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Hallo liebe Leserinnen und Leser,

ich suche nach einem Fachbegriff und hoffe, dass es diesen gibt.
Vielleicht könnt ihr mir helfen. Anhand des eventuell gefundenen Begriffs würde ich das Thema gerne für mich weiter vertiefen.

Stellt euch ein Kind vor wie folgt (das Kind bin, inzwischen im Alter von 55 Jahren):
- Junge
- Wunschkind
- Einzelkind
- Extrem dominante Mutter mit bescheidenem Intellekt
- Schwacher zynischer Vater
- Wertschätzung spielt in der Elternbeziehung keine Rolle.

Das Kind wächst nun in folgender Energie auf:
- Dem Kind, Jugendlichen und jungen Erwachsenen (nachfolgend nur noch Kind genannt) werden alle Entscheidungen aus der Hand genommen. Das Erziehungsziel, einen selbstsicheren, entscheidungsfähigen Menschen heranzuziehen, wird nicht ernsthaft verfolgt.
- Das Kind besitzt keine Privatsphäre wie eine Kiste, Schublade oder Schulranzen, wo es darauf vertrauen kann, dass die übergriffige Mutter keinen Zugriff darauf hat.
- Einerseits wird das gesamte Leben auf das Kind abgestellt, z.B. Urlaub, Fahren an den Badesee usw. Andererseits fühlt sich das Kind davon nicht gemeint und nicht angesprochen, weil die vermeintlichen Wohltaten sich an eine Institution Kind, ein Abstraktum richten, nach dem Motto: Das muss man seinem Kind bieten. Das konkrete Kind mit seinen Eigenheiten und Besonderheiten wird nicht gesehen, jedenfalls nicht für das Kind selbst wahrnehmbar.
- Fragen werden dem Kind prinzipiell nicht sachgerecht beantwortet. Die dominante Mutter ist anhand der Fragen des heranwachsenden Kindes schnell überfordert und antwortet genervt mit dem gefürchteten Maschinengewehrton. Der Vater ist passiv aggressiv, wie das Kind später rausgefunden hat, und beantwortet Fragen des Kindes aus einer erhöhten und erwachsenen Perspektive mit einer gewissen Verachtung nach dem Motto Wie kann man das nicht wissen? ohne Berücksichtigung des zarten Alters des Kindes.
- Die Mutter baut vom Tag der Geburt an eine eindimensionale Beziehung zu dem Kind auf. Es wird getan, was die Mutter im Kopf oder impulsiv für richtig hält, ohne einen Blick darauf zu richten, wie die jeweilige Handlung auf das Kind wirkt. Rückmeldungen des Kindes werden nicht ernst oder wahrgenommen.
- Das Kind verschließt sich und stellt seine Eltern mit seinem Verhalten vor Rätsel. Bei Fragen der Mutter, meist im Verhörton gestellt, schweigt oder grinst das Kind verunsichert. Dies verunsichert die Mutter wiederum, die Situation eskaliert. Das Kind versucht sich der Situation durch eine stressvermeidende Ausweichantwort zu entziehen.
- Das Kind wächst in permanenter Verunsicherung darüber auf, ob es sich in der jeweiligen Situation richtig verhalten hat und ist oft irritiert über Reaktionen oder Rückmeldungen aus der Umwelt, innerhalb oder außerhalb des Elternhauses. Später wird das Kind gegenüber Therapeuten und Coaches seinen inneren Aggregatzustand, also seine bestimmende Gefühlslage, als irritiert beschreiben.
- Der Vater neigt dazu, für viele Dinge Umschreibungen zu verwenden ohne dem Kind die wirkliche Bezeichnung zur Kenntnis zu geben. Mit der Verwendung dieses Familiensprechs im Außen blamiert sich das Kind mehrere Male fast zu Tode.
- Nach meinem Kenntnisstand wachsen Kinder von dominanten Eltern oft in einer Energieform Du hast so oder so zu sein oder dies oder jenes Besonderes zu leisten auf. So darf man sich die Situation des hier beschriebenen Kindes nicht vorstellen. Es gibt im Gegenteil kaum konkrete Forderungen an das Verhalten, höchstens vielleicht regelmäßig zur Schule zu gehen und keine anderen Menschen anzugreifen oder so. Das Kind wird komplett damit alleine gelassen, wie man Situationen bewältigt, wie die Welt funktioniert usw.
- Die Coaching-Fähigkeiten seiner Eltern bewertet das erwachsene Kind rückblickend als unterirdisch.
- Das Kind ist sehr unsicher in seiner Wirkung nach außen (wirkungsunsicher).
- Das Kind wächst zusammenfassend materiell überversorgt und lückenlos überwacht, aber psychisch verwahrlost und ohne Rückmeldung und Orientierung auf.

