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20

S
Ich wollte hier einfach mal wieder bissl was loswerden (ich hoffe, das ist ok).

Seit ca. drei Jahren leide ich unter einer generalisierten Angststörung, die sich mehr und mehr zum Schwerpunkt typische Hypochondrie (inkl. Cyberchondrie) entwickelt hat.

Insgesamt hab ich das ganze einigermaßen unter Kontrolle und habe viel gelernt.

Witzig ist aber trotzdem, dass immer wieder Symptome kommen und es wohl nie ganz aufhört.
Aktuell habe ich (als Mann!) Angst vor Brustkrebs....krass oder?
Da ich (leider immer noch) das Googeln nicht sein lassen kann (auch so ein Punkt, den ich irgendwann in den Griff kriegen muss), weiß ich, dass Brustkrebs beim Mann extrem selten ist. Trotzdem krieg ich den Gedanken nicht aus dem Kopf.
Ich habe seit einigen Jahre eine leichte Gynäkomastie, die links etwas stärker ist. Tja....das reicht in Kombi mit meiner Angst wohl aktuell wieder aus, dass ich jeden Tag an der linken Brust rumdrücke usw....
Ich betreibe seit über zehn Jahren regelmäßig Kieser-Trainig....eigentlich auch logisch, dass sich dadurch die linke Brustmuskulatur teils verändert oder überbelastet werden kann usw....tja..ausreichen tut mir diese These leider nicht.

Vor einigen Wochen hatte ich noch Angst vor Hautkrebs, weil ein Muttermal bissl gejuckt hat (ist mittlerweile erledigt aufgrund Hautarzt-Besuch).
Davor hatte ich Bammel vor Krebs allgemein, weil bei meiner Routineuntersuchung beim Arzt ein Leberwert etwas über Norm war (vermutlich leichte Fettleber, weil der Cholesterin-Spiegel auch zu hoch war...also eigentlich logisch, aber ihr wisst ja....).

Ich könnte jetzt noch von leichten Missempfindungen berichten im Bereich der linken Körperhälfte (Gesicht, Arm usw) vor einigen Monaten oder Hirntumor-Angst aufgrund Kopf- und Augenschmerzen, die man eben ab und zu hat (das war auch mal ganz schlimm vor einiger Zeit).
Von meinen Herzangst-Geschichten kann man hier eh aus meinen alten Themen lesen.
Das Thema Darmkrebs war auch eine riesen Sachen (Darmspiegelung vor zwei Jahren ohne Befund) - hier ist anzumerken, dass die schwere Krebserkrankung von meinem Vater (der kämpft seit sieben Jahren mit Darmkrebs und hat unzählige OPs hinter sich) vielleicht der Auslöser für alles bei mir war.

Insgesamt müsste ich mittlerweile fast alle Körperbereiche durch haben könnte man sagen.
Auch ist mir klar, dass die Wahrscheinlichkeit, irgendeine dieser ganzen Krankheiten zu haben, obwohl ich gleichzeitig ganz klar Angststörungen habe, statistisch sehr gering ist. Ich bin zudem nicht mal 40 Jahre Jahre alt....und ich achte ja eh sehr auf meinen Körper und renne im Gegensatz zur Durchschnittsbevölkerung lieber 1x eher oder mehr zum Arzt.

Das alles müsste doch an sich ausreichen, um zu sagen: Hey....du tust eh mehr als jeder andere und wenn die 0,001% Wahrscheinlichkeit trotzdem wahr werden und du kriegst was Schlimmes....dann ist es einfach riesen Pech....und selbst dann stirbst du ja nicht sofort, sondern kannst dich behandeln lassen!.
Wieso nur kann man sich diesen Satz nicht wirklich verinnerlichen und das Thema einfach abhaken nach dem Motto: Pfeiff drauf!.
DAS ist es eigentlich, was mich irgendwie traurig macht.

Ich bin immer noch in Verhaltenstherapie (seit gut 2,5 Jahren), empfinde es aber mittlerweile so, dass die Luft dort raus ist und ich irgendwie nicht mehr von dieser Therapeutin profitieren kann (es ist immer wieder das gleiche habe ich das Gefühl....sie kann mir kaum mehr Dinge sagen, die neu sind). Sollte ich den Therapeuten wechseln oder vielleicht auf Tiefenpsychologie umsteigen?

Gut ist, dass ich durch meine Angststörung jedoch keinerlei Depressionen etc bekomme und mein Alltagsleben nicht sehr stark belastet wird (meine Frau leidet natürlich von Zeit zu Zeit ein bisschen drunter, weil ich ständig meinen Körper inspiziere usw).
Daher meinte meine Therapeutin immer noch, dass meine Form der Erkrankung eher eine leichte ist)....ich spinn halt immer mal rum mit Symptomen und google wie ein Verrückter, aber Panikattacken etc blieben bisher völlig aus. Es beschäftigt mich dann eben im Alltag immer mal wieder.

Habt ihr vielleicht noch Tipps, wie ihr damit umgeht?

29.11.2017 12:54 • 30.03.2022 x 3 #1


22 Antworten ↓


HeikoEN
Ich finde, Verhaltenstherapie ist EIN Ansatz von mehreren.

Das was Du beschreibst könnte man ja auch als fehlendes Vertrauen in Deinen Körper, somit fehlendes Selbstvertrauen interpretieren.

DAS wiederum bekommst Du mit keiner Verhaltenstherapie vollständig in den Griff. Darum, wie o.g., ist VT nur ein Baustein von vielen. Bitte richtig verstehen, VT ist super und insb. für die Akutphase sinnvoll, wertvoll und hilfreich.

Mögliche Ursachen für fehlendes Selbstvertrauen sind meist in der Biographie zu suchen. Kindheit ist da ein großes Thema. Das therapeutisch zu bearbeiten ist nicht einfach und u.U. sehr schmerzhaft, aber mit der Perspektive wirklich den Ursachen zu arbeiten und nicht pure Symptombehandlung zu betreiben.

Entsprechende Therapiemethoden gibt es mittlerweilen auch dazu. Wichtig aus meiner Sicht ist, einem NICHT kognitiven Ansatz zu folgen, sondern sich auf die emotionale Gefühlsebene mit einer dafür geeigneten Therapiemethode zu begeben. Nur dann ist echt Lösung möglich.

29.11.2017 14:46 • #2


A


3 Jahre und jetzt hab ich bald den ganzen Körper durch

x 3


S
Ich hole mal meinen alten Thread hervor und möchte gerne ein Update geben.

