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Hallo,

ich arbeite seit 16 Jahren in diversen Betrieben im Rechnungswesen. Meine jetzige Stelle habe ich seit Anfang 2006. Eigentlich war es von Anfang an eine traumhafte Stelle. Aber ich muss erst noch weiter ausholen.

In 1997 bin auch aus der Provinz in die Großstadt gegangen, weil es hier in dem strukturschwachen Gebiet nicht sonderlich viele Arbeitsplätze gibt. Da habe ich zwei Jahre in einer Firma als Buchhalter gearbeitet. War wie eine andere Welt. Durchschnittsalter um die 30, teilweise ziemlich gut aussehende Frauen, einige Akademiker und in einem internationalen Umfeld. Irgendwann wurde der Laden verkauft und ich hatte keine Lust mehr, mich da aufreiben zu lassen, weil ich nicht gefragt wurde, ob ich befördert werden wollte. Ständig kamen Leute von extern, die von Tuten und Blasen keine Ahnung hatten, und da ich mich nicht durchsetzen kann, hatte ich auch keinen Fürsprecher.

Dann, in 1999 kam ich in einen edlen kleinen japanischen Betrieb, indem alles nagelneu war. Wie im Paradies. Lauter Akademiker, alles sehr nobel und Geld schien keine Rolle zu spielen. Mein großer Fehler hat mich aber bis zum Ende verfolgt: Ich hätte problemlos 1000 - 2000 Mark pro Monat mehr verlangen können. Die Stelle hätte das hergegeben. Und da es aussichtslos war, mehr als 3% Lohnerhöhung pro Jahr zu bekommen, fühlte ich mich verkaspert und nicht für voll genommen. Ich kann nicht in einer Firma arbeiten, wo ungelernte Sekretärinnen mehr verdienen als ich. Und so habe ich gekündigt, weil mir schon eine Zeitarbeitsfirma mehr bot. Leider war das aber der größte Griff ins Klo. Es ging keine drei Monate gut und ich bekam eine Änderungskündigung. Kurz danach hatte ich komplett gekündigt.

Danach war ich vier Jahre in einem größeren Konzern in Leitender Stellung. Der Verdienst war so gut wie er in der japanischen Firma hätte sein können. Dummerweise fühlte ich mich da völlig deplaziert, weil ich nach einem Jahr gemerkt habe, dass mich keiner für voll nimmt. Ich war Leiter Controlling. Leider etwas weit weg von der Landeszentrale. Weil ich keine großartigen rhetorischen Fähigkeiten habe, hatte ich auch dort keinen Fürsprecher und habe nach einer betriebsbedingten Organisationsänderung einen Aufhebungsvertrag bekommen. Entscheidend für meinen Frust dort war meine Langeweile durch fehlende Auslastung. Es gab Tage, da war ich von morgens bis abends nur im Internet. Mindestens aber drei Stunden pro Tag. Ich kam in eine Situation, wo ich depressiv wurde durch Unterforderung. Das wurde mir erst Jahre später klar.

Jetzt kam ich zu der Stelle, wo ich heute noch bin. Da hat es drei Jahre gedauert, bis ich mich langweilte und mich im Internet rumtrieb. Natürlich habe ich nie meine Arbeit schleifenlassen und nie einen Termin verpasst. Was mich jetzt so frustriert, ist die Tatsache, dass mein Chef mich jedes Halbjahr mehr abwertet, weil er vorhat, mich loszuwerden. Das hört sich jetzt etwas billig an, es ist aber so, dass mein Arbeitsplatz wegen grundlegender Umstellungen ca. 60% seiner ursprünglichen Aufgaben an andere Arbeitsplätze, auch im Ausland, abgegeben hat. Ich langweile mich jetzt also fast so, wie zwischen 2003 und 2005. Zeitweise komme ich mir auch ausgebrannt vor. Ich bin nicht überfordert, sondern unterfordert und genau das führt dazu, dass ich für das bisschen, was ich machen soll, gar keine Lust mehr habe. Ich hasse mich zeitweise dafür. Andererseits suche ich seit Januar eine andere Stelle, mehr oder weniger intensiv. Meine Chancen stehen an sich gar nicht so schlecht.

Was auch noch eine Rolle spielt: Mein Chef hat von Anfang an gelogen. Die leitende Stelle stellt sich als Sachbearbeiterstelle heraus, ich habe immer weniger Mitspracherecht, was meine Mitarbeiterin betrifft und irgendwann wurden Levels eingeführt und ich stelle zufällig fest, dass meine angebliche Mitarbeiterin auf dem selben angesiedelt ist wie ich. Das Personalbüro in den USA meint, das dürfte eigentlich nicht sein, aber unternehmen tun sie auch nichts dagegen. Also Bossing vom feinsten.

Jetzt nehme ich seit März 2010 Citalopram gegen meine Unterforderungs-und-mangelnde-Anerkennungs-Depri und das hat dafür gesorgt, dass mir alles egal geworden ist. Manchmal denke ich, mir ist gar nicht klar, in welcher Situation ich bin. Ich habe ein Haus, eine Frau und zwei bis drei Kinder (zwei eigene und ein Stiefkind). Ich kann doch nicht so riskant leben und alles schleifen lassen. Auf der anderen Seite weiß ich was ich kann und suche eine Stelle, wo ich wirklich voll reinhauen kann und wirklich Chef bin. De facto verdiene ich heute noch fast genau das, was ich in 1999 schon hätte verdienen können. Manchmal weiß man eben nicht, dass man Glück hat und riskiert es leichtfertig. Meine Kündigung von vor zehn Jahren hat mir fast meine Karriere runiert, denn da könnte ich heute noch glücklich sein. (Obwohl: da war ich auch gelangweilt und
unterfordert, außerdem hätte ich kaum was gelernt dort)

