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RobertAntonG
Die komplexe Traumafolgestörung scheint ja hinsichtlich der Therapiestandards noch in den Kinderschuhen zu stecken. Hilfsweise verwenden manche Therapeuten offenbar dieselben Methoden wie bei der PTBS, ohne dem komplexen Bild damit wirklich voll und ganz zurecht zu kommen.

Ich hatte seit Jahrzehnten Depressionen, Angst- und Zwangsstörungen. Oft wurde versucht, mit Expositionen zu therapieren, was aber nicht selten komplett nach hinten los ging. Nun hat mir eine Therapeutin gesagt, das könne bei einer komplexen Traumafolgestörung durchaus der Fall sein. Einerseits fuehle ich mich dadurch bestätigt und endlich ernst genommen, andererseits mangels Therapiemethoden noch unsicherer.

Kann das jemand nachvollziehen?

11.02.2024 13:30 • 06.03.2024 #1


10 Antworten ↓


Hotin
Hallo Robert,

eine Traumafolgestörung ist sicher nicht so leicht abzuschwächen.
Dass die Therapiestandards da noch in den Kinderschuhen stecken, glaube ich jedoch eher weniger.

Zitat von RobertAntonG:
Oft wurde versucht, mit Expositionen zu therapieren, was aber nicht selten komplett nach hinten los ging.


Meiner Ansicht nach liegt die Hauptarbeit weniger bei den Therapeuten oder den Therapiemethoden,
sondern eventuell auch teilweise bei Dir und vor allem bei DEINEM MUT, gedanklich immer wieder
auch einmal neue Wege zu beschreiten. Einfach ist soetwas anfangs oft nicht.
Schließlich geht fast jeder Mensch davon aus, dass sie/er nur so denken kann, wie sie/er
bisher immer schon denkt. Es gibt aber auch die Möglichkeit, Zusammenhänge einmal etwas
anders anzuschauen. Dadurch bekommen Ängste und Schuldgefühle häufig eine weniger
schlimme Bedeutung.

Viele Grüße
Bernhard

11.02.2024 18:30 • x 2 #2


A


Behandlung von komplexer Traumafolgestörung?

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Kruemel_68
@RobertAntonG Ja, ich kann das nachvollziehen. Ich glaube auch, dass das Thema Trauma zu wenig Aufmerksamkeit in der Therapielandschaft bekommt und es zu wenige Therapeuten gibt, die sich da gut mit auskennen. Da die meisten Therapeuten in Deutschland Verhaltenstherapeuten sind, und nur drei Therapieformen kassenzugelassen sind, wird bei uns hat das meiste versucht, mit Verhaltenstherapie zu behandeln. Die Verhaltenstherapie ist aber nur bei ganz bestimmten Problemstellungen zielführend.

Beispiel Ängste: hast Du Angst vor Wasser, weil Du mal reingefallen und fast ertrunken bist, ist eine Expositionstherapie mit einem Verhaltenstherapeuten komplett zielführend. Es handelt sich um eine isolierte Angst, die durch Exposition gut in den Griff zu bekommen ist und Du wirst anschließend wieder schwimmen gehen können.

Hast Du allerdings eine Generalisierte Angststörung und Dir macht einfach alles Angst, kannst Du Dich in einer Verhaltenstherapie Exposition betreiben, bis zu schwarz wirst. Du wirst Dir vielleicht zeitweie ein Stückchen mehr Raum erkämpfen, aber immer wieder in die alten Muster zurückrutschen. Weil dem eben etwas anderes zu Grunde liegt - ein Entwicklungstrauma, Trauma, oder einfach auch falsche Glaubenssätze aus der Kindheit, die wir nie überprüft und angepasst haben. Und so lange diese Ursachen nicht in Angriff genommen wurden, bekommen wir die Ängste auch nicht in den Griff. Das braucht auch Zeit - viel mehr, als die Krankenkassen einem bei einer Verhaltenstherapie zugestehen.

Sollte bei Dir ein Entwicklungstraume zugrunde liegen, könntest Du Dich mal nach einem körperorientierten Ansatz umsehen. Das ist bei mir auch der Fall, und dieser Ansatz ist der Erste, mit dem ich einen Zopf an meine Probleme bekommen habe.

11.02.2024 18:31 • x 2 #3


Hotin
Zitat von RobertAntonG:
Wart ihr schon einmal in einer Situation, in dem ihr dem/der Therapeut/in Dinge gesagt habt, nur damit er/sie zufrieden ist, weil ihr gedacht habt, das wird jetzt gewuenscht - ohne aber wirklich so zu denken?

Wenn Du schon einmal Dinge sagst, von denen Du glaubst, dass ein Therapeut dies
hören möchte, dann kann eine Schuld wohl eher nicht an der Therapieform liegen. Oder doch?