Mir ging es bis zur Corona Krise einigermaßen ok mit gewissen Auf und Abs und den üblichen, hier schon genannten Symptomen. Es hielt sich aber insgesamt recht gut in Grenzen, so dass ich ein relativ normale Leben mit meiner Familie führen konnte.

Dann kam die Corona Zeit (Frühling 2020).
Anfangs haben meine Familie und ich die Auszeit von der Welt als sehr angenehm empfunden und genossen es richtig (Stress und Termine weniger etc).
Leider verstarb mein krebskranker Vater dann fast genau zehn Jahre nach Diagnose auf ziemlich furchtbare Weise im Sommer 2020. Es war ein Monat des Grauens für meine Mutter und mich. Ich kriege gewisse Bilder aus der Intensivstation (dort mussten wir mit Schutzanzügen hinein aufgrund Corona) und der Palliativ danach wohl bis zum Lebensende nicht mehr aus meinem Kopf.

Ich dachte eigentlich, dass ich den Tod einige Monate später recht gut verkraftet hatte und war auch irgendwo froh (darf man das so sagen?), dass das Thema Krebs nun endlich aus unserem Leben verbannt wurde, aber es stellten sich dann mit der Zeit neue/erneute Symptome bei mir heraus.
Das Thema Corona nahmen meine Frau und ich immer sehr ernst (sozusagen Team Vorsicht).
Ich war schon immer ein ziemlicher Gerechtigkeits- und Gleichheitsfanatiker und konnte es mit der Zeit nicht ertragen, dass viele Menschen sich so aufführen und anstellen, als die ersten Maßnahmen aufkamen. Aber gut - so ist halt die Welt dachte ich mir damals noch und mir war auch klar, dass es Verschwörungstheoretiker gibt.
Nach und nach fing ich aber an, mich immer mehr aufzuregen über das Thema (mein Arbeitgeber nahm Corona auch nicht besonders ernst und so waren die Zustände bei uns in der Arbeit teils katastophal in Sachen Schutz etc). Home Office musste ich im Winter 2020/2021 erbetteln.
Auch im Alltag fing es an, dass ich mich über teils sehr kleine Dinge aufregte (wenn einer ewig den Motor des Autos laufen lässt vor dem Kindergarten, weil er es dem bequemen Herrn zu kalt ist; Leute, die ihren Hundehaufen nicht wegmachen auf dem Gehweg usw). Die Medien trugen dann den Rest zu meinen Verärgerungen bei (Gejammer der Wirtschaft, als ob die Welt untergehe; Gejammer meiner Beamten-Kollegen, die es aus meiner Sicht so gut hatten wie kaum eine zweite Berufsgruppe usw).

Dann kam das Thema mit dem Impfungen. Für meine Familie war klar, dass wir auf der Seite der Impfungen sind. Wir konnten aber verstehen, dass es Leute gibt, die Angst davor haben oder skeptisch sind. Trotzdem war es dann mit der Zeit soweit, dass ich wütend und traurig wurde, weil ich immer mehr die Meinung entwickelte, dass die Pandemie so erschwert wird, weil viele Menschen nur auf sich schauen und null das große Ganze sehen (von Solidarität keine Spur).
Ich hatte die letzten Jahre zwar schon immer regelmäßig etwas Kopfschmerzen, aber diese nahmen mehr und mehr zu durch Verspannungen im Nackenbereich. Ich mein Kribbeln im ganzen Körper durch chronische Hyperventilation wurde mehr und mehr. Schon seit einiger Zeit komme ich daher nicht mehr ohne 3-4 Ibus im Monat aus.

Was mich auch (immer noch) um den Verstand bringt, sind diese ungerechten Verteilungen in Deutschland. Alle sozialen Säulen (Schule, Krankenhäuser, Polizei usw) sind zweitrangig. Was zählt, ist nur die Wirtschaft. Kleine, schwache Firmen/Alleinselbstständige werden fast links liegen gelassen. Wichtig sind die Großen (Lufthansa, Autoindustrie usw). Wie viele Krisen benötigen wir noch, damit unsere Regierung endlich mal den Ar. in der Hose hat, die wirklich Extrem-Reichen miteinzubeziehen? Ich verlange keine Extrem-Abgaben wie die Linken, aber die Sichtweise der FDPler z.B. kotzt mich nur noch dermaßen an, dass ich es gar nicht mehr ausdrücken kann (auch in Sachen Corona). Auch das Lockern jetzt finde ich zu früh und wieder zu sehr in Richtung irgendwann muss es halt reichen mit Corona. Ich hatte letztes Jahr noch zu meiner Frau gesagt: Manche Menschen meinen, man könnte sich aussuchen, wie lange Corona uns quält und selbst entscheiden, wann Ruhe ist. Sagen die Leute das auch, wenn es einen Krieg gibt nach dem Motto ok, alles gut und recht, aber jetzt reicht es mit den Bomben usw. Ironischerweise/traurigerweise erfahren wir jetzt tatsächlich meine damaligen Worte mit dem Krieg in der Ukraine. Einigen werden dadurch etwas mehr die Augen geöffnet, aber ich weiß auch, dass es noch genug geben wird, die das null juckt und die weiter null über ihre Einstellung nachdenken.

Gestern hat mich z.B. allein schon wieder das Entlastungspaket aufgewühlt, weil es wieder zu sehr mit der Gießkanne verteilt wird. Wieso wird pauschal der Spritpreis reduziert, womit fette SUV-Fahrer mit Millionen auf dem Konto wieder vermehrt profitieren? Wer meinen anderen, neueren Thread (Geht es uns zu gut...?) gelesen hat, weiß, dass auch meine Familie und ich keine Geldprobleme haben. Wir spenden mittlerweile sehr viel und erst recht alles, was uns der Staat sozusagen aktuell in den Hintern schiebt an unnötigen Boni.
Vielleicht ist einigen Mitlesern im anderen Thread durch meine Schilderungen hier womöglich minimal mehr klar, wie mein Kopf funktioniert und wo mein Problem liegt.

Ich spreche sehr viel mit meinem Therapeuten über diese Dinge und meinen Hang zur Gerechtigkeit.
Er meint, dass es bei mir mittlerweile soweit ist, dass nur ein einziger Gedanke ausreicht/ein einziges kleines Thema, um mich furchtbar aufzuregen. Dies führt dann zur kompletten Verspannung des ganzen Körpers und zu meinen Symptomen: Kopfschmerzen, Muskelverspannungen, Brechreiz, Schwindel, depressive Phasen mit diesem typischen Schlag in die Magengrube (besonders in der früh).

