Hallo,
ich bin 33 und bin seit einem Jahr mit meiner Frau (32) verheiratet. Wir kennen uns schon seit 8 Jahren und lebten seit 5 Jahren zusammen.
Mit 25 schloss ich mein Ingenieursstudium ab und wollte endlich arbeiten. Da ich kein Praktikum gemacht habe, weil ich im Betrieb vom Vater immer ausgeholfen habe, erwies sich die Suche nicht als ganz einfach. Aber nach ca. 4 Monaten hatte ich endlich meinen neuen Job. Ich schraubte meine Ansprüche niedriger und startete mit nur 3.100 Euro brutto als Objektleiter für Gewerbeimmobilien. Der Job machte mir sehr viel Spaß.
Nach 1,5 Jahren konnte ich viele Erfolge vorweisen, die bis dato keiner geschafft hatte. Mein Chef war sehr glücklich mit mir. Ich war sehr motiviert, arbeitete bis spät abends. Jede Herausforderung nahm ich dankend an. Ich steckte jedoch jeden morgen und Abend im Stau fest, was natürlich viel Sprit schluckte und ich wollte 200 Euro brutto mehr Gehalt und zeigte auf meine Erfolge. Mein Chef war für mich, aber die Personalabteilung nicht.
Die Projekte wurden abgeschlossen und es war wirklich fast nichts zu tun. Ich wechselte den Job und bekam 700 Euro mehr Gehalt. War ich zufrieden? Nein! Ich merkte, dass ich sofort überfordert war und dachte, dass es an der Langeweile lag. Ich kam aber nicht mehr rein. Mein alter AG nahm mich mit offenen Armen auf und bekam sogar plötzlich 150 Euro mehr. Aber weniger als zuvor.
Wie dem auch sei fragte mich mein Vater Ende 2019, ob ich zu ihm kommen möchte. Er schafft in einer komplett anderen Branche. Ich dachte mir, wieso nicht. Ich probiere es.
Es fing sehr gut an und konnte auch eigene Erfolge aufstellen. Auch wenn die Zahlen 2023 gefallen sind, war es dennoch gut.
Ich wohne mit meiner Frau, die auch als stellv. Stationsleitung gut verdient, in der abbezahlten Eigentumswohnung meiner Eltern und zahle quasi nur die Umlagen. Meine Eltern leben in ihrem abbezahlten Haus mit meinem Bruder zusammen.
Ich arbeite nie 8h durch, so viel Arbeit haben wir nicht. An manchen Tagen arbeite ich sogar nur ein paar Stunden und denke mir, dass ich viel mehr machen könnte, aber wie? Seit dieser langen Langeweilezeit ist mir fast jede neue große Herausforderung zu viel.
Für mich ist es auch anstrengend Geschäftsreisen zu unternehmen. Mein Vater hingegen liebt es und ist vom Charakter viel aufgeschlossener und gesprächiger. Auch in seiner Freizeit redet er viel und gerne über die Arbeit mit seinen Freunden. Mittlerweile habe ich festgestellt, dass die Boomer gerne über die Arbeit reden. Oft bereut er es aber, dass er früher wenig Zeit für uns hatte und nun viele Krankheiten hat und dadurch auch verhindert ist.
Ich bin ihm trotzdem sehr dankbar, dass er unseren Wohlstand dadurch gesichert hat. Er ist für mich mein Vorbild und Held, dass er das alles geschafft hat. Als Migrantenkind wurde er damals mit 14 Jahren in Deutschland ohne Geld zurückgelassen und hat nie aufgegeben.
Das Einzige was ich an ihm kritisiere (habe ich ihm auch gesagt), dass er mich und meinen Bruder immer dazu gedrängt hat, Berufe zu machen, bei denen man auch viel Geld verdienen könnte. Ich interessierte mich immer sehr für Erdkunde, Geschichte und Religionen. Nur mit Spaß können man kein Geld verdienen meinte er. Bei meinem Bruder ähnlich, der sehr gerne Konditor werden wollte. Dort würde man wenig Geld verdienen.
In den letzten Jahren sind leider sehr viele Menschen im Umfeld gestorben oder stark erkrankt. Auch meine Frau hatte Gebärmutterhalskrebs, welcher zum Glück operiert werden konnte und aktuell am verheilen ist. Aber es macht ihr zu schaffen.