Was meint ihr? Soll ich den Sprung nochmal wagen? Was ich mit meinem Thema sagen will, ist, dass ich einem Burnout bis jetzt dreimal zuvorgekommen bin, weil ich einfach die Zügel hängenlasse. Eine Überforderung habe ich noch nie erlebt. Aber ich weiß, dass ich das auch nicht unbeschadet überstehen würde. Aber ich kann mich eben super organisieren und Unmengen an Aufgaben abarbeiten. Nur komme ich mir so vor, als würde ich jedes Mal in ein Dilemma geraten. Ich werde irgendwann so produktiv, dass ich Starallüren anfange, die in Aufschieberei enden. Also nach dem Motto: Entweder Vollgas oder Standgas. Im Moment überwiegt das Standgas. Aber ich weiß, dass ein Wechsel mit 42 Jahren wahrscheinlich der letzte wäre.

Heilstrom

24.07.2011 20:21 • 26.07.2011 #1


22 Antworten ↓


Hallo Heilstrom ,

das , was du geschrieben hast , erinnert mich an meine eigene Geschichte.

Ich hatte so viele Ideen im Kopf . Was ich alles auf die Beine stellen könnte , was alles möglich ist , was man alles tun könnte , wie gut ich sein könnte , wenn man mich nur ließe , wie gut ich bin................................was ich alles kann , wie kraftvoll ich bin .

Ich wollte mich und meine Fähigkeiten unter Beweis stellen - dafür hatte ich schließlich jahrelang gelernt und geschuftet.

Und ich war großartig !!

Bis 2009 - danach brach eine Welt für mich zusammen.

Plötzlich wollte man meine Talente und Fähigkeiten nicht mehr in der Form , die ich bisher gewohnt war.
Wir bekamen neue Vorgesetzte und eine neue Konzeption. Eine Konzeption , in der ich nicht mehr das sein konnte , was ich an und für sich bin ( oder zu sein glaubte) .

Bisher war ich ein Schaffer , ein Macher . Und ich hatte verdammt gute Ideen ! Die ich bis dahin auch umsetzen durfte. Das hat mir Spaß gemacht , das war mein Leben.

Im September 2009 musste ich mich einreihen in so eine Art Ameisenstaat , in dem jeder dasselbe macht , aus dem es kein Ausbrechen mehr gab. Alle marschieren in die gleiche Richtung , niemand verlässt die Reihe , alle gleich getaktet.

Sogar die Art miteinander zu kommunizieren wurde vorgeschrieben. Ich musste mir meine Aufträge abholen oder zuteilen lassen , durfte meine Ration nicht mehr alleine bestimmen - ich durfte nicht mehr machen , als der Gruppengeist vorschrieb. Wehe , ich tanzte aus der Reihe !!

Es war geradezu absurd.

Alles , was ich bis dahin gelernt und getan hatte , war plötzlich nicht mehr wichtig , war wie weggewischt. Ich war nur noch eine Nummer von vielen Nummern.

Was noch (bei mir) dazukam , das war dieses überwältigende Gefühl , dass alles das , was ich vorher getan hatte , wofür ich mich vorher eingesetzt hatte , nicht mehr zählte.
Ich selbst hielt mich ja für eine gute und zuverlässige Leistungsträgerin ( was ich in gewisser Weise ja auch war).
Plötzlich schien das alles nichts mehr wert zu sein.
Ich sollte wie alle anderen sein.
UND !!! Ich sollte vor allen Dingen genauso sein wie der Faulste und der Schlechteste !
(Die gibt es ja in jedem Beruf).

Mein berufliches Weltbild stürzte über mir zusammen . Stell dir vor , du weißt , dass du gut bist und keiner will es haben . ...................................
Niemand erkennt es an , kein Mensch zollt dir dafür Anerkennung.

Das ist ein schreckliches , ein beängstigendes Gefühl. Zumindest mir macht das Angst.

Am Arbeitsplatz macht sich das als Enttäuschung und Bockigkeit bemerkbar , das fühlt sich an , als sei ich nicht mehr am Leben , als sei ich nicht mehr ich selbst , als dürfe ich nicht mehr ich sein.

Wenn man dann noch weggeschickt wird , nicht mehr gewollt wird , dann ist das ein ganz ganz schlimmes Gefühl. Denn alles , wofür man gelebt und gearbeitet hat , scheint nicht mehr zu existieren.

Das macht Angst . Es ist , glaube ich , eine existenzielle Angst.

Grüße

Frotzel

A


Burnout auf Raten oder Notbremse und Neuanfang?

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Hallo Frotzel,

ich finde mich auch in deiner Geschichte wieder. Ich für meinen Teil habe bereits innerlich gekündigt. Jetzt hoffe ich nur noch, dass ich woanders unterkomme. Gott sei Dank wird es einem heute ziemlich leicht gemacht, mal eben 50 Bewerbungen online wegzuschicken. Und die Konjunktur ist besser als meine nachlassende Jugendlichkeit.

Ich finde, der Mensch ist nicht dazu geschaffen, länger als fünf Jahre an ein und derselben Stelle zu malochen. Wir sind schließlich instinktiv immer noch Nomaden. Oder?