Seit Sommer 2021 bin ich krankgeschrieben und nehmen Moclobemid. Ich kann aber leider noch nicht bestätigen, dass es gut wirkt. Da müssen wir vielleicht nochmal nachjustieren.

Kennt jemand ähnliche Probleme wie ich? Es scheint tatsächlich zu sein, dass ich mit der Ungerechtigkeit und dem Egoismus in der Welt bzw. speziell in Deutschland nicht mehr zurecht komme. Da ist übrigens auch ein Grund, warum ich aus dem Beamtentum aussteigen will. Ich ertrage dieses System nicht mehr. Respekt vor Lehrern (meine Frau ist ja eine), bestimmten Polizeiabteilungen und anderen Beamten, die wirklich Menschen Gutes tun und mit Herz dabei sind und durchhalten. Insgesamt ist es mir aber zu viel Bürokratie, immer weniger Effektivität, keiner will Verwantortung übernehmen von den Oberen und schaut nur auf seine Karriere, zu viele faule Säcke in bestimmten Positionen und herumjammern, dass bei der letzten Tarifverhandlung zu wenig herauskam (dabei gehören Beamte in Bayern ab einer gewissen Besoldungsgruppe zu den Top-Verdienern vom Gesamtpaket her). Das macht mich zusätzlich krank. Im Sommer bin ich dann im Dienst fast zusammengeklappt und seither eben daheim bzw. krankgeschrieben und in Behandlung. Meinen Psychiater habe ich auch nur so schnell bekommen, weil ich privat versichert bin (der nimmt nur Private). Ironie des Schicksals! - Auch wenn ich einen Vorteil dadurch habe, dass ich privat versichert bin - es kotzt mich ebenso an, weil es nicht gerecht ist. Andere warten seit sechs Monaten auf einen Therapeuten. Ich hoffe echt, dass der Lauterbach es vielleicht schafft, das Gesundheitssystem fairer zu machen (glaube aber ehrlich gesagt nicht daran).

Ich denke, es ist ungefähr klar, welche Einstellung/Sichtweise ich habe.
Es tut mir leid, wenn ich durch meine Worte einigen vielleicht zu nah getreten bin (das ist wohl unvermeidbar, wenn ich über gewisse Gruppen so herziehe), aber das ist wohl mein Problem - ich kann gewisse Sichtweisen und Einstellungen in unserer Gesellschaft nicht mehr akzeptieren.

25.03.2022 09:13 • x 2 #3


Schlaflose
Das haben wir doch in deinem anderen Thread schon alles durchgekaut. Warum jetzt nochmal?

25.03.2022 11:06 • #4


S
Zitat von Schlaflose:
Das haben wir doch in deinem anderen Thread schon alles durchgekaut. Warum jetzt nochmal?

Teilweise ja, teilweise nein, denn mir geht es hier sehr um meine Wahrnehmung und mein Hineinsteigern in gewisse Dinge, die ich extrem in mich hineinfresse und das sind eben nicht nur Dinge wie Geldsachen etc (das war ja das, was du meintest mit dem hatten wir schon im anderen Thread), sondern auch sehr viele Alltagssituationen, die ich ja teils auch beschrieben hatte (wenn irgendein Depp im Straßenverkehr sich z.B. nicht richtig verhält usw, um es mal banal zu sagen) oder eben der Umgang mit Corona.

Ich wollte hier außerdem meine Symptome nochmal darlegen und wie sie sich verändert haben im Laufe der Jahre. Eigentlich passt meine jetzige Situation gar nicht mehr in den Bereich Angst vor Krankheiten und das wundert mich selbst etwas. Ich bin da mittlerweile eher weg und mehr in den Bereich ich komme mit der Welt und der Gesellschaft an sich nicht mehr zurecht. Versteht man ungefähr, was ich meine?
Spätestens seit Corona ist irgendetwas passiert. Irgendwas in meinem System ist wohl kaputt gegangen. Meine Wahrnehmung und Verarbeitung von Eindrücken ist zu intensiv und zu extrem. Belastbar bin ich fast gar nicht mehr. Ein einziger Gedanke an meinen Job z.B. reicht aus, um Herzrasen oder Kopfschmerzen (übrigens meist immer mit Augenschmerzen verbunden) zu bekommen.

25.03.2022 12:11 • #5


Icefalki
Könnte es sein, dass du als Lehrer gewohnt bist, dass dein Wort gilt?

Verstehe das jetzt nicht falsch, ist nur ein Denkanstoss. Ich kenne das von Ärzten und auch von mir. Ich weiss, dass ich bei bestimmten , ich sag jetzt mal Dinge dazu, einfach Recht habe. Weil ich es einfach weiss. Und trotzdem wird das nicht berücksichtigt, nicht geglaubt, in Frage gestellt.

Hat mich auch schon beinahe um den Verstand gebracht, bis ich beschlossen habe, dass ich meine Meinung vertrete, die auch sage, aber dann auch akzeptiere, dass jeder soweit selbst bestimmen darf. Ausser, ich habe die Verantwortung, dann setze ich mich durch, oder geben die Verantwortung ab.

Dann zu unseren Ängsten. Du hast nur Verhaltenstherapie gemacht, oder? Vielleicht beschäftigst du dich noch mit den Themen Selbstkritik, Kontrolle, Wahrnehmung, Grenzen setzen, Selbstbewusstsein, usw..

Wie gesagt, sind alles nur Denkanstösse, was ich aber wirklich in meiner langen Laufbahn als Hochneurotikerin gelernt habe ist, dass ich nur mich ändern kann.

Ich nur auf mein Denken, meine Wahrnehmung, meine Probleme Einfluss habe. Und wenn es mir besser oder gut gehen soll, ich hier ganz ordentlich Arbeit reinstecken muss.

25.03.2022 14:05 • x 2 #6


S
Zitat von Icefalki:
du als Lehrer

Da hast du falsch gelesen. Ich bin kein Lehrer, nur meine Frau.
Zitat von Icefalki:
dass ich meine Meinung vertrete, die auch sage, aber dann auch akzeptiere, dass jeder soweit selbst bestimmen darf.

Natürlich ist das der Kern unserer Demokratie und auch gesellschaftlich in Ordnung.
Sicherlich habe ich mittlerweile ein bisschen ein Problem damit, Meinungen anderer zu akzeptieren, wenn sie eben überhaupt nicht dem entsprechen, was ich denke.

