da ich durch das Lesen hier mitbekommen habe, dass die meisten von euch in Behandlung sind oder waren, habe ich die große Hoffnung, dass ihr mir weiterhelfen könnt.
Ich würde gern Hilfe in Anspruch nehmen, weiß aber nicht, wer der richtige Ansprechpartner ist.
Ich muss vorwarnen. Der Text wird leider etwas länger und später unschön, aber ich denke das ist nötig um es beurteilen zu können, wie ich es angehe. Wenn jemand Probleme mit Gewaltschilderungen hat, den bitte ich nicht weiterzulesen. Ich habe mich bemüht nichts genaues zu schreiben, aber bisschen musste ich zum besseren Verstehen erwähnen.
Ich bin 37 und alleinerziehend mit einer Tochter.
Ich hatte in meiner Jugend schon Panikattacken ohne den Auslöser zu kennen. Beim Einkaufen oder inmitten vieler Menschen wurde mir schwindlig, ich bekam Herzrasen, Atemnot, einfach Panik.
Ich habe schon immer alles nur mit mir ausgemacht und verdrängt. Habe also entweder bestimmte Situationen vermieden (dadurch sicher auch viel im Leben verpasst) oder einfach Augen zu und durch. Die meisten Menschen kennen mich als immer gut gelaunt und nett.
In guten Phasen ging es mir auch mal lange Zeit gut.
Aber jetzt kann ich nicht mehr. Seit einigen Monaten geht es mir nicht mehr gut. Ich habe wieder Panikattacken. Aber nicht mehr wie früher, wenn es mir irgendwo unterwegs zu eng und zu viel wurde, sondern zu Hause.
Ich habe auf einmal Angst vor Krankheiten und achte ständig darauf ob ich irgendwelche Symptome habe. Ich habe plötzlich Angst vor Medikamenten, nehme nicht mal mehr Kopfschmerztabletten oder so. Aus Angst vor allergischen Reaktionen.
Ich habe eigentlich ständig Angst, dass ich sterben muss und mein Kind alleine ist.
Das wird immer schlimmer und ist eben zur Zeit so heftig, weswegen ich dringend was machen möchte.
Aber wohin geht man da? Psychotherapeut? Psychologe? Psychiater?
Ich habe auch viele von den häufig vorkommenden Ängsten, die zwar wohl unrealistisch sind, aber mit denen ich leben kann. Ich erwähne sie nur falls das für das Gesamtbild wichtig ist.
Das sind so verbreitete Sachen wie Höhenangst (Rolltreppen und Fahrstühle die den Blick nach unten frei geben bringen mich zum schwitzen und mir wird schwindlig usw. Über Brücken z.B. geh ich ungern und bekomme Magenschmerzen, wenn meine Tochter auf einer Brücke übers Geländer nach unten schaut. usw.), Angst vor Spinnen (Ich weiß die sind viel kleiner als ich und nützlich, aber ich fange trotzdem an zu schreien oder bleibe ton- und regungslos stehen vor Schreck, wenn unverhofft eine in mein Blickfeld gerät), wenn in der Bahn oder woanders so viele Menschen sind und es dadurch eng wird, wird mir übel und schwindlig und ich fange an zu zittern und habe Angst umzufallen.
Das sind aber alles Dinge, denen man aus dem Weg gehen kann. Ich habe schon gelesen, dass man da Verhaltenstherapie machen kann, aber ich weiß nicht, ob mich das in meiner momentanen Situation weiter bringt.
Ich habe jeden Tag Symptome, z.B.das Gefühl, das was im Hals steckt, was ich nicht runterschlucken kann. Ich schlucke und schlucke, aber das Einzige was ich bekomme sind Halsschmerzen.
Am Tag versuche ich mich abzulenken, aber immer klappt das nicht und es strengt auf Dauer an. Nachts geht gar nicht.
Wenn ich es trotz 3 Baldriantees nicht schaffe müde zu werden und unruhig bin, bekomme ich eine schlimme Panikattacke durch das Gefühl im Hals. Die hält manchmal über eine halbe Stunde an. Mich macht das langsam fertig.
Ich habe in meiner Vergangenheit auch einige negative Erlebnisse gehabt mit Personen denen ich Vertrauen geschenkt hab.
