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Chrirok57
Hallo zusammen.

Ich arbeite seit gut 5 Monaten in einem Grosshandelbetrieb im Bereich Auftragsdienst. Die Arbeit gefällt mir ziemlich gut, obwohl wir sehr sehr viel zu tun haben, dies vor allem wegen der noch laufenden Corona-Situation. Nun es fing alles sehr rosig an. Ich überzeugte bei meiner Auffassungsgabe, war sehr aufmerksam und erledigte meine Arbeit pflichtbewusst und zuverlässig. Doch seit dem April geht bei mir alles den Bach herunter: Ich mache dauernd Fehler (vergesse einfache Dinge, bin unaufmerksam, arbeite nicht speditiv, werde schnell nervös und kann mich nicht gut konzentrieren).

Diese Fehler häuften sich über die Wochen immer mehr und mehr heran, bis vor einer Woche meine Teamleiterin und der Abteilungsleiter das Gespräch mit mir suchten. Die Teamleiterin sei verzweifelt und fragt sich, warum ich plötzlich mit der Leistung derart abbaue, dass ich dauernd Fehler mache, die zu vermeiden sind. Ich begegnete ihr und dem Abteilungsleiter, dass ich psychische Probleme habe (Selbstwertgefühl) und mir die viele Arbeit ein bisschen zu viel ist (Wir haben andauernd jede Minute einen Telefonanruf eines Kunden und nebenbei sollte ich noch meine zigtausend andere Pendenzen erledigen, sowie die eingehenden Bestellungen erfassen). Daraufhin zeigte der Abteilungsleiter mir ein paar Tipps, wie ich diesen Stress etwas reduzieren kann (keine Fresszettel, sondern ein Heft; Prioritäten setzen etc.) Nun eine Woche später, also heute: ich fühle mich sehr wohl und habe ein gutes Gefühl, dass ich beim heutigen Gespräch etwas besser davonkomme: Denkste. Die Teamleiterin zieht wieder über mir her und sagt, ich mache immer wieder die gleichen Fehler und so gehe das nicht weiter. Das Schlimmste: Der Abteilungsleiter stellte mir ein Ultimatum: Wenn ich in den nächsten 6 Wochen weiter versage, wird das Anstellungsverhältnis in Frage gestellt, sprich: Mir wird gekündigt.

Ich fühle mich richtig wert- und nutzlos, weil ich von den letzten 5 Jahren 3,5 Jahre arbeitslos war. Die Stelle, die ich jetzt habe, ist ein totaler Glücksfall: Ich habe nun eine eigene Wohnung, ich verdiene einen normalen Lohn (Zuvor immer nur Praktikas absolviert) und ich mache in dem Bereich weiter, in dem ich meine Ausbildung genoss. Dies alles zu verlieren und dazu noch in dieser Corona Situation macht mich unendlich traurig und bringt mich echt zur Verzweiflung. Wieder Stellensuche, wieder arbeitslos, nie mit einem richtigen Lohn gearbeitet, den Durchbruch in die offene Wirtschaft nicht geschafft. (Ich absolvierte meine Lehre in einem geschützten Arbeitsplatz) Ich habe Angst, alles zu verlieren.

15.06.2020 17:44 • 26.07.2020 #1


14 Antworten ↓


M
Ich verstehe dich sehr gut. Mir ging es Jahrelang genauso und es ist auch wirklich ein Teufelskreislauf aus welchem man schwer rauskommt. Ich finde es aber bewundernswert, dass du eine solche Selbsterkenntnis hast und dass du ehrlich zu dir selbst bist.
Psychische Probleme (Selbstwertgefühl) -- Das wissen viele nicht bzw wollen es nicht wahr haben oder verdrängen es. Jetzt weißt du ja, woran du arbeiten kannst. Denn darin liegt der Schlüssel für viele Probleme.

Allerdings ist es leider so, dass Vorgesetzte wirtschaftlich denken. Das Menschliche kommt meist zu kurz. Deshalb traue ich denen wirklich zu, dass sie dich rausschmeißen. Leider, muss aber nicht sein.

Doch was machen selbstbewusste Menschen in so einem Fall? Sie stehen wieder auf, wenn sie umgefallen sind und sagen: Das pack ich. Wird schon wieder! ich bin super! Das mach auch so! Alles andere wäre an dieser Stelle unvernünftig. Ich wünsche dir alles Gute.

15.06.2020 17:53 • x 1 #2


A


Angst vor Verlust des Arbeitsplatzes wegen Fehlern

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Safira
Kann Dich auch total verstehen. Jetzt dreht der Kopf durch und alles geht noch schlimmer den Bach runter. Der einzige der das Ruder noch umreißen kann bist Du. Aber das sagt sich so leicht.