Grüße
Heilstrom

Hallo Heilstrom,

das mit den Nomaden mag so stimmen , vielleicht auch nicht.
Ich sehe mich eher so als Western-Lady mit dem Planwagen und der Lust auf Neues.
Etwas erschaffen , etwas schaffen.
Nicht einfach nur dasitzen und auf Anordnungen warten.
Auch mal das Gefühl haben dürfen eigene Ideen einzubringen , kreativ tätig sein.
Das darf man heutzutage scheinbar nicht mehr.
Eventuell übersteigt man da auch eine Norm , die sich andere ausgedacht haben ?
Immer dann , wenn ich mehr machen wollte , wurde ich zurückgepfiffen.
Sie schießen übers Ziel hinaus und überschreiten Ihre Kompetenzen , so hieß das dann.
Ich habe ja die Anderen nie in deren eigener Kompetenz beschnitten.
Ich hätte viel früher gehen müssen.
Ich habe zu lange gewartet.
Manchmal muss man einfach einen klaren Cut machen.


Frotzel

Hallo Frotzel,

bei mir hat es angefangen, als sich in 2009 andeutete, dass zu dem Mega-Projekt der SAP-Umstellung Leute abgeordnet wurden, die dafür viel weniger geeignet waren als ich. Ich muss dazu sagen, dass unser Standort nicht die Europa-Zentrale ist. Aber trotzdem kann man sich die Leute mal nach Potenzial aussuchen und nicht danach, wie gehorsam sie dem Chef gegenüber sind.

Und wenn ich mir da immer wieder ansehen muss, wie ewig lange da sinnlose meetings abgehalten werden, wo erstens kein Protokoll geführt wird, zweitens keine Verantwortlichen benannt werden und drittens auch kein überprüfbares Ziel verfolgt wird, dann wird mir einfach nur noch schlecht. Das endet dann meistens in elendigen Selbstdarstellungen: sieh mal, wie toll ich bin.

Ich bin ein Mensch, der hundert pro ergebnisorientiert ist. Aber was soll man tun, wenn man von lauter Laberköppen umgeben ist oder wenn die paar Gleichgesinnten viel zu schwach sind, um anderen Verantwortlichen mal auf die Füße zu treten.

Gestern kam ich mal wieder auf eine Seite, die ich seit längerem nicht mehr besucht hatte:

http://autismus-kultur.de/autismus/viel ... ierte.html

Da ist viel wahres dran. Wenn man all das vorher weiß, dann bleiben einem viele Irritationen erspart. Ich bin eindeutig introvertiert. Das hält mich aber nicht davon ab, den Extravertierten immer wieder genüsslich vorzuführen. Denn reden kann ich auch. Nur, nach der Meinung der Extravertierten steht mir das nicht zu, denn ich bin ja kein Laberkopp. Bislang hatte ich in allen Firmen das gleiche Problem. Ich bin der Ruhige, Nachdenkliche, und darf im Sandkasten derjenigen mit der großen Fresse nicht mitreden und -spielen. Es ist doch so, dass die allermeisten Leute, die wirklich Macht haben, nicht zu denjenigen gehören, die wirklich fachlich was drauf haben und Probleme lösen wollen. Gerade in amerikanischen Unternehmen muss eine möglichst imposante Show abgezogen werden. Die nachdenklichen Kollegen werden dann lieber als Nerds disqualifiziert.

Vielleicht ist unser Problem einfach nur dadurch zu lösen, dass wir uns durch angelerntes extravertiertes Verhalten eine Stelle mit dem entsprechenden Machtpotenzial erschleichen und dann durch Können zu beweisen, dass wir zu Recht das Sagen haben.

Und klar ist es auch nicht verwunderlich, dass die Gehorsamen und sonstigen Introvertierten mit mir auch nicht reden wollen. Denn die spüren insgeheim, dass ich mit den Anderen spielen will und lehnen mich dann auch ab. Wie oft habe ich schon versucht, wenigstens denen klarzumachen, dass sie mit lieb sein keinen Blumentopf gewinnen können.

Stell' dir mal vor: Bei meinem Chef gilt derjenige, der während des Projekts täglich 16 Stunden gearbeitet hat, alle sechs Wochen nach Amerika fliegt, jeden Tag 100 e-mails schreibt (!), ich weiß nicht, wieviele e-mails er dann erst kriegt, und sich zum Deppen für alle macht (besonders für Frauen) als tausendmal wertvoller als ich, der einfach dazwischenschlägt, wenn andere ihre Versprechen nicht einhalten oder irgendwas nicht so funktioniert, wie es sollte, obwohl die Lösung ganz einfach ist.

Ich habe nie länger als 50 Stunden pro Woche gearbeitet, weil für mich Überstunden nur was für Unfähige sind, die sich nicht organisieren können, oder die schlichtweg ausgebeutet werden, und irgendwann mit burn-out in der Ecke liegen.

Nein, danke! Für mich hat sich dieser Laden erledigt. Und ich bin voller Hoffnung, dass im nächsten Unternehmen alles besser wird. Denn gelernt habe ich eine Menge. Was man tun sollte und was besser nicht.

Ich glaube, wir sind da irgendwie auf einer Wellenlänge, oder?

Heilstrom (vom flow abgeleitet, der meine Energiequelle ist)

Hallo zusammen...

Burnout oder kein Burnout? Unterforderung? Schlechte Bezahlung? Keine Anerkennung? Bossing? Zu wenig Kohle?

Na, ich würde mal sagen: Wenn Euch die Karriere so wichtig ist - was gibt es denn dann zu fragen, oder zu überlegen?

Liebe Grüße

Marie

Marie,

so einfach ist es nicht. Meine Texte sind nie nur auf mich bezogen. Ich denke dabei an die Millionen Menschen, die nicht so einfach ihre Stelle wechseln können und ich kann es ja auch nicht mehr so einfach wie vor zehn Jahren.