Wie kann ein Therapeut damit umgehen? Soll er das, was Du sagst anzweifeln?
Wie reagierst Du eventuell darauf, wenn Dir ein Therapeut sagen würde. Kann ich ihnen das glauben?

11.02.2024 18:42 • #4


K
Da ich auch die Verdachtsdiagnose kptbs bekommen habe vor kurzem und mit vieles was du schreibst nicht fremd ist, kann es schon sein.
Wenn off topic Bitte verschieben aber gibt es Kliniken, die sich auf Trauma spezialisiert sind? Habe etwas recherchiert aber nie eine gefunden bei der das im Fokus steht sondern nur eines von vielen Störungsbildern ist, das behandelt wird.

11.02.2024 19:02 • x 1 #5


Coru
@Krokodil90 es gibt Kliniken die eine eigene Station für PTBS haben. Wie einige Schön Kliniken. Aber auch da werden PTBS und KPTBS leider gleich behandelt. Ich hab noch keine Klinik gefunden die auf KPTBS spezialisiert ist.

11.02.2024 19:09 • x 2 #6


RobertAntonG
@Krokodil90 Wenn du bei Google kliniken trauma therapie eingibst, kommen einige Kliniken.

11.02.2024 22:14 • #7


xyz0815
Zitat von RobertAntonG:
Die komplexe Traumafolgestörung scheint ja hinsichtlich der Therapiestandards noch in den Kinderschuhen zu stecken.

Hallo, das erscheint mir auch immer mehr so. Mein Therapeut (VTler) ist spezialisiert auf akute Traumatisierungen (also PTBS). Die werden auch als Schocktrauma bezeichnet. Es ist aber wohl aufgrund sehr schwieriger Aufwachsbedingungen so, dass bei mir initial ein kompliziertes Trauma (Entwicklungstrauma/Trauma Typ-II) vorherrscht. Das ist die kPTBS. Ich bin gerade selbst dabei, dazu zu recherchieren und könnte dir anbieten, hier hin und wieder was reinzuposten, das mir wichtig erscheint. Erst heute hat mir mein Therapeut gesagt, dass wir nur sehr vorsichtig biographisch arbeiten sollten. Und das sehe ich genauso, weil es da sehr große Magmablasen an Schmerz/Ohnmacht gibt. Ich hoffe, du hast wenigstens ein paar Basis-Skills, die dir in Momenten von heftiger Aufregung helfen können, dich zu beruhigen.

04.03.2024 22:31 • x 2 #8


Dunkelbunte
Also ich hatte eine super Traumaaufarbeitung. Kann mich überhaupt nicht beschweren. Und das war 1997 bis 1999.

Die bedeutendste Rolle spielen meiner Meinung nach allerdings die Re-Traumatisierungen und der eigene Umgang damit.

04.03.2024 22:36 • x 1 #9


xyz0815
Zitat von Dunkelbunte:
Also ich hatte eine super Traumaaufarbeitung. Kann mich überhaupt nicht beschweren.

Hallo. Ich fürchte nur, die Behandlung von Entwicklungstraumata ist nochmal komplizierter. Dazu wurde heute schon was im Nachbar-Thread geschrieben. Was ich noch dazu sagen kann ist, dass es wohl über eine reine Redetherapie hinausgeht und körperpsychotherapeutisch gearbeitet werden sollte. Da lassen sich dem Einzelnen aber nicht wahllos irgendwelche Übungen anraten. Es muss individuell angepasst werden.

Zitat von Dunkelbunte:
Die bedeutendste Rolle spielen meiner Meinung nach allerdings die Re-Traumatisierungen und der eigene Umgang damit.

Wie gehst du mit retraumatisierenden Momenten um? Dazu muss ich mir ein funktionierendes Skillset aufbauen, weil ich sonst dekompensieren könnte (schwere depressive Episode).

06.03.2024 17:35 • x 1 #10


Dunkelbunte
Zitat von xyz0815:
Ich fürchte nur, die Behandlung von Entwicklungstraumata ist nochmal komplizierter

Dann ist es ja gut, das ich meine ersten 16 Lebensjahre durch meine Mutter traumatisiert wurde
Kann ich ja doch mitreden.

Zitat von xyz0815:
Wie gehst du mit retraumatisierenden Momenten um?

Was für dich das Richtige ist, musst du selbst herausfinden.

Rein wissenschaftlich ist es so, daß durch jeden Trigger oder sogar Flashback, Teile des Trauma hervor geholt und neu bewertet werden. Dann wieder zurück verpackt werden. Mit jedem Mal, wo man es bewusst durchlebt, bewertet, aushält und Skills für sich findet, wird es als weniger gefährlich vom Hirn bewertet. Es hört aber nie auf

Welche Intensität der Aufarbeitung, des Hineinfühlens, für dich die Richtige ist, besprichst du am besten mit deinem Therapeuten. Das ist was ganz individuelles.

06.03.2024 19:22 • x 1 #11


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