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Hallo,
ich bin mir nicht sicher, ob ich diesen Beitrag an die richtige Stelle in diesem Forum setze - falls nicht, bitte entschuldigt.

Schon immer hatte ich wiederkehrende Phasen von ständiger innerer Unruhe. Ich erinnere mich auch daran wie ich oft als Kind zu meinen Eltern gekommen bin und verzweifelt versucht habe zu erklären, dass ich ein seltsames Schuldgefühl und Angstgefühl habe, aber ich nicht weiß warum. (Das hat bestimmt auch etwas mit meiner Kindheit zu tun keine Frage) allerdings habe ich dieses Gefühl dann eine Zeit lang nicht mehr gehabt, aber seit etwa 2 Jahren tritt es wellenartig sehr intensiv auf. Man muss dazu sagen, dass bei mir Extrasystolen und Tachykardie festgestellt wurden. Das macht es nicht unbedingt leichter zu unterscheiden was Angst und was “normale Fehlfunktion” ist. Mein schneller Puls macht mich wahnsinnig. Ich kann oft deshalb nicht stillhalten oder einschlafen. Ich habe dann ein Druckgefühl auf der Brust und es ist so als könnte ich schon atmen, aber nur sehr sehr stickige Luft. Mir wird oft schwindlig und flau im Magen. Vor allem in wirklichen Angstsituationen. In Therapie war ich bereits, weil der Therapeut allerdings nicht sonderlich kompetent erschien hab ich sie nicht verlängert. Ich nehme Bupropion morgens (300mg) und Quetiapin (150mg) abends. Ein großer Grund ist wahrscheinlich, dass ich mich von Gefühlen anderer nicht abgrenzen kann. Wenn ich Probleme und Streit in meiner Beziehung habe macht mich das total fertig und ich zerdenke alles. Generell zerdenke ich alles. Ich will wirklich, dass das aufhört. Hat irgendwer Tipps wie man sich davon abgrenzt oder wie man Gedanken effizient umleitet? Irgendein Mantra oder keine Ahnung. Atemübungen helfen eben auch nur bedingt und es soll langfristig helfen. Ich wäre jedenfalls sehr dankbar.

Liebe Grüße!

06.02.2023 19:04 • 08.02.2023 #1


6 Antworten ↓


Oh ich würde dir gern helfen, aber ich kann nicht alles nachvollziehen.
Zur Ablenkung vielleicht ein Tipp um deine Gedanken umzuleiten. Schreibe deine derzeitigen Gedanken einfach auf. Es geht darum, deine schnellen Gedanken durch das etwas langsamer schreiben zu bremsen. Funktioniert bei mir sehr gut. Lesen fällt einem schwer, weil man sich schnell ablenken lässt. Außerdem zähle ich z.B. häkel ich einfach von links nach rechts und zähle die Maschen. (mehr häkeln als von links nach rechts kann ich auch nicht ) Am Tage kann man gut Poller, Bäume, Gartenbänke oder Menschen zählen. ( Da ich auch schon Angstattacken auf einen Spaziergang hatte, allerdings eine Therapeutin dabei war, lernte ich direkt, wie ich mich durch das zählen ablenke)

Atemübungen sind bei mir nicht so wirkungsvoll, was nicht heißen soll, das es nicht funktioniert.
In richtigen Stresssituationen schaffe ich es nicht mehr.
Wünsche dir gute Besserung erst einmal

A


Ich zerdenke alles / habe Schuldgfühle - welche Angst?

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Ich verstehe dich gut. Hin und wieder habe ich auch eine unbeschreibliche innere Unruhe und habe Angst, weiß aber nicht immer ganz wovor. Entspannungübungen helfen bei mir au h nur sehr bedingt. Ich habe gelernt, dass ich bei Herzrasen körperlich aktiv werden soll. Klar, ich kenne diesen Herzrasen vor allem Abends, wenn du eigentlich schlafen möchtest. Mir hilft es manchmal dann einfach zu tanzen, zu springen oder die Angst einfach wegzuschütteln. Nutze die Energie, die du in dir hast und mache etwas, bei dem man üblicherweise einen höheren Puls hat. Auch nachts

Hallo und willkommen,

Zitat von Ameneurosis:
Ich erinnere mich auch daran wie ich oft als Kind zu meinen Eltern gekommen bin und verzweifelt versucht habe zu erklären, dass ich ein seltsames Schuldgefühl und Angstgefühl habe, aber ich nicht weiß warum. (Das hat bestimmt auch etwas mit meiner Kindheit zu tun keine Frage) allerdings habe ich dieses Gefühl dann eine Zeit lang nicht mehr gehabt, aber seit etwa 2 Jahren tritt es wellenartig sehr intensiv auf.