Man kann sich allgemein aber fragen, wo gewisse Grenzen sind von Meinungen oder Sichtweisen. Wenn ich z.B. gegen Gesetze oder Regeln verstoß, dann kann ich ja auch nicht einfach sagen: Egal, ist halt meine Meinung! bzw. Mag ja Gesetz sein, aber ich sehe es halt anders und mache es trotzdem. Genau diese Dinge sind es, mit denen ich mich sehr schwer tue. Ich glaube einfach, dass wir in unserem Land teils Grenzen überschreiten. Die Asiaten z.B. sind da anders (aus eigener Erfahrung).

25.03.2022 14:11 • x 1 #7


S
Was ich noch ergänzen wollte:
Die Dinge, die ich nicht ok finde oder mich nerven, sind übrigens alles Dinge, die auch andere Leute um mich herum, fast ebenso nerven (meine Frau, meine Mutter, viele Freunde). Nur ertragen diese es halt und leiden nicht so darunter wie ich. Sie AKZEPTIEREN die Welt eben so (ungerecht), wie sie ist und auch die Menschen, die eben einfach teils so sind, wie sie sind (egoistisch, kapitalistisch, gierig. rücksichtslos usw). Dieses AKZEPTIEREN ist es, was mir so schwer fällt und mich noch kränker macht, als ich es schon war die letzten Jahre.

Zitat von Icefalki:
Du hast nur Verhaltenstherapie gemacht, oder?

Richtig. 4 Jahre lang ab 2015.

Zitat von Icefalki:
Vielleicht beschäftigst du dich noch mit den Themen Selbstkritik, Kontrolle, Wahrnehmung, Grenzen setzen, Selbstbewusstsein, usw..

Tue ich aktuell mit meinem neuen Therapeuten (Tiefenpsychologie), wobei ich leider nicht so ganz zufrieden bin mit ihm. Es kommt mir zu wenig, so nett er auch ist. Das sind meist nur Gespräche, wie es mir geht samt Krankschreibung und Rezepten. Mir fehlt da die Therapie, die ich von einigen Bekannten höre (Traumta-Zeugs usw). Zu wechseln ist aber aktuell sehr sehr schwer, weil die Wartezeiten unendlich sind. Selbsthilfegruppe versuche ich zumindest jetzt dann.

Ich danke dir aber sehr für deine Worte!

25.03.2022 14:17 • #8


hereingeschneit
Vielleicht ist es ein Problem, dass das was du ungerecht oder gerecht empfindest, also deine Wahrheit, nicht mit der Wahrheit der anderen übereinstimmen muss. Gerechtigkeit ist nicht so einfach und sollte nicht nur vom eigenen Standpunkt, sondern auch vom Standpunkt eines anderen betrachtet werden.


Ein Beispiel: Mutter mit zwei Kindern. Sie baut mit jedem ein Puzzle. Ist es dann gleich, wenn sie mit jedem sich dafür 20 Minuten Zeit nimmt und mit ihm baut (einer ist fertig, der andere gerade nur den Rand) oder ist es gleich, wenn sie jeden bis zum Abschluss des Puzzles begleitet und ihn somit bis zum Erfolg unterstützt und hilfreich zur Seite steht?

Und wie fühlt sich ein Kind in welcher Situation?
Der darf das Puzzle fertig bauen, mir hilft sie nicht mehr, das ist so ungerecht.
Oder der andere: Für den hat sie mehr Zeit, als für mich, wie ungerecht.

Wie man es macht, irgendjemand wird es immer ungerecht empfinden, weil es nicht möglich ist gerecht zu sein. Dafür sind wir viel zu verschieden.

Und das merkt man jetzt eben bei Corona im ganz großen Stil. Es gibt eine große Gruppe, die ein sehr hohes Sicherheitsbedürfnis haben, alles so gut wie möglich kontrollieren möchte, möglichst alle Gefahren minimieren und dann gibt es eben die Gruppe, die sagt, ok, bevor ich mir im Leben den ganzen Spaß nehmen lasse, da gehe ich lieber das Risiko ein, dass es mich erwischt, aber ich habe wenigstens ein bisschen gelebt. Was habe ich davon, wenn ich mich schütze, schütze und schütze und es erwischt mich doch? Die Zeit kann ich nie mehr nachholen.

Es gibt da keine gerechte Entscheidung. Für jede Variante gibt es Vor- und Nachteile. Um also mit der Situation besser zurecht zu kommen wäre es wichtig, dass man auch die Gefühle, die Wahrheit der anderen anerkennt und dann versucht herauszufinden, wie man selbst dann wieder damit umgehen möchte.

Um beim kleinen Beispiel zu bleiben, da liegt es an der Mutter zu erkennen, ob ein Kind sich benachteiligt fühlt und mit beiden Kindern ein Gespräch zu führen und es zu erklären, warum sie es so oder so macht und wie sie es denn gerechter empfinden würden. Die Kinder bei der Lösungssuche mit einbeziehen.

Auch die Politik versucht es möglichst vielen Recht zu machen, aber je nach Entscheidung schreit entweder die oder die andere Gruppe - das ist so ungerecht.

25.03.2022 14:44 • x 3 #9


S
Zitat von hereingeschneit:
Vielleicht ist es ein Problem, dass das was du ungerecht oder gerecht empfindest, also deine Wahrheit, nicht mit der Wahrheit der anderen übereinstimmen muss. Gerechtigkeit ist nicht so einfach und sollte nicht nur vom eigenen Standpunkt, sondern auch vom Standpunkt eines anderen betrachtet werden.

Da hast du natürlich absolut recht. Ich versuche das zumindest natürlich so gut es geht, miteinzubeziehen in meine Sichtweise, also möglichst objektiv zu sein. Ich will mich jetzt nicht zu weit hinauswagen, aber was ich so an Rückmeldung von meiner Umgebung oder auch meinem Therapeuten bekomme (wenn alle moralisch so denken würden, wie Sie, dann wäre die Welt viel besser.), zeigt mir eigentlich, dass ich nicht komplett falsch liegen kann mit einigen meiner Sichtweisen. Aus dem Freundeskreis finden viele es echt toll, dass ich mich als Beamter hinstelle und klar kritisiere, was falsch oder ungerecht ist an diesem System und dann ich auch zugebe, dass unser finanziell guter Stand viel mit Glück zu tun hat. Ich habe einfach ein Problem damit, Dinge irgendwie falsch schönzureden oder zu verdrehen, nur weil man nicht zugeben will, dass man einfach Glück hatte etc.

Zitat von hereingeschneit:
Wie man es macht, irgendjemand wird es immer ungerecht empfinden, weil es nicht möglich ist gerecht zu sein. Dafür sind wir viel zu verschieden.

