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Hallo,

ich habe dieses forum aufgesucht, weil ich vielleicht mir ein wenig Rat suchen möchte bzw. ich vielleicht von Menschen hier erfahren kann, denen es ähnlich geht. Vielleicht suche ich auch einfach mal eine Möglichkeit mich aussprechen zu können.

Es geht in erster Linie nicht um mich sondern um meine Lebensgefährtin. Ich bin seit nun etwas mehr als einem halben Jahr mit ihr zusammen.
Wie wir uns kennen gelernt haben, ist sicher nicht typisch, aber so kam es eben. Ich habe sie während einer Zeit kennen gelernt, in der es mir nicht so gut ging und wir haben uns auf Anhieb verstanden.
Als ich sie wenig später das erste Mal traf, ging alles relativ schnell und wir kamen zusammen. Sie hatte sich in dieser Zeit auch von ihrem Freund getrennt. Es kam eine abgeschlossene Ausbildung dazu und ein neuer Job für sie.
Aus den Anfangswochen der Verliebtheit wurden aber immer mehr Wochen, die Wochen des Stillstands wurden.
Was meine ich damit?
Sie konnte sich nicht öffnen, wir sprachen oft und viel miteinander, aber sie konnte/kann sich nicht öffnen und ihre Gefühle zeigen.
Zudem - und nun komme ich zu dem Wichtigen - leidet sie unter Panikstörungen und sieht alles negativ an. Wenn ich vorbei komme am Wochenende (sie wohnt in einer anderen Stadt), dann fragt sie sich, ob sich das lohnt, weil ich ja zwei Stunden im Auto sitze und sie arbeiten muss.
Sie kann sich nicht richtig fallen lassen, ihre Arbeit füllt sie nicht aus und besteht aus Aufgaben, die weit unterhalb ihrer Qualifikation liegt, sie fühlt sich alleine in ihrer Wohnung, die sie bezogen hat. Sie schläft lange, weil sie mit sich nichts anzufangen weiß und hofft durch das lange schlafen den Tag schneller rumzubringen.
So richtig glücklich und zufrieden habe ich seit Herbst nicht mehr erlebt. Sie kann keine wirkliche Freude zeigen. Für mich ist es schon ein Erfolg, wenn ich sie zum Lachen bringen kann und sie kurzzeitig (und dies sind dann einfach ein paar Minuten oder mal Stunden) ablenken kann. Kurz darauf sagt sie mir aber oft, dass dies ja an der Situation nichts ändert und sie dennoch alles sch*** findet.

Es geht momentan soweit, dass sie mir immer sagt, dass ich ihr mit ihrer Art nicht gut tue, sie keine Gefühle zulassen kann (keine Gefühle zur zeit spürt...eher freundschaftlich) und möchte mir mehr oder weniger manchmal eine Trennung in den Mund legen.
Doch ich will für sie da sein und verbringe auch in nächster Zeit ein Praktikum (1/4 Jahr) in ihrer Stadt und wohne bei ihr.
Ich habe sie gebeten diese Zeit abzuwarten und einfach dies als neue Zeit in unserer Beziehung anzusehen, bevor wir eine Entscheidung treffen, wie es weiter geht. Letztlich erhoffe ich mir, dass sie sich etwas wohler fühlt, wenn ich stetig da bin und ich nicht immer montags wieder zu mir muss und sie alleine ist.
Sie steht auch auf der Warteliste von zwei Psychologen, da sie von der Krankenkasse eine Überschreibung und Bestätigung einer Therapie.
Erschwerend kommt hinzu, dass die Lage ihrer Eltern ähnlich ist, wie unsere Situation, nämlich beide in unterschiedlichen Städten -berufsbedingt- leben. Dort gibt es die Angst bei ihr, dass sich die Eltern trennen wegen dieser Situation, weil der eine nicht zum anderen ziehen will...aus jeweils unterschiedlichen Gründen, die aber hier nicht von Belang sind. Sie (meine Freundin) hat aber halt das Gefühl, dass sie der einzige Punkt ist, der dazu führt, dass sich die Eltern nicht trennen. Auch sie will sich dieses Jahr verändern und mit einem Studium anfangen.
Dabei würde sie in Erwägung ziehen, anscheinend auch wegen ihrer Eltern dort hin zu ziehen, wo ihr Papa wohl demnächst arbeitet. Damit würde sie es, so glaubt sie wohl, ihrer Mama einfacher machen, mit dort hin zu ziehen und damit womöglich den Familienfrieden herzustellen. Dies würde sie aber weg von mir bringen, da wir dann an verschiedenen Ecken in Deutschland wären. Das Ganze ist halt auch ein wahrscheinlich gravierender Punkt, der sie belastet. Sie sucht zudem Kontakt zu Menschen aus dem Chat, da sie sich dort ungezwungener unterhalten kann mit denen, weil sie bei mir ja auch weiß, dass ich alles um sie herum mit all ihren Problemen weiß. Sicherlich ist es so, dass ich sie dadurch auch anders behandle und das eher wie ein rohes Ei und mir überlege, wie und was ich sage.

