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J
Huhu liebe Foris!

Ich würde gerne Medizin studieren, bin mir aber nicht sicher, ob es dafür nicht schon zu spät ist. Immerhin bin ich dann ja schon 35 Jahre alt wenn ich ins erste Semester komme und da ich ja durch die AD nicht ganz so fit bin wie gesunde Studenten.

Gibt es hier jemanden, der Medizin studiert, mit dem ich mich über meine Ängste austauschen kann?

Ganz liebe Grüße von Jess

03.07.2014 20:19 • 07.07.2014 #1


42 Antworten ↓


S
Zitat von Jess-Phillip:
Huhu liebe Foris!

Ich würde gerne Medizin studieren, bin mir aber nicht sicher, ob es dafür nicht schon zu spät ist. Immerhin bin ich dann ja schon 35 Jahre alt wenn ich ins erste Semester komme und da ich ja durch die AD nicht ganz so fit bin wie gesunde Studenten.

Gibt es hier jemanden, der Medizin studiert, mit dem ich mich über meine Ängste austauschen kann?

Ganz liebe Grüße von Jess


Hallo lieber Phillip,

ich habe zwar kein Medizin studiert, aber ich möchte trotzdem leise Bedenken anmelden. Nicht dass ich Dir davon abraten möchte .... das kann und will ich nicht, aber ich würde an Deiner Stelle ganz genau überlegen.

1. So viel ich weiß werden Arztstellen nicht mit psychich Kranken, oder ehemaligen Kranken, besetzt. Deshalb versuchen auch praktizierende Ärzte, die davon betroffen sind, es zu verheimlichen. Es gibt wenige Ausnahmen, wo praktizierende Ärzte sich geoutet haben.

Und 2. habe ich eine Bekannte die Medizin studiert hat und aufgeben musste weil der Stress dann doch zu gross war. Schon allein die Bewältigung des Lernpensums war teilweise der blanke Horror für sie, da sie durch die Medis teilweise Konzentrationsschwierigkeiten hatte.

Aber Du wirst sicher für Dich die richtige Entscheidung treffen.

Liebe Grüsse

03.07.2014 21:12 • #2


A


Medizin studieren trotz Depressionen?

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J
Hallo Jess,

Grundsätzlich finde ich es toll, dass du etwas Neues probieren möchtest und etwas gefunden hast, das dich interessiert. Ich bin aber ähnlich skeptisch wie Sandriotti, wobei ich zu Punkt 1 nichts sagen kann (außerdem müsstest du deine Krankheit ja nicht preisgeben). Das Problem sehe ich auch eher beim Lernstress (bin selbst depressiv und kenne die Konzentrations- und anderen Probleme gut) sowie beim Alter: So ein Studium dauert ja viele Jahre und ich kann mir ehrlich gesagt nicht vorstellen, dass man frischgebackene Ärzte, die schon Anfang/Mitte 40 sind, einstellt. Mich wundert es, dass man mit Mitte 30 überhaupt einen Studienplatz für dieses heiß begehrte Studium bekommt. Ich glaube, in Österreich wäre das sehr schwierig. Wie es in Deutschland ist, weiß ich natürlich nicht. Du hast dich da sicher erkundigt, sonst wäre dein Plan nicht schon so weit gediehen. Hast du dir schon überlegt, wie du das Studium finanzieren würdest? Hast du trotz deines Alters noch Anspruch auf Bafög?
Gibt es eventuell eine Alternative zum Medizinstudium? Ein Beruf im Gesundheitswesen, für den man keine so lange und anstrengende Ausbildung benötigt, der dich aber auch interessiert?

03.07.2014 21:40 • #3


Z
Ich muss gestehen, dass ich ähnliche Zweifel habe wie Sandriotti. Letztendlich entscheiden kannst aber nur du das.