Verstehe auch nicht warum Du das Heft jetzt erst bekommen hast was ist passiert als das anfing mit den Fehlern? Es lief gut und dann nicht.
Saß da vll das kleine Teufelchen auf der Schulter was Dir still und leise eintrichtern wollte das Du das gar nicht verdient hast? irgendwas muss in Deinen Gedanken gelaufen sein.

15.06.2020 17:59 • #3


Icefalki
Man kann dich wirklich verstehen und jetzt hilft nur eines: egal, was du fühlst, du redest dir jetzt ein, der beste und perfekteste Mensch auf Erden zu sein und wirklichen Spass bei der Arbeit zu haben.
Dabei lächelst du freundlich vor dich hin und bist total positiv drauf.
Was anderes kommt jetzt nicht mehr in Frage, keine Wenn's , keine Abers.

Verlieren kannst du nämlich überhaupt nichts, nur noch gewinnen. Mach es einfach, gross therapieren geht jetzt nicht, aber das Fühlen und Denken kann man überlisten.

Wenn sich ein Tief in den Gedanken anbahnt, dann verziehe dein Gesicht zu einem Lachen, das signalisiert dem Gehirn, dass du lachst, und mindert die negativen Gefühle. Musst du genau 1 Minute durchhalten, dieses Grimassenlachen, das in Wirklichkeit kein echtes Lachen ist, aber das Gehirn glaubt es.

Denk nicht drüber nach, du bist jetzt supertoll, hast Freude und Spass und rockst den Laden. Sofort 1 Minute Grinsekatze spielen und dann berichten, was passiert ist.

15.06.2020 19:11 • x 1 #4


Chrirok57
Haha Ok, ich versuchs

Ich werde persönlich auch darauf schauen, dass ich lieber ein Gang runterschalte und dafür die Arbeit richtig mache. Hoffe, es kommt doch noch alles gut :/

15.06.2020 19:49 • x 1 #5


Safira
Achte auch mal auf deine Atmung. Je schneller und flacher desto aufgeregter bist du. Man kann viel mit der Atmung machen

15.06.2020 19:58 • #6


Chrirok57
Ja, es ist eine Mischung aus Stress und Selbstwert: Die Telefone prasseln auf dich rein und ich bin dann eben schon überfordert. Für mich gilt es nun, einen gute Mischung zwischen Qualität und Quantität zu finden, laut Abteilungsleiter.

Durch dieses Gespräch von heute hatte ich das Horrorszenario wieder vor Augen: der Stellenverlust. Ich hoffe ich verkrampfe mich nicht in den nächsten Wochen :/

15.06.2020 20:22 • #7


Safira
Gehe mal in dich und frage dich, wie du denken und handeln würdest, wenn du keine Angst hättest.
Stell es dir bildlich vor. Wie fühlt es sich an?

15.06.2020 20:24 • #8


Icefalki
Zitat von Chrirok57:
Ich hoffe ich verkrampfe mich nicht in den nächsten Wochen :/


Wie sollst du dich verkrampfen, wenn du nun ein Winner bist? Ernsthaft, wir sind, was wir denken. Und wenn du positiv denkst, wird es positiv. Ist wissenschaftlich bewiesen.

15.06.2020 20:26 • #9


Chrirok57
2 Wochen sind nun rum und ich hatte bereits 2 Standortbestimmungen. Die erste hörte sich nicht schlecht an, die Teamleiterin ist aber noch längst nicht zufrieden und bot mir nun an, gegen die innere Konflikte und Blockaden, die ich zurzeit habe, Schüssler-Salz auszuprobieren. Gesagt getan, genützt hat es nur bedingt.

Gestern hatte ich nun meine zweite Standortbestimmung und da hörte sich schon ziemlich vieles nach Kündigung an. Zuerst wurde ich gefragt, wie ich die Woche empfand, ich hatte das Gefühl, dass ich langsam aber sicher wieder in die Spur komme. Darauf meinte die Teamleiterin aber, dass ich nur sehr leichte bis keine Fortschritte gemacht habe, dass man mir alles wiederholen muss, ich viele Flüchtigkeitsfehler mache und und und... Mein Vorgesetzter meinte dann nur, dass wir jetzt schon 2 Wochen in dieser Mini-Probezeit seien und er merkt, dass wir noch immer nicht grosse Verbesserungen erreichten in meiner Arbeitsleistung.