Das ist richtig, aber es gibt eben gewisse Grenzen, die einfach nicht überschritten werden sollten und wenn man sich mal anschaut in Umfragen, was die deutsche Bevölkerung so denkt in einigen Dingen, dann kann meine Meinung so komplett falsch nicht sein. Arten gewisse Dinge zu extrem aus, kann das nie gut sein für die gesamte Gesellschaft.
Corona hin oder her - ich kann viele Meinungen akzeptieren bei dem Thema. Viele können auch nichts dafür, weil die Aufklärung unserer Politik katastrophal war und es beschäftigt sich ja nicht jeder mit dem Thema intensiv, aber wenn jemand jetzt nach über zwei Jahren sich immer noch hinstellt und behauptet, dass Corona jedem sein eigenes Ding ist, wie er damit umgeht, dann kann ich das nicht akzeptieren (und damit bin ich ja nicht alleine). Eine Pandemie ist unumgänglich eine Sache, die alle betrifft. Das Verhalten von jedem hat Einfluss auf alle bzw. auf andere. Da kann ich nicht einfach stur machen, was ich will, nur weil es mich nervt, meinen Luxus (Restaurant, Fitness etc) nicht genießen zu können. WICHTIGE ANMERKUNG: Kranke Leute wie hier gehören nicht zu denen, die ich kritisiere, weil das eine ganze andere Situation ist.
Ich rede von geistig und körperlich gesunden Leuten, die einfach keinen Bock haben, sich zurückzunehmen für andere, weil sie nicht aus ihrer Wohlstands-Torte kommen wollen.

Da ich Verwandtschaft in Südkorea habe, sehe ich dort sehr gut, wie die Menschen sich dort verhalten haben bei dem Thema. Das ist nicht China, bevor jetzt wieder einer mit dem Thema kommt. Südkorea ist eine Demorkratie ähnlich unserer. Dort ist das gegenseitige Rücksichtnehmen viel viel ausgeprägter. Der Staat muss nicht so viel zwingen, weil die Leute einfach vernünftiger sind.

Zitat von hereingeschneit:
Ein Beispiel: Mutter mit zwei Kindern. Sie baut mit jedem ein Puzzle. Ist es dann gleich, wenn sie mit jedem sich dafür 20 Minuten Zeit nimmt und mit ihm baut (einer ist fertig, der andere gerade nur den Rand) oder ist es gleich, wenn sie jeden bis zum Abschluss des Puzzles begleitet und ihn somit bis zum Erfolg unterstützt und hilfreich zur Seite steht?

Und wie fühlt sich ein Kind in welcher Situation?
Der darf das Puzzle fertig bauen, mir hilft sie nicht mehr, das ist so ungerecht.
Oder der andere: Für den hat sie mehr Zeit, als für mich, wie ungerecht.

Ein sehr sehr gutes Beispiel! Ich verstehe, was du meinst.

Ich möchte daher nochmals betonen, dass mich zwar viele Dinge aufregen, aber es trotzdem noch Unterschiede gibt. Der Kern ist, dass ich Meinungen u. Verhaltensweisen akzeptieren kann, wenn es andere Menschen nicht berührt oder betrifft. Klaut jemand z.B. etwas in einem Geschäft, finde ich das auch nicht in Ordnung (logisch), aber es belastet mich nicht, weil diese Handlung nur einen direkten Einfluss auf den Dieb hat und andere nicht schädigt (außer, er wird nicht erwischt von der Polizei etc - logisch, weil sonst der Laden Schaden hat). Auch Rauchen finde ich absolut nicht gut, aber wer es tut, ok - es betrifft mich nicht direkt, solange er mir nicht sein Zeug ins Gesicht bläst.
Corona ist anders, falsche Politik bei Finanzen oder sonstigem ist anders, Straßenverkehr ist anders. Überall dort, wo die Folgen des eigenen Verhaltens andere Menschen auf negative Weise berühren, bin ich sehr empfindlich und kann es nicht ertragen.

Zitat von hereingeschneit:
Auch die Politik versucht es möglichst vielen Recht zu machen, aber je nach Entscheidung schreit entweder die oder die andere Gruppe - das ist so ungerecht.

Vielleicht ist gerade das Problem, dass die Politik es eben versucht, jedem irgendwie recht zu machen. Versteht mich nicht falsch, aber ich habe manchmal das Gefühl, dass unsere Art der Demokratie an ihre Grenzen kommt.
Es gibt gewisse Werte und moralische Dinge, die Menschen verfolgen sollten als oberstes Prinzip. Ich erkenne in unserem Land teils zu wenig davon. Geld spielt IMMER eine Rolle, immer und dies führt zu sehr fragwürdigen Entscheidungen, die zu Lasten sehr vieler Pechvögel geht (davon haben wir hier im Forum ja auch sehr viele, wie mir im anderen Thread bitter vor Augen geführt wurde).

So oder so - es bringt ja nichts. Ich muss für mich lernen, irgendeinen Weg zu finden, dass ich damit leben kann. Ich benötige sehr wahrscheinlich einen Job/eine Tätigkeit, in der ich Menschen helfen kann und einen Sinn in der Tätigkeit sehe. Das ist meine Hoffnung.

25.03.2022 15:24 • x 2 #10


koenig
Zitat von Siebert:
ich komme mit der Welt und der Gesellschaft an sich nicht mehr zurecht. Versteht man ungefähr, was ich meine?
Spätestens seit Corona ist irgendetwas passiert. Irgendwas in meinem System ist wohl kaputt gegangen. Meine Wahrnehmung und Verarbeitung von Eindrücken ist zu intensiv und zu extrem. Belastbar bin ich fast gar nicht mehr

So ähnlich empfinde ich auch. Corona hat bei mir eindeutig Spuren hinterlassen. Ich kann nicht so richtig sagen warum. Es ist schwer in Worte zu fassen. Aber es hat viel verändert in meinem Leben und an meinen Sichtweisen. Ich habe irgendwann auch in Gerechtigkeiten und Ungerechtigkeiten gedacht, durch das Impfthema wurde es schlimmer, die Spaltung sehr deutlich.

Und der Ukraine-Krieg hat meine Weltordnung noch einmal richtig durcheinander gebracht. Gefühlt stimmt gar nichts mehr und ich schaue sorgenvoll in die Zukunft, stelle vieles in Frage.