Wer innerlich kündigt, der ist auch anfällig für burn-outs. Man muss nicht überarbeitet sein, um auszubrennen. Das gleiche passiert bei Demütigungen und mangelnder Anerkennung, nicht nur in Geld. Und wenn ich keine Möglichkeit hätte, meinen Arbeitgeber zu wechseln, weil ich mich zu sehr zum Fachidioten entwickelt hätte, dann wäre ich auch ein typisches burn-out-Opfer.

Was mich davon abhält, ist meine LMAA-Einstellung. Übrigens haben mir meine kleinen Pillen auch dazu verholfen.

Heilstrom

Zitat von Heilstrom:
Man muss nicht überarbeitet sein, um auszubrennen. Das gleiche passiert bei Demütigungen und mangelnder Anerkennung,


Das sehe ich anders. Das was du ansprichst, führt m.E. zu Demotivation oder Resignation.

Burn-Out heisst ja ausgeBRANNT, da brannte solange etwas (eigene Energie) bis nichts mehr übrig ist. Wie die berühmte Kerze, die von zwei Seiten brennt. Ob nun MIT Anerkennung oder OHNE.

Ein inneres Sich-Verabschieden vom Job, ist meist wohl eher mit einer selbst entschiedenen Reduktion von Arbeitsleistung (=Energie-Einsatz) verbunden und das kann ich eigentlich nicht als Burn-Out verstehen.

So seh' ich das.

Abgesehen davon, ist Burn-Out meines Wissens sowieso keine Definition von offizieller Seite und gilt nicht als regelrechte Diagnose.

LG
Capri

@Heilstrom,

wenn Du die kleinen Pillen nimmst und eine LMAA-Stimmung hast, wie willst Du denn dann in einem neuen Job durchstarten?

Bist Du in Therapie, oder kommt das für Dich nicht in Frage?

Ich denke schon, dass Du mit Deiner Kompetenz einen neuen Arbeitsplatz finden kannst... Vom Alter her allemal.... Es kommt natürlich auch auf die Ansprüche an. Was ist Dir denn lieber? Deine Gesundheit oder Geld?

Die letzte Frage würde ich mir zuerst stellen...

Gesundheit kann man für kein Geld dieser Welt kaufen...

LG

Marie

Zitat von Capricorn:
Ein inneres Sich-Verabschieden vom Job, ist meist wohl eher mit einer selbst entschiedenen Reduktion von Arbeitsleistung (=Energie-Einsatz) verbunden und das kann ich eigentlich nicht als Burn-Out verstehen.

Ok. Allerdings ist es bei mir so, dass ich mich nicht dazu entschieden habe, weniger Energie einzusetzen, sondern sie wurde quasi gegen meinen Willen reduziert, weil sich wohl mein Belohnungszentrum gedacht hat, das sei alles vergebene Liebesmüh'. Und wenn ich keinen seelischen Brennstoff finde, obwohl ich brennen will, dann ist das für mich im Prinzip dasselbe wie jemand, der überarbeitet ist und nicht mehr kann. Wenn ich nicht aus Erfahrung wüsste, wie ich brennen kann und welches Potenzial ich habe, könnte ich auch einfach glauben, ich wäre stinkfaul geworden und würde dann noch mehr unter der Situation leiden.

Eine längere Unterforderung im Zusammenhang mit fehlender Anerkennung muss nicht zu einem burn-out führen, ist aber anerkannte Ursache für eine Depression. Und ein burn-out kann entweder Auslöser oder Konsequenz einer Depression sein. Das ist kein Widerspruch.

Zitat:
Abgesehen davon, ist Burn-Out meines Wissens sowieso keine Definition von offizieller Seite und gilt nicht als regelrechte Diagnose.

LG
Capri

Ich glaube, das ist mittlerweile veraltet. Siehe oben.

Zitat von Marie van Klant:
@Heilstrom,

wenn Du die kleinen Pillen nimmst und eine LMAA-Stimmung hast, wie willst Du denn dann in einem neuen Job durchstarten?
Diese Frage ist durchaus berechtigt. Allerdings nehme ich nur die Mindestdosis davon und außerdem bin ich sicher, dass bei jeder neuen Stelle die Motivation wieder in die Höhe schießt. Das weiß ich deshalb, weil es 2006 steil nach oben ging mit mir im Vergleich zu 2005, wo ich vor der gleichen Situation stand, wie heute. Ich hatte in den ersten zwei Jahren meiner heutigen Firma die größten Erfolge meiner analytischen Fähigkeiten.

Deswegen ist ja meine These, dass eine absolute Lustlosigkeit oder ein scheinbarer beruflicher Niedergang nicht gleich zur Berufsunfähigkeit führen muss, wie bei vielen Menschen, sondern nur auf die aktuelle Lage zutrifft, die man evtl. ganz einfach abstellen kann, wenn man den Betroffenen klar macht, dass sie woanders wieder voll zuschlagen können. Zumindest habe ich das immer geglaubt. Ich habe nie an mir gezweifelt, sondern nur an meinen momentanen Lebensbedingungen!

Zitat:
Bist Du in Therapie, oder kommt das für Dich nicht in Frage?
Nein, das kommt nicht in Frage. Auch wenn das jetzt unwirklich klingt: Ich bin gläubig und bete viel und rede auch oft mit meinem Pfarrer über meine beruflichen Pläne und wir beten für meine Familie. Ich hätte es nie gedacht, aber es hilft. Dank meiner wunderbaren Frau.
Zitat:
Ich denke schon, dass Du mit Deiner Kompetenz einen neuen Arbeitsplatz finden kannst... Vom Alter her allemal.... Es kommt natürlich auch auf die Ansprüche an. Was ist Dir denn lieber? Deine Gesundheit oder Geld?