Schuldgefühle im Kinder- und Jugendalter sind m. E. häufig und nur selten werden sie angesprochen, noch seltener ernstgenommen und nahezu nie bearbeitet. Doch für den Betroffenen ist ständig erlebte Schuld wirklich etwas sehr schlimmes. Mir ging es ähnlich über viele junge Jahre lang. Irgendwann habe ich die Schnauze voll gehabt. Ich wollte leben! Da sagte ich mit ca. 14 mal zu mir: Es ist mir egal, dann ich bin ich halt schuldig! Ich stehe dazu - aus! Lustigerweise war das dann für viele Jahre vorbei.

Erst als es wirklich mal später zu Themen kam, wo eine gewisse Scham oder gar Verantwortung meinerseits halbwegs angebracht war, erinnerte ich mich an diese lange Angstphase in der Kindheit und konnte sie erst dann, im Nachhinein, weitgehend verstehen und ad acta legen.

Zitat von Ameneurosis:
Wenn ich Probleme und Streit in meiner Beziehung habe macht mich das total fertig und ich zerdenke alles. Generell zerdenke ich alles.

Viele Menschen zerdenken lieber statt dass sie aussprechen. Meiner Meinung nach ein großer Fehler.

Zitat von Ameneurosis:
Ich will wirklich, dass das aufhört. Hat irgendwer Tipps wie man sich davon abgrenzt oder wie man Gedanken effizient umleitet?

Ich würde das Sprachvisier hochklappen und sofort sagen, welche Bedenken Du hast. Ganz egal, um was es sich handelt und ob Du zu Deinen Bedenken stehst oder nicht. Sprich es aus. Sprich Dich aus! Wer spricht, wird wahrgenommen und vielleicht ganz anders, als bisher.

Als Metapher für Deinen Denken-statt-Sprechen-Automatismus kannst Du Dir vor Augen halten, dass es Deine bisher einstudierte Variante der Lebensmeisterung darstellt. Und zwar genau deswegen, weil Du damals (in der Kindheit) erfahren hast, dass Dich eh niemand versteht (mit Deinen Ängsten und Schuldgefühlen).

Sprich! Schreibe! Zeige Dich Dir!

PS: Bupropion und Quetiapin sind ja nicht ganz ohne in Deinem Alter. Wie lange nimmst Du die schon und war derjenige, der Dir die verschrieben hat, Deiner Meinung nach kompetent? (Metapher: Schluckst Du auch hier (lieber) als Dich rauszulassen?)

@moo @Kikineeds @Antji

Vielen Dank erstmal für eure ausführlichen Antworten!

Tatsächlich habe ich es mir abgewöhnt alles in mich hinein zu fressen. Auch weil ich mich denke ich ganz gut ausdrücken kann. Meine Freundin sagt schon immer, dass ich alles zerreden würde. Manchmal ist etliche Male darüber zu reden eben auch nicht die Lösung. Oft habe ich dann nämlich das Gefühl es würde sich somit nur verfestigen. Es gibt ja Menschen die es brauchen, dass man ihnen einfach nur zuhört. Das ist bei mir nicht der Fall. Wenn ich mit etwas was mich belastet an jemanden herantrete erzähle ich sehr analytisch was der Sachverhalt ist und ab welchem Punkt ich nicht mehr weiter weiß. Bei Selbstvorwürfen und Zweifel bettle ich förmlich, dass mir bitte irgendwer ein treffendes Gegenargumet gibt, dass meine innere Stimme überzeugt. Nur irgendwie scheine ich viel zu häufig alles widerlegen zu können. Nicht mit Verallgemeinerungen, sondern mit realen Beispielen. Egal wie lösungsorientiert ich bin - Es ist nicht so einfach gegen mich selbst zu diskutieren, deshalb endet es meistens nur mit einem inneren Mantra „alles ist/wird gut“. Mich von außen überzeugen zu lassen kann ich natürlich auch nicht erwarten.

Das Problem selbst an der Wurzel anzupacken funktioniert also nur bedingt. Ich habe bereits eine Überweisung für die Psychotherapie und für einen Psychiater, aber bekomme keinen Termin. Über den Bereitschaftsdienst hab ich (weil sie dazu verpflichtet sind) einen Termin bekommen, den konnte ich mir aber nicht aussuchen und ihn nicht wahrnehmen, weil ich zu der Zeit arbeiten musste. Toll also.
Allgemein ist es ein ziemlicher Teufelskreislauf. Ich studiere Architektur in Nürnberg und arbeite nebenbei. Das allein ist schon schwierig unter einen Hut zu bekommen und durch das zeitintensive Studium hab ich sowieso nur selten Freizeit. Im Gegenteil ich mache sogar Nachtschichten. Also wäre Therapie so wichtig wie es ist, ein zusätzlicher Stressfaktor, den ich wohl oder übel in Kauf nehmen muss.
Sobald ich eine habe möchte ich die Dosierung verringern und die Tabletten sanft absetzen, wobei ich davor wirklich Angst habe.