Auch bei meinem Vater merke ich, wie ihn die Selbstständigkeit krank gemacht hat. Er ist extrem vergesslich und oft durcheinander im Kopf, seine Krankheiten fördern es leider umso mehr. Ich merke bei mir selbst, wie er durch seine Hektik, Vergesslichkeit etc. mich ebenfalls total durcheinander bringt. Auch der Stress schafft einen, hatte oft schlaflose Nächte nach Reklamationen und das soll ich min. 30 Jahre noch machen?
Jetzt sind zwei sehr junge Menschen gestorben und haben Kinder zurückgelassen. Für mich stand fest, ich muss mehr Zeit mit meinen Liebsten verbringen.
Vor zwei Monaten stritt sich mein Vater mit seinem Geschäftspartner in der 2. Firma, bei der ich ebenfalls tätig bin, jedoch haben wir seit Jahren kein Gehalt bezogen, weil unser Ziel es war, die 2. Firma mit dem Partner aufzubauen.
Die Situation ist mittlerweile mehr oder weniger gelöst. Ende April werden beide getrennte Wege gehen. Ein ganz großer Verlust ist es eigentlich nicht für uns.
Und irgendwie war das der extreme Knackpunkt. Seit dem schlafe ich gar nicht mehr, habe extreme Stimmungsschwankungen. In einem Moment bin ich motiviert und sobald was negatives kommt total demotiviert, manchmal sogar kurz vorm Heulen. Habe 5 kg abgenommen, mache mir ständig Gedanken weil ich Angst habe, dass es in unserer Firma auch nicht mehr laufen könnte, obwohl es aktuell ganz gut läuft. Schaue jeden Tag auf die Uhr und merke, dass mir die Zeit wegrennt. Bin 9-10h auf der Arbeit, komme um 17:30 nach Hause, kochen und essen bin ich bei 19 Uhr. Was dann? Meinem Hobby nachgehen Zocken, Angeln oder Golfen? Freunde treffen?
Verbringe aktuell die Zeit nur noch mit meiner Frau, weil sie auch einfach die beste ist. Immer ein Gehör für mich und unterstützt mich.
- Ich habe Angst davor zu versagen, was werden die anderen Leute denken? War klar dass er nicht in die Fußstapfen treten kann.
- Ich habe Angst vor meiner Zukunft, obwohl ich nicht müsste. Habe mir bereits ein Polster aufbauen können und einen neuen Job werde ich definitiv finden, auch wenn dieser sicherlich nicht so gut bezahlt sein wird.
- Angst davor, meinen Vater zu enttäuschen, obwohl er immer wieder sagt, egal was er aktuell für die Firma macht, macht er für mich und ich muss immer zustimmen. Ich habe Angst ihm zu sagen, dass ich nicht wie er bin. Nicht so ehrgeizig bin was die Arbeit angeht und lieber weniger verdiene, aber dafür ruhiger leben möchte. Am Anfang meiner Karriere war das anders rum.
- Angst davor, gegebenenfalls im anderen Job auch nicht mehr glücklich zu werden, weil ich da auch schon seit über 4 Jahren raus bin
Versuche schon Hilfe zu suchen, habe bereits ein Buch durchgelesen und weitere bestellt bzw. angefangen. Heute habe ich ein Termin mit einem Karrierecoach, habe auch überlegt zum Psychologen zu gehen.
Ich weiß auch, dass viele Menschen es viel härter haben als ich. Die täglich für ihr Brot hart arbeiten und kämpfen müssen. Ich versuche mir immer wieder einzureden, worüber ich mir so extreme Gedanken mache, ich kann froh und glücklich eigentlich sein. Aber naja, leider komme ich nicht voran und es ist erst so heftig geworden nach dem Streit mit dem Partner. Unsere eigene Firma steht gut dar, aber wir müssen ständig wachsen und wachsen, nie ist Ruhe, immer mehr und mehr, sonst schlucken die Konkurrenten einen.
Es tut zumindest für den Moment gut, wenn ich mal aus der Seele schreiben kann. Vielleicht haben einige hier im Forum ähnliche Erfahrungen machen können.
