicht abwerten, versteh mich bitte nicht falsch. Ich spreche auch aus der Erfahrung, dass man als alleinlebender Mensch sich eher bei anderen Alleinlebenden aufgehoben fühlt.

Dennoch glaube ich, dass Du auch noch mehr hinter Deine eigene Fassade gucken solltest (Therapie?), was da so brodelt in Dir, was eigentlich mit der einsamen Itsybitsy los ist, die auch keinen Kontakt mehr zu ihrer Familie hat.

Ganz liebe Grüße

13.11.2009 15:49 • #6


Itsybitsy
Hallo liebe Lilly!
Zuallererst ein ganz fettes Kompliment! Du hast den Kern des Ganzen und viele Wahrheiten sofort erkannt und super zusammengefasst, etwas, wofür mein Therapeut schon etwas länger gebraucht hat!
Wichtig: ja, es waren Zuschriften aus Hamburg und andere dabei und ja, ich bin mit allen per PN in Kontakt! Darüber hab ich mich auch sehr gefreut!

Danke für die gute Anregung, nicht jeden Menschen, den ich treffe, gleich in die Kategorie Freund! zu packen, stimmt, das mache ich meist. Und mit nur das Leben von ihr versüßen zu lassen, das geht nicht, weil sie mir mit ihrer missionarischen und absolut ich-weiss-alles Art total auf den Geist geht. Ich fühle keine Respekt für sie und kann leider gar nichts positives mehr an ihr finden. Ja, ich denke auch, ich suche mir mal Leute, die auch allein sind. Angefangen habe ich schon mal hier im Forum. Dazu habe ich mir noch eine Selbsthilfegruppe im Kiss gesucht. Und ein Selbsthilfetreffen in meiner Nähe. Dazu werde ich ab nächste Woche auch mal wieder etwas ehrenamtliches tun, das hat mir schon früher viel Freude bereitet.
Mit den Ü-was-auch-immer Parties hab ich noch ein kleines Problem. Ich bin echt bequem geworden und gehe selten aus, ich weiss ich weiss, gaanz schlecht....aber so ist es im Moment grad. Das natürlich der neue Partner wohl eher nicht an meiner Türe klingelt und mit mir Desperate Housewives gucken will, ist mir schon klar. Aber ich bin sehr kontaktfreudig, ich quatsche auch jedes mal die Leute in der Supermarktschlange und im Hausflur an, da bin ich nicht schüchtern.
Ich habe nicht das Gefühl, dass Du mein Problem abwerten willst, nein, ganz im Gegenteil! Ich schaue die ganze Zeit mithilfe meines Therapeuten hinter meine Fassade, und ich habe auch eine ganz gute Idee, was da so alles los ist, aber das Ganze dann umzusetzen bzw. damit umzugehen, ist nicht so einfach. Wie man sich denken kann, steckt da natürlich eine ganze lange Geschichte dahinter, mit allem drum und dran. Ich bin nur echt verwundert, ich bin wirklich offen, nicht schüchtern, sehr lustig, kann reden wie ein Wasserfall, aber auch schweigen. Ich hattte früher einen riesigen Bekannten - und einen kleinen, aber feinen Freundeskreis. Wann habe ich diese Fähigkeit bloss verloren??

Sehr recht hast Du mit den Erwartungen, ja, die sind leider noch immer zu hoch bei mir. Finde ich enorm schwer, hier was runterzuschrauben. Und das ich die falschen Botschaften ausstrahle, ist definitiv klar. Ich bin attraktiv, wirke sehr selbstbewusst, rede locker vor hunderten von Leuten und sage immer sehr direkt und offen meine Meinung. Dass da alle meinen, ich komme schon allein klar, ist vorprogrammiert. Ich bin aber der Meinung, dass die Leute, die mich wirklich kennen, wissen müssten, wie es dahinter wirklich aussieht. Leider haben die meisten alten Bekannten, inklusive meiner Familie, immer die Meinung, ach, die kommt doch alleine klar, ach, der geht's doch gut, und haben immer nur Forderungen und Erwartungen an mich. Das enttäuscht mich schon schwer. Wie kann man nur glauben, dass ein Mensch nur diese eine, starke Seite hat? Und wie kann man glauben, dieser Mensch hat schon alles und braucht doch nichts? Das kann doch gar nicht sein! Ich finde das sehr verletzend. Und diese wiederkehrende Erfahrung macht es mir auch ständig schwerer, immer wieder auf neue Menschen zuzugehen, weil ich einfach nicht immer wieder dieselbe miese Erfahrung machen möchte!
Hab mich übrigens auch sehr gefreut, dass Du denkst, dass ich nicht undankbar bin!

LG Itsy

13.11.2009 17:27 • #7


B
Zitat von Itsybitsy:
Wie kann man nur glauben

Das ist ein Vorwurf.

Wer glaubt, ist nie allein.