Naja, es ist glaub ich sehr viel und vielleicht merkt man auch, dass ich mir da viel nen Kopf mache und es für mich wahrlich nicht einfach ist. Deswegen suche ich hier nach Rat und hoffe, dass sich ein paar Menschen finden und mir -vielleicht aus eigener Erfahrung heraus- mir Tipps zum Umgang geben könnnen. Denn auch wenn es schmalzig und hoffnungslos romantisch klingt. Ich möchte ihr den Halt und die Zuversicht weiterhin geben, was sie sucht und weswegen sie auch, so sagt sie, mit mir zusammen ist.

Ich danke schon mal für Euer Gehör und freue mich über Antworten.

Chris

27.02.2011 17:07 • 28.02.2011 #1


6 Antworten ↓


S
Hallo Chris,

ich finde es toll von dir dass du deiner Freundin helfen willst. Es hört sich stark nach einer Depression an. Ich kenne das auch von mir. Man hat keine Freude an Dingen die einem früher Spaß gemacht haben. Wenn jemand versucht mich in meiner Traurigkeit zum Lachen zu bringen lache ich zwar um dem anderen eine Freude zu machen aber wirklich zum Lachen ist mir nicht außerden ist es für jemanden mit Depression sehr anstrengend zu lachen oder auch jemandem aufmerksam zu folgen. Vielleicht will sie deshalb auch im Bett bleiben nicht weil sie nichts mit sich anzufangen weiß sondern weil sie durch die Depression nicht aufstehen kann. Das fällt einem nämlich sehr schwer. Angst und Depression hängt oft zusammen.
Wichtig ist es für so jemanden dass man für ihn da ist wenn er über seine Gefühle oder seinen Zustand reden will.
Ich wünsche dir viel Kraft und Erfolg.

Gruß Sylvie

27.02.2011 17:23 • #2


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Irgendwie mit meinem "Latein" am Ende.

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Wenn jemand versucht mich in meiner Traurigkeit zum Lachen zu bringen lache ich zwar um dem anderen eine Freude zu machen aber wirklich zum Lachen ist mir nicht außerden ist es für jemanden mit Depression sehr anstrengend zu lachen oder auch jemandem aufmerksam zu folgen.

-- Genau das habe ich bei ihr auch schon wahr genommen ohne, dass sie es mir gesagt hat..auch wenn sie es hin und wieder tut, sie mir auch sagt, dass sie mich in den Arm nimmt oder lacht, um mir eine Freude zu machen. Es ist zwar sehr verletzend in diesem Moment, doch ich nehme dies einfach so hin.


Ich frag mich halt, wie ich mit ihr umgehen soll. Soll ich sie wie ein rohes Ei behandeln? Das mach ich nämlich glaub sehr oft und sage ihr auch nicht alles, weil ich denke, dass sie sich dann nur noch mehr Gedanken macht. Ich fühl mich manchmal ziemlich blöd dabei, wenn ich ihr ganz banale Dinge nicht sage...andere würden darüber lächeln. Dennoch male ich mir schon immer im Kopf aus, was sie sagen könnte und wie sie reagiert bzw. was es bewirkt, wenn ich was sage. Es wirkt halt so auf mich, dass ich nich normal mit ihr umgehen kann, was sicher sie genauso belastet wie mich.

