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F
Hallo,

seit ein paar Tagen überlege ich, ob es nicht besser wäre, den Kontakt zu meinen beiden Freundinnen zu beenden, oder wenigstens im Sande verlaufen zu lassen.
Ich hab beide sehr lieb, aber mir ist bewusst geworden, dass sie mir mindestens ebenso oft weh tun, als dass sie mir gut tun.
Und da ich gerade sowieso eine schwierige Phase durchmache (hatte eine schlimme Kindheit und vor kurzem damit angefangen, das alles aufzuarbeiten und habe dazu noch ziemlich viel beruflichen Stress), überlege ich halt schon, ob es sinnvoll ist, mich damit auch noch zu belasten.
Ich hatte nie viele wirkliche Freunde, und auch die beiden die ich jetzt habe, sind keine engen. Aber meine einzigen privaten sozialen Kontakte, da ich den Kontakt zu meiner Familie vor einiger Zeit abgebrochen habe (bin missbraucht worden, daher werde ich den Kontakt auch nie wieder herstellen, egal wie einsam ich gerade bin). Einen Partner habe ich auch nicht, es sind also wirklich die einzigen Kontakte neben der Arbeit.
Nur, besonders bei der einen Freundin war es jetzt die letzten Wochen so, dass ich gemerkt habe, sie ist nicht mehr die Person, mit der ich mich vor Jahren mal angefreundet hatte. Natürlich, Menschen verändern sich, aber die tollen Charaktereigenschaften, die ich so an ihr mochte (Loyalität, Hilfsbereitschaft, Humor) hat sie irgendwie nicht mehr. Und das ist auch bestimmt keine Phase, sie ist seit Monaten so. Besonders Loyalität ist mir in Beziehungen zu anderen Leuten wichtig, und jetzt lässt sie nicht nur mich, sondern auch andere ihrer Freunde einfach hängen, wenn sie keine Lust mehr hat. Wir haben uns seit drei (!) Monaten nicht mehr gesehen, weil sie ja so viel Stress hat (aber Zeit, sich mit anderen noch zu treffen, hat sie. Davon erzählt sie ja immer, was sie nach der Arbeit noch alles gemacht hat). Jetzt wollten wir uns vor ein paar Tagen verabreden, sie wollte sich vorher noch melden, an welchem Tag sie vorbei kommt, und hat es nicht getan. Also hab ich nachgefragt wies aussieht, und dann hat sie mir wegen Kopfweh abgesagt, und weil sie müde ist. Obwohl sie beruflich an dem Tag sowieso in der Nähe meiner Wohnung war und es außerdem Wochenende war. Daraufhin hab ich ihr gesagt, dass ich es traurig finde, dass sie mir absagt, nachdem wir uns seit Monaten nicht gesehen haben und die Gelegenheit mehr als günstig gewesen wäre. Und sie weiß ja auch, wie schlecht es mir gerade geht. Daraufhin ist sie zickig geworden und hat zurückgeschrieben, dass sie auch mal auf sich achten muss. Wie gesagt, würde ich nicht wissen, was sie alles noch neben dem Job in ihrer Freizeit macht, wäre das auch kein Problem für mich. Aber als Freundin (wenn auch nur als lockere) möchte ich nicht weit hinter Konzertbesuchen, DVD-Abenden mit Kollegen, Hundesitten und Kurzurlauben auf der Prioritätenliste stehen. Seitdem haben wir nicht mehr miteinander geschrieben.
Bei der anderen Freundin war es ähnlich. Wir haben uns seit Monaten nicht gesehen (nicht, weil ich nicht wollte oder konnte, sondern weil sie immer irgendwas anderes machen musste). Vor einer Woche wollte sie vorbei kommen, wenn ich wieder zu Hause bin. Als ich ihr geschrieben habe, wann ich an dem Tag Feierabend habe bin, meinte sie nur, sorry, sie hat ganz vergessen abusagen, und dass sie einen wichtigen Termin hat und es deshalb nicht klappt. Von sich aus meldet sie sich alle paar Wochen mal (das macht sie allerdings auch bei ihren anderen Freunden, mit Ausnahme ihres Freundes und dessen Familie). Gestern hab ich ihr geschrieben und gefragt wies ihr geht, sie hat nicht geantwortet.
Soll ich die Freundschaften lieber beenden, beziehungsweise, nicht weiter fortführen, falls sie sich wieder melden sollten?
Mir geht es nicht gut damit, oft tagelang auf Antworten zu warten, oder dass sie sich manchmal nur alle paar Wochen bei mir melden, und vor allem, dass sie sich fast nie verabreden wollen. Auf der anderen Seite sind sie da, wenn Not am Mann ist und ich Hilfe brauche oder einen Rat. Und wie gesagt, ich hab sonst niemanden.