Die letzte Frage würde ich mir zuerst stellen...

Gesundheit kann man für kein Geld dieser Welt kaufen...

LG

Marie

Das stimmt. Ich habe mir erst das Rauchen abgewöhnt und dann das Trinken. Nur ist es auch problematisch, wenn man krank wird, weil das Geld chronisch knapp ist...

Heilstrom

Leider wahr.Das eine geht ohne das andere nicht.Oder Lax ausgedrückt-Ohne Moos nix los-.
Hast du denn schon was neues in Aussicht ? Oder hab ich das überlesen?

Zitat von Capricorn:
Ein inneres Sich-Verabschieden vom Job, ist meist wohl eher mit einer selbst entschiedenen Reduktion von Arbeitsleistung (=Energie-Einsatz) verbunden und das kann ich eigentlich nicht als Burn-Out verstehen.

Zitat von Heilstrom:
Ok. Allerdings ist es bei mir so, dass ich mich nicht dazu entschieden habe, weniger Energie einzusetzen, sondern sie wurde quasi gegen meinen Willen reduziert, weil sich wohl mein Belohnungszentrum gedacht hat, das sei alles vergebene Liebesmüh'. ...

Ich betrachte das sehr wohl als eine eigene Entscheidung. Mir scheint, du schiebst da die Entscheidung deinm Belohnungszentrum in die Schuhe. Na gut, dann bei dir eben veranlasst, durch dein Belohnungszentrum (?!?! - brauchst du immer eine Belohnung, um etwas zu leisten? Machst du das nicht, weil du deinen Einsatz als grundsätzlich sinnvoll siehst? ... und der Sinn eigentlich schon die größte Belohnung in einem Menschenleben ist?)


Zitat von Heilstrom:
... Und wenn ich keinen seelischen Brennstoff finde, obwohl ich brennen will, dann ist das für mich im Prinzip dasselbe wie jemand, der überarbeitet ist und nicht mehr kann. ...

Du meinst, seelischer Brennstoff wäre im Aussen zu finden? Hm - seltsam für mich, diese Vorstellung. Aber es erklärt, warum du den Schluss daraus ziehst, es wäre dasselbe wie bei jemandem, der seinen INNEREN seelsichen Brennstoff verbraten hat.
Ich kann das nicht als dasselbe sehen - auch nicht im Prinzip.


Zitat von Heilstrom:
Wenn ich nicht aus Erfahrung wüsste, wie ich brennen kann und welches Potenzial ich habe, könnte ich auch einfach glauben, ich wäre stinkfaul geworden und würde dann noch mehr unter der Situation leiden.

Das klingt für mich danach, dass du belohnungsorientiert bist. Mir scheint du brennst nur, wenn du auch das dafür bekommst, was du dir vorstellst.
Alles legitim! - nur, das kann ich (immer noch nicht) als Burn-Out bezeichnen. Vielleicht eher als Burn-block (Wort-Neuschöpfung meinerseits ), eine Blockade der eigenen Energie. DAS würde für mich jetzt Sinn machen.

Ich behaupte, ich kenne BEIDE Verfassungen und behaupte deshalb auch: es ist ein RIESEN-Unterschied zwischen beiden. Obwohl - zugegeben - jede für sich, sich katastrophal anfühlen kann.


Zitat von Heilstrom:
Eine längere Unterforderung im Zusammenhang mit fehlender Anerkennung muss nicht zu einem burn-out führen, ist aber anerkannte Ursache für eine Depression. Und ein burn-out kann entweder Auslöser oder Konsequenz einer Depression sein. Das ist kein Widerspruch.


Ich würde sagen (und erlaube mir dabei deine Formulierung in meinem Sinn zu verändern):

Eine längere Unterforderung im Zusammenhang mit fehlender Anerkennung führt nicht zu einem burn-out, sondern zu einem burn-block und kann zweifelsohne zu einer Depression führen. Sowohl burn-out, als auch burn-block sind eher Auslöser einer Depression, als Konsequenz einer solchen.


Zitat von Capricorn:
Abgesehen davon, ist Burn-Out meines Wissens sowieso keine Definition von offizieller Seite und gilt nicht als regelrechte Diagnose.

Zitat von Heilstrom:
Ich glaube, das ist mittlerweile veraltet. Siehe oben.


Ich glaube, das gilt noch. Siehe unten

Burnout-Syndrom: Diagnose und Therapie

Ein Burnout-Syndrom lässt sich schwer feststellen – offiziell gibt es dafür gar keine eigenständige Diagnose. ...

Letzte Aktualisierung: 07.06.2011

http://www.naturheilmagazin.de/krankhei ... rapie.html


Im Übrigen ist das nicht das primäre Problem, wie dieses Kind auch immer heissen mag.
Es geht letztlich darum, dass du deinen Weg findest.

Und diesbezügl. greife ich mal auf Marie (du erlaubst doch, Marie?!? ) zurück:

Zitat von Marie van Klant:
Was ist Dir denn lieber? Deine Gesundheit oder Geld?

Nachtrag bzw. P.S.:

Bin schon gespannt, ob du diese Frage (wieder) von deinem Belohnungszentrum beantworten lässt, oder ob es doch noch einen Willen in dir gibt, der mehr zu sagen hat.