LG!
ich bin 33 und bin seit einem Jahr mit meiner Frau (32) verheiratet. Wir kennen uns schon seit 8 Jahren und lebten seit 5 Jahren zusammen.
Mit 25 schloss ich mein Ingenieursstudium ab und wollte endlich arbeiten. Da ich kein Praktikum gemacht habe, weil ich im Betrieb vom Vater immer ausgeholfen habe, erwies sich die Suche nicht als ganz einfach. Aber nach ca. 4 Monaten hatte ich endlich meinen neuen Job. Ich schraubte meine Ansprüche niedriger und startete mit nur 3.100 Euro brutto als Objektleiter für Gewerbeimmobilien. Der Job machte mir sehr viel Spaß.
Nach 1,5 Jahren konnte ich viele Erfolge vorweisen, die bis dato keiner geschafft hatte. Mein Chef war sehr glücklich mit mir. Ich war sehr motiviert, arbeitete bis spät abends. Jede Herausforderung nahm ich dankend an. Ich steckte jedoch jeden morgen und Abend im Stau fest, was natürlich viel Sprit schluckte und ich wollte 200 Euro brutto mehr Gehalt und zeigte auf meine Erfolge. Mein Chef war für mich, aber die Personalabteilung nicht.
Die Projekte wurden abgeschlossen und es war wirklich fast nichts zu tun. Ich wechselte den Job und bekam 700 Euro mehr Gehalt. War ich zufrieden? Nein! Ich merkte, dass ich sofort überfordert war und dachte, dass es an der Langeweile lag. Ich kam aber nicht mehr rein. Mein alter AG nahm mich mit offenen Armen auf und bekam sogar plötzlich 150 Euro mehr. Aber weniger als zuvor.
Wie dem auch sei fragte mich mein Vater Ende 2019, ob ich zu ihm kommen möchte. Er schafft in einer komplett anderen Branche. Ich dachte mir, wieso nicht. Ich probiere es.
Es fing sehr gut an und konnte auch eigene Erfolge aufstellen. Auch wenn die Zahlen 2023 gefallen sind, war es dennoch gut.
Ich wohne mit meiner Frau, die auch als stellv. Stationsleitung gut verdient, in der abbezahlten Eigentumswohnung meiner Eltern und zahle quasi nur die Umlagen. Meine Eltern leben in ihrem abbezahlten Haus mit meinem Bruder zusammen.
Ich arbeite nie 8h durch, so viel Arbeit haben wir nicht. An manchen Tagen arbeite ich sogar nur ein paar Stunden und denke mir, dass ich viel mehr machen könnte, aber wie? Seit dieser langen Langeweilezeit ist mir fast jede neue große Herausforderung zu viel.
Für mich ist es auch anstrengend Geschäftsreisen zu unternehmen. Mein Vater hingegen liebt es und ist vom Charakter viel aufgeschlossener und gesprächiger. Auch in seiner Freizeit redet er viel und gerne über die Arbeit mit seinen Freunden. Mittlerweile habe ich festgestellt, dass die Boomer gerne über die Arbeit reden. Oft bereut er es aber, dass er früher wenig Zeit für uns hatte und nun viele Krankheiten hat und dadurch auch verhindert ist.
Ich bin ihm trotzdem sehr dankbar, dass er unseren Wohlstand dadurch gesichert hat. Er ist für mich mein Vorbild und Held, dass er das alles geschafft hat. Als Migrantenkind wurde er damals mit 14 Jahren in Deutschland ohne Geld zurückgelassen und hat nie aufgegeben.
Das Einzige was ich an ihm kritisiere (habe ich ihm auch gesagt), dass er mich und meinen Bruder immer dazu gedrängt hat, Berufe zu machen, bei denen man auch viel Geld verdienen könnte. Ich interessierte mich immer sehr für Erdkunde, Geschichte und Religionen. Nur mit Spaß können man kein Geld verdienen meinte er. Bei meinem Bruder ähnlich, der sehr gerne Konditor werden wollte. Dort würde man wenig Geld verdienen.
In den letzten Jahren sind leider sehr viele Menschen im Umfeld gestorben oder stark erkrankt. Auch meine Frau hatte Gebärmutterhalskrebs, welcher zum Glück operiert werden konnte und aktuell am verheilen ist. Aber es macht ihr zu schaffen.
