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M
Ohne eine Diagnose zu haben, finden sich bei mir fast alle Probleme einer ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung. Daher gibt es immer wieder ganz banale Situationen, die ich aus Angst vermeide und habe nur einen einzigen Freund, den ich allerdings lediglich auf Arbeit sehe. Meine Freizeit verbringe ich daher seit jeher allein, was mich immer erfüllte. Seitdem ich nun aber anderthalb Jahre im Homeoffice arbeiten musste und jeglicher Kontakt zur Außenwelt auf Meetings beschränkt war und Stress, Einengung und Traurigkeit mein Leben bestimmten,
habe ich eine somatoforme Störung und eine milde Depression und merke, wie sehr mir das Alleinsein schadet.

Ich bin nun schon 33 Jahre und dachte, dass ich nie eine Freundin o.ä. wollte oder brauchte, was sich aber nun nur als weitere Vermeidungsstrategie, meiner Hypersensibilität gegenüber Kritik und Ablehnung und Ängstlichkeit heraus stellt. Nun fühle ich mich völlig abgehangen und überfordert darin, hier etwas zu ändern. Auch wenn ich selbst kaum meine Gefühle empfinde, ist das doch eine furchtbare Situation nie Liebe oder Nähe erfahren zu haben.

Erstaunlicherweise habe ich hier von vielen gelesen, die eine ähnliche Störung haben, aber nicht Single sind. Kann das also funktionieren und wie trifft man jemanden, wenn man sich schon kaum traut zum Frisör zu gehen, weil man sich die Situation bis zur Vermeidung katastrophisiert?

15.01.2022 19:55 • 25.01.2022 x 2 #1


3 Antworten ↓


L
Man gewöhnt sich daran alleine zu sein und irgendwann weiss man gar nicht mehr wie es anders wäre. Ich hatte mal viele Freunde, war 13 Jahre verheiratet. Depressionen (schwer), Scheidung, der Verlust meines Hauses, entstandene Ängste, die vielen Lügen meiner Ex und zuletzt die Pandemie haben mich in die absolute Einsamkeit gedrängt.
Geliebt habe ich mich nie gefühlt, trotz Ehe. Sie hat nur eigene Interessen verfolgt und mich verlassen nachdem sie alles hatte.
In meinem Alter lernt man auch niemand neues mehr kennen, zumal das Geld auch recht knapp geworden ist (Umschulung und entsprechend geringes Einkommen).

Mit 33 bist du aber noch jung und da ist noch Zeit, dass sich etwas zum Positiven ändert. Sogar mit Ängsten und Depri. Versuche es aber nicht so weit hinaus zu zögern, dass du dich daran gewöhnst und deine Lage akzeptierst.

15.01.2022 20:06 • x 1 #2


A


Ängstlich-vermeidend und einsam

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Schlaflose
Zitat von Munzi:
Erstaunlicherweise habe ich hier von vielen gelesen, die eine ähnliche Störung haben, aber nicht Single sind.

Das erstaunt mich auch immer. Ich mit meiner diagnostizierten ÄVPS war dazu nie imstande, eine Partnerschaft oder auch nur eine Beziehung einzugehen. Aber im Gegensatz zu dir habe ich mich nie einsam gefühlt. Es gab nur Zeiten, wo ich gerne mit einer eigenen Familie aufgewartet hätte, um die gesellschaftlichen Erwartungen zu erfüllen. Aber ab 40 war ich froh, sagen zu können, dass ich zu alt für Kinder bin. Und seitdem mache ich mir gar keinen Kopf darüber.

16.01.2022 08:52 • #3


Lokalrunde
@Munzi
@laurimasq

bei mir war und ist es immer noch ähnlich, ich hatte beispielsweise Schwierigkeiten Kritik zu kompensieren und es fällt mir schwer nein zu sagen, vermutlich war ich deswegen aber auch beliebt bei einigen. Immer extrem angespannt neuem gegenüber weil ich mir sorgen machte, oft verunsichert im Umgang mit Fremden und ich fühle mich oft minderwertig und beobachtet.

Hatte eine nicht leichte Jugend, mit 14 starb meine Mutter und mein Vater Säufer. Viele Abstürze ohne einen halt zu haben war meine Jugend vorbei bevor es richtig begann. Musste um alles kämpfen ohne jemanden um Hilfe zu bitten, nach der Schule die Ausbildung und danach ein ganz anderer Beruf. Ok, etwas Glück hatte ich und verdiente überdurchschnittlich gut, mit 21 auf eine schiefe Bahn abgedriftet begann auch ich das trinken.

Nie eine echte Jugendliebe getroffen und immer allein, also ich habe zwar eine Schwester/Bruder aber dass ist nicht das gleiche. Ein paar Freunde aber auch den einen oder anderen falschen Freund darunter, meine sexuellen Kontakte bestanden darin zu gewissen Damen aus dem horizontalem Gewerbe zu gehen. Ich mochte das Spiel mit dem Feuer und liebte es mich Gefahren auszusetzen, vielleicht um Aufmerksamkeit zu bewirken?! Trieb mich oft mit Zuhältern herum weil ich mich in deren Gegenwart sicher und aufgehoben fühlte, ein großer Fehler damals.

Ich scheue noch heute neue Kontakte zu Menschen auch wenn ich mir das Gegenteil wünsche, schon allein weil ich denke nicht gleichwertig sein zu können. Mit fast 48 Jahren trat eine große Liebe in mein Leben was nicht mein eigener Verdienst (Anstrengung) war, ich wurde schlagartig angesprochen, die beste Zeit meines Lebens hielt zirka 8 Jahre.

Seit fast 3 Jahren friste ich mein da sein wieder alleine, meist klappt es ganz gut weil auch ich es zur genüge kenne alleine zu sein und sich damit auch oft wohlfühlen zu können, bald werde ich 60 und glaube dass meine Felle bereits die Flussbiegung erreicht und mein Boot gekentert ist. Ein komisches Gefühl dabei überkommt mich sehr oft, ich bin auch deswegen seit einiger Zeit wieder in psychologischer Therapie. Ob ich im gegenwärtigem Bestand die Ruderanlage noch richten kann weiß ich nicht und der Motor gibt schon lange nichts mehr von sich.

Versucht habe ich es mehrfach in den letzten 3 Jahren eine nette Person kennen zu lernen, live/real und auch im Internet, von meiner Seite aus gesehen war nicht dass passende darunter. Ich denke auch das irgendwann der letzte Zug vorbeigefahren ist. Ein Thema was mich sehr bewegt und vielleicht kann man weiter bedatieren?

25.01.2022 17:16 • #4





Dr. Reinhard Pichler