Ein Medizin-Studium beinhaltet ein enormes Lernpensum. Man steht massiv unter Druck, dieses Pensum zu schaffen. Während des Semesters muss man oft Testate abgeben, am Ende jedes Semesters warten Klausuren. Dazu wird leider auch noch ein Konkurrenzdruck unter den Kommilitonen erzeugt. Man arbeitet manchmal in Arbeitsgruppen zusammen, deren gemeinsame Leistung dann die Endnote für alle ergibt. Da ist es klar, dass Lernschwächere nicht besonders beliebt sind und den Unmut der Stärkeren zu spüren bekommen.

Dazu kommt, dass du dich auch mit emotional belastenden Themen auseinandersetzen musst. Ich nenne nur mal einige: Tod und Sterben von Patienten und dadurch permanente Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit, Trauer und Wut von Angehörigen, Frust und Erschöpfung von Kollegen, Druck von Krankenkassen und Arbeitgebern, Gestank und gruselige Bilder, Krankheitserreger, die auch dich bedrohen. Viele Medizin-Studenten werden zu Hypochondern und haben jede Krankheit, die sie gerade gelernt haben, andere entwickeln selbst eine Arzt-Aversion und meiden Arztbesuche, weil sie den Künsten der Kollegen nicht mehr trauen. Du musst permanent auf dem Drahtseil balancieren, am einen Bett musst du Hoffnung verbreiten, obwohl da keine mehr ist, am anderen Bett erlebst du, dass man alle deine Empfehlungen in den Wind schießt, weil da einer einfach nicht gesund werden will.

Ich will dich nicht entmutigen. Wenn es dein Herzenswunsch ist, Arzt zu werden und du selbst spürst, dass du dazu
berufen bist, dann versuche es. Für das was man will, nimmt man manche Strapaze auf sich und hat sogar noch Freude daran. Einen Versuch ist es jedenfalls wert. Und so mache Depression hat sich von selbst gegeben, weil man endlich seine Bestimmung im Leben gefunden hat.

Dein Alter ist übrigens unerheblich (in D gibt es meines Wissens keine Altersbeschränkung, falls doch sollte man dagegen klagen; von ausländischen Unis weiß ich aber, dass sie die Grenze bei 35 bzw. 38 setzen). Durch die lange Wartezeiten auf einen Studienplatz und Abi auf dem zweiten Bildungsweg, sind Studienanfänger Mitte 30 in den NC Fächern gar nicht so selten. Die Aussichten danach sind auch gut, bei dem Ärztemangel. Der NC und die raren Studienplätze sind eine ganz andere Hürde.
Ein anderer Beruf im Gesundheitswesen ist auch keine wirkliche Alternative, da die oben genannten Belastungen auch da gegeben sind. Anstrengen muss man sich heutzutage in all diesen Bereichen, ist ja auch sinnvoll, denn es geht um die Gesundheit und Sicherheit von Menschen.

03.07.2014 21:51 • #4


A
Ich schließe mich den anderen an und möchte noch hinzufügen:

- nicht nur das Studium ist stressig, auch die Arbeit. Ich kann mir (v.a. aus Erzählungen, habe einige Ärzte in der Familie) nur ansatzweise vorstellen, was man täglich erlebt und mit was für Leuten/Patienten man umgehen muss. Der Beruf ist nicht wie in den Arztserien. Notorische Nörgler und Besserwisser bleiben nicht aus. Du kannst dich darauf einstellen, täglich angezickt und angemotzt zu werden, dich tausend Mal wiederholen zu müssen, weil man deine Kompetenz anzweifelt und im Internet anderes ergoogled hat etc.

- Vor allem im Krankenhaus ist der Stress sehr hoch und die Bezahlung mau. Nachtschichten und Bereitschaftsdienste.

-Mit eigener Praxis ist es ähnlich. Vielleicht nicht ganz so ein aufreibender Betrieb, aber auch nichts, wo man mal die Füße hochlegen kann. Das begrenzte Budget sitzt dir immer im Nacken...

