Zitat von Feuerschale: Hm, den kenn ich nicht, aber mir ist eine Frage gekommen zur Existenz mit Ich und Wir.
Und zwar die der Moral.
Braucht es eine hohe und differenzierte Moral?
So grob hab ich mitbekommen, dass der Buddhismus eine sehr hohe Moral hat, sehr viele Regeln.
Weil- man könnte auf die Idee kommen, dass alles völlig egal ist, wenn man alles umarmt, wenn das Ich nichts mehr will.Das würde dann auch so weit gehen, dass man das Leid mit umarmt oder auch die Leidverstärker.
Ich kann mir da nicht vorstellen, dass das alles egal ist und keinen Unterschied macht.
Wenn man sein Ich überwinden will, ist Egozentrik ein schlechter Weg. Der Buddhismus will Leid minimieren und versucht zuvor zu analysieren, wie es zum Leid kommt: durch das Ich. Nicht weil es 'böse' wäre, sondern, weil es bestimmte Dinge oder Situationen festhalten will und andere Erfahrungen nicht machen will.
Wenn es nur Eines gibt und die Welt nur unsere Projektion ist, besteht dennoch kein Grund, aus dieser all das herauszupressen, was mir Lust bereitet, weil das erneut nur dem Ego ein momentan gutes Gefühl gibt. Es ginge darum, es hinter sich zu lassen.
Da man aber stets als Ich diesen Weg beginnt, ist man immer hin und hergerissen. Man empfindet, dass es doch so schlecht eigentlich nicht ist und so weiter, dann hat man wieder Phasen in denen es nicht so gut geht, bis irgendwann der innere Wunsch da ist, das Ich hinter sich zu lassen.
Wenn man das erkennt, kann man auf viele geregelte Details verzichten, weil sie sich von selbst erschließen.
Zitat von Feuerschale: Ich denke Moral, was ist schadhaft, was heilsam ist - ist schon wichtig.
Oder ist man bei dem Leid Zuschauer oder greift auch mal ein, gestaltet mit, um den Raum besser zu machen oder
etwas negatives zu stoppen?
Ein weniges Thema in spirituellen Lehren. Ich sehe es so: Wenn Dir etwas vor die Füße fällt, ist das Dein karmischer Rest, der bearbeitet werden will. Ob Du also einem armen Menschen irgendwie helfen willst, aber auch, wenn es darum geht, vermeintlich Böses zu stoppen.
Der klassische indische Held ist Arjuna, ein Krieger, der gegen seine Verwandten kämpfen müsste und das nicht will. Schließlich wird er vom Gott angeleitet, es doch zu tun.
Die entscheidende Frage ist immer mehr die, nach der Egobeteiligung bei einer Handlung. Sind die karmischen Reste erledigt, kommen sie nicht wieder. Nach und nach scheinen die Handlungen auszudünnen, weil die Bereitschaft sich auf die Welt der Projektionen einzulassen immer geringer wird.
Auf dem Weg dahin hilft vielleicht die intellektuelle Auseinandersetzung mit der Idee, dass alles eins ist (also jeder andere und auch ein womöglicher Schöpfer), jeder andere ist also niemand anderes als Du selbst und niemand anderes als Gott. Das sagen alle Mystiker ziemlich einhellig, aber wenn man - wie wir alle - als sich gesondert fühlendes Ich startet, merkt man das nicht und empfindet anders.
Aber der Weg ergibt sich schon, irgendwann.
Zitat von Feuerschale: Ich meine Moral auch nicht in Bezug auf gesellschaftliche Werte und Beschämungen, sondern in Bezug auf heilsame und gedeihliche Bedingungen - oder nicht. So wie wenn man einen Garten hat und Hagel und Unkraut können alles verderben, und werden es vermutlich auch, wenn man nicht heilsame Bedingungen schafft.
Was ich mir vorstellen kann und was ich auch von den Christen kenne ist, dass man am Anfang die Moral lernt und übt (Lesen, Denken, Leben, Gemeinschaft usw) und dass die nachher einem so in Fleisch und Blut übergegangen ist.
Dass es dann kein Gesetz ist dass man liebt, sondern dass man im Wesen liebt
Ja, so in etwa würde ich mir das auch vorstellen. Irgendwann kriegt man ein Gefühl dafür, was gerade ansteht, um weiter zu kommen und weiter zu kommen heißt aus dieser Sicht, das Ich loszuwerden.
Dass man immer wieder zurückfällt, ist bekannt und nicht weiter schlimm. Mit milder Kraft immer wieder weiter zu machen, ist das, was man als richtigen Ansatz von denen hört, die den Weg hinter sich haben.
Zitat von Feuerschale: Das kann auf jeden Fall beruhigen...das Kopfkino entmachten bzw relativieren oder erden.
Eine Weile.
Denn Gedanken und Imaginatives gehören zum Menschen, soziales agieren und Verständigung auch.
Ja, wir baden mehr in Projektionen als in allem anderen. Das kann man wirklich überall beobachten. Deshalb ist jede Innenschau gut, der oben skizzierte Weg soll lediglich der schnellste sein, aber man muss ja nicht schnell sein, vor allem wenn Vielheit eine Illusion ist.
Zitat von Feuerschale: Ja schade. Wobei ich gar nicht weiß ob ich mich da wohlfühlen würde.
Aber ich kann mir schon vorstellen, dass sehr vieles natürlich abfärben kann...vom Handeln, vom Nervensystem, Sichtweisen...die Art im Alltag zu sein.
Ja, und andere sagen, dass der 'Guru', den wir suchen und brauchen in uns ist und nur durch unsere Idee, wir seien ein getrenntes Ich verstellt wird. Man braucht außen also nicht zu suchen, soll einem jemand begegnen, wird das schon passieren.
Zitat von Feuerschale: Finde ich sympathisch. Ich denke jede Lebensart hat so ihre Herausforderungen.
Und da auf dem Boden zu bleiben, ist sicherlich gut.
Ja, ich auch. Jede Form der Suche nach der vermeintlich besseren Umgebung (für eine spirituelle Entwicklung) kann man sich sofort schenken, wenn man sich immer in der passenden Umgebung weiß.
Der nächste Schritt ist dann immer der, der mich emotional triggert, die Arbeitskollegin, der Ex-Partner oder die Umstände in der Welt. Das, worauf das Ich sich stürzt. Insofern ist das alles nicht von unserem Alltag getrennt und der spirituelle Bypass - irgendeine Insel der Seligkeit, auf der man aussteigen und Kraft tanken kann, bevor man sich wieder 'der Welt/dem Alltag' zuwendet - wurde als Fehler erkannt, weil er die Einheit fragmentiert.
Zitat von Feuerschale: Wo hast du das denn gehört, wenn ich fragen darf? Warst du in so Gemeinschaften mit Vorträgen oder mehr so auf Youtube und ähnlichem?
YouTube, ich habe mir Michael James und David Godman über Ramana angehört und tue das immer noch. Auf Ramana Maharshi bin ich durch Ken Wilber gestoßen, konnte aber längere Zeit nichts mit seiner Lehre anfangen, ich weiß gar nicht mehr, wie und warum ich darauf gestoßen bin, seit dem versuche ich ihn immer besser zu verstehen, nettes Detail ist, dass seine 'Lehre' gar keine ist.
Er wurde gefragt, hat von sich aus gar nichts gesagt und ist radikal der Meinung, dass es falsch ist, dass einer dem anderen was beibringen kann, weil dies die Illusion nährt, dass es Vielheit gibt, er jedoch hat erlebt, dass es nur eins (Eines, ohne ein Zweites) gibt.
Insofern lehrte er von sich aus gar nicht, es gab Zeiten in denen er wenig bis gar nicht redete, wenn er redete, gab er oft nur scheinbar auswechende Antworten, wie: 'Wer ist es, der das wissen will?' Die Antwort darauf lautet immer: 'Ich' und er fordert uns auf zunächst dieses Ich zu finden. Manchen half diese Hinweis.
Anderen nicht, dann setzt man an anderer Stelle an, aber die Idee ist immer, erst mal zu schauen, ob es dieses Ich überhaupt gibt. Die Ich-Illusion ist das, was dem Glück im Weg steht, hier ist Ramana ganz beim Buddha.
Zitat von Feuerschale: Ich war noch nie auf einem buddhistischen Seminar. An meinem letzten Wohnort war ein Haus in der Nähe, abgelegen an einem See und das macht schon einen guten Eindruck, also dass man mal ruhig spazierengeht, Gemeinschaft hat, Input, gutes einfaches Essen...
Es hat da bei mir immer die letzte Zündung gefehlt, dass ich da hin bin.
Ich bin immer mal wieder in Kontakt mit buddhistischen und anderen indischen Ideen gekommen, ich denke, für den eigenen Weg ist es egal, dem einen begegnet es, der anderen nicht, eingebunden in etwas, auf dass das Ich sich stürzt ist man immer, man hat sein Spielfeld also vor der Nase.
Zitat von Feuerschale: Ja oder so eine Geschichte vielleicht, ein Selbstauftrag....oder das eigene Erstaunen dass einem was passiert, was man auch äußern möchte...ich finde das nachvollziehbar.
Es klang dann nur auf der anderen Seite so fremdbestimmt...jemand stellt dich aus, das gefällt dir eigentlich nicht, da war ich bisschen verwundert.
Ich finde das immer unangenehm verpflichtend, wenn man sagt, man mache es x und seit dem ist alles viel besser. Auf der einen Seite ist es schön, anderen Mut machen zu können - und ich ärgere mich über diese vermeintlich wissenden Berichte darüber, dass man sich eben mit seinen Symptomen abzufinden habe: wer das erleichternd findet, okay, aber oft kann das auch demoralisieren - auf der anderen Seite bin ich niemand, der Lust hat, Erfolgsstorys zu präsentieren, mein Leben kann ja in 3 Minuten einen völlig anderen Verlauf nehmen, als ich denke und auch subtiler Egoismus ist nicht sonderlich gut, schon weil er hindert.
Aber die salomonische Lösung, sein Spiel als Ego zu spielen und es gleichzeitig nicht zu ernst zu nehmen, ist der beste Kompromiss, der mir einfällt.
Und dieses Fremdbestimmtsein ist an sich nicht schlecht, wenn man es schafft, sich drauf einzulassen. Den ganzen Rest, die philosophischen und psychologischen Ideen über die Welt kann man da durchaus mit einflechten, zu meinem Weg gehört es dazu, wie gesagt, auch das eine Art Tanz.