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T
Nun ist es wieder passiert: Der Vortrag ging den Bach runter.

Vor vielen Jahren habe ich erstmals mit Angstsymptomen auf eine berufliche Überlastung reagiert: Angst zu versagen, die Anforderungen nicht zu erfüllen, das Gefühl gehetzt zu werden, ständig mit unlösbaren Aufgaben konfrontiert zu sein. Das entwickelte sich bis in eine soziale Phobie hinein, bei der ich am Ende Panikattacken bekam, wenn ich nur an der Supermarktkasse gefragt wurde, ob ich Kleingeld habe.

Es entwickelte sich also aus zunächst tatsächlich sehr anspannenden Situationen in immer trivialere hinein, bis es am Ende auch das Privatleben und gänzlich unkritische Situationen erreicht und erfasst hatte. Aus heutiger Sicht habe ich viel zu spät reagiert, viel zu lange versucht, dem allein mit Verhaltensänderungen beizukommen - unwissend auch über Ursachen und Hintergründe.

Ich habe die hier so oft beschriebenen Flucht- und Vermeidungsstrategien entwickelt, habe Ausflüchte gesucht, bin spezifische Situationen umgangen. Da mein berufliches Umfeld keinerlei Ahnung vom Hintergrund hatte, waren auch die dortigen Reaktionen typisch: Unverständnis, Verdacht auf Faulheit, Drücken vor Aufgaben. Irgendwann gab es keinen Ausweg mehr als die Offenlegung der Hintergründe - ich war der du musst dich beweisen und du kannst alles Typ, der diese Erkrankung selbst als Schwäche auslegte und unter allen Umständen vor Anderen verbergen wollte. Ich hatte Karriere gemacht, wurde als Überflieger gesehen und konnte nichts weniger gebrauchen als eine Angsterkrankung. Aber - wie Sinatra in My Way sagt: I bit off more than I could chew. Ich konnte das mir selbst aufgeladene Päckchen nicht mehr tragen.

Ich erhielt damals erste Hilfe und Rat von anderen Menschen mit ähnlichen Erfahrungen. Web-Foren wie dieses gab es noch nicht, aber es gab das Internet und Diskussionsgruppen über andere Dienste. Dort erfuhr ich erstmals, dass ich nicht eine undefinierbare und höchst peinliche Störung habe, sondern dass viele - sehr viele - Menschen an ähnlichen Krankheiten leiden - oft mit vergleichbaren Auslösern, häufig in viel stärkerer Ausprägung und doch voller Mut und Zuversicht. Daher Dank an alle, die sich hier engagieren - die Erkenntnis des nicht allein Seins ist ein ganz wichtiger erster Schritt.

Nachdem ich dem Ding einen Namen geben konnte, konnte ich auch gezielt Hilfe suchen. Der Arbeitgeber reagierte verständnisvoll und setzte mich auf eine Position, in der mir der auslösende Druck genommen wurde. Medikamente blockierten die Panikattacken in spezifischen Situationen, ich habe sie zunächst dauerhaft (etwa zwei Monate lang), später situativ eingesetzt, denn sie beruhigten binnen weniger Stunden. Ich erinnere Namen und Wirkstoffgruppe des Medikamentes nicht mehr, aber es war effektiv. Es bestand Suchtgefahr, die ich jedoch nicht erfahren habe. Eine Therapie begleitete die nachfolgende Zeit - aus heutiger Sicht habe ich sie nicht als hilfreich empfunden, denn sie erschien mir erschreckend distanziert. Umstände wie Ja, lassen Sie uns mal für nächsten Monat einen Termin machen und Wir sehen uns dann nächste Woche wieder haben mich bei der Suche nach schneller Hilfe eher weiter in die Hilfslosigkeit geschoben. Damals jedoch war es dann doch gut, einmal von Angesicht zu Angesicht mit jemandem sprechen zu können, der die Erkrankung und ihre Ursachen versteht. Ich weiß nicht mehr genau, wie häufig ich dort war, aber als es besser ging, hörte ich damit auf. Die Erforschung des Einflusses des „kleinen Timo“ auf das Verhalten und die Psyche des heutigen Erwachsenen erschien mir „gaga“ - ich konnte keinen Bezug zu meiner Erkrankung erkennen und erst recht fehlte mir die rasche Hilfe, die ich suchte. Natürlich weiß ich und wusste ich auch damals, dass eine Angsterkrankung sich nicht übers Wochenende entwickelt und auch nicht übers Wochenende wieder verschwindet. Weiter scheint ja auch erwiesen, dass frühe Erfahrungen und Erlebnisse hier stark prägen und beeinflussen. Die konkrete Therapie jedoch machte mir den Eindruck, als würde in Leerstellen auf einem vorbereiteten Diagnoseblatt lediglich mein Name eingetragen – mir fehlte der Bezug zu meiner konkreten Situation und das ist wohl der eigentliche Grund, warum ich diesen Teil als nicht entscheidend für die spätere Besserung betrachte.

