App im Playstore
Pfeil rechts
2

Neulich saß ich am Klavier und spielte ein Stück, das ich schon vor zwanzig Jahren gespielt habe. Es war ein seltsames Gefühl: Ich bin älter geworden, habe viel erlebt, mich entwickelt, reflektiert, achtsam gelebt – und doch hatte ich den Eindruck, im tiefsten Inneren immer noch derselbe Mensch zu sein. Trotz aller Fortschritte in Sachen Selbsterfahrung, Achtsamkeit, Selbstreflexion und Empathie bleibt da ein Teil von mir, der sich nicht verändert.
Es scheint, als ob meine Persönlichkeit aus zwei Ebenen besteht:
Da ist der veränderliche Teil – Körper, Gefühle, Gedanken, Motivationen, die sich im Laufe der Zeit wandeln. Und dann gibt es noch einen anderen Teil, der irgendwie „ewig“ ist, der immer schon da war und immer da sein wird. Dieser Kern ist schwer zu fassen. Ich kann ihn nicht in Worte kleiden, aber ich spüre ihn besonders in Momenten der Musik, der Stille oder tiefen Verbundenheit.

Psychologie, Spiritualität und das Selbst
Natürlich habe ich mich im Laufe der Jahre immer wieder mit Spiritualität beschäftigt, bin aber konsequent den psychologischen Weg gegangen. Am Ende dieses Weges taucht für mich nun die Frage auf: Was ist dieses ewige Selbst, dieser Kern, der bleibt, wenn alles andere sich verändert?
In der Psychologie gibt es verschiedene Ansätze dazu. C.G. Jung spricht vom „Selbst“ als Zentrum der Persönlichkeit, das mehr umfasst als das bewusste Ich. In der Achtsamkeitspraxis begegnet man dem „Beobachter-Selbst“ oder „reinen Gewahrsein“ – dem Teil in uns, der alles wahrnimmt, aber selbst unverändert bleibt. Spirituelle Traditionen nennen es manchmal „Seele“, „Essenz“ oder „höheres Selbst“.

Wie kann ich diesen Kern im Alltag leben?
Ich frage mich: Was mache ich mit diesem ewigen Anteil meiner Persönlichkeit? Kann ich ihn in meinen Alltag integrieren, und wenn ja, wie? Finde ich über ein „höheres Selbst“ Zugang zu diesem Kern? Oder ist es einfach nur ein Gefühl, das ich akzeptieren und wertschätzen darf, ohne es zu verstehen?
Für mich sind das keine rein theoretischen Fragen. Ich erlebe diesen Kern besonders in Momenten der Musik, in der Natur oder wenn ich ganz bei mir bin. Vielleicht ist es gerade das, was uns Halt gibt, wenn das Leben sich verändert: zu wissen, dass da etwas in uns bleibt, das immer schon da war.
Ich denke, es macht Sinn, diesen inneren Anteil willkommen zu heißen und zu würdigen – auch wenn er sich nicht in Worte fassen lässt. Ich habe das Gefühl, dass dieser Teil von uns eine ganz eigene, wortlose Sprache spricht. Kognitiv lässt er sich kaum greifen, aber ich glaube, wir können ihn dennoch in unser Leben integrieren.
Für mich zeigt sich dieser Anteil besonders in Momenten, in denen der Geist zur Ruhe kommt – wenn einfach nur Gewahrsein da ist, reine Präsenz, ohne Gedanken oder Bewertungen. Diese Zustände lassen sich nicht erzwingen. Ich möchte vielmehr offen und durchlässig dafür bleiben, damit sich diese Qualität von selbst zeigen kann.
Vielleicht ist es genau das: Nicht machen, sondern zulassen. Nicht analysieren, sondern spüren. Ich bin gespannt, wie ihr das erlebt und ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt.

Was meint ihr?
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Gibt es für euch auch einen Teil, der sich nie verändert hat, egal, was im Außen passiert? Wie geht ihr damit um? Und wie gelingt es euch, diesen Kern im Alltag zu spüren oder zu leben?
Ich freue mich auf eure Gedanken und Erfahrungen!

Heute 09:45 • 14.05.2025 #1


3 Antworten ↓


Nachtrag
Auf jeden Fall erhält die Gegenwart eine ganz neue Qualität, wenn ich diesen Anteil integriere. Ich lasse mich mehr vom Leben tragen, mein Geist greift weniger ein und bewertet weniger. Dadurch erlebe ich viel mehr Schönheit in der Welt und habe manchmal das Gefühl, einem verborgenen Plan zu folgen, auch wenn ich ihn nicht immer verstehe.
Zu akzeptieren, dass ich nicht alles erklären kann und auch nicht muss, bringt eine große Entspannung in mein Leben. Es fühlt sich tatsächlich wie eine Befreiung an!
Dieses Loslassen von Kontrolle und das Vertrauen ins Leben eröffnen mir neue Perspektiven und machen vieles leichter.
Mich würde interessieren, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt und wie ihr damit umgeht, nicht immer alles erklären oder verstehen zu müssen.

A


Wer bin ich im Kern? Gedanken über das ewige Selbst

x 3


Für mich liegt vieles in den Bewertungen, wie du ja auch schon schreibst.
Denn sobald wir etwas bewerten teilen wir es ein in gut oder schlecht und somit automatisch in Ablehnung und haben wollen.
Mit allem, was wir einverstanden sind, können wir eins werden und das ist dann vielleicht der Kern den du meinst, aber sobald man etwas ablehnt, etwas verändern möchte, entfernen wir uns wieder von der Einheit. Das erleben wir als leiden.

Sobald alles gleichwertig ist, bleibt nur noch das Leben übrig. Es gibt nichts zu tun, denn alles ist recht. Es bleibt nur das Erleben von dem, was eben gerade geschieht.

Somit stimme ich dir da voll zu:
Zitat von MaKaZen:
Dadurch erlebe ich viel mehr Schönheit in der Welt und habe manchmal das Gefühl, einem verborgenen Plan zu folgen, auch wenn ich ihn nicht immer verstehe.
Zu akzeptieren, dass ich nicht alles erklären kann und auch nicht muss, bringt eine große Entspannung in mein Leben. Es fühlt sich tatsächlich wie eine Befreiung an!
Dieses Loslassen von Kontrolle und das Vertrauen ins Leben eröffnen mir neue Perspektiven und machen vieles leichter.

Zitat von hereingeschneit:
Für mich liegt vieles in den Bewertungen, wie du ja auch schon schreibst.
Denn sobald wir etwas bewerten teilen wir es ein in gut oder schlecht und somit automatisch in Ablehnung und haben wollen.
Mit allem, was wir einverstanden sind, können wir eins werden und das ist dann vielleicht der Kern den du meinst, aber sobald man etwas ablehnt, etwas verändern möchte, entfernen wir uns wieder von der Einheit. Das erleben wir als leiden.

Ich merke auch, dass ich an meine Grenzen stoße, was das ganze Kognitive betrifft. Ich beschäftige mich schon so lange damit, dass ich kaum noch das Bedürfnis habe, ständig alle negativen Umstände kognitiv neu zu bewerten oder zu analysieren.
Manchmal wünsche ich mir einfach, mich selbst auch mal leben lassen zu können – ohne immerzu zu beobachten, zu reflektieren oder mir Gedanken zu machen, was ich mit all den Eindrücken anfangen soll. Es tut gut, sich selbst und das Leben einfach mal geschehen zu lassen, ohne alles kontrollieren oder einordnen zu müssen.




App im Playstore