13.11.2009 21:21 • #8


L
B48,

sorry, verstehe nicht, was Du meinst.

Liebe Itsybitsy,

Du sprichst mir mit Vielem aus der Seele. Ich bin zwar nicht ganz so taff wie Du, aber kann sehr kommunikativ sein, quatsche Leute an, komme immer mit irgendwem ins Gespräch, interessiere mich für viele Dinge, habe früher auch vieles alleine unternommen, habe zudem einen soz. Job und muss darin offen und stark sein. Das klappt auch alles .... vorausgesetzt: es geht mir gut. Was den Job angeht, so lernt man vielleicht nach all den Jahren eine professionelle Fassade aufzubauen, kann viele Unzulänglichkeiten überspielen, kann eben funktionieren, ohne großen Schaden zu nehmen.

Warum die Menschen um Dich herum nicht hinter die Kulisse schauen oder schauen können, das verstehe ich auch nicht. Ich habe genau das gleiche erlebt. Schicksalsschläge, Krise und .... keiner da. Und als mir das bewußt wurde, war ich völlig geschockt. Wieso sieht niemand meine Not? Wieso glaubt mir niemand meine Not? Ich dachte meine Freunde wüssten, wie es in mir aussieht und vor allem wie es mir nach bestimmten Geschehnissen gehen muss. Ich dachte, die kennen mich, die können sich hineinfühlen. Flötepiepen!

Und ich denke, dass der Schlüssel eben da liegt, welche Botschaften man sendet. Vielleicht sind die Menschen überfordert damit, wahrzunehmen, wann da jetzt die Itsybitsy taff ist oder wann bedürftig. Vielleicht erwarten wir, dass die Menschen hellsehen? Es können sich ja nicht alle verschworen haben. Es gibt dieses blöde, aber wahre Sprichwort: Man schaut den Menschen nur vor den Kopf. Und so ist es in vielerlei Hinsicht. Niemand weiß, was in diesem Kopf so rotiert und vor sich geht. Das bedeutet, dass man selbst falsch eingeschätzt werden kann, aber eben auch andere falsch einschätzt.

Du meinst, dass die Leute, die Dich wirklich kennen, müssten wissen wie es in Dir aussieht? Mein Reden! Aber ... das ist in sich unlogisch! Denn wenn sie Dich wirklich kennen würden, dann wüßten sie auch, dass Du mehr als nur taff etc. bist. Das bedeutet, dass diese Menschen Dich gar nicht richtig kennen und es gilt heraus zu finden, warum das so ist. Warum kennen Dich diese Leute gar nicht? Sind es die falschen Menschen für Dich? Bemühen die sich gar nicht? Oder zeigst Du eben nur eine Seite und erwartest, dass sie sich die andere Seite zurecht reimen?

Insofern ist es super gut, dass Du Dich einer Selbsthilfegruppe anschließen willst. Dort hat man die Möglichkeit - was bestimmt nicht immer einfach ist - eventuelle seine Ausstrahlung und Wirkung widergespiegelt zu bekommen. Dort kann man lernen, es ist wie ein Spielfeld, besser Übungsfeld. Kommt natürlich auf die Gruppe an und auf das Thema.

Ich finde das total klasse, was Du alles anpackst. Hochachtung!

Ich weiß jetzt nicht, welches Thema diese Gruppe hat, doch wenn es um so was wie Einsamkeit geht, muss Du auch damit rechnen, dass da Leute sind, die ganz anders drauf sind als Du. Leute, die vielleicht eher soziale Ängste haben und nicht so selbstbewußt auftreten können. Das kann natürlich für beide Seiten schwer werden, aber eben vielleicht auch spannend und interessant. Probiere es aus.

Eine Therapie ist langwierig und die Umsetzung am schwierigsten. Vom Kopf her habe ich auch vieles klar, aber das Verinnerlichen klappt nicht, es macht nicht richtig klick. Doch ich denke, selbst das hat seinen Grund und vielleicht auch seinen Sinn.

Ich habe mich übrigens nach meinen Erfahrungen erst mal ganz bewußt von allem und jedem zurückgezogen. Es gibt noch Kontakte, doch eine ganze Menge sind auf der Strecke geblieben. Ich möchte erst mal einiges für mich klar haben bevor ich mich wieder auf Nähe usw. einlasse. Was bedeutet, dass ich bei neuen Kontakten vorsichtig bin. Trotzdem ist auch das nicht einfach oder sogar ganz besonders schwer. Der Mensch ist nicht dazu gemacht alleine zu sein. Das wissen wir alle.

Ich kennen Deine Geschichte nicht, Itsybitsy, aber es ist gut, dass Du die mit Hilfe aufarbeitest. Wie ein Puzzle kannst Du auf Dauer alles mögliche zusammenfügen und irgendwann weißt Du, warum Du so anders geworden bist!

Alles Liebe von mir!

13.11.2009 22:44 • #9





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