Besser ging es mir dann, weil:
- Die ursächliche Situation durch die Versetzung aufgelöst wurde
- Die Symptome durch das Medikament bekämpft wurden und dadurch – weil die Erfahrung der Panikattacken ausblieb – letztlich geringer wurden.

Wirklich weg waren die Symptome jedoch nie, eine Angst vor Situationen, in denen ich im Mittelpunkt stand, blieb. Damit konnte ich leben, denn erstens waren diese Situationen selten und zweitens merkte ich selbst, dass ich mich zwar lange im Vorfeld mit einer konkreten Situation befasse (typisches Redeangst-Verhalten also), aber die Symptome in der Situation selbst dann recht bald verschwinden und am Ende das Gefühl einer gut überstandenen Herausforderung überwiegt. Ich hab’s dann unter „Lampenfieber“ abgetan und konnte gut damit leben. Allerdings bin ich in die zweite Reihe abgetaucht, ich war nicht mehr der Überflieger, der Frontmann, der „Macher“, sondern ich stand hinter diesen Leuten, arbeitete ihnen zu. Heute glaube ich, dass das falsch war, denn ich wog mich in einer Pseudo-Sicherheit, die nicht für immer Schutz bieten konnte.

Es kann dann ganz schnell gehen und auf einmal steht man wieder in der ersten Reihe. Wo Vorträge früher die absolute Ausnahme sind, wurden sie auf einmal die Regel. Ich bin mit viel Skepsis und Angst an diese Sache herangegangen und habe erste Vorträge vor kleinen Gruppen gehalten – sehr nervös, aber gut vorbereitet. Der Erfolg hat mich beflügelt, niemand bemerkte meine Nervosität, es gab gutes Feedback. Ich traute mir mehr zu, die Gruppen wurden größer, später stand ich auf Veranstaltungsbühnen in Vortragsräumen. Ja, anfangs zitternd und haspelnd, trockener Mund und am Ende eines 1stündigen Vortrags total erschöpft, aber: auch das ging. Wer eine Angsterkrankung hat, erkennt die Symptome leichter auch bei anderen – ich habe gesehen und verstanden, dass Redeangst weit verbreitet ist und nicht nur ich, sondern die weitaus meisten Leute angespannt in einen freien Vortrag gehen.

Es ging wieder abwärts, als ich erstmals einen Vortrag halten musste, dessen Thema mir nur vage vertraut war. Die Angst zu versagen, als Depp dazustehen, der keine Rückfrage beantworten kann, schlug voll zu, fegte mich von der Bühne. Ich bekam kein Wort mehr heraus, musste den Vortrag abbrechen, mich setzen. 50 Augenpaare waren auf mich gerichtet, die Teilnehmer tuschelten untereinander, ansonsten herrschte Totenstille im Saal. Der Super-GAU! Zwar konnte ich später weitermachen, aber die Urängste der Folgen waren im vollen Umfang eingetreten: Reputationsverlust, Geringschätzung, Unverständnis. Erstmals machte ich die Erfahrung, dass diese maximale Auswirkung und Ursache der Ängste nicht nur ursächlich für die Panikattacke ist, sondern dass sich der Teufelskreis auch dahingehend fortsetzt, dass der befürchtete Effekt tatsächlich eintritt.

