seit ca. 2 Jahren stecke ich in einem privaten Lockdown.
Seit ca. 10 Jahren bin ich nicht mehr berufstätig, arbeite nur noch auf geringfügiger Basis, mein Mann ist seitdem der Hauptverdiener. Als wir uns kennenlernten, waren wir beide voll berufstätig, aber mir ging im Laufe der Jahr seelisch die Puste aus, mich auf Arbeit zwischenmenschlich zu behaupten, habe Ängste bekommen, Therapien habe ich gesucht und wurde immer wieder weitergeschickt, so dass mein Mann irgendwann sagte, er verdiene genug für uns beide und er möchte, dass ich zur Ruhe komme und glücklich werde. Ich habe ein paar Jahre gebraucht, mich damit zu arrangieren, weil ich früher gut verdient habe und nie abhängig war, aber zu der Zeit war er mir ein respektvoller und liebevoller Mann.
Nun sind wir aus beruflichen Gründen (sein Beruf) in eine Gegend Deutschlands gezogen, mit der ich mich absolut nicht anfreunden war. Wir sind in den letzten 20 Jahren bereits zweimal umgezogen, vor allem, wenn er einen Job verloren hat, haben wir diese Gelegenheit genutzt und sind wir in eine andere Gegend gezogen in der Hoffnung, dort Heimat zu finden. Zwar war ich dann dennoch in jeder Gegend irgendwie einsam, habe kaum Kontakte schließen können, aber hier bin ich nicht nur einsam, diesen Wohnort (eine Großstadt im Ruhrpott) lehne ich zutiefst ab, hier ist es kriminell, dreckig, ich gehe abends nicht mehr vor die Tür, und während ich früher zumindest mal eine Nachbarin hatte um ein paar Worte im Treppenhaus zu wechseln, so passt es hier überhaupt nicht (ich möchte nicht auf Details eingehen), kurz, ich bin sehr einsam. Mein Mann ist tagsüber auf Arbeit, wo er sehr gut zurecht kommt und sich sehr wohl fühlt, ich nehme mal an, dass das für ihn dort sozusagen ein zweites Leben ist, und ich glaube auch, dass es ihn anödet, zu Hause eine Frau zu haben, die eigentlich nur unglücklich ist und dazu noch Ängste hat. Ich dagegen mache meinen geringfügigen Job seit Jahren von zu Hause, gehe ab und zu mal vor die Tür, und ansonsten versuche ich mich mit kreativen Dingen seelisch am Leben zu halten, von dem ich spüre, dass ich es seit 2 Jahren komplett vergeude, weil ich hier nicht hingehöre.
Dazu kommt, dass ich vor einigen Jahren am Unterleib operiert wurde und seitdem meine Libido immer weiter in den Keller gegangen ist. Das belastet ihn und mich sehr, er möchte gerne Sex, und ich spüre, dass mein Körper keinen Sex mehr möchte. Ich kann es nicht beschreiben, aber ich habe fast den Eindruck, dass mein Körper sich schützen möchte, für mich ist es zunehmend mechanisch und trotz Gleitgel mit Schmerzen verbunden, eine HET möchte ich nicht aufgrund erhöhtem BK-Risiko, ich möchte vor allem kuscheln. Mein Mann nimmt das hin, dass wir nur noch sehr selten Sex haben, aber er verhält sich mir gegenüber deutlich liebloser, ist launisch, und die endlosen Diskussionen drehen sich im Kreis. Natürlich gibt es andere Möglichkeiten, Spielereien, was wir auch tun, aber eigentlich möchte er mehr, und ich spüre immer wieder diesen Druck, seine Erwartungshaltung, sein Frust. Ich muss dazu sagen, dass ich ab dem Moment, wo ich ihn einfach über mich drüber rutschen lassen würde, mich völlig entwertet fühlen würde, ich kann nicht einfach die Beine breit machen. Auch nicht aus Liebe. Die Liebe wird insbesondere in den zwei Jahren extrem hart auf die Probe gestellt.