- Sehr viele Medizinstudenten bilden sich im Laufe des Studiums ein, vielleicht auch Krankheit XY zu haben. Einfach weil sie sich mit so vielen teils schlimmen Erkrankungen auseinandersetzen müssen. Das Problem haben auch die, die ansich psychisch stabil sind. Mehr oder weniger ist das normal. Für die ist das mehr oder weniger witzig; wer aber schon im Vorfeld nicht ganz psychisch stabil ist, der kann dadurch echt getriggert werden.

- Im Berufsleben wirst du regelmäßig mit Krankheit, Leid und teilweise auch Tod zu tun haben. Wirst verzweifelte Leute vor dir sitzen haben.


Gegenfrage: Was reizt dich an Medizin?

03.07.2014 22:01 • #5


P
Würdest du überhaupt einen Studienplatz bekommen? Dies allein erscheint mir schon recht unwahrscheinlich. Es sei denn, du befindest dich schon lange auf einer Warteliste.
Kommt natürlich auch darauf an, wie sehr deine Erkrankung ausgeprägt ist.
Ich würde dir jedenfalls abraten. So ein Studium dauert mindestens sechs Jahre und dann nochmal 4-6 Jahre bis zum Facharzt. Die Frage ist: Willst du nur einfach so die sechs Jahre studieren? Oder dann auch einen Facharzt machen und in dem Beruf arbeiten? Also: just for fun oder wirklich Berufstätigkeit anstreben?

03.07.2014 22:07 • #6


M
Also, ich studiere selber Medizin und habe mit 26 angefangen da mein Abi so schlecht war. Und keine Sorge, es gibt Kommilitonen die noch älter sind
Als Arzt bekommt man immer eine Stelle. Es herrscht nach wie vor Ärztemangel und wenn man dann noch deutsch kann hat man eh gewonnen es fragt auch niemand nach der Krankengeschichte!
Natürlich hat man viel Stress, aber man ist somit beschäftigt und kommt auch nicht auf blöde Gedanken
Lass dich nicht verunsichern, denn nur du weißt was du dir zutrauen kannst und was nicht!
Wenn du Fragen hast schreib einfach

03.07.2014 23:28 • x 1 #7


M
Übrigens kann man auch ohne Facharzt arbeiten
und nicht jeder Student wird zum Hypochonder. Ganz im Gegenteil, man erlangt eben nicht nur das gefährliche Halbwissen.

03.07.2014 23:33 • x 1 #8


A
Ich habe auch nicht gesagt, dass alle Medizinstudenten Hypochonder werden. Dass es während des Studiums zeitiweilig sehr vielen passiert, ist aber unumstritten, das ist ein bekanntes Phänomen (auch wenn du, wie es klingt, nicht betroffen bist).

Zitat:
es fragt auch niemand nach der Krankengeschichte!

Dann scheinst du wohl noch nicht so weit im Studium zu sein. Bei der Arztzulassung wird das natürlich berücksichtigt. Damit sage ich auch nicht, dass es keine Zulassung geben wird wegen der Vorgeschichte. Dass sie gar nicht relevant ist und im Rahmen der Approbation nicht zum Thema wird ist aber schlichtweg falsch, sorry.

Zitat:
nicht nur das gefährliche Halbwissen.

Naja, gerade in den ersten Semstern überschätzen sich viele aber maßlos Und auch danach schützt Studium nicht vor Halbwissen. Frag mal einen 0815-Feldwaldundwiesen-Arzt zur Schilddrüsendiagnostik aus.... meistens fatal...

04.07.2014 13:37 • #9


Peppermint
Wie ein angehender Arzt wird nicht auf seine pyschische Gesundheit geprüft ?

Also das stimmt mich jetzt sehr nachdenklich

04.07.2014 14:32 • #10


Schlaflose
Also direkt nach dem Studium müssen angehende Ärzte im Krankenhaus ihr AIP machen. Wer das durchsteht, der ist psychisch und körperlich sehr belastbar.