Im Folgenden hat sich diese Situation noch einige Male wiederholt – sämtlich bei kleineren Anlässen. Manchmal konnte ich rechtzeitig umlenken, einen anwesenden Kollegen einbeziehen bzw. das Wort noch rasch an ihn übergeben, bevor es mir gänzlich die Sprache verschlug. In solchen Situationen ist die Panikattacke nach zwei Minuten zu Ende und tritt im Verlauf des Anlasses auch nicht wieder auf. Ich kann mitmachen, auch wieder das Wort ergreifen und bin dann so locker und entspannt, wie ich mir das für den Beginn des Vortrags gewünscht hätte. Diesen Effekt empfinde ich als sehr interessant und zugleich unerklärlich. Andere Situationen wiederum gingen glücklich „über die Bühne“, sodass ich das tatsächliche Ursachenprinzip noch nicht wirklich durchschaut habe. Es hat aber unter anderem auch mit dem verfügbaren Raum zu tun. Eine große Bühne (=ein großer Raum) gibt mir Platz für Bewegungen, ich kann Präsentationsmedien wechseln, sitzen, stehen, gehen, kurz: In Bewegung bleiben. Wo das nicht geht, fühle ich mich „angenagelt“, ohne Fluchtweg, mit kurzer Distanz zum Zuhörer. Das verstärkt die Angst und löst die Panikattacke aus – soviel habe ich selbst herausgefunden.

Jetzt bin ich wieder da, wo es vor vielen Jahren begann. Ich schreibe dies zum einen, weil ich sicher bin, dass solche Berichte anderen helfen, zum richtigen Zeitpunkt die richtigen Schritte einzuleiten. Und zum anderen, um selbst nach Hilfe zu fragen, denn diesmal habe ich zumindest verstanden, dass Ausweichen, Vermeiden, Abwarten und Flüchten die Angst nicht bekämpfen, sondern im Gegenteil fördern. Nach ersten Recherchen in diesem Forum hat sich eine Menge getan auf dem Markt der Therapeuten und Medikamente. Ich hoffe, hier Hilfe zu finden, denn in meinem Umfeld wird das schwierig. Ein vom Hausarzt empfohlener Neurologe ließ mich wissen, dass wir gern im kommenden Frühjahr einen Termin vereinbaren können. Der Hausarzt sucht geeignete Mittelchen aus einem großen Buch heraus – viele Erfahrungen liegen hier nicht vor. Das lässt mich nach alternativen Wegen suchen, denn ich kann nicht gut ein halbes Jahr abwarten.
Meine Fragen:
- Wo gibt es Verzeichnisse von Psychotherapeuten, die diese konkrete Erkrankung (Redeangst, Logophobie) behandeln?
- Wird die betreffende Behandlung von der (gesetzlichen) Kasse getragen?
- Welche Mittel helfen kurzfristig, also direkt vor einem betreffenden Auftritt? Ich lese von Betablockern und Benzodiazepinen – was genau unterscheidet die und wer hat mit welchen gute Erfahrungen in ähnlicher Lage gemacht?
- Welche Mittel helfen langfristig, mindern also Symptome wie permanente Unruhe, Nicht-einschlafen-können wegen ständiger Beschäftigung mit dem Thema etc.?
Dank an alle, die bis hierher durchgehalten haben.
Viele Grüße
Timo

23.09.2010 13:38 • 21.11.2010 #1


12 Antworten ↓


G
Hallo Timo,

kenne ich sehr gut, was du schreibst.