Auch bei meinem Vater merke ich, wie ihn die Selbstständigkeit krank gemacht hat. Er ist extrem vergesslich und oft durcheinander im Kopf, seine Krankheiten fördern es leider umso mehr. Ich merke bei mir selbst, wie er durch seine Hektik, Vergesslichkeit etc. mich ebenfalls total durcheinander bringt. Auch der Stress schafft einen, hatte oft schlaflose Nächte nach Reklamationen und das soll ich min. 30 Jahre noch machen?
Jetzt sind zwei sehr junge Menschen gestorben und haben Kinder zurückgelassen. Für mich stand fest, ich muss mehr Zeit mit meinen Liebsten verbringen.
Vor zwei Monaten stritt sich mein Vater mit seinem Geschäftspartner in der 2. Firma, bei der ich ebenfalls tätig bin, jedoch haben wir seit Jahren kein Gehalt bezogen, weil unser Ziel es war, die 2. Firma mit dem Partner aufzubauen.
Die Situation ist mittlerweile mehr oder weniger gelöst. Ende April werden beide getrennte Wege gehen. Ein ganz großer Verlust ist es eigentlich nicht für uns.
Und irgendwie war das der extreme Knackpunkt. Seit dem schlafe ich gar nicht mehr, habe extreme Stimmungsschwankungen. In einem Moment bin ich motiviert und sobald was negatives kommt total demotiviert, manchmal sogar kurz vorm Heulen. Habe 5 kg abgenommen, mache mir ständig Gedanken weil ich Angst habe, dass es in unserer Firma auch nicht mehr laufen könnte, obwohl es aktuell ganz gut läuft. Schaue jeden Tag auf die Uhr und merke, dass mir die Zeit wegrennt. Bin 9-10h auf der Arbeit, komme um 17:30 nach Hause, kochen und essen bin ich bei 19 Uhr. Was dann? Meinem Hobby nachgehen Zocken, Angeln oder Golfen? Freunde treffen?
Verbringe aktuell die Zeit nur noch mit meiner Frau, weil sie auch einfach die beste ist. Immer ein Gehör für mich und unterstützt mich.
- Ich habe Angst davor zu versagen, was werden die anderen Leute denken? War klar dass er nicht in die Fußstapfen treten kann.
- Ich habe Angst vor meiner Zukunft, obwohl ich nicht müsste. Habe mir bereits ein Polster aufbauen können und einen neuen Job werde ich definitiv finden, auch wenn dieser sicherlich nicht so gut bezahlt sein wird.
- Angst davor, meinen Vater zu enttäuschen, obwohl er immer wieder sagt, egal was er aktuell für die Firma macht, macht er für mich und ich muss immer zustimmen. Ich habe Angst ihm zu sagen, dass ich nicht wie er bin. Nicht so ehrgeizig bin was die Arbeit angeht und lieber weniger verdiene, aber dafür ruhiger leben möchte. Am Anfang meiner Karriere war das anders rum.
- Angst davor, gegebenenfalls im anderen Job auch nicht mehr glücklich zu werden, weil ich da auch schon seit über 4 Jahren raus bin
Versuche schon Hilfe zu suchen, habe bereits ein Buch durchgelesen und weitere bestellt bzw. angefangen. Heute habe ich ein Termin mit einem Karrierecoach, habe auch überlegt zum Psychologen zu gehen.
Ich weiß auch, dass viele Menschen es viel härter haben als ich. Die täglich für ihr Brot hart arbeiten und kämpfen müssen. Ich versuche mir immer wieder einzureden, worüber ich mir so extreme Gedanken mache, ich kann froh und glücklich eigentlich sein. Aber naja, leider komme ich nicht voran und es ist erst so heftig geworden nach dem Streit mit dem Partner. Unsere eigene Firma steht gut dar, aber wir müssen ständig wachsen und wachsen, nie ist Ruhe, immer mehr und mehr, sonst schlucken die Konkurrenten einen.
Es tut zumindest für den Moment gut, wenn ich mal aus der Seele schreiben kann. Vielleicht haben einige hier im Forum ähnliche Erfahrungen machen können.
LG!
10.04.2024 10:38 • • 11.04.2024 #1
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