Ich weiss echt nicht mehr, was ich tun soll. Ich gebe Tag für Tag mein Bestes, versuche auch die Arbeit ruhiger anzugehen, aber die Fehler überholen mich die ganze Zeit. Vor ein paar Jahren war das noch ein Unding und arbeitete sehr zuverlässig und speditiv... Die Angst vor dem Jobverlust ist mittlerweile immens und ich weiss nicht, wie ich diese Krise danach bewältigen soll. Ich habe jahrelang immer wieder nach einem Job gesucht, bisher nur Praktikas und nun hätte ich die Chance mich zu beweisen in einer Festanstellung und ich bringe nichts auf die Reihe.

27.06.2020 09:01 • #10


Ibreaktogether
Bei mir ist es so, dass bevor ich merke, dass ich fehleranfällig werde, werde ich unendlich langsam, aber so, dass es keiner merkt. Aber das belastet trotzdem extrem. Unterbrechungen durch Telefon gibt es bei mir nicht so oft, aber dafür permanente Zwischenrufe im Großraumbüro, die ich nicht rausfiltern kann.

Ich kann dann aufgrund des Frusts nachts schlecht schlafen, und melde mich krank, weil ich genau weiß, dass es die Hölle wäre, ständig gegen das Einschlafen am Arbeitsplatz anzukämpfen. Nach vier Tagen krank in der Probezeit bin ich schon zwei mal entlassen worden.

27.06.2020 09:43 • #11


Meteora
Ich kann dich so gut verstehen: die Angst vor dem sozialen Abstieg, dem Mangel an Geld und der Ungewissheit, was danach kommt etc. Egal war man macht, es ist nie genug, man strengt sich an, sinnlos. Ich habe meinen Ausbildungsplatz aus ähnlichen Gründen verloren, aber hauptsächlich wegen meiner Psyche. Ich hatte Angst, Fehler zu machen, und habe deswegen noch mehr Fehler gemacht.
Vielleicht war es daher besser, gekündigt zu werden. Später möchte ich einen Job, der besser zu mir passt und mich nicht so überfordert. Momentan mache ich gute Erfahrungen als Putzfrau, studiere aber noch. Ist ein weniger qualifizierter Job vielleicht eine Option für dich?
Auch mir hat man damals ein Ultimatum gesetzt: Wenn ich die Probezeitklausuren bestehe und mich am Arbeitsplatz bessere, darf ich bleiben. Natürlich habe ich mich ihrer Meinung nach nicht gebessert. Man muss im Job wirklich ein Übermensch sein und ist doch nur ein Mensch, der Fehler macht. Aber die Angst vor den Fehlern lähmt und fordert einen.

Sorry, wenn mein Beitrag nicht hilfreich war. Ich wollte dich nur wissen lassen, dass das eine sehr verbreitete Angst ist. Selbst wenn das Schlimmste passiert: Du bist trotzdem wertvoll und wichtig! Der Arbeitsplatz definiert nicht deine Identität.

27.06.2020 10:05 • x 1 #12


Chrirok57
Zitat von Ibreaktogether:
Bei mir ist es so, dass bevor ich merke, dass ich fehleranfällig werde, werde ich unendlich langsam, aber so, dass es keiner merkt.


Das ist bei mir eben genauso zurzeit. Ich bin mir auch am Überlegen, ob das KV wirklich das ist, was mich glücklich macht und bereichert. Hatte in den letzten Wochen so meine Gedankengänge über eine berufliche Neuorientierung...

Aber vielleicht bin ich zurzeit einfach zu dumm für den Verkaufsinnendienst, was mir Angst macht, da ich nicht weiss ob ich so jemals wieder einen Job finden könnte... Dabei ist es das, was ich gelernt habe :/

28.06.2020 21:14 • #13


Chrirok57
Zitat von Meteora:
Du bist trotzdem wertvoll und wichtig! Der Arbeitsplatz definiert nicht deine Identität.


Genau das ist meine meine allergrösste Angst: Als Versager und Nichtskönner abgestempelt zu werden. Ich komme mir mittlerweile echt mies vor. Meine Gedanken kreisen sich aber auch um meine Freunde und vor allem die Familie, dass diese mich als Mensch hinterfragen...

Die letzten 2 Wochen hatte ich Ferien und die ersten beiden Arbeitstage waren wieder zum Vergessen. Ein grober Fehler nach dem Anderen. Meine Teamleiterin begrüsst mich mittlerweile nicht mal mehr richtig

21.07.2020 20:56 • #14


Chrirok57
Update: Nach langem abwarten meines Arbeitgebers wurde mir letzten Freitag gekündigt. Man hat nicht den Mut, mich länger einzustellen, da man selber nicht weiss, ob die Situation sich je wieder verbessern wird, so der Wortlaut.

Ich arbeite jetzt in den nächsten 2 Monaten, während der Kündigungsfrist, im Lager, bevor ich dann Ende September den Betrieb verlassen werde... Schade...

26.07.2020 18:19 • x 1 #15


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