Nix für ungut ,
LG
Capri

Wenn du schon innerlich gekündigt hast, ist das eigentlich ein Zeichen, dass schon fast nichts mehr geht in deinem derzeitigen Job. Wenn du trotzdem dort weiterarbeitest wird es sich irgendwann körperlich bei dir bemerkbar machen.

Ich habe mal 4 Jahr eine ungeliebte Arbeit gemacht, bin jeden Tag mit Rückenschmerzen nach Hause gegangen, der einzige Vorteil war die gute Bezahlung. So einen Job würde ich heute nicht mehr machen, da würde ich sogar Arbeitslosigkeit vorziehen. Aber es kommt natürlich auch immer auf die Lebensumstände an in denen man lebt. Ich muss für niemanden Verantwortung übernehmen, habe keine Kinder und lebe allein. Wenn man mit jemanden zusammenlebt bekommt man ja auch immer einen gewissen Druck, weil derjenige auch nicht unbedingt finanziell für einen sorgen möchte, das führt dann zu Spannungen in der Beziehung.

Momentan bin ich arbeitslos, na und, geht auch, jeden bescheuerten Job mach ich nicht. Aber du hast ja bei deinen Fähigkeiten noch alle Möglichkeiten und der Arbeitsmarkt ändert sich immer mehr zugunsten der Arbeitnehmer wegen der demografischen Entwicklung. Zu lange würde ich mit dem Jobwechsel nicht warten, der alte zieht dich immer mehr runter. Aber letztlich must du wissen was du willst.

Für mich gilt, meine Arbeit muss mir in erster Linie Spass machen, das Arbeitsklima ist mir wichtig, die Bezahlung ist mir ziemlich egal, solange sie über Arbeitslosenniveau liegt. Das sieht natürlich jeder anders. Geld gescheffelt habe ich in jungen Jahren, deshalb habe ich heute meine Wohnung abbezahlt.

Hallo Heilstrom ,

ich glaube , ich weiß , was du meinst.

Deine Geschichte erinnert mich sehr an meine.

Was mich immer wieder tief getroffen hat war der Umstand , dass an meiner Arbeitsstelle nach außen hin viel gefordert und nach innen wenig getan wurde.
Eine Fortbildung hat die andere gejagt , eine Teamsitzung die nächste , und am Schluss war als Ergebnis nur festzustellen , dass die Stunden , die man damit verbracht hat , lediglich dem Schein etwas getan zu haben , dienten.

Wenn ich dabei saß , dann WUSSTE ich , dass das alles Lüge ist , und mir wurde schon während der Sitzung übel.

Die anderen wussten von mir , dass ich da durchblickte , was die Sache noch schwieriger machte.

Ich fragte auch einige Male , warum sie sich solch einer Farce unterziehen anstatt einfach zu arbeiten.

Natürlich gab das Missstimmung und Misstrauen.

Die Folge davon war , dass ich an der Arbeitsstelle immer unbeliebter wurde. Und natürlich macht genau das ja Angst.
Zu wissen , dass man nicht wohlgelitten ist , dass man misstrauisch beäugt wird , dass man abgelehnt wird , das muss Angst machen.

Erstaunlich dabei ist , dass ich eher eine ruhige und wenig auffällige Person bin. Ich rede nicht viel , aber wenn ich etwas sage , dann scheint das einzuschlagen wie eine Bombe.
Und es verstärkt die Missstimmung nochmals.

Nach einem Marathon-Fortbildungswochenende fragte ich montags darauf in der Teamsitzung einfach : Jetzt haben wir gelernt , was man alles so machen kann , wann machen wir es denn nun? .

Prompt wurde ich zum Chef gerufen , um in einem Vieraugengespräch erfahren zu müssen , dass ich den Betriebsfrieden störe.

Das ist mehrmals in abgeänderter Form geschehen.

Natürlich habe ich mit der Zeit Ängste aufgebaut überhaupt noch irgend etwas zu fragen.

DAS wiederum hatte zur Folge , dass ich zu einem weiteren Vieraugen-Gespräch geladen , in dessen Verlauf ich gefragt wurde , ob ich überhaupt noch Interesse an der Arbeit hätte - ich würde so wenig reden und so wenig fragen.

Schlussendlich war ich so tief verunsichert , dass ich gar nicht mehr wusste was ich falsch und was ich richtig mache.

Meine Ängste wurden immer größer , ich fühlte mich beobachtet und kontrolliert.

Es kam zu Situationen , die schlimm waren. So konnte ich im Beisein meiner Kolleginnen nicht mehr richtig sprechen , wenn ich gefragt wurde , ich bekam Schweißausbrüche und Atemprobleme , wenn ich an Teamsitzungen teilnehmen musste , konnte nicht mehr auf dem Stuhl sitzenbleiben - hatte also kleine Panikattacken.

Das machte alles nur noch schlimmer.

Pillen nehme ich keine , damit kann ich mich nicht anfreunden.

Frotzel

Zitat von Frotzel:

Was mich immer wieder tief getroffen hat war der Umstand , dass an meiner Arbeitsstelle nach außen hin viel gefordert und nach innen wenig getan wurde.
Eine Fortbildung hat die andere gejagt , eine Teamsitzung die nächste , und am Schluss war als Ergebnis nur festzustellen , dass die Stunden , die man damit verbracht hat , lediglich dem Schein etwas getan zu haben , dienten.

Wenn ich dabei saß , dann WUSSTE ich , dass das alles Lüge ist , und mir wurde schon während der Sitzung übel.

Die anderen wussten von mir , dass ich da durchblickte , was die Sache noch schwieriger machte.

Ich fragte auch einige Male , warum sie sich solch einer Farce unterziehen anstatt einfach zu arbeiten.

Natürlich gab das Missstimmung und Misstrauen.

Die Folge davon war , dass ich an der Arbeitsstelle immer unbeliebter wurde. Und natürlich macht genau das ja Angst.
Zu wissen , dass man nicht wohlgelitten ist , dass man misstrauisch beäugt wird , dass man abgelehnt wird , das muss Angst machen.
Hallo Frotzel,

ich kann dich ganz gut verstehen. Ich habe genau die gleichen Erfahrungen mitgemacht. Und das in mindestens vier Firmen. Unser Grundproblem ist, dass wir mitreden wollen, auch wenn es uns gemäß Stellenbeschreibung zustehen müsste, aber aufgrund irgendwelcher persönlicher Defizite im Auftreten wird uns die Macht dazu nicht gegeben. Ich habe kein Patentrezept dagegen. Bei uns gibt es eine vergleichbare Fabrik in Spanien. Der dortige Chef hat mindestens vier Leute unter sich, ich gerade mal eine. Der wird von meinem Chef komplett anders behandelt als ich und mein Vorgänger. Warum denn bitteschön? Ich habe fünf Jahre lang versucht, mir meine Macht zu nehmen, weil sie einem ja nicht immer gegeben wird, aber ich wurde auch meistens nur zurückgepfiffen. Was soll das? Ist es der Unterschied, dass der Spanier schon lange da war, als die Fabrik gekauft wurde? Aber ich meine, woanders werden die leitenden Angestellte auch erstmal provisorisch rausgeschmissen und durch neue ersetzt, wenn eine Firma gekauft wird. Gerade bei Amerikanern.

Zitat:
Erstaunlich dabei ist , dass ich eher eine ruhige und wenig auffällige Person bin. Ich rede nicht viel , aber wenn ich etwas sage , dann scheint das einzuschlagen wie eine Bombe.
Und es verstärkt die Missstimmung nochmals.

Genau. Ich gebe dir mal ein plastisches Beispiel: In 2001, als ich bei der einen Firma kündigte, weil ich von Anfang an zu wenig Gehalt forderte (was für mich aber schon großzügig war, nur im Vergleich nicht), da befand ich mich in einer Hochstimmung, kurz vorm Überschnappen. Und da war ich etwas naiv. Ich wollte über Zeitarbeit in eine leitende Position reinwachsen. Dass das natürlich in Praxis fast ein Ding der Unmöglichkeit ist, hatte mir vorher keiner gesagt. Das führte dann zu etwas kuriosen Situationen, als ich mit den Chefs der Firmen auf einem Niveau reden wollte, wie ich es in der japanischen Firma gewohnt war, also auf Augenhöhe mit ihnen. Aber das war das schlimmste, was ich tun konnte. Ich wurde nicht nur zurückgepfiffen, sondern mit den Augen und durch Reden geradezu niedergeknüppelt: Mach deine Arbeit und hör' auf, hier rumzuphilosophieren! Und das in Gegenwart einer jungen Controllerin, die gerade von der Uni kam. Das tut weh. Man fühlt sich plötzlich der Unterschicht an, tiefer als Hilfsarbeiter. Ich hatte einfach meinen Mund zu halten. Und zum Sommerfest wurde ich auch nicht eingeladen. Obwohl ich nie groß was sagte, aus lauter Vorsicht. Die dachten wahrscheinlich, das lohnt sich nicht, der ist 'eh bald wieder weg.

Zitat:
Nach einem Marathon-Fortbildungswochenende fragte ich montags darauf in der Teamsitzung einfach : Jetzt haben wir gelernt , was man alles so machen kann , wann machen wir es denn nun? .

Prompt wurde ich zum Chef gerufen , um in einem Vieraugengespräch erfahren zu müssen , dass ich den Betriebsfrieden störe.
Ganz böse. Die fühlten sich wohl irgendwie von rechts überholt. Dagegen kann man glaube ich nichts machen, außer den Laden verlassen.

Zitat:
- ich würde so wenig reden und so wenig fragen.
Das war bei mir am Anfang auch so. In meiner 30-60-90-Tage-Beobachtung stand dann drin, ich würde zu wenige Fragen stellen, und das würde entweder dazu führen, dass ich alles aufschiebe, oder keine Fragen habe und ein Überflieger bin. Das heißt also, dass manche Chefs sich noch auf den Schlips getreten fühlen, wenn man zu schnell begreift und mitreden kann (weil sie selber länger brauchten). Bei mir kam noch dazu, dass ich innerhalb weniger Wochen eine Lösung fand, wo mein Vorgänger sich völlig verzettelt hatte, mangels rationalem Konzept mit einer Excel-Datei. Als ich das dem deutschen Geschäftsführer sagte, reagierte der auch noch beleidigt: Und warum ist da Herr X nicht drauf gekommen? Also wieder ein Minuspunkt, weil er sich angegriffen fühlte: Er hätte den Herrn X ja die Vision verschaffen können, dass sowas gehen muss... Echt armselig, oder?

Zitat:
Schlussendlich war ich so tief verunsichert , dass ich gar nicht mehr wusste was ich falsch und was ich richtig mache.

Meine Ängste wurden immer größer , ich fühlte mich beobachtet und kontrolliert.

Es kam zu Situationen , die schlimm waren. So konnte ich im Beisein meiner Kolleginnen nicht mehr richtig sprechen , wenn ich gefragt wurde , ich bekam Schweißausbrüche und Atemprobleme , wenn ich an Teamsitzungen teilnehmen musste , konnte nicht mehr auf dem Stuhl sitzenbleiben - hatte also kleine Panikattacken.