Meine Eltern haben sich scheiden lassen als ich 6 Jahre alt war. Mit 13 hatte ich meinen ersten Freund. Ich war richtig verliebt. Er war schon 16 und wollte mehr. Ich war völlig unerfahren (und wenn ich mein Wissen von damals mit dem meiner heute 11 jährigen Tochter vergleiche, echt unwissend und naiv). Er hat mich letzendlich von seinem besten Freund vergewaltigen lassen.
Erst seit 2 Jahren kann ich es auch so in Gedanken benennen. Vorher nannte ich es entjungfern lassen oder ersten Sex haben.
Er hat ihm noch geholfen mich auszuziehen und hat mich dann mit ihm alleine gelassen. Und hinterher hat er bei mir geklingelt und gefragt warum ich heule.
Ich habe mich danach natürlich nicht mehr mit ihm getroffen, aber wenn ich ihn in späteren Jahren mal gesehen habe normal gegrüsst wie einen alten Freund und hab auch freundliche Worte gewechselt. Wie ich oben schon schrieb meine Gute Laune Maske.
Vor ca.5 Jahren habe ich ihn auf einer Feier getroffen und nach ein paar für mich nicht so tollen Sprüchen ihn mal angefaucht, ob er weiß, was er mir angetan hat. Da hat er nur kurz bedröppelt geguckt und dann wieder grinsend achja, die entjungferungsgeschichte. Das hab ich ja komplett vergessen.
Seinen Freund musste ich zum Glück nie wieder sehen, da der kurz nach dem Vorfall mit seiner Familie weg gezogen ist.
Auch danach lernte ich sehr schnell, dass die meisten Jungs so drauf waren. Der Großteil war immer schnell wieder weg wenn ich nicht mitmachen wollte. Dann verliebte ich mich in einen. Mit ihm wurde ich auch intim. Ich war 14, er 18 und hatte nebenbei eine langjährige Beziehung, wie ich nach einiger Zeit mitbekam. Aber da war ich zu blöd und verliebt und hab das sogar akzeptiert. Auch dass er mich manchmal nicht gut behandelte und wenn er Lust auf eine andere hatte mich seinen Freunden überliess.
In einer Disco lernten wir einen schüchternen jungen Mann kennen und da mein Freund an dem Abend was anderes wollte, sagte er zu diesem Hier kannste haben.
Ich bin dann bei diesem geblieben und wir waren 5 Jahre ein Paar. Er war nie brutal oder komisch zu mir.
Als ich 18 war bin ich mit ihm zusammen gezogen. Da fingen die Panikattacken an. Mal in der Bahn auf dem Weg zur Lehrstelle, mal beim Einkaufen. An manchen Tagen habe ich es nicht geschafft aus dem Haus zu gehen, weil ich Angst hatte es könnte jemand auf mich schießen. Keine Ahnung wie ich zu solch irren Gedanken kam.
Dadurch habe ich unser Leben ziemlich eingeschränkt, weil ich nirgendwo mehr hin wollte und auch schlecht alleine bleiben konnte. Ich habe sehr geklammert und mich nur mit ihm sicher gefühlt.
An einem Morgen auf dem Weg zur Arbeit wurde mir schwindlig in der Bahn und als ich schwankend ausstieg hat eine Passantin einen Krankenwagen gerufen.
Ich war eine Woche in der Klinik. Ein Freund meines Freundes besuchte mich und sagte mir, dass mein Freund eine neue hat und sich es erst jetzt wo ich unter Aufsicht bin traut mir dieses mitzuteilen.
Ich habe meinen Freund angerufen, er hat es bestätigt.
Nach der Woche Krankenhaus war er schon ausgezogen.
Mit 20 lernte ich einen kennen, 10 Jahre älter, der recht schnell brutal wurde und innerhalb weniger Wochen dafür sorgte, dass ich meine Wohnung verlor. Ich zog dann zu ihm.
Es war schlimm. Er versprach mir mich nicht mehr zu schlagen, wenn ich ihn heirate, weil er dann keine Angst mehr haben müsste, dass ein anderer mich bekommen könnte. Und ich war immer noch blöd und naiv und habe es geglaubt.