Aber: Heute weiß ich, was ich in so einem Fall machen kann und muss: ehrlich sein. Das Vortäuschen von Kompetenz und Perfektion und der Glaube, man müsse den Zuhörern dies vortäuschen, sind - zumindest bei mir - die Ursache für die bodenlose Angst gewesen.

Heute würde ich in jedem Fall vorab ganz ehrlich sagen, dass ich mich in dem Thema noch nicht in der Tiefe auskenne, aber gerne über alles Auskunft geben werde, was ich dazu weiß.
Und das würde ich auch dann machen, wenn zu erwarten wäre, dass mein Vorgesetzter oder wer auch immer mir anschließend dafür die Hölle heiß machen wird.

Denn mit Offenheit kommt man bei Zuhörern immer besser an. Und vor sich selber steht man ebenfalls sauber da. Da braucht man dann auch keine Angst mehr zu haben, dass man auffliegt, entlarvt wird, blöd dasteht.

23.09.2010 20:05 • #2


A


Redeangst - Erfahrungen und Fragen

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Adler83
Absolute Zustimmung, GastB. Aus meinem Erleben: Riesiges Ego, riesige Träume, riesige Fassade. Angst, eiskalte Hände. Trotzdem drauf los - mit dem Versuch, die Fassade zu verkaufen. Keiner will's wissen. Zurecht. Warum? Weil: vielleicht Möglichkeiten, ABER kein realer Background vorhanden. Das lässt sich ja alles erarbeiten, wenn man das will. Dann: Tränen - die Realität lässt grüßen. Dann: Humor und die Lichter gehen wieder an. Und: Der Blick für das, was man trotzdem zu bieten hat. Ohne sich aufzublasen. Also: Etwas kleines annehmen, die Chancen, die sich bieten, nutzen, auch wenn man es gerne größer hätte. Tu was du kannst, aber sei, was du bist. Der Rest kann ja noch werden. Das eigene Licht(!) nicht unter den Scheffel stellen. ABER keine Fassade. Bringt nichts. Besser Herzlopfen als Herzrasen. Auch keine Fassade in der Liebe. Sinnlos. Oh Mann, oh Frau.

24.09.2010 09:42 • #3


P
Hallo,

ich habe dieses Problem auch. Entsprechende Verzeichnisse von spezialisierten Psychotherapeuten kenne ich keine, aber kleiner Tipp, http://www.c-d-k.de . Der Hauptunterschied zwischen Benzos und Betablockern besteht darin, dass erstere die Erregungsübertragung von Nervenzelle zu Nervenzelle abschwächen. Betablocker verhindern, dass best. Stresshormone am Herzen bzw. am Herzen und am Zwerchfell, je nach Typ, andocken. Also kurzum, sie verhindern, dass die körperlichen Angstsymptome stark werden. Ist rene Geschmacksache, was besser ist, da hilft nur ausprobieren. Ich hatte bislang keine Lust, die in der konkreten Situation einzusetzen, weil ich (sicherlich übertrieben) befürchtet habe, ich könnte dann zu stark gedämpft sein.

Trotzdem, lass Dich von irgendwelchen Nebenwirkungen oder dem Abhängigkeitspotential der Benzos nicht abschrecken, ich weiß von Angstpatienten, bei denen es den Durchbruch ermöglicht hat. Das Ganze ist ab einem bestimmten Grad eine anerkannte Krankheit, die Behandlungskosten werden von der Krankenkasse übernomen, das dürfte nicht das Problem sein. Langfristig können bestimmte Antidepressiva erhebliche Linderung, zumindest Unterstützung bringen, so ging es mir zumindest.

Was GastB zum Thema Authentizität geschrieben hat, finde ich auch ganz wichtig, nicht nur im Zusammenhang mit diesem speziellen Problem, überhaupt wenn es um Selbstsicherheit etc. geht. Nur, genau bei Reden u.ä. gelingt es mir nicht so recht, das Ganze umzusetzen . Ich will einfach um jeden Preis souverän wirken. Ging das aber erstmal schief, hab ich mich während des Vortrags manchmal auch wieder beruhigt, nach dem Motto Ist der Ruf erst ruiniert,....