26.03.2022 06:52 • x 1 #11


E
Hallo Siebert, mir geht es ähnlich. Wir kommen beide ( mein Mann und ich) aus ärmlichen Verhältnissen. Wir haben uns Schritt für Schritt hochgearbeitet und stehen sehr gut da. Mein Mann ist CEO und ich bin Social Media Advisor in einem großen Unternehmen. Ich habe das Gefühl wir passen nirgends wo rein. Die Themen der Leute die auch abgesichert sind kotzen mich einfach nur noch an, da es nur um Oberflächlichkeiten geht, wiederum mussten wir auch schon oft mit Anfeindungen von Leuten umgehen die am Existenz Minimum leben. Da kommen dann Sachen na ihr braucht euch doch nicht beschweren. Ihr habt doch genug, ihr wisst gar nicht wie das ist, ihr habt doch Luxus Probleme, dann spendet doch eure Kohle usw. Das wir auch nur Menschen sind geht da manches mal unter. Wir haben uns isoliert weil es mir einfach , entschuldige bitte :Auf den Sack geht! Du kannst es keinem Richtig machen. Ich habe es aufgegeben. Ich habe da schon so viel erlebt und deshalb wenn wir Menschen kennenlernen erzählen wir niemanden was wir so treiben, denn irgendwann kommt immer etwas. Ich versuche jetzt immer klein zu helfen. Nachbarin ihre Waschmaschine war kaputt, da habe ich ihr eine gebrauchte von EBay Kleinanzeigen vor die Tür gestellt.

26.03.2022 08:19 • x 2 #12


Abendschein
Zitat von Siebert:
Ich wollte hier einfach mal wieder bissl was loswerden (ich hoffe, das ist ok). Seit ca. drei Jahren leide ich unter einer generalisierten Angststörung, die sich mehr und mehr zum Schwerpunkt typische Hypochondrie (inkl. Cyberchondrie) entwickelt hat. Insgesamt hab ich das ganze einigermaßen unter Kontrolle und habe ...

So ähnlich wie Dir geht es mir auch, aber vielleicht nicht ganz so schlimm, wobei ich das was Du erzählst, nicht so schlimm empfinde. Ganz weg gehen wird die Angst nie, sagte mal ein Therapeut zu mir und ab und zu auf seinen körper hören und zum Arzt gehen, ist doch okay.

Vielleicht bewerten wir das über. Ich mach das aber auch. Nur was wir dann wieder denken, das es was weiß ich sein kann. Ich bin im Moment bei Parkinson, wegen zittern im Bein. Ich achte dann auch vermehrt darauf, aber wenn ich abgelenkt bin, dann zittert da nichts.

Früher als ich noch die schlimmen Angst und Panikattacken hatte, die ich aber nur hatte, wenn nichts anderes da war. Hatte ich ein körperliches Gebrechen, oder eine Grippe, habe ich mich darauf konzentriert und die Panik blieb weg. Hätte mir zu Denken geben müssen, aber nein, ich habe fast 40 Jahre meines Lebens mit den Ängsten zu tun gehabt.

Mein Therapeut hat immer gesagt, wenn was ist, dann soll ich bin 10 zählen und mir immer wieder sagen, das alles guuuuuut ist. So mache ich das auch.

Ich wünsche Dir.....ja was? Das alles gut ist und das ist es auch.

26.03.2022 09:21 • #13


moo
Servus Siebert,

danke dass Du Dich (hier) zurückgemeldet hast!

Zitat von Siebert:
Ich dachte eigentlich, dass ich den Tod einige Monate später recht gut verkraftet hatte und war auch irgendwo froh (darf man das so sagen?), dass das Thema Krebs nun endlich aus unserem Leben verbannt wurde

Ja, das darf man so sagen. Vielleicht sogar muss jemand wie Du sowas sagen. Es ist ein Schritt Richtung Nachsicht mit sich selbst.

Zitat von Siebert:
Das Thema Corona nahmen meine Frau und ich immer sehr ernst (sozusagen Team Vorsicht). Ich war schon immer ein ziemlicher Gerechtigkeits- und Gleichheitsfanatiker und konnte es mit der Zeit nicht ertragen, dass viele Menschen sich so aufführen und anstellen, als die ersten Maßnahmen aufkamen. Aber gut - so ist halt die Welt dachte ich mir damals noch und mir war auch klar, dass es Verschwörungstheoretiker gibt.

Bedenke, dass immer der Bezugsrahmen entscheidend ist, wenn jemand Gerechtigkeit bzw. Gleichheit definiert.

Zitat von Siebert:
Vielleicht ist einigen Mitlesern im anderen Thread durch meine Schilderungen hier womöglich minimal mehr klar, wie mein Kopf funktioniert und wo mein Problem liegt.

Ja, ich glaube es erkannt zu haben.

Zitat von Siebert:
Ich spreche sehr viel mit meinem Therapeuten über diese Dinge und meinen Hang zur Gerechtigkeit. Er meint, dass es bei mir mittlerweile soweit ist, dass nur ein einziger Gedanke ausreicht/ein einziges kleines Thema, um mich furchtbar aufzuregen.

Das mag nun hart für Dich sein: Der Ruf nach Gerechtigkeit ist lediglich ein Ausdruck unserer unvermeidbaren Hilflosigkeit als Individuum. Wer sich als Individuum (für)wahrnimmt, muss zwangsweise leiden. Mit der Etablierung einer Dualität (Ich und Welt) mitentsteht ein Spannungsverhältnis.

Zitat von Siebert:
Auch wenn ich einen Vorteil dadurch habe, dass ich privat versichert bin - es kotzt mich ebenso an, weil es nicht gerecht ist.

Das ist z. B. so ein Spannungsverhältnis: Du nutzt das, was Dich ankotzt. Würde es Dich nicht ankotzen oder würdest Du es nicht nutzen, entstünde kein Problem. Das Problem bist immer Du.
Eine PKV ist übrigens nicht immer von Vorteil - spätestens dann, wenn Du aufgrund Deines Versichertenstatuses Diagnose- und Therapieverfahren über Dich ergehen lassen musst, die eigentlich völlig fehl am Platze sind (spreche da aus jahrelanger PKV-Erfahrung).

Zitat von Siebert:
Es tut mir leid, wenn ich durch meine Worte einigen vielleicht zu nah getreten bin (das ist wohl unvermeidbar, wenn ich über gewisse Gruppen so herziehe), aber das ist wohl mein Problem - ich kann gewisse Sichtweisen und Einstellungen in unserer Gesellschaft nicht mehr akzeptieren.