27.02.2011 20:10 • #3


S
Ja das ist eine schwere Situation aber versuche sie ganz normal zu behandeln. Wenn mein Mann mir alles abnehmen möchte werde ich aggressiv und motze ihn auch oft an. Vielleicht auch um alles zu überspielen. Du kannst sie nicht durch gezwungene Heiterkeit aus ihrer Depression rausholen. Wenn sie reden will lass sie reden und versuche ein guter Zuhörer zu sein. Mach ihr auch klar dass sie es dir sagen kann wenn ihr das zuhören zu viel wird. Aber wenn es soo schlimm ist sollte sie sich professionelle Hilfe holen denn du allein kannst das nicht. Viel glück

Sylvie

28.02.2011 14:11 • #4


P
Hallo Chris,

Das klingt für mich auch nach einer ausgewachsenen Depression, es kann aber auch schlicht sein dass sie sich zu viel aufhalst. Deiner Schilderung entnehme ich dass sie das Gefühl hat ihre ELTERN zusammen halten zu müssen. Als Kind! Das ist eigentlich undenkbar, damit nimmt sie bewusst oder unbewusst so unsagbar viel Last auf ihre Schultern dass sie nur darunter kaputt gehen kann. Ist sie jemals auf den Gedanken gekommen dass ihre Eltern die Fernbeziehung gar nicht stört? Es gibt so viele Paare die leben gut in einer Fernbeziehung, ich kenne sogar welche die leben GERN so, die entscheiden sich bewusst dafür dass jeder sein eigenes Reich hat und genießen die Zeit miteinander dann umso mehr. Ich wäre da nicht der Typ dafür, aber es gibt solche die das können und auch wollen.
Sie scheint sich generell viele Gedanken zu machen, und noch dazu steht sie wohl gerade an einem Punkt im Leben der viele Entscheidungen beinhaltet: Studium beginnen, Job hinschmeißen, neue Stadt - das ist Alles nicht ohne. Wundert mich nicht dass sie da im Moment viel grübelt und nicht unbedingt positiv denkt. Jeder geht mit einer solchen Situation anders um. Meine Freundin, die ist in ihrem Leben schon 13 mal umgezogen und die macht das Hopplahopp so über ein Wochenende. Ich aber plane Alles pedantisch und grüble selbst über Eventualitäten die gar nicht eintreten müssen, und mach mir damit den Umzug viel schwerer als er eigentlich ist Eine andere Freundin von mir ist letztens umgezogen und war in den letzten Wochen quasi nur noch am Heulen deswegen, das hat einfach sehr an ihren Kräften gezehrt. Jetzt ist sie fertig und wieder ganz die Alte.
Ich will damit nur sagen dass Jeder anders umgeht und das im Moment evtl. keine Depression ist sondern sie sich derzeit einfach sehr viele Gedanken macht. So viel dazu.

Zum Studium kann ich nur sagen: Bitte mach ihr klar dass es a) nicht ihre Aufgabe ist ihre Eltern zusammen zu bringen und ihre Mutter nicht umziehen wird nur weil sie plötzlich da wohnt und b) man den Studienort nach ganz anderen Kriterien auswählen sollte, nicht danach wer da noch mit in der Stadt wohnt! Es gibt z.B. Unis die machen noch Diplom, dann gibt es welche die haben auf Bachelor/Master umgestellt. Dann gibt es Unis die verlangen 560€ Gebühr im Semester, PLUS Sozialbeitrag. Da ist man locker seine 700€ für ein Semester los. Dann gibt es Unis die verlangen nur 200€, und besonders im Norden Deutschlands Viele die verlangen gar nichts mehr, nur noch den Sozialbeitrag. Dann gibt es Hochschulrankings. Es gibt moderne Unis, altbackene Unis. Es gibt welche da unterrichten viele Dozenten aus dem Ausland, dann welche da unterrichten überwiegend Deutsche Profs. (Das ist wenn man eine Fremdsprache lernen will z.B. sehr wichtig.) Dann gibt es Unis da ist der Campus kompakt, dann welche da ist Alles auf eine Stadt verteilt. Manche Unis sind sogar auf zwei Städte verteilt! An manchen Unis kann man erst zum Wintersemester studieren und muss warten, bei Anderen geht's schon im Sommersemester los, was oftmals günstiger ist weil weniger überlaufen. All das sind Kriterien die man sich überlegen kann wenn man studieren will. Die meisten machen es nicht, man sollte es aber. Keinesfalls darf sie einfach zu ihrem Papa gehen und dann da an die Uni, das ist doch totaler Nonsens. Es sei denn jetzt sie hat das riesen Glück dass sie die Uni auch so gewählt hätte, selbst wenn ihr Papa da nicht wohnen würde. Aber das bezweifle ich stark.