Grüße pc

24.09.2010 15:07 • #4


G
Zitat von panicchief:
Ich will einfach um jeden Preis souverän wirken.

Willst du souverän wirken oder souverän sein?

Schein oder Sein?

24.09.2010 15:52 • #5


P
Immer souverän sein, das wärs natürlich. Aber auch das Wissen, glaubhaft so tun zu können, kann beruhigen. Deshalb bekommt man ja bei entsprechenden Trainings Videoaufzeichnungen von sich zu sehen, um zu merken, dass die Angstreaktion gar nicht so stark sichtbar ist, wie man befürchtet. Von daher, fließender Übergang von Schein zu Sein , finde ich.

24.09.2010 16:04 • #6


G
wie man wirkt, ist die eine sache.

ob man tatsächlich souverän ist, eine andere.

die videos können sich nur auf die wirkung, also auf den schein beziehen.

wenn man nur so tun will, als ob, verbaut man sich mögkicherweise den zugang zu tatsächlicher souveränität.

ruhig wirken ist ein ansatz von außen: was sehen und denken die anderen über mich?

souveränität ist ein ansatz von innen: wie stehe ich zu dem thema? will ich wirklich über das thema sprechen? stehe ich hinter dem, was ich da sagen werde?
Wie stehe ich innerlich zum Publikum? empfinde ich es als freunde, feinde? als mir überlegen, unterlegen, ebenbürtig? nehme ich mich ernst?

24.09.2010 16:32 • #7


P
Natürlich sind es zwei Dinge und es ist problematisch, wenn sich jemand dessen nicht bewusst ist. Bei dieser Videoanalyse geht es gegenständlich schon um den Schein und die Außenwirkung, allerdings mit dem Ziel, eine realistischere Sicht davon zu entwickeln. Denn tatsächlich überschätzen viele das Ausmaß, in dem vorhandene Ängste von anderen wahrgenommen werden, mal von Extremfällen abgesehen (starkes Zittern, Umkippen usw.), was ja oft die bzw. eine Ursache der fehlenden Sicherheit in solchen Situationen ist.

Hat sich diese Erkenntnis erstmal eingestellt, ist das Ganze keine Frage des Scheins mehr, sondern wirkt direkt auf die innere oder Eigenwahrnehmung und kann einen tatsächlich souveräner machen. Im Idealfall zumindest ... In manchen etwas exotischeren Therapieformen gibts ja ähnliche Vorgehenweisen. Also dass man irgendwas erstmal ohne echte, innere Beteiligung spielt und das Ganze dann mit der Zeit in Fleisch und Blut übergehen soll.

Grüße pc

24.09.2010 19:37 • #8


T
Zunächst danke schön für die Antworten.

Souveränität wurde angesprochen. Ja, von innen habe ich die absolut. Ich kenne das jeweilige Thema als Experte. Die Leute sitzen dort, um von mir das Wissen zu erhalten. Das ist nicht die Ursache, es verstärkt aber den Effekt, wenn es mal einen Vortrag gibt, der von meinen Themen ein wenig fortführt, weiter gefasst ist. Ich habe das ja eingangs schon beschrieben, es war der Auslöser der ersten Panikattacke. Grundsätzlich ist es bei mir eher die Außenwirkung, dieser typische Zirkel von wirke ich souverän? über oh Mist, ich wirke nicht souverän bis hin zu das war's jetzt wohl. Die Panikattacke kommt gleich mit dem Start des Vortrags - manchmal lässt sie sich unter Kontrolle bringen, manchmal nicht. Ich sehe keinen für mich nachvollziehbaren Grund und das stresst mich am meisten, denn ich weiß nicht, wo ich ansetzen kann.

