Quarktasche
wie ihr dem Titel entnehmen könnt, haben wir uns vor knapp einer Woche einen großen Traum erfüllt und einen Hund zu uns geholt. Yoshi ist ein 5 Monate alter Labrador-Mix aus privater Hand. Seine Vorbesitzer haben ihn abgegeben, weil er sich laut deren Aussage nicht mit dem vorhandenen Hund verstand. Wir haben ihn einen Nachmittag kennenlernen dürfen und eine Woche später dann geholt.
Eigentlich habe ich mir das jahrelang gewünscht. Einen fröhlichen Wanderbegleiter, der Teil unserer kleinen Familie wird. Zu romantisch, nicht?
Denn seitdem der Hund hier ist, bin ich allerdings völlig überfordert. Ich habe zwar in den letzte Monaten extrem viel über Hunde gelesen, in meiner Familie gab es immer Hunde und ich interessiere mich schon immer für das Thema.
Aber ich habe trotzdem das Gefühl, vor einem Berg von Verantwortung zu stehen, dem ich nie gerecht werden kann. Außerdem existiert mein bisheriges Leben quasi nicht mehr. Die ganze Umgebung wirkt anders und fremd, eben ungewohnt. Wir können den unteren Teil der Wohnung nicht nutzen, das heißt, nicht an den Rechner, weil er keine Treppen läuft. Wir können uns nicht frei bewegen, da er IMMER dabei sein muss. Wir können nicht wandern gehen, weil er dafür noch zu klein ist.
Er heult und bellt, sobald ich auch nur eine Sekunde den Raum ohne ihn verlasse und er mir nicht folgen kann.
Er findet Jogger doof und bellt sie an, am Zaun an der Terrasse versucht er alles und jeden zu verbellen... Er läuft nicht an der Leine. Einzig wenn er frei läuft, kommt er auf Abruf. WENN ihn nicht irgendwas ablenkt. Sitz, Platz und Bleib in Ansätzen kann er, aber das sind ja Dinge von Minuten. Wir belohnen sehr viel, sind bei verbotenen Dingen konsequent, aber haben nicht das Gefühl, respektiert zu werden von ihm. Er macht trotzdem immer wieder alles Verbotene.
Ich bin ein sehr großer Fan von Ordnung und Sauberkeit - mit einem jetzt schon recht großen Hund praktisch ein Ding der Unmöglichkeit. Jeden Tag wischen, damit es in 5 Minuten wieder aussieht wie im Saustall. Wie hält man das aus? Eine saubere Wohnung gibt mir Sicherheit und Zufriedenheit. Zudem waren mir ein geregelter Tagesablauf und meine Routinen sehr wichtig. Da sich beides jetzt natürlich nach dem Hund richtet, ist eine weitere Konstante weggefallen.
Dazu kommt, dass die Vorbesitzer nicht viel mit dem Kerlchen gemacht haben. Ich habe extreme Angst vor seiner Pubertät, in die er bald kommt, weil er bisher eben noch absolut nicht viel kann. Ich habe das Gefühl, er ist respektlos, weiß aber nicht, ob sein Verhalten einfach nur normal ist, wir kennen uns ja noch nicht lang und er ist noch ein halber Welpe. Unser Kater kann ihn überhaupt nicht leiden, das war eigentlich Grundvoraussetzung. Der arme Kerl verzieht sich jetzt den ganzen Tag und faucht um sich, wenn der Hund in der Nähe ist. Das tut mir schrecklich leid.
Wir bzw. ich haben uns halt vorgenommen, von Anfang an alles richtig zu machen und einen gut erzogenen, ausgelasteten und zufriedenen Hund aus ihm zu machen. Aber dieses Massiv an Aufgaben und Selbstaufgabe kann ich nicht bewerkstelligen. Jetzt habe ich das Gefühl, das einzig Richtige wäre, das Experiment Hund als gescheitert zu betrachten und ihn zurück zu geben.
28.05.2020 12:24 • • 13.06.2020 #1