Danke für eure Hilfe.

06.04.2019 14:04 • 12.04.2019 #1


5 Antworten ↓


Safira
Ich würde dir raten mal ganz offen das Gespräch zu suchen. So mal richtig Tacheles und Klartext sprechen und Dinge mit denen du Probleme hast beim Namen nennen. Das macht man in echten Freundschaften so.
Auch wenn du dich als lockere Freundin siehst, solltest du dir mal ganz klipp und klar vor Augen führen welche Wertevorstellungen du an einer Freundschaft stellst. Und im Grunde genommen willst du doch gar keine lockere Freundin sein, du möchtest auch respektiert und wertgeschätzt werden oder etwa nicht?

Also, was ist dir wichtig? Was stört dich? Was willst du?

06.04.2019 14:23 • x 1 #2


A


Einzige Freundschaften beenden?

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H
... ich glaube, man muss Menschen zugestehen, dass sie mit so schweren Phasen wie der, in der Du Dich grade befindet, nicht umgehen können. (sorry für den Bandwurm-Satz)

Das ändert nichts daran, dass die Dir im Moment nicht zur Verfügung stehen, aber der Grund muss kein Desinteresse oder sowas sein - vielleicht sind sie einfach mit Deinen Sorgen überfordert.
Alleine bist Du trotzdem, keine Frage. Aber wenn es so ist, dann gibt es keinen Grund, Schluss zu machen. Manche Menschen sieht man Monate oder Jahr nicht, und begegnet sich dann voller Freude wieder. Wenn es Dir nicht gut tut, lass es einfach offen. Dann gibt es auch einen Weg zurück.


Genauso hat jeder Mensch das Recht, zu entscheiden, ob und wie schnell er antwortet. Du magst ein anderes Bedürfnis haben. Das bedeutet aber nicht, dass die Menschen um Dich herum diesem Bedürfnis anpassen müssen. Sie sind velleicht einfach anders als Du Dir wünscht, und gar nicht so übel. Schreibst ja auch, dass sie da sind, wenn Not am Mann ist. Sich darauf verlassen zu können - das ist ne Menge.

06.04.2019 17:37 • x 1 #3


Miami
Ich würde auch direkt ansprechen was los ist und das Du das Gefühl hast das Eure Freundschaft gerade den Bach runter geht.

Eben weil Du sagst das sie da sind wenn Not am Mann ist lohnt es sich. Und das nicht nur weil Du wenig soziale Kontakte hast.

06.04.2019 20:30 • x 1 #4


Q
Hallo Fay,

Zitat von Fay:
jetzt lässt sie nicht nur mich, sondern auch andere ihrer Freunde einfach hängen, wenn sie keine Lust mehr hat.


Das spricht doch eigentlich eher dafür, dass sich das Verhalten dieser Freundin nicht speziell gegen dich richtet, sondern sich vielmehr durch ihre Art erklären lässt.

Zitat von Fay:
Daraufhin ist sie zickig geworden und hat zurückgeschrieben, dass sie auch mal auf sich achten muss. Wie gesagt, würde ich nicht wissen, was sie alles noch neben dem Job in ihrer Freizeit macht, wäre das auch kein Problem für mich. Aber als Freundin (wenn auch nur als lockere) möchte ich nicht weit hinter Konzertbesuchen, DVD-Abenden mit Kollegen, Hundesitten und Kurzurlauben auf der Prioritätenliste stehen. Seitdem haben wir nicht mehr miteinander geschrieben.


Trotzdem kann es natürlich sein, dass sich die Freundin durch dich zu sehr beansprucht fühlte und erstmal Abstand benötigt. Du siehst zwar, wie sie ihre Freizeit verbringt - aber weißt du auch, ob sie sich nicht selbst mit eigenen Problemen auseinandersetzen muss und es sie dabei überfordern würde, sich zusätzlich deiner Sorgen anzunehmen? Problembewältigung heißt nicht zwangsläufig, nur im stillen Kämmerlein zu sitzen und zu grübeln.