Wir waren 3 Jahre verheiratet. Die Zeit war schrecklich. Aber ich hatte keine Angst mehr zu sterben, sondern hab mir manchmal gewünscht, dass er einmal zuviel zu schlägt oder zu lange würgt und es vorbei ist.
Ein Bekannter von mir und meine Mutter wollten mich mal dort raus holen. Wir waren schon dabei Sachen ins Auto zu tragen, da kam er plötzlich früher heim... Danach hab ich mich nicht wieder getraut zu gehen.
Der Bekannte gab mir seinen Wohnungsschlüssel, damit ich weg kann wenn ich will. Er selber war nur an den Wochenenden zu Hause. Den Schlüssel zu haben hat mich beruhigt. Aber genutzt habe ich das Angebot nie.
Ich habe nie die Polizei gerufen oder ihn angezeigt. Einmal riefen andere Leute die Polizei an und die blieben dann so lange da bis ich meine Sachen gepackt hatte und fuhren mich zu meinem Bekannten.
Ich blieb bei ihm. Er war 14 Jahre älter.
Die Zeit danach war ich sehr heftig drauf. Hab keine neuen Bekannte an mich ran gelassen und war selbst zu alten Freunden aggressiv. Ich begann mich selbst zu verletzen. Meinen Bekannten, der inzwischen mein Freund war, hat das verzweifeln lassen.
Als ich mit unserer Tochter schwanger war wurde er richtig sauer und drohte mir mich zu verlassen wenn ich mich nochmal schneide.
Da habe ich es nur noch sehr selten und an Stellen wo man es nicht gleich sieht gemacht.
Kurz vor der Geburt sind wir umgezogen. Ab da wurde alles gut. Mit der Geburt meiner Tochter hatte ich einen neuen Lebensinhalt. Seitdem die Kleine auf der Welt ist tue ich alles für sie. Und mir ging es lange Zeit richtig gut.
Die Beziehung ging allerdings in die Brüche als meine Tochter 6 Jahre alt war. Das tut mir schrecklich leid für sie, weil ich weiß wie schlimm das damals für mich war.
Da der Vater allerdings während der Woche eh nie da gewesen ist und inzwischen die Wochenenden vor dem PC verbrachte, war es keine allzu schlimme Umstellung. Trotzdem war ich da das erste Mal richtig allein und allein für alles verantwortlich.
Ich lernte dann einen kennen, der innerhalb weniger Wochen auch wieder brutal wurde.
Inzwischen war ich nicht mehr naiv und außerdem hatte ich ein Kind zu beschützen. Also zeigte ich ihn an. Was dann kam hätte ich nie erwartet.
Die Polizei warnte mich gleich, dass der Dro. nimmt. Ich hatte 6 Monate nur Terror. Mit Morddrohungen, Angriffen mitten in der Stadt. Im Einkaufszentrum verfolgte er mich bis aufs Damenklo, trat da die Tür ein und verpasste mir ein blaues Auge während ich mein Kind an der Hand hatte. (Sie kann sich zum Glück nicht mehr daran erinnern, hat eigentlich nur gute Erinnerung an ihn, aber unterbewusst wird das sicher noch in ihr stecken.)
Er bekam von der Polizei Verbot sich mir zu nähern. Es half alles nichts. Er stand immer wieder vor meiner Tür. Ich hab dann auf dem Gericht einen Antrag gestellt, dass er sich mir nicht mehr nähern darf.
An dem Abend vor der Gerichtsverhandlung kam er plötzlich über meinen Balkon geklettert. An diesem Abend dachte ich ich würde sterben. Seine Launen wechselten von Bettelei Bitte bitte mach das morgen nicht. zu Gewaltausbrüchen.
Meine Tochter schlief zum Glück schon, aber ich hatte nur noch Panik um sie und das mir was passiert.
Ich sagte, dass ich frische Luft bräuchte und bekam ihn dazu mit mir die Wohnung zu verlassen. Wenigstens weg vom Kind dachte ich. Nur wie wieder allein rein kommen? (Mein ganzer Körper verkrampft sich beim schreiben!)
Ich hatte Glück im Unglück und ein Polizeiauto fuhr vorbei. Er bekam Schiss und rannte weg mit der Ansage Ruf mich sofort an wenn du in der Wohnung bist..