Ehrlich sein ist eine nachvollziehbare Entlastung - nur ist sie für mich leider keine Option. Zum Einen ist die Sicherheit im Thema ja nicht das Problem, zum Anderen verdiene ich mein Geld damit, Dritten definierte Themen vorzustellen. Da kann ich eingangs nicht gut sagen Hört Leute, eigentlich kenne ich das Thema auch nicht im Detail. oder Ihr zahlt hier für einen Vortrag, aber sorry - ich kann gerade nicht gut vortragen. Ich verstehe den Punkt, aber er ist in meiner Lage nicht anwendbar. Diese Sache packt mich an der Wurzel meiner Existenz - mit einer Redeangst, die sich auf immer kleinere Anlässe ausbreitet, verliere ich die Möglichkeit, meinen Beruf auszuüben und zugleich die Möglichkeit, mich für einen anderen zu bewerben, denn das bringt ja auch wieder die Situation des freien Vortrags - über mich selbst halt - mit sich. Es entsteht ein Gefühl der Ausweglosigkeit und das macht mir enorm zu schaffen.

Ich hoffe, dass ich dem Symptom kurzfristig mit entsprechender Medikation beikommen oder es wenigstens mildern kann, denn Therapien - so habe ich inzwischen herausgefunden - kommen gern mit Wartezeiten zwischen 2 und 3 *Quartalen* daher. Ich weiß, dass ich diese Hilfe brauche, aber sie ist nicht kurzfristig verfügbar.

27.09.2010 11:49 • #9


G
Hallo Timo,

solche starken Gefühle kommen aber nicht von ungefähr, sondern wollen dir etwas über dich mitteilen.

Vielleicht ist das gerade der Zweck deiner PAs, dass du diesen Beruf icht mehr ausüben kannst - oder musst? Als eine Möglichkeit. Gibt es da unten frunter etwas anderes, das gelebt werden will?

Momentan versuchst du mit allen Mitteln, dieses Angstgefühl wegzukriegen, zu unterdrücken, mundtot zu machen.

27.09.2010 15:38 • #10


M
Hallo ihr Lieben,

ich habe hier mal den Wunsch etwas loszuwerden, was mir in diesem Forum auch immer wieder auffällt...wohl bemerkt, dass ich mich selbst davon nicht ausschließe!

Zum einen werden hier Kindheitserlebnisse immer unterschätzt! Ich weiß wie schwierig es ist aktuelle Probleme mit der Kindheit in Verbindung zu bringen. Was ich aber nach jahrelanger Therapie deutlich sagen kann ist:
Wenn ich in einer aktuellen Situation übermäßig empfinde, dann ist es etwas Altes.

Wenn ich mich also für einen neuen Job vorstellen muss, dann ist es völlig natürlich, dass ich nervös und aufgeregt bin. Wenn ich aber Angst davor habe abgelehnt zu werden oder vor diesen Leuten nicht bestehen zu können...oder das Gefühl habe, dasss ich sowieso nicht gut genug bin, dann ist das der Situation nicht angemessen. Das sind dann Gefühle, die nur in der Situation ausgelöst werden, deren Entstehung und Ursache aber woanders zu suchen ist.

Die Auseinandersetzung mit dem inneren Kind ist also unumgänglich, um dauerhaft Heilung zu erfahren. Es ist wahrlich ein langer und teilweise schmerzlicher Prozess, aber es lohnt sich!
Ich verstehe den Wunsch die persönliche Symptomatik mit den neuesten Medikamenten unterdrücken zu wollen, um einwandfrei funktionieren zu können und die Fassade aufrecht erhalten zu können. Das mildert zwar die Symptome, aber nicht die Ursache...kann folglich also nicht für immer verschwinden!
So wie GastB schreibt, dass es wichtig ist auf seine Gefühle zu hören und mit ihnen zu arbeiten!

