Willkommen im Club. Gleiches bei mir seit Jahren. Spontan angefangen begleitet mich der Mist bis heute. Wir haben einfach gar keine Gesprächsspontanität mehr. Viel mehr ist es so, dass wir uns innerlich (bis wir dran sind zu reden) unseren Masterplan schmieden und dieser dann meistens nicht so aufgeht wie geplant. Das Ganze entlädt sich dann in solchen Symptomen meistens schon zu Gesprächsbeginn. Ich hatte Phasen, da habe ich Situationen aktiv gemieden, da es eben so präsent war. Das Vergleichen nach oben kenne ich bestens. Umso höher oder unbekannter der Personenkreis, umso ausgeprägter die Anspannung. Ehrlich gesagt habe ich dies noch nicht zu 100% gelöscht aber beruflich wie privat stelle ich mich dem. Was mir tatsächlich geholfen hat (ich habe es selbst nicht geglaubt), war, die Karten auf den Tisch zu legen.
Beispiel: Ein sich unbekannter Personenkreis (privat, Fotokurs) stellt sich der Reihe nach vor. Ich war Person Nr. 4. Natürlich ausreichend Zeit für mich, wieder Befürchtungen, Perfektionismus (für wen eigentlich?), etc. aufzubauen. Als ich dran war, war mein erster Satz: Seht es mir nach, ich habe hin und wieder Probleme vor Gruppen zu sprechen. Das habe ich in Momenten, in denen ich nicht mehr flüchten konnte, schon öfter gesagt und die Reaktion war fortan immer positiv. Natürlich waren meine Aussagen (wie ich sie zuvor schön gedanklich angelegt hatte) nicht perfekt aber die Anspannung hat sich jedes Mal in Sekunden deutlich gelegt. Probleme sind nicht immer sichtbar aber wir leben in Zeiten des Verständnisses und der Akzeptanz und das sollte man dann auch für sich nutzen.
Beruflich stehen wir morgens an einer Art Wandboard und erzählen den Fortschritt unserer Aufgaben und verschieben diese auf dieser Wand in Kategorien wie To-Do, Fertig, etc. Das Ritual fällt mir nicht schwer, meistens nicht. Als ich mal mitbekommen habe, dass die Chefetage (großer Konzern) sich unsere Routine mal anschauen und begleiten wollte, wurde ich nervös. Ich wusste nicht wann, ich wusste nur, dass ich vor Höheren reden muss und das perfekt. Perfekt weil? Wahrscheinlich nur aus intrinsischen Gründen. Um positiv aufzufallen? Um positiv bewertet zu werden? Um im Kopf zu bleiben? Um im Unternehmen nach oben zu kommen? Um besser zu sein? Glücklicherweise ist es nie zu der Situation gekommen
Ich würde von mir behaupten, dass ich mich gerne und faktenbasiert austausche. Das hängt natürlich auch vom Gegenüber ab. Ich habe für gewöhnlich nicht das Problem Sachverhalte auszudrücken, anderen etwas zu erklären, Herleitungen darzustellen, dass auch jemand Außenstehendes diese schnell und sicher versteht. Ich lasse andere Meinungen zu, ich mag Austausch. Mit mir kann man reden. Über die Welt und darüber hinaus. Ein Problem aber bleibt bestehen: Umso wichtiger (beruflich) das Thema und umso höher der/die Gegenüber, umso unpräziser werde ich. Hier merke ich einfach, dass mir die Angst bzw. die Erwartungshaltung selbst jegliche Spontanität raubt. Ich finde nicht mehr die perfekten Worte, ich habe danach immer das Gefühl, wie ich es hätte besser sagen sollen. Das ist heute auch noch so und für mich fast der lästigste Punkt.
Ich entschuldige meinen kleinen Ich-Exkurs... vielleicht erkennst du dich in einigen Sachen davon wieder?
Ich hatte mal ein Gespräch mit einem Kollegen über dieses Thema. Er bestätigte mir, dass sein Herz wohl auch schneller schlägt in Gesprächsmomenten. Er hat gelernt alles lockerer zu sehen und sagte nur: Sei nicht angespannt, sondern gespannt auf das was da kommt. Keiner will dir etwas Böses.
Gründe tief in der Vergangenheit zu finden ... ja das kann man machen, aber das löst selten bis gar nicht die aktuelle Ausprägung und Problematik. Oft ist das Erlernen einer Neubewertung der einzige Schritt für langfristige Besserung.
08.02.2023 14:21 •
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