Dann will ich dir noch etwas sagen was du vielleicht nicht so gerne hören magst: Deine Idee für die Zeit des Praktikums zu ihr zu ziehen und das Beziehungsleben zu testen ist gut. Würde ich nach 6 Monaten und wenn es sowieso schon kriselt jedoch niemals machen. Mag sein dass sie dich dann doch klasse findet und Alles ist wieder gut. Viel wahrscheinlicher ist aber dass ihr die von dir aufgedrängte Nähe (Zusammenziehen sollte ja eine gemeinsame Entscheidung sein) schnell zu viel wird, zumal sie eh bereits so halb auf Trennung gebürstet ist und im Moment scheinbar auch sehr verletzlich und sensibel. Ich denke fast das wird total nach Hinten los gehen muss ich dir ehrlich sagen. Ich kenne kaum Paare die weniger als 2 Jahre zusammen waren bevor sie zusammen zogen und deren Beziehung das überlebt hat. Leider. Es scheint dass eine gewisse Stabilität da sein muss damit das Zusammenwohnen klappt. Wenn's auch nur temporär ist so wie bei euch, gerade in der Situation würde ich es nicht machen.

Dann will ich dir auch sagen: Du bist nicht ihr Samariter. Mag sein dass am Anfang Alles rosarot und schön war mit ihr. Wenn du hoffst sie wird wieder gesund und dann ist Alles wie früher, dann muss ich dich enttäuschen. Die rosa Zeit kommt nicht mehr zurück, da bin ich mir sicher. Bei allem was sie derzeit durch macht kannst du höchstens da sein, dich anbieten, eine starke Schulter bieten, Zuhören, das war's. Sie muss allein auf den Trichter kommen dass sie nicht für ihre Eltern verantwortlich ist, sie muss das Studium beginnen und sich eine Uni aussuchen (mit besseren Argumenten als den bisherigen) und sie muss sich um eine Therapie bemühen (man MUSS da nicht warten, wenn man penetrant genug nervt kriegt man auch schneller was) und sie muss diese ganzen Fragezeichen die sie derzeit im Leben scheinbar hat auflösen. Das ist nicht deine Aufgabe und das kannst du ihr Alles auch nicht abnehmen.
Gleichzeitig musst du ihre Verletzungen und ihre komische Art nicht hinnehmen und dir gefallen lassen. Du bist doch nicht ihr Egopusher, du bist ihr Freund. Wenn sie sagt Ach, ich bin zu schlecht für dich dann erwartet sie doch beinahe dass du sie aufbaust und sagst Aber nein, du bist ganz toll!
Liebesbekundungen können und sollten nicht nur von dir ausgehen! Auch sie muss sich um DICH bemühen, dir mal eine Freude machen, sich um dich kümmern und sich um dich sorgen. Ihr sollten deine Gefühle ebenso wichtig sein wie dir offensichtlich die ihren sind.
Ich bin der Meinung dass man sich auch trotz seelischer Erkrankung um seinen Partner bemühen und kümmern kann. Ich hatte eine Zeit da war ich wöchentlich 2-3 mal beim Therapeuten, aber meine Beziehung habe ich darunter nicht leiden lassen.
Es ehrt dich sehr wenn du zu ihr stehst, aber wenn sie schon nach 6 Monaten keine Lust mehr auf dich hat solltest du auch einmal innehalten und dich fragen wofür du dich dann eigentlich so sehr bemühst. Wenn sie trotz all deiner Bemühungen und der offensichtlichen Tatsache dass du im Moment mehr gibst als sie nicht einmal ab und an ein Danke über die Lippen bringt, dann solltest du dich fragen ob sie dich so liebt wie du es dir vorstellst.
Du solltest sie nicht wie ein rohes Ei behandeln sondern ehrlich mit ihr sein. Das ist dein gutes Recht und das muss in einer Beziehung auch möglich sein! Schau mal, du verheimlichst ihr nach 6 Monaten schon die ersten Sachen, überlegst jetzt schon wie soe worauf reagieren könnte. Wie soll das denn weiter gehen? Ich finde das ist eine wirklich bedenkliche Entwicklung, gerade für dein Seelenheil aber auch für eure Beziehung.