Ich würde es an dieser Stelle mal dabei bewenden lassen und würde meine Frage wie folgt zusammenfassen:

Gibt es einen medizinischen, neurologischen ode psychologischen Fachbegriff dafür, wenn das Kind
- so irritiert aufwächst;
- ebenfalls irritiert ist über den Verlauf menschlicher Begegnungen in seinem Leben?

Falls mein Sachverhalt verwirrend oder unklar ist, bitte gerne nachfragen. Ich hätte noch wesentlich mehr Facetten aufführen können, aber ich hoffe damit die Situation einigermaßen verständlich geschildert zu haben.

Der Text ist jetzt überraschend lang geworden. Ich hoffe auf Verständnis, dass ich zu meiner Person nur sehr rudimentäre Angaben mache: Männlich, 55 Jahre.

Eine Bitte noch zum Schluss: Von reinen Handlungs- oder Therapieempfehlungen bitte ich Abstand zu nehmen.

Ich würde mich sehr freuen, wenn es für dieses Bild einen Fachbegriff oder Diagnosebegriff gibt, mit dem ich weiter in die Thematik einsteigen kann.

Vielen Dank im Voraus!

Euer Paperback678!

27.08.2024 11:14 • 20.10.2025 #1


6 Antworten ↓


Schau dir mal den Begriff erlernte Hilflosigkeit bei Menschen an. War so mein erster Gedanke beim Lesen.

A


Fachbegriff gesucht - Kind fühlt sich vom Leben irritiert

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@Paperback678 hört sich an als wärst du deiner Autonomie beraubt worden, bzw konntest keine entwickeln. Ebenso wenig eine eigene Identität, vielleicht guckst du mal unter diesen Begriffen nach einer treffenden Diagnose oder Fachbegriff. Interessantes Thema

@Türknopf Vielen Dank.
Ich bedauere, dass ich mit über einem Jahr Verzögerung antworte.
Das Wort Autonomie hat mich zunächst nicht so getriggert.
Ich habe inzwischen noch weiter geschaut. Und Autonomie scheint tatsächlich das Stichwort zu sein.
Manchmal hilft es auch, wenn man eine Sache von 2 Seiten hört.
In einem Podcast hat das jemand sehr schön erklärt.

Kurzfassung:
Wenn du misshandelt wirst, weißt du auch im Kopf, dass etwas schief läuft. Damit soll das Leid von Betroffenen keineswegs unterminiert werden. Es geht hier nicht darum, einen Vorteil darin zu sehen, misshandelt zu werden.
Ich sage nur, dass Betroffene die Möglichkeit haben, sich von dem Geschehen zumindest innerlich zu distanzieren. Was Mama und Papa machen, ist falsch.
Es gibt aber Eltern, die können es nicht ertragen, wenn ihr Kind Autonomie entwickelt. Das Kind darf niemals selber fühlen, was jetzt das Richtige wäre, eigene Entscheidungen treffen und mit denen Erfolge feiern oder auch mal vor die Wand laufen. Freunde werden aussortiert. Es wird kein intimer Raum gelassen, nicht mal im Bad oder dass das Kind auch nur eine verschließbare Schatulle hätte, auf das sonst niemand Zugriff hat.
Das läuft dann aber auf höchster Komfortstufe ab. Alles wird dir hingestellt, abgenommen usw. und als ganz große Elternliebe verkauft. Und das Kind steht im Zweifel noch als undankbares Gör da, wenn es mal aufbegehren will.
Das ist dann so verwirrend für das Kind, dass es keinen inneren Kompass entwickelt, im Außen irgendwie anders wirkt, sich ausgegrenzt fühlt, dies durch sozialen Rückzug auch tatsächlich nachvollzieht und damit nach und nach in eine Einsamkeitsschleife reinläuft.

Das Beschriebene kommt den heutigen Helikoptereltern sehr nahe.

Und dann wäre da noch das Stichwort Verachtung.
Verachtung gegenüber den Eltern und im Allgemeinen.


https://traumaheilung.de/verachtung-das...e-gefuehl/

https://psychotherapie-vanharen.de/vera...wertung-2/

@Paperback678

Dir keine Autonomie zu gewähren könnte im Kindesalter die Angst der Eltern sein, dass Dir etwas passiert.

Sprich, sie sind Dir immer einen Schritt voraus und Du kannst keine Erfahrungen machen.

Im Erwachsenenalter kann sich das so ausdrücken, dass Du denkst, Du müsstest Deinen Eltern alles erzählen, damit sie ja beruhigt sind.
Du hast immer das Gefühl, gleich kommt ein Anruf und Du musst Dich erklären.

Du bleibst trotz aller Erkenntnisse bis zum Ende deines Lebens auf der Vergangenheit sitzen. Vielleicht kannst du dich von deiner Sichtweise etwas abkoppeln und verstehen, warum deine Eltern so waren oder wurden, welche Probleme sie zu ihrem Verhalten brachten, worunter sie litten.





Dr. Reinhard Pichler
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