Ich finde auch, dass eine Therapie hier oft unterschätzt wird..oder es wird sofort aufgegeben,wenn es mit dem ersten Therapeuten nicht gleich klappt. Oder die Therapie wird ausgehalten und am Ende war der Therapeut nicht gut oder es hat nichts gebracht. Der tatsächliche Grund ist in vielen Fällen aber, dass die Leute keine wirkliche Bereitschaft mit in die Therapie bringen und vom Therapeuten erwarten schnell geheilt zu werden, ohne selbst viel dafür tun zu müssen..

Ich hoffe, dass meine Offenheit mir nicht übel genommen wird!
Liebe Grüße, Mara

28.09.2010 11:33 • #11


E
Mit deinen kompletten Beiträgen kann ich mich so gut identifizieren...

Bei mir geht es auch echt um die Wurst. Die Redeangst hindert mich daran, erfolgreich und glücklich zu sein.
Grad die Tatsache, dass es ja eigentlich eine Lächerlichkeit ist, Angst vorm Reden vor Leuten zu haben, das gibt mir zu Knacken.

Ich habe hier im Moment Alprazolam und Metoprolol als Betablocker liegen. Durch die Medikamente erfahre ich Linderung in Stresssituationen ,(habe auch Platzangst) wie zum Beispiel dem Beiwohnen einer Trauung im Standesamt. Sowas ist für mich echter Stress. Sitzen 50 Leute in einem engen Raum, die Tür wird geschlossen und es wäre sozial nicht verträglich, zu flüchten, dann baut sich bei mir Druck auf.
Zumindest in diesen Situationen konnte ich die Medikamente bisher ausprobieren und habe sie für gut befunden. Alltäglich will ich sowas nicht nehmen.

Vielleicht schreibst du mir ja (gern auch per pn) zurück, was du im Moment nimmst und wie du diese Medikamente genau einsetzt.

10.11.2010 07:44 • #12


N
Hallo zusammen,

ich finde mich auch exakt in Deinen Aussagen wieder,
estikei antwortete ich bereits in seinem Thread - vielleicht sollte man das mal zusammenlegen, da unsere Situationen recht ähnlich und in manchen Teilen identisch sind.

@Mara29
Du hast bestimmt recht mit deiner These, dass man die Ursachen in derKindheit suchen sollte. Aber selbst, wenn man sich mit seiner Kindheit auseinandersetzt und beispielsweise Erfolgsdruck von Kindesan hat etc. pp. und ganz klar sagen: Ja, ich weiß, ich wurde extrem unter Druck gesetzt - das ist mir bewusst und das sind bestimmt Ursachen für mein jetziges Empfinden...
Was hilft dieses Bewustsein und die Akzeptanz und kognitive Bewertung des eigenen Zustandes? Ich bin da ganz Deiner Meinung - die Kindheit ist bestimmt sehr wichtig und man sollte sich damit auseinandersetzen. Aber auch der Leistungsdruck im Beruf, der gesellschaftliche Druck (ich sag nur: Tendenz Burnout) sind in meinen Augen wichtige Faktoren.

@Timo30
Ich halte (in meinem Fall) nicht viel von Therapien oder Medikamentösen Lösungen, muss aber gestehen, dass ich auch keine besseren Vorschläge habe.
Eine Therapie kommt auch für mich nicht in Frage, da ein guter Therapeut, so meine ich, so schwer zu finden ist, wie eine Nadel im Heuhaufen und ich zu viele Negativ-Erlebnisse in diesem Bereich (Berührungspukte, Gespräche, nicht als Patient) mit diesen Berufsgruppen hatte. Einfühlungsvermögen, Empathie, Verständnis, Augenhöhe - das sind schon meist Dinge, die völlig gefehlt haben und die ich zwingend voraussetze, wenn mir jemand helfen soll/kann.

Hast du mittlerweile einen Weg gefunden? Nimmst Du spezielle Medikamente - und wenn ja, wie bist Du auf diese aufmerksam geworden?

Grüße
nonick

21.11.2010 12:21 • #13


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