04.07.2014 14:36 • #11


Peppermint
Aha ich wollt schon meinen....

Selbst ich wurde bei der Einstellung darauf geprüft...und das war nur ein Bürojob....musste damals einen Fragebogen ausfüllen ...pyschische Krankheiten,Therapien,Medikamente....danach wurde gefragt....

Finde ich auch richtig so....

Grade Menschen die mit anderen Menschen arbeiten müssen belastbar und pyschisch gesund sein....

04.07.2014 14:44 • #12


Schlaflose
Zitat von Peppermint:
Selbst ich wurde bei der Einstellung darauf geprüft...und das war nur ein Bürojob....musste damals einen Fragebogen ausfüllen ...pyschische Krankheiten,Therapien,Medikamente....danach wurde gefragt....


Echt? Ich weiß nicht, ob das zulässig ist oder ob man da wahrheitsgemäß antworten muss. Ich weiß nur, dass man gefragt werden darf, ob man schwanger ist, weil für Schwangere bestimmte Arbeiten nicht zulässig sind.

04.07.2014 14:49 • #13


Peppermint
Die meinten das würde verlangt wegen kundenkontakt ....

Fand ich aber auch ok so....

04.07.2014 14:53 • #14


Z
Warum sollte man pauschal einen angehenden Arzt, d.h. Medizin-Studenten, auf seine psychische Gesundheit prüfen? Würde man Menschen aufgrund einer psychischen Erkrankung oder Behinderung vom Studium ausschließen, wäre das Diskriminierung und widerspräche dem Gesetz.

Eine andere Frage ist, wie es nach der Approbation, d.h. Studium und Praxisjahr, weitergeht.
Außer einem polizeilichen Führungszeugnis (das z.B. auch forensische Maßnahmen enthilete), muss man für eine Anstellung im Krankenhaus in der Regel auch eine Einstellungsuntersuchung überstehen und da dürfte auch die psychische Gesundheit ein Thema sein. Ebenso spielt das sicher für die Versicherungsunternehmen eine Rolle, bei denen ein Arzt sinnigerweise Haftpflichtversicherungen abschließen muss.
Meines Wissens ist bei Krankenhausärzten auch ein jährlicher Gesundheitscheck üblich, - z.B. zur Überprüfung des Impfschutzes, denn der Dienstherr haftet ja auch für sein Personal und muss dieses anhalten, alle Vorsichtsmaßnahmen zu ergreifen.

Die Kassenzulassung bekommt man auch nur nach einem Gesundheitscheck, so dass auch niedergelassene Ärzte da Nachweise liefern müssen. Wäre ja auch komisch, dass ausgerechnet Ärzte, nicht zu Ärzten...

Außerdem bedenkt bitte, dass auch ein gesunder Student erst in späteren Jahren als fertiger Arzt psychische Probleme bekommen kann. Soll man denen dann etwa pauschal ein Berufsverbot erteilen?

AiP gibt's übrigens schon lange nicht mehr, stattdessen gibt es ein Praxisjahr.
Heute (seit 2012) gliedert sich das Studium in drei Teile: Vorklinik (Abschluss mit der 1. Ärztlichen Prüfung/Physikum/1. StEx) - Klinik (Abschluss mit der 2. Ärztlichen Prüfung/2. StEx) - Praxisjahr (Abschluss mit der 3. Ärztlichen Prüfung/3. StEx).

04.07.2014 15:25 • #15


T
Hallo Jess , Super ,ich finde deine Einstellung zum Leben ,bewundernswert, Hut ab!
Wenn man die Flinte schon vorher ins Korn schmeißt ,braucht man sich nicht zu wundern wenn man nicht voran kommt.Nicht mit dem Strom schwimmen, sondern gegen den Strom genau das macht uns aus.