Ich hab aber mein Kind aus dem Bett gezogen und bin zu meiner Nachbarin geflüchtet und habe die Polizei gerufen.
Am nächsten Tag dachte keiner, dass er kommt, aber er kam und wurde sofort nach der Verhandlung, wo er ein Kontaktverbot bekam, verhaftet und blieb 4 Monate in Untersuchungshaft bis es zur Verhandlung kam.
Es war krass dahin zu gehen und gegen ihn auszusagen, er und sein Anwalt dachten bis zuletzt ich verweigere die Aussage, da er mich als seine Verlobte bezeichnete und ich nicht hätte aussagen müssen.
Ich kann mich noch an das hasserfüllte Gesicht seines Anwaltes erinnern als ich die Frage des Richters, ob wir verlobt sind, verneinte.
Er bekam 4 Jahre, die er auch komplett absitzen musste. Meine Anwältin hat mir immer mitgeteilt, wenn er frühzeitige Entlassung beantragt hatte. Es wurde immer abgelehnt. Anfangs bekam ich Briefe, entweder durch andere Häftlinge oder sie wurden von wem auch immer in meinen Briefkasten gesteckt.
Meine Anwältin hat das dann geklärt, dass das keiner mehr machte.
Dieses Erlebnis hat mir dann komplett den Glaube an eine glückliche Partnerschaft genommen. Es soll wohl für mich nicht sein.
Ich weiß auch, dass ich mit meinen ganzen Ängsten nicht einfach bin. Aber mir schnürt es nunmal den Hals zu, wenn ich sehe wie jemand z.B.zuviel trinkt oder laut wird wenn er wütend oder gereizt ist. Ich hau bei sowas sofort ab.
Ich habe noch nie mit jemandem über diese Sachen geredet. Ich habe noch nie irgendwo Hilfe gesucht.
Ich würde sofort los heulen wenn ich darüber reden müsste.
Ich verdränge seit Jahren und denke ich kann damit leben. Hat bis jetzt auch immer geklappt. Gut, die Zeit als die 4 Jahre um waren, war ich unruhig.
Ich war umgezogen und sicher, dass er meine Tochter nicht mehr erkennt.
Er stand 3 Tage nach seiner Entlassung vor meiner Tür. Ich wusste es sofort als es plötzlich klingelte. Ich hab nicht aufgemacht. Als ich ihn weggehen sah, wusste ich aber, er kommt wieder, wenn ich jetzt nichts mache und dann ist vielleicht mein Kind nicht gerade in der Schule. Also bin ich auf den Balkon und er kam auch hinter dem Haus lang gucken.
Ich hab gefragt was er will. Er sagte seine Therapeutin in der Haft (Anti Aggressions Therapie) hat ihm gesagt er soll sich bei mir entschuldigen wenn ich das zu lasse.
Ich hab gesagt, dass es ok ist, aber mehr nicht. Er fragte wegen Kaffee trinken. Ich hab ihn weg geschickt. Während der ganzen Unterhaltung schaute er sich nervös um und fragte ob ich die Polizei angerufen habe.
Ich war dann noch ein paar Wochen nervös, aber es kam nichts mehr. Er hat soweit ich weiß ne Freundin.
Ich bin wieder umgezogen.
Und seit ein paar Monaten geht es mir immer schlechter.
Ob es daran liegt, dass meine Tochter bald 12 wird und ich merke wie sie immer selbständiger wird? Ich achte darauf mit wem sie sich trifft und habe ihr auch schon den Kontakt zu zwei Jungs aus ihrer Klasse untersagt. Noch lässt sie das zu und erzählt mir alles. Aber wie lange noch?
Ich möchte diese Panik in den Griff bekommen.
Was denkt ihr, wer ist für mich der richtige Ansprechpartner?
Muss ich die Sachen die passiert sind aufarbeiten? Bzw.bringt das was? Macht es das nicht alles noch schlimmer?
Meinen größten Respekt und vor allem ein herzliches Danke an alle, die diesen Roman gelesen haben und mir vielleicht helfen können.
LG Aryane
25.08.2016 22:12 • • 27.08.2016 #1