Auch hier... Hinterfrage den, der nicht akzeptieren kann (will)! Wenn Du - auch noch argumentativ - im Außen suchst, verstrickst Du Dich nur weiter in Widersprüchen. Ich kann Dir z. B. für fast sämtliche Deiner Aussagen sehr triftige Gegenargumente liefern, die Du höchstwahrscheinlich nicht vollumfänglich ablehnen kannst. Aber darum geht es nicht, wenn wir wirklich beim Thema bleiben: Das strukturelle Problem von Ich und Welt.

Zitat von Siebert:
Eigentlich passt meine jetzige Situation gar nicht mehr in den Bereich Angst vor Krankheiten und das wundert mich selbst etwas. Ich bin da mittlerweile eher weg und mehr in den Bereich ich komme mit der Welt und der Gesellschaft an sich nicht mehr zurecht. Versteht man ungefähr, was ich meine?

Klar! Und da bist Du ja bereits ein Stück weit in der m. E. zielführenden Richtung unterwegs!

Zitat von Siebert:
Spätestens seit Corona ist irgendetwas passiert. Irgendwas in meinem System ist wohl kaputt gegangen.

Nein, das System durchläuft aktuell lediglich einen echten Belastungstest. Und muss idF nachjustiert oder - idealerweise - komplett überarbeitet werden...

Zitat von Siebert:
Sicherlich habe ich mittlerweile ein bisschen ein Problem damit, Meinungen anderer zu akzeptieren, wenn sie eben überhaupt nicht dem entsprechen, was ich denke.

Genau. Dann blicken wir doch auf eben dieses Problem und nicht auf die Meinungen bzw. Gedanken. Kümmern wir uns um die Hardware, nicht um die Software.

Zitat von Siebert:
Ich glaube einfach, dass wir in unserem Land teils Grenzen überschreiten. Die Asiaten z.B. sind da anders (aus eigener Erfahrung).

Stimmt, die haben die Grenzen Richtung Wirtschaftsdiktatur bereits vollständig überschritten, sage ich mal ganz provokant...und wenn wir nicht aufpassen, sind wir die nächsten...

Zitat von Siebert:
Dieses AKZEPTIEREN ist es, was mir so schwer fällt und mich noch kränker macht, als ich es schon war die letzten Jahre.

Das ist völlig normal. Das Ego (die Ich-Illusion) will immer Kontrolle. Es schreckt auch nicht davor zu zurück, notfalls Kontrolle über die Anderen ausüben zu wollen (nichts anderes ist ja die Nichtakzeptanz anderer Meinungen und Verhaltensweisen).

Zitat von Siebert:
Überall dort, wo die Folgen des eigenen Verhaltens andere Menschen auf negative Weise berühren, bin ich sehr empfindlich und kann es nicht ertragen.

Das Berühren ist unstrittig, aber die Bewertung (negativ) ist der springende (hinkende?) Punkt.

Zitat von Siebert:
Versteht mich nicht falsch, aber ich habe manchmal das Gefühl, dass unsere Art der Demokratie an ihre Grenzen kommt.

Allerdings. Genau darum erachte ich es für richtig und notwendig, dass Gesetze nicht einfach umgeschrieben werden, wie es den aktuell Regierenden passt.

Zitat von Siebert:
Es gibt gewisse Werte und moralische Dinge, die Menschen verfolgen sollten als oberstes Prinzip.

Da bin ich ganz bei Dir! Was die Definition dieser Werte betrifft, habe ich erst kürzlich einen verbalen Abrieb geliefert: tagebuecher-f97/moo-s-psychedelic-breakfast-t110242-90.html#p2484661 (und Folgende).

Um wieder zum ursprünglichen Problem zurückzukehren (wo ich meine, dass Du eine Lösung finden könntest), mag u. U. diese Betrachtung (und die nachfolgende Diskussion darüber) ein Stück weit hilfreich sein: erfolgserlebnisse-f59/kontemplation-materie-t110152.html

26.03.2022 10:16 • x 2 #14


S
Zitat von koenig:
Corona hat bei mir eindeutig Spuren hinterlassen. Ich kann nicht so richtig sagen warum. Es ist schwer in Worte zu fassen. Aber es hat viel verändert in meinem Leben und an meinen Sichtweisen. Ich habe irgendwann auch in Gerechtigkeiten und Ungerechtigkeiten gedacht, durch das Impfthema wurde es schlimmer, die Spaltung sehr deutlich.

Corona ist eine sehr traurige Sache und zwar auch gesellschaftlich.
Die Tragweite dieser Krise ist vielen nämlich noch gar nicht bewusst und wird sich in verschiedensten Bereichen dann erst komplett zeigen, wenn Corona sozusagen beendet oder im Griff ist.

Zu Beginn der Corona Krise hatte ich die Hoffnung, dass die Menschheit solidarisch zusammen steht. Ich für mich bzw. auch meine Frau sind in der Hinsicht maßlos enttäuscht worden. Corona hat in vielerlei Hinsicht die Masken der Menschen fallen lassen und man konnte bei vielen Leuten sehen, welche Lebensansichten, Ziele und Werte ihnen wirklich im Leben wichtig sind. Dies ist einerseits eine interessante Sache und sehr ehrlich, auf der anderen Seite war es mega enttäuschend. Sicherlich kenne ich aber auch Fälle, denen Corona in vielerlei Hinsicht die Augen geöffnet hat, die erst dadurch angefangen haben, ihr Leben zu überdenken und teils komplett neue Richtungen eingeschlagen haben, sei es im Job oder auch der ganzen Lebenseinstellung.

Der Krieg jetzt hat mich in solidarischer Hinsicht dagegen eher positiv überrascht. Absolut toll zu sehen, wie viele Menschen freiwillig bereit sind, so viel zu helfen und zu unterstützen. Da kann ich nur meinen Hut ziehen.

26.03.2022 16:21 • #15


S
Zitat von Ankergirl:
Hallo Siebert, mir geht es ähnlich. Wir kommen beide ( mein Mann und ich) aus ärmlichen Verhältnissen. Wir haben uns Schritt für Schritt ...

Das Problem in unserer Gesellschaft, besonders in Deutschland, ist, das Sprechen über Geld oder finanzielle Verhältnisse immer noch ein Tabuthema ist. Zu schnell wird man in eine Schublade gesteckt. Das es auch Vermögende gibt, die sehr vernünftige Sichtweisen haben oder auf Grund ihrer Herkunft absolut zu schätzen wissen, dass sie unfassbares Glück im Leben haben, verstehen viele nicht oder wollen es nicht akzeptieren.
Jeder ist halt irgendwie geprägt durch seine Erziehung oder auch Genetik. So kann man es gewissen Leuten teilweise gar nicht übel nehmen, denn, wie ich so oft sage, ist einfach unfassbar viel Zufall auf der Welt.

26.03.2022 16:25 • #16


S
Zitat von Abendschein:
Mein Therapeut hat immer gesagt, wenn was ist, dann soll ich bin 10 zählen und mir immer wieder sagen, das alles guuuuuut ist. So mache ich das auch.

Das sind so kleine Tipps, die wirklich viel wert sind. Ich kenne da auch einige z.B. eine gewisse Atemtechnik oder dass ich mir einfach schnell eine Jacobson Muskelentspannung bei YouTube reinziehe, aber man muss das halt alles machen und das ist oft das Problem, dieses sich aktiv aufrappeln.

Panikattacken sind mir Gott sei Dank bisher verwehrt geblieben.

26.03.2022 16:28 • x 1 #17

Sponsor-Mitgliedschaft

S
Zitat von moo:
Bedenke, dass immer der Bezugsrahmen entscheidend ist, wenn jemand Gerechtigkeit bzw. Gleichheit definiert.

Zitat von moo:
Der Ruf nach Gerechtigkeit ist lediglich ein Ausdruck unserer unvermeidbaren Hilflosigkeit als Individuum.

Da hast du natürlich recht.

Zitat von moo:
Eine PKV ist übrigens nicht immer von Vorteil

Das musste ich auch schon spüren damals mit meinem doppelten Bandscheiben Vorfall, der sich über fast ein Jahr zog.
Ich bin ein absoluter Gegner dieses zweigleisigen Systems aus mehreren Gründen.

Zitat von moo:
Ich kann Dir z. B. für fast sämtliche Deiner Aussagen sehr triftige Gegenargumente liefern, die Du höchstwahrscheinlich nicht vollumfänglich ablehnen kannst

Das glaube ich dir.

Zitat von moo:
Genau. Dann blicken wir doch auf eben dieses Problem und nicht auf die Meinungen bzw. Gedanken. Kümmern wir uns um die Hardware, nicht um die Software.

Daran arbeite ich jeden Tag.

Zitat von moo:
Stimmt, die haben die Grenzen Richtung Wirtschaftsdiktatur bereits vollständig überschritten, sage ich mal ganz provokant...und wenn wir nicht aufpassen, sind wir die nächsten...

Mit Asien meinte ich eigentlich mehr oder weniger Asien ex. China und damit ihr die demokratischen Länder wie Südkorea oder Japan.
China ist in meinen Augen eine Katastrophe und ähnlich gefährlich wie Russland. Ich gebe dir aber Recht, das auch in Südkorea oder Japan eine gewisse falsche Entwicklung in wirtschaftlichem Streben/Leistungsfähigkeit gegeben ist. Wie du so schön sagst, sind wir aber leider auf dem gleichen Weg und das finde ich fatal und traurig.

Zitat von moo:
Das Berühren ist unstrittig, aber die Bewertung (negativ) ist der springende (hinkende?) Punkt.

Ich versuche sehr, mich zu bemühen, dass ich mir Szenarien entwerfe, die mir erklären, warum der oder der Mensch so (negativ) handelt und (ungewollt?) andere verletzt. Teils gelingt es mir.
Trotzdem sagt meine Frau: Die A-loch-Quote steigt und steigt!

26.03.2022 16:45 • x 1 #18


S
Mir geht es seit gestern unglaublich schlecht. Grund ist mein Therapeut. Es gab eh schon ein paar Zweifel, ob er mir wirklich helfen kann, weil mir das einfach in den Sitzungen zu viel planloser Small Talk ist. Immer wieder das Gleiche, ohne wirklich irgendwie irgendwo anzusetzen (Tiefenpsychologie soll das ja sein). Oft verliert er sich selbst in eigene Erzählungen und Geschichten und die Stunde ist rum. Da demnächst mein Amtsarzt-Termin ansteht, hatte ich ihn gebeten, einen Befundbericht zu erstellen für den Amtsarzt. Als ich das Schreiben gestern per Post bekam, war ich ziemlich schockiert. Eine handvoll Standard-Zeilen, die wie aus Google stammen (typische Symptome einer Depression, wie Schlafstörung, Antriebslosigkeit usw). Dabei habe ich aktuell komplett andere Symptome und besonders mit Schlaf nie Probleme gehabt. Das liest sich nicht wie ich, über den er schreibt, sondern wie ein vorgefertigter Text über allgemein depressive Leute. Des Weiteren empfahl er eine endokrinologische Untersuchung, weil mein Prolaktin-Spiegel zu hoch sei. Dabei war das vor zehn Jahren und kurz danach nie wieder (hatte ich ihm in den ersten Std halt erzählt). Er bringt anscheinend so viel durcheinander und schreibt dann einfach irgendwas aus ein paar Notizen zusammen.
Ich bin so unfassbar enttäuscht, weil ich jetzt noch mehr sicher bin, dass er nach sechs Monaten offenbar immer noch nicht genau weiß, wo genau meine Probleme liegen.
Kennt ihr sowas auch?
Ich muss also weg von ihm, weil ich da keine Hoffnung habe, dass der mir helfen kann.
Wie soll ich denn jetzt in dieser Zeit bitte so schnell wechseln können, wo alles dicht ist an Plätzen?
Ich telefonier seit heute früh alle Therapeuten ab, die ich irgendwie im Netz finde in meiner Umgebung.

Meinem Therapeuten werde ich natürlich (möglichst freundlich) sagen, was los ist und dass der Bericht praktisch völlig unsinnig ist, weil da einfach falsche Sachen drinstehen und überhaupt nicht gezielt meine Geschichte drin steht.

Hat jemand Ahnung (falls ich überhaupt einen neuen T. finde, der Zeit hat):
Kann ich die probatorischen Sitzungen da einfach so machen, obwohl ich noch beim alten T. verankert bin oder muss der alte erst klar beendet werden und erst dann kann beim neuen angetestet werden?

Danke euch schonmal.

30.03.2022 16:33 • #19


S
Zitat von Siebert:
Kennt ihr sowas auch?

Ja. Hatte das Gefühl, dass sie es genießt, meinen Ausführungen zuzuhören, ich quatschte 45 Min und sie hörte zu. In den letzten 10 Min dannnZussmnenfasdung und irgendwie keine Rückmeldung bzw. dass ich auch mal gefordert wurde.

Hab dann gewechselt. Hatte aber alles privat bezahlt, daher kA.

30.03.2022 16:40 • #20


A


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