Warum sollst du etwas nicht schaffen können was andere auch geschafft haben? Es sind doch nur alles Spekulationen das Mediziner alle Fit sein müssen. Ich bin der Meinung , wenn man ,etwas wie du selbst erlebt hat ,sollte man es in die Welt hinaus schreien das es auch anders geht, auch mit körperlichen oder Seelischen Leiden.
Respekt vor all die Menschen die uns es bewiesen haben das man nicht perfekt sein muss um etwas im Leben zu erreichen.
Deine Motivation etwas in dieser Richtung einzuschagen, genau das sind doch die ersten Schritte.

Mach weiter so!

04.07.2014 16:10 • x 1 #16


T
Stelle dir viellecht mal die interessante Frage warum du unter Depri leidest, bist in Behandlung?

04.07.2014 16:13 • #17

Sponsor-Mitgliedschaft

Schlaflose
Zitat von zuiop:
AiP gibt's übrigens schon lange nicht mehr, stattdessen gibt es ein Praxisjahr.


Auch wenn das jetzt anders heißt, wird es wahrscheinlich genauso hart sein.

04.07.2014 16:15 • #18


Z
Zitat von Schlaflose:
Zitat von zuiop:
AiP gibt's übrigens schon lange nicht mehr, stattdessen gibt es ein Praxisjahr.


Auch wenn das jetzt anders heißt, wird es wahrscheinlich genauso hart sein.



Nein, denn inzwischen gibt es da sehr viele bessere arbeitsrechtliche Voraussetzungen. Bei den Praktikanten handelt es sich immer noch um regulär an der Uni eingeschriebene Studenten, die den Regelungen der Unis unterstehen, an die sich auch die Praktikumsstellen halten müssen (ob sie es dann konsequent und alle tun, ist ne andere Sache).
In diesen 12 Monaten am Ende des Medizinstudiums müssen die Praktikanten mehrere Fach-Abteilungen durchlaufen und sich auch noch auf Zwischenprüfungen und das 3. StEx vorbereiten. Dazu muss eine Möglichkeit gegeben sein, man kann ihnen nicht alle Kraft rauben. Bei dem Ärztemangel kann es sich kein Krankenhaus mehr leisten, mögliche Mitarbeiter durch Schikanen zu verprellen oder aber durch permanente Überforderung dafür zu sorgen, dass der Praktikant durchs 3. Staatsexamen fällt und der deutsche Steuerzahler am Ende 180.000€ in den Sand gesetzt hat. Sowohl der Staat, die Unis und die Kliniken als potentielle Arbeitgeber MÜSSEN ein Interesse am Erfolg haben. Das haben sie wohl auch inzwischen alle erkannt.

Ihr müsst dabei aufpassen, dass ihr deutsche Realität nicht mit amerikanischen TV-Serien verwechselt. Bei uns ist es nicht wie bei Grey's Anatomy.
In den USA hat man eine ganz andere Mentalität und pflegt ein ganz anderes Konkurrenzdenken. Da geht's dann tatsächlich ums survival oft the fit-test. Amerikanische Jungmediziner haben z.B. zwischen 5 und 10 Tagen Urlaubsanspruch im Jahr, bei Krankschreibung fallen zwei weg, außerdem wird vorausgesetzt, dass man maximal 50% davon nimmt. Das entspricht dortigem Arbeitsethos. Bei uns hast du Anspruch auf 30 Urlaubstage und der Arbeitgeber ist verpflichtet, darauf zu achten, dass du ausreichende Erholungszeit in Anspruch nimmst. Verhindert er dies, macht er sich strafbar. Bezahlte Krankheitstage verstehen sich von selbst. Auch Studis im Praxisjahr haben bei uns diesen Anspruch.