Liebe Grüße,
Bianca

28.02.2011 15:37 • #5


C
Hallo Bianca,
zu nächst danke ich dir schon mal für deine ausführlichen Schilderungen und das eine oder andere werde ich auch sicher als Anregung mitnehmen.
Zu dem Zusammenziehen sei jedoch zu sagen, dass ich sie fragte (bevor ich mich entschied) ob ich mein Praktikum bei ihr machen soll oder bei mir (immerhin wären es halt drei Monate in denen man sich kaum bis gar nicht sieht)
Aus der Überlegung heraus mache ich das auch nicht, dass sie mich dann super toll findet und mir einen Heiratsantrag macht....vorsicht dies ist sehr überspitzt formuliert...aber ich denke, wenn sie wirklich unter Depressionen leidet, dann ist es gut, dass sie jemanden konstant an ihrer Seite hat. Unabhängig von ihrer Situation bin ich in der glücklichen Lage gut mit mir selber klar zu kommen.
Soweit ich mich belesen habe, was ich intensiv tat, ich aber auch mal praktischen Rat haben möchte, weil letztlich Bücher oft nur Theorie sind (zwar fachlich begründet aber jeder Mensch tickt nun mal anders).
Gerade der erste Punkt mit dem Studium, ist dies, was ich mir ebenfalls denke. Was das finanzielle angeht, sind Dinge, die mit einem möglichen Krankheitsbild wahrscheinlich weniger zu tun haben.

Zu den Eltern sei zu sagen, dass sie seit einigen Jahren mehr oder weniger eine Fernbeziehung haben, aber beide unter der Situation auf ihre Art und Weise leiden.

Dies mit ihren Eltern ist meiner Meinung nach aber auch nur als neuer Punkt dazu gekommen. Die wirklichen Probleme liegen vermutlich noch viel tiefer.
Nachdem, was ich auch las, ist es nicht ratsam, jemandem noch Schuldgefühle für nicht zeigende Gefühle zu machen, da der Mensch so innerlich zu ist und alles mit der schwarzen Brille sieht, dass dies unter Umständen nur eine Verstärkung hervor rufen könnte.
Ich sag ihr; was ich tatsächlich auch so meine, dass ich sie dennoch mag (lieb habe), egal wie sie gerade ist und sich gibt.
Auch wenn vielleicht nur ist um mich zu beruhigen, aber es kam sogar ganz aktuell von ihr eine Nachricht, dass sie mich trotzdem, was alles ist lieb hat. Allein sowas baut als Angehöriger doch sehr auf.


Dennoch möchte ich dir sehr sehr danken für deine unsagbar viel Mühe, die du dir machst und darauf eingehst.
Ich freue mich zudem auf weitere Überlegungen, denn alles sind glaub ich Dinge, an denen jeder, der dies im Forum liest, etwas für sich mitnehmen kann.