Mein größtes Problem ist aber wirklich das Abgrenzen. Ich komme mir vor wie ein klebriger Ball und am Ende des Tages kleben alle Emotionen sämtlicher Menschen an mir. Empathie tut wirklich weh. Wenn meine Chefin oder meine Freundin sich wütend über irgendetwas aufregen ist das schwer zu ertragen, obwohl es ja nichts mit mir zu tun hat. Ich weiß auch, dass das aus meiner Kindheit kommt, und weiter? Mehr als mir innerlich zu sagen „das hat nichts mit dir zu tun“ kann ich nicht machen. Noch schlimmer ist es wenn ich dann wirklich verantwortlich bin oder es Streit gibt. Das ist ein Knoten im Magen, den ich ewig mit mir rumschleppe. Das zu kommunizieren hilft auch nicht wirklich. Eine worst-case-Situation ist dann zb dass wir Streiten und meine Freundin am Ende für mich da sein muss, weil ich nicht klarkomme. So als würde ich immer die Opferkarte spielen und das ist maximal unangenehm.

Was ist also wenn reden nicht mehr hilft; und atmen und Sport mich nicht weiterbringt?

@Ameneurosis Zu der Therapie habe ich noch eine Idee. Du kannst dich telefonisch an deine Krankenkasse wenden, diese bitten, dir eine Therapeutin in deiner Nähe zu finden. Ich selbst habe das vor 4 Wochen gemacht und habe nächste Woche meinen ersten Termin bei einer Psychotherapeutin. Allerdings wird es, bis auf die 1.Sitzung, online stattfinden. Keine Ahnung o mir das liegt, aber ich versuche es. Entscheidend wird sowieso das 1. Treffen sein, ob die Chemie stimmt. Mehrmals fahren möchte ich auch nicht, das sie knapp 40 min weit weg wohnt. Diesen Kompromiss musste ich eingehen. In unserer Stadt gibt es zwar etliche Psychotherapeuten, aber Termine bis zu einem Jahr Wartezeit. Vielleicht wäre das noch eine Alternative für dich.

Ich habe mir erst heute Nachmittag eine Liste für den Notfall erstellt, diese füge ich gleich mal mit ein.
Einen schönen Abend noch oder Gute Nacht

- raus gehen mit meinem Hund
- sich mit jemandem unterhalten, natürlich nur über ein nette Themen, evtl. telefonisch oder persönlich
- Körperlich aktiv werden
- angenehme Musik hören
- schreiben, Tagebuch o.ä., positives vom Tag notieren
- schöne Naturbilder ansehen
- Tee trinken
- Sport - laufen, rudern
- singen
- kalt duschen
- Kühlpads auf die Unterarme legen
- Diät, einfach weniger essen, nicht süßes- kein Zucker, kein Weizenmehl, was essen, was man ich liebe
- Trickfilme zur Entspannung
- richtig atmen
- zählen, z.B. Maschen beim Häkeln zählen....
- meditieren lernen
- PMR zur Nacht
- Fachbücher/ Wissenschaftliche Berichte Psychologie lesen

Zitat von Ameneurosis:
Mein größtes Problem ist aber wirklich das Abgrenzen.

Hierzu habe ich mal ein paar längere Beiträge geschrieben. Bei Interesse...erfolgserlebnisse-f59/sammelthread-kontemplationen-fuer-individuelle-probleme-t107790-20.html#p2386310

Zitat von Ameneurosis:
Mehr als mir innerlich zu sagen „das hat nichts mit dir zu tun“ kann ich nicht machen.

Dieser Spruch funktioniert nicht, denn er trifft halt auch nicht zu. Natürlich hat es mir Dir zu tun, denn Du bist es, die diesem Sinneskontakt Aufmerksamkeit schenkt. Du vermeinst es, machst es zu Meinem und somit zu einem Teil Deines Erlebens.

Ich nenne das gerne ganz simpel Verstrickung. Man löst sie auf (sofern man wirklich will... ) indem man das Muster und die einzelnen Komponenten erkennt: Warum dieses, woher rührt jenes, wo begann was? usw.

Dieses Erkennen löst den Griff, die Vermeinung.

Zitat von Ameneurosis:
Mich von außen überzeugen zu lassen kann ich natürlich auch nicht erwarten.

Warum nicht? Ist es nicht crazy: Du nimmst Dir jeden Mist von außen zu Herzen, aber Lösungen dürfen von außen nicht kommen...

Zitat von Ameneurosis:
Bei Selbstvorwürfen und Zweifel bettle ich förmlich, dass mir bitte irgendwer ein treffendes Gegenargumet gibt, das meine innere Stimme überzeugt. Nur irgendwie scheine ich viel zu häufig alles widerlegen zu können.

Du kannst es nicht nur widerlegen, Du willst es eigentlich.





Mira Weyer
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