Knechten muss man dann in der Regeln in den ersten Jahren der Assistenzzeit, auf dem Weg zum Facharzt. Aber auch das ist nicht mehr so schlimm wie vor 20 Jahren, zur Zeit der Ärzteschwemme. Damals hat man nach zwei Jahren unbezahltem AiP (=Allerwertester im Praktikum) da mitunter auch die ersten beiden Assitenzjahre ohne Bezahlung geschuftet und/oder die Abteilung, in der man unterkam, erwartete eine großzügige Spende der Eltern.

Das hat sich glücklicherweise alles längst geändert, auch wenn lange noch nicht alles perfekt oder wenigstens gut ist.

EU-Gesetzgebung und Druck der Versicherungen haben dafür gesorgt die 72-Stunden-Dienste, die früher zumindest an Wochenenden (von Freitag früh bis Montagabend) geschoben werden mussten, auf maximal 36 Stunden zu reduzieren. M.E. immer noch unverantwortlich (zu nem Busfahrer, der 35 Stunden am Stück gefahren ist, würde ich mich nicht setzen), aber immerhin ein Fortschritt.

Mittlerweile gibt es auch Druck von der Politik, endlich die verkrusteten Hierarchien aufzubrechen und im 21.Jh. anzukommen (während meiner Klinikseelsorge-Ausbildung erlebte ich das so: Chefarzt stolpert durch Kunstausstellungen und zieht von Sektempfang zu Sektempfang, Oberarzt trägt die Verantwortung, die Assistenzärte machen die Arbeit, nur einmal in der Woche, zur Chefarztvisite, schwebt er ein, als sei er Gott persönlich ). In vielen Kliniken ist die Arbeitsbelastung erheblich besser geworden. Wir können es uns nämlich schlicht nicht mehr leisten, teuer ausgebildete Akademiker ins Ausland oder in die Pharmaindustrie (mit 38-Stunden-Woche für höhere sechsstellige Gehälter) abwandern zu lassen und die Patienten betreuen radebrechend Deutsch sprechende und total übermüdete Doktoren mit Diplom aus Ganzweitwegistan.

Aber das alles nur nebenbei.

Ich meine, der Arztberuf ist ein Professionsberuf, ein Berufungs-Beruf. Den macht man nur, wenn man da Spaß dran hat, Sinn darin erkennt und nicht weil man sich damit den nächsten Urlaub finazieren möchte oder ne größere Wohnung (wie manch anderer einstellungsmäßig an seine Arbeit geht), sondern weil man spürt, das muss ich machen, das ist meine Aufgabe im Leben.
D.h., - auch wenn dieser Job wahnsinnig anstrengend ist, viele negative Seiten hat, die man im Vorfeld bedenken sollte, - kann er demjenigen der darin seine Berufung erkennt, das geben, was er überall anders vermissen würde, - eine Tätigkeit, die ihm Freude bereitet, die ihm sinnvoll erscheint, die ihm Zufriedenheit gibt und Erfüllung.

Wie gesagt, es ist schon mancher ganz von selbst aus seiner Depression herausgekommen, weil er endlich seine(n) Beruf(ung) entdeckte.

Nur Jess kann sagen und entscheiden, ob das für sie zutrifft.

Depressionen oder andere psychische Erkrankungen sind kein Hinderungsgrund, allenfalls ein Handicap. Das lässt sich aber händeln. Eine gehörlose Freundin ist heute Kinderärztin, die hat das an anderer Front kämpfend, auch gepackt.

04.07.2014 17:22 • #19


M
Also man kann auch mit Depressionen Arzt werden! Ich bin zwar noch keiner, kenne aber eine Menge. Mein Lebensgefährte ist auch Arzt und musste nie seine Krankenakte vorlegen. Also macht mal nicht die Pferde scheu wegen Dingen die so nicht stimmen. Solange man nicht unter starken Störungen wie Schizophren leidet ist das kein Problem!
Ätzend wie negativ alles gemacht wird...

04.07.2014 17:58 • #20


A


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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl