Neulich saß ich am Klavier und spielte ein Stück, das ich schon vor zwanzig Jahren gespielt habe. Es war ein seltsames Gefühl: Ich bin älter geworden, habe viel erlebt, mich entwickelt, reflektiert, achtsam gelebt – und doch hatte ich den Eindruck, im tiefsten Inneren immer noch derselbe Mensch zu sein. Trotz aller Fortschritte in Sachen Selbsterfahrung, Achtsamkeit, Selbstreflexion und Empathie bleibt da ein Teil von mir, der sich nicht verändert.
Es scheint, als ob meine Persönlichkeit aus zwei Ebenen besteht:
Da ist der veränderliche Teil – Körper, Gefühle, Gedanken, Motivationen, die sich im Laufe der Zeit wandeln. Und dann gibt es noch einen anderen Teil, der irgendwie „ewig“ ist, der immer schon da war und immer da sein wird. Dieser Kern ist schwer zu fassen. Ich kann ihn nicht in Worte kleiden, aber ich spüre ihn besonders in Momenten der Musik, der Stille oder tiefen Verbundenheit.
Psychologie, Spiritualität und das Selbst
Natürlich habe ich mich im Laufe der Jahre immer wieder mit Spiritualität beschäftigt, bin aber konsequent den psychologischen Weg gegangen. Am Ende dieses Weges taucht für mich nun die Frage auf: Was ist dieses ewige Selbst, dieser Kern, der bleibt, wenn alles andere sich verändert?
In der Psychologie gibt es verschiedene Ansätze dazu. C.G. Jung spricht vom „Selbst“ als Zentrum der Persönlichkeit, das mehr umfasst als das bewusste Ich. In der Achtsamkeitspraxis begegnet man dem „Beobachter-Selbst“ oder „reinen Gewahrsein“ – dem Teil in uns, der alles wahrnimmt, aber selbst unverändert bleibt. Spirituelle Traditionen nennen es manchmal „Seele“, „Essenz“ oder „höheres Selbst“.
Wie kann ich diesen Kern im Alltag leben?
Ich frage mich: Was mache ich mit diesem ewigen Anteil meiner Persönlichkeit? Kann ich ihn in meinen Alltag integrieren, und wenn ja, wie? Finde ich über ein „höheres Selbst“ Zugang zu diesem Kern? Oder ist es einfach nur ein Gefühl, das ich akzeptieren und wertschätzen darf, ohne es zu verstehen?
Für mich sind das keine rein theoretischen Fragen. Ich erlebe diesen Kern besonders in Momenten der Musik, in der Natur oder wenn ich ganz bei mir bin. Vielleicht ist es gerade das, was uns Halt gibt, wenn das Leben sich verändert: zu wissen, dass da etwas in uns bleibt, das immer schon da war.
Ich denke, es macht Sinn, diesen inneren Anteil willkommen zu heißen und zu würdigen – auch wenn er sich nicht in Worte fassen lässt. Ich habe das Gefühl, dass dieser Teil von uns eine ganz eigene, wortlose Sprache spricht. Kognitiv lässt er sich kaum greifen, aber ich glaube, wir können ihn dennoch in unser Leben integrieren.
Für mich zeigt sich dieser Anteil besonders in Momenten, in denen der Geist zur Ruhe kommt – wenn einfach nur Gewahrsein da ist, reine Präsenz, ohne Gedanken oder Bewertungen. Diese Zustände lassen sich nicht erzwingen. Ich möchte vielmehr offen und durchlässig dafür bleiben, damit sich diese Qualität von selbst zeigen kann.
Vielleicht ist es genau das: Nicht machen, sondern zulassen. Nicht analysieren, sondern spüren. Ich bin gespannt, wie ihr das erlebt und ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt.
Was meint ihr?
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Gibt es für euch auch einen Teil, der sich nie verändert hat, egal, was im Außen passiert? Wie geht ihr damit um? Und wie gelingt es euch, diesen Kern im Alltag zu spüren oder zu leben?
Ich freue mich auf eure Gedanken und Erfahrungen!
Heute 09:45 • • 14.05.2025
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