Deine andere Freundin beschreibst du - wenn ich das richtig verstanden habe - als etwas zugewandter.

Beide melden sich bei dir - der Kontakt insgesamt gestaltet sich also nicht einseitig, nur gehen eure Vorstellungen, wie oft der Kontakt zustande kommen soll, weit auseinander. Hier schließe ich mich meinen Vorrednern an: es gibt in diesem Punkt wohl Klärungsbedarf. Allerdings würde ich noch ein wenig Zeit verstreichen und die beiden solange in Ruhe lassen, damit sie sich nicht am Ende noch von dir belästigt fühlen - das würde der Freundschaft definitiv schaden!

Manchmal glättet man auch Wogen durch etwas Unerwartetes: solltest du nach Wochen kein Signal von deinen Freundinnen empfangen haben, entschuldige dich ruhig für den Fall, dass du etwas zu aufdringlich warst - besonders bei der Zickigen und biete deinerseits (sofern bisher nicht geschehen und du dazu in der Lage bist) Unterstützung an. Damit beweist du Größe! Sollte deine Empathie nicht positiv angenommen werden, bleibt dir immer noch die Möglichkeit, die Freundschaft zu beenden. Dieser Schritt ist jedoch nicht so leicht rückgängig zu machen und sollte daher mehr als einmal gut überlegt sein - gerade aufgrund der Tatsache, dass du im Notfall auch Hilfe von den beiden bekommst...

...allerdings befürchte ich, dass der zeitliche Umfang der gewährten Hilfe deinem Bedarf - vor deinem Erfahrungshintergrund - auch in Zukunft nicht gerecht wird. Nie hätte ich gedacht, dass ich mal Psychotherapie empfehlen würde, aber ich nehme an, dass du dich in Behandlung befindest, da du Aufarbeitung erwähntest. Das ist erst einmal am wichtigsten! Möglicherweise gelingt es dir dadurch, dich mit selteneren Treffen (wenn deine Freundinnen auf Dauer nicht mehrere wünschen) besser zu arrangieren!

Ich wünsche dir viel Glück!

LG

12.04.2019 13:57 • #5


M
Ich möchte mal von der anderen Seite antworten: Ich habe eine Freundin, die seit vielen Jahren zu meinem Leben gehörte. Anstrengend war sie immer, aber ich habe das so angenommen, habe ihr Ratschläge gegeben, praktisch geholfen und war eigentlich immer da ( sie war es auch immer für mich ). Jetzt habe ich aber seit 2 Jahren die Situation, dass ich ständig irgendwelche Zipperlein habe und einfach Zeit für mich brauche bzw. mich nicht mit ihren Sachen beschäftigen möchte. Nachdem ich mich eine zeitlang einfach mal nicht gemeldet habe, kamen immer massivere Anforderung nach einem Treffen und sie hat auch angesprochen, was sie von mir bzw. von einer Freundschaft erwartet. Kurz und gut... ich habe mich noch mehr zurückgezogen ( ja, mit anderen Leuten treffe ich mich nach wie vor , aber auch weniger ) und will das alles nicht mehr.

Worauf will ich hinaus? Ich denke, manchmal überleben sich Freundschaften, oder man hat weder die Kraft noch den Willen eine Freundschaft weiter zu führen. Manchmal verändern sich Menschen aber auch einfach und es passt dann nicht mehr. War bei mir der Fall, als ich mich sehr in meine Krankheiten reingesteigert habe. Das war anderen dann auch manchmal zu viel.

Werde Dir klar, was Du willst, aber halte die Freundschaft bitte nicht aufrecht, weil du a) sonst niemand hast und b) weil sie in der Not immer da sind. Das sind falsche Gründe für eine Freundschaft und auch für eine gegenseitige Bereicherung.
Wenn Dir klar geworden ist, dass die Menschen Dir wichtig sind, dann sprich sie an, aber versuch es bitte ohne Vorwürfe und Anklage zu tun, denn dann geht der Angesprochene erst recht auf Distanz.

12.04.2019 14:24 • #6






Dr. Reinhard Pichler