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Die Lästerzungen

Im Kalk, noch ungelöscht,
in Eisenbrei, in Salz, Salpeter, Phosphorgluten,
in dem Urin von rossigen Eselsstuten und in Schlangengift und Altweiberspei
in Rattenschiss und Wasser aus den Badewannen,
im Saft von einem Krötenbauch und Drachenblut,
in Wolfsmilch und im sauren Rest der Rotweinkannen, in Ochsengalle und Latrinenflut,

in diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren.

In eines Katers Hirn der nicht mehr fischt,
im Geifer, der aus den Gebissen toller Hunde träuft, mit Affenpiss vermischt,
mit Stacheln, einem Igel ausgerissen,
im Regenfass, darin schon die Würmer schwimmen,
krepierte Ratten und der grüne Schleim von Pilzen, die des Nachts wie Feuer glimmen,
in Pferderotz und heissem Leim,

in diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren.

In dem Gefäss drin alles reingerät,
was so ein Medikus herausgeholt aus dem schwieren Gedärm,
an Eiter und verpestetem Sekret,
in Salben, die sie in den Schlitz sich schmieren,
die *beep*, um sich kalt zu halten,
in all den Schmodder den die Lust zurücklässt, in den Spitzen und den Spalten,

in diesem Saft soll man die Lästerzungen schmoren.

Ihr Bürger, Brüder und Schwestern,
packt all die sauberen Sachen in eure Hosen,
um den Bottich voll zu machen,
gebt noch die Nachgeburt von einem Schwein hinein,
und hat es vier Wochen lang gegoren,

in diesem Saft sollen eure Lästerzungen schmoren.


(aus: Die lasterhaften Lieder und Balladen des Franzois Villon)

20.02.2009 14:39 • 20.02.2009 #1