28.02.2011 16:25 • #6


P
Hallo Chris,

Ich glaube nicht dass aus einem normalen ernsten Gespräch unter Erwachsenen ein schlechtes Gewissen entstehen muss. Und ich glaube nicht dass du besondere Rücksicht auf sie nehmen solltest aufgrund ihrer Krankheit. Wenn dir z.B. etwas fehlt dann darfst du ihr das sagen. Du sollstest ihr auch all das sagen was du ihr im Moment nicht sagst - Geheimnisse sind in Beziehungen einfach nicht gut.
Ich litt selber unter einer Panikstörung, noch dazu starb kurze Zeit vorher plötzlich mein Papa. Das war eine Zeit in der ich psychisch sehr instabil war. Abi musste ich neben der Therapie auch noch schreiben. Ich war wirklich ein nervliches Wrack, die meiste Zeit jedenfalls. Die Attacken hatte ich in der Zeit überall. Nachts beim Schlafen, beim Einschlafen, beim Aufwachen, in der Schule, in den Prüfungen, bei Referaten, Zuhause, Unterwegs, bei Freunden, wirklich oft. Ich hab mir sehr schnell einen Therapeuten gesucht und bin das Problem angegangen. Zu der Zeit war ich schon gut 2 Jahre mit meinem Freund zusammen.
Er hatte immer ein offenes Ohr für mich und tröstete mich wenn ich vor lauter Sorgen weder ein noch aus wusste. Ich hab viel geweint (auch wegen Papas Tod) und da fing er mich auf. Aber er verschwieg mir nichts, und er fasste mich nicht mit Samthandschuhen an. Wenn ich z.B. Nachts aufwachte, geschüttelt von der Panik, aber wir Beide morgens ausgeruht sein mussten sagte er ganz lapidar: Du horchst viel zu sehr auf deinen Körper, es ist nichts. Du bist kerngesund. Jetzt versuch zu schlafen, du musst morgen fit sein.
Das hat mich geerdet und mir geholfen. Hätte er mich in dem Moment betüddelt hätte das meine Angst nur noch verstärkt und mich auch in der Angst bestärkt. Das wäre aber fatal im Betracht auf die Heilung die man ja in der Therapie erzielt. Wenn ich mir zu viele Gedanken gemacht habe sagte er Komm, im Moment scheint es vielleicht nicht so aber es kommen auch wieder gute Zeiten. Es gibt keinen Grund Alles so negativ zu sehen!
Er gab mir auch ein Buch 'Das Glück kommt selten allein', das geht darum wie man trotz Alltag und Problemen zufrieden sein kann. Auch das half mir sehr. Wenn ich zu viel von ihm forderte hat er auch mal gesagt Tut mir Leid, aber das ist mir zu viel und zog sich zurück. Das ist wichtig, und das hab ich auch akzeptiert. Er ist nicht mein Krankenpfleger oder Therapeut, er ist ja nur mein Freund. Er hat keine besondere Ausbildung und kann nur das leisten was ein normaler Mensch eben leisten kann. Dass ihm das auch mal zu viel wurde mit meiner Schwarzmalerei und Angst, das wundert mich nicht.
Er sagte mir auch wenn ich zu viel klammerte. Normalerweise würdest du doch jetzt auch nicht darauf bestehen dass wir uns sehen, das ist nur deine Angst die das will. Du schaffst das auch allein! und obwohl mir das nicht immer gepasst hat hatte er doch Recht und es war sogar sehr gut dass er mich ab und an auf eigene Beine gestellt hat anstatt zu versuchen immer um mich herum zu sein.
Im Nachhinein hat er gesagt es habe ihn enorm belastet und er ist froh dass das vorbei ist. Ich hab mit viel Eigeninitiative und einem guten Therapeuten die Angst wirklich binnen 6 Monaten besiegt gehabt und bin froh dass er in der Zeit für mich da war, aber mir auch meine Grenzen gezeigt und sich nicht für mich verstellt hat. Es gibt hier immer mal wieder verzweifelte Partner im Forum die die Angst ihres Partners versuchen aufzufangen - im guten Gewissen ihm/ihr zu helfen - und dann schier verzweifeln weil der Partner mit der Zeit in eine beinahe kindsgleiche Uneigenständigkeit verfällt und nichts mehr allein macht sondern der Gesunde sämtliche Aufgaben übernehmen muss. Ich glaube das hätte bei uns niemals passieren können, allein schon weil er sich klar distanziert hat und mich immer wieder auch mit Dingen alleine ließ. Nur so konnte ich lernen dass nicht die Angst mein Leben bestimmt sondern ich, und dass ich niemanden brauche um ihr beizukommen sondern nur ich allein das schaffen konnte. Und es am Ende auch geschafft habe, mit toller Anleitung vom Therapeuten und hier aus dem Forum.

Vielleicht kannst du ihr das Forum ja mal zeigen. Mir hat es enorm viel gebracht während der Therapie, allein schon die vielen Ideen hier wie man mit der Angst umgehen kann - da war eine ganze Sammlung aus der ich schöpfen und selektieren konnte, und gleichzeitig hab ich selbst aktiv neue und eigene Lösungen gefunden die ich dann hier weiter geben konnte.

Es ist ganz sicher ein sehr schmaler Grad auf dem du dich da bewegen musst, und das ist nicht immer einfach. Sei für sie da, aber betüdele sie nicht zu sehr. Das verstärkt ihre Ängste bloß und macht sie unselbstständig. Und die Idee ist doch dass man nach der Therapie aus eigener Kraft wieder im Leben stehen kann, ganz ohne fremde Hilfe. Mein Freund und ich haben übrigens jetzt am 22.2. unser 4-Jähriges gefeiert und ziehen am 19.3. schlussendlich zusammen. Eine Beziehung kann so eine Krise locker überstehen, wenn Beide an sich und für den Anderen arbeiten. Aber pass auf dass nicht nur du die Arbeit machst Als Angstpatient füht man sich oft machtlos und schwach, hilflos dazu. Es ist dann sehr einfach und man ist dazu verleitet Anderen die Verantwortung für einen selbst aufzuerlegen oder sich in eine vermeintliche Opferrolle zu fügen. Aber leider ist das eben genau der falsche Weg wenn man gesund werden will.


Liebe Grüße nochmal,
Bianca

28.02.2011 18:14 • #7





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