Das machte alles nur noch schlimmer.

Pillen nehme ich keine , damit kann ich mich nicht anfreunden.

Frotzel

So schlimm war es bei mir nicht. Wo ich etwas nervös war, das war beim Softwaretraining, wo meine Brüsseler Kollegen mir immer mehrere Wochen voraus waren, und es genossen, mich als blöde hinzustellen. Das hatte dazu geführt, dass ich wieder anfing zu trinken, weil ich es nicht anders ertragen konnte.

Aber nochmal einen Nachtrag zu meiner Entlassung aus der Zeitarbeit: Der damalige Betreuer sagte zu meinen Problemen mit den drei Firmen, wo ich eingesetzt war: Es ist die Art und Weise, wie Sie wirken! Diesen Satz werde ich nie vergessen. Natürlich war mir klar, dass ich nicht wie ein Chef wirken kann, wenn ich keiner bin. Aber man kann trotzdem nicht so tun, als wäre man ein dummer, angelernter Angestellter, wenn man schonmal Chef war. Und deswegen kommt man auch schnell in die Kategorie überqualifiziert.

Unser Problem kann nur dadurch gelöst werden, dass wir einen Posten haben, der unseren Fähigkeiten und unserem Wesen entspricht. Wenn ich schüchtern wirke aber trotzdem Chef sein will, dann ist es schwierig, davon einen Personaler zu überzeugen. Da bleiben nur die Alternativen durchstarten oder unterordnen und dumm stellen.

Grüße
Heilstrom
Sponsor-Mitgliedschaft

Du meine Güte.
Wie sich unsere Geschichten gleichen.
Das ist ja fast unheimlich.

In meiner letzten Stellenbeschreibung stand drin : Wir suchen kompetente Mitarbeiter/innen mit Berufserfahrung. In unserem derzeitigen Team ist es üblich , dass Kritik und Anregungen offen geäußert werden können , sogar sollen.

(Das ging noch etliche Zeilen so weiter)

Wenigstens vier Wochen habe ich mich zu Belangen der Arbeitsstelle gar nicht geäußert , habe nur gearbeitet.

Nach diesen vier Wochen sprach ich dann im Kreis ein Vorkommnis an (ein Kind , das sich in die Hose gepinkelt hatte - der Kleine war zeieinhalb Jahre - wurde öffentlich vor anderen Kindern als Hosenpisser bezeichnet)...............ich bat sehr sehr höflic darum , dass man das doch anders als so regelt.

Was meinst du was da los war !!!

Soviel dann zu Kritik offen äußern.

Es wird in Stellenbeschreibungen viel geschrieben. Man hört auch immer wieder tolle Worte. Allein - es mangelt an der Umsetzung.

Ich bekomme es schon mit der Angst zu tun , wenn ich in einem solchen Klima arbeiten muss.

Frotzel

Darf ich mal fragen, was das für eine Arbeit war? Bist du Lehrerin?

Bei mir ist es so, dass ich eine ziemlich seltene Mischung bin. Ich bin stark und schwach gleichzeitig. Verdeutlichen kann ich das gut mit einer Parallele, wie ich gerne Fahrrad fahre: Ich habe ohne besonderes Training schon immer eine bestialische Kraft in den Beinen. Das heißt also, meine Beinmuskeln waren als Kind schon extrem stark, so dass ich beim Bankdrücken (Rücken gegen Rücken, Füße gegen Füße) den anderen Kindern schon immer ziemliche Schmerzen zufügen konnte. Natürlich ohne Verletzungen. Und wenn ich mit dieser Kraft an Ampeln beschleunige, dann kriege ich locker von 0 auf 50 km/h in acht Sekunden in. Das entspricht ungefähr einer Leistung von 1,5 PS. Natürlich nur für 15 Sekunden, weil für Volllast die Lunge nicht mehr hergibt.

Beim Arbeiten tue ich das auch so. Ich kann stundenlang auf Standgasniveu dahindämmern und plötzlich werde ich zum Reißer, der sich völlig anders darstellt, so als hätte ich eine gespaltene Persönlichkeit. Immer nur für kurze Zeit. Das muss ich von meinem Opa geerbt haben: Nach außen hin unsicher bis devot und innerhalb der Familie fast schon ein Tyrann.

Auch wenn ich es nicht will: Diese Eigenschaft kann ich in der Firma nicht ganz verbergen und so glauben einige, ich wäre auch gerne so ein Tyrann. Nur bin ich eben nicht ständig so, sondern falle gleich wieder in den lieben Kollegen von nebenan um. Beliebter werde ich dadurch aber auch nicht. Ich hatte überhaupt in noch keiner Firma Freunde, die dauerhaft Interesse an mir hatten. Entweder sie kriegen Komplexe, weil ich studiert habe oder sie nehmen mich nicht für voll, weil ich nichts zu sagen habe.

Wie ist es bei dir mit Reden halten? Gerade diese offenen Situationen, wo du im Mittelpunkt stehst und schlagfertig sein sollst? Klappt das auf Anhieb?

Heilstrom

Hallo Heilstrom,
vielleicht ist dein Problem ja auch darin begründet. Scheint so ,als wärest du für deine Kollegen und Vorgesetzten einfach zu unberechenbar .Im einen Moment voller Energie und im anderen auf Dümpelmodus. In der Chefetage ist aber doch eher voller Einsatz gefragt.Da muss man halt immer 100% leisten. Und mehr. Sonst bleibt der Wunsch nach Macht so wie du sie dir vorstellst, eben immer nur eine Wunschvorstellung.
LG Lynn

A


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Dr. Reinhard Pichler
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