Ich habe mehrfach, hundertfach, gesagt, dass ich hier kaputtgehe und dass ich gerne dorthin zurückmöchte, wo ich herkomme. Auch wenn ich dort ebenfalls kaum Kontakte habe, so ist mir die Gegend vertraut, ich fühle mich wohl, wenn ich dort auf Besuch bin, es ist mir vertraut, die Leute haben eine Mentalität, die mir angenehm ist, die Natur dort ist wunderschön. Aber der Arbeitsmarkt dort ist sehr schwierig. Ich möchte, dass mein Mann sich jobmäßig nicht verschlechtert, ich möchte, dass er einen Job hat, der ihm Spaß macht, ich möchte nichts erzwingen. Er hat irgendwann eingewilligt, aber das ist jetzt schon über ein Jahr her, und seine Versuche, in meiner Heimat einen passenden Job zu finden, kommen mir eher halbherzig vor. In unseren Gesprächen, die irgendwann immer wieder beim Thema fehlender Sex landen, hat er gesagt, er möchte mich glücklich sehen. Ich habe langsam den Eindruck, dass ihn mein Glücklichsein insofern motiviert, als dass er dann mehr Sex bekommt, obwohl ich ihm die Hormongeschichte tausendfach erklärt habe. Er hat mir indirekt zu verstehen gegeben, dass er sich von einem Umzug dorthin erhoffen würde, dass ich dann glücklich wäre und es mehr Sex für ihn gibt, aber dass er nicht sicher sei, ob ich dort glücklich werde. Kurz, während es ihm schon immer egal war, wo wir wohnen, Hauptsache privat und Arbeit ist okay, so ist ihm der Einsatz jetzt möglicherweise zu hoch.
Als wir uns kennenlernten, war er ein sehr sehr liebevoller, verschmuster Mensch, der mich vergöttert hat und verrückt nach meinen Körper war. Danach ist er immer noch verrückt, nur ist bei mir kein Bedürfnis mehr da, wenn ich mit ihm schlafe, mache ich das nur für ihn, er kommt sich als Bittsteller vor, obwohl ich Sex niemals benutzt habe um etwas zu erreichen. Er sagt, er findet es ungerecht, dass jemand, der keine Lust mehr hat, darüber entscheiden darf, wieivel Sex es gibt. Seit wir uns kennen, ist er treu. Er ist sich auch sicher, dass er es immer sein wird, auch wenn wir keinen Sex mehr haben. Ich fühle mich mit dem Zustand auch nicht wohl, zum einen seine schlechte Laune, meine Schuldgefühle, und der Druck, der auf mir lastet, weil ich ihm nichts vorenthalten möchte, meinen Körper aber auch nicht fremdbestimmen lassen möchte, ich möchte auch nicht, dass er fremdgeht, dazu bin ich seit zwei Jahren sehr unglückllich und möchte einfach nur noch ausbrechen, weg hier, weg aus der Gegend, aber ich wüsste, dass er mir fehlen würde, weil wir eigentlich zusammengehören, nur hat sich so viel geändert. Er hält mich für gleichgültig und lieblos, weil er sagt, dass ich ihm zu liebe mit ihm schlafen könnte (wenn ich mit ihm schlafe, tue ich das nur für ihn, aber wenn ich das sage, wird er wütend), und ich erschrecke immer mehr über den Gedanken, dass er unsere Beziehung offensichtlich nur noch darüber bewertet, wieviel Sex es gibt. Gestern sagte er, dass die Frauen im Netz, die eine Total-OP hatten, darunter leiden würden keinen Sex mehr zu haben, ich dagegen würde es nicht. ich denke eher, dass sie Angst um ihre Beziehung haben, was ich gut verstehen kann. Gestern sagte er tatsächlich, ich sollte es nicht falsch verstehen, aber wenn er eine Frau wäre, würde er sagen, ob ich mir seiner zu sicher sei? - Das war ein Schlag in die Magengrube, nein, ich bin mir seiner nicht sicher, weil er sich sehr verändert hat und er unsere Beziehung nur noch über den Sex bewertet, ich weiß nicht, wie es weitergehen soll, seit er der Hauptverdiener ist, kommt er mir gegenüber respektloser vor, und seit ich kaum noch zu Sex bereit bin, kommt er mir liebloser vor.
Vermutlich wird mir hier kaum jemand raten können, aber vielleicht steckt jemand in einer ähnlichen Situation. ich musste es einfach mal erzählen. Danke fürs Lesen.
25.02.2021 13:00 • • 03.03.2021 x 1 #1