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Neulich saß ich am Klavier und spielte ein Stück, das ich schon vor zwanzig Jahren gespielt habe. Es war ein seltsames Gefühl: Ich bin älter geworden, habe viel erlebt, mich entwickelt, reflektiert, achtsam gelebt – und doch hatte ich den Eindruck, im tiefsten Inneren immer noch derselbe Mensch zu sein. Trotz aller Fortschritte in Sachen Selbsterfahrung, Achtsamkeit, Selbstreflexion und Empathie bleibt da ein Teil von mir, der sich nicht verändert.
Es scheint, als ob meine Persönlichkeit aus zwei Ebenen besteht:
Da ist der veränderliche Teil – Körper, Gefühle, Gedanken, Motivationen, die sich im Laufe der Zeit wandeln. Und dann gibt es noch einen anderen Teil, der irgendwie „ewig“ ist, der immer schon da war und immer da sein wird. Dieser Kern ist schwer zu fassen. Ich kann ihn nicht in Worte kleiden, aber ich spüre ihn besonders in Momenten der Musik, der Stille oder tiefen Verbundenheit.

Psychologie, Spiritualität und das Selbst
Natürlich habe ich mich im Laufe der Jahre immer wieder mit Spiritualität beschäftigt, bin aber konsequent den psychologischen Weg gegangen. Am Ende dieses Weges taucht für mich nun die Frage auf: Was ist dieses ewige Selbst, dieser Kern, der bleibt, wenn alles andere sich verändert?
In der Psychologie gibt es verschiedene Ansätze dazu. C.G. Jung spricht vom „Selbst“ als Zentrum der Persönlichkeit, das mehr umfasst als das bewusste Ich. In der Achtsamkeitspraxis begegnet man dem „Beobachter-Selbst“ oder „reinen Gewahrsein“ – dem Teil in uns, der alles wahrnimmt, aber selbst unverändert bleibt. Spirituelle Traditionen nennen es manchmal „Seele“, „Essenz“ oder „höheres Selbst“.

Wie kann ich diesen Kern im Alltag leben?
Ich frage mich: Was mache ich mit diesem ewigen Anteil meiner Persönlichkeit? Kann ich ihn in meinen Alltag integrieren, und wenn ja, wie? Finde ich über ein „höheres Selbst“ Zugang zu diesem Kern? Oder ist es einfach nur ein Gefühl, das ich akzeptieren und wertschätzen darf, ohne es zu verstehen?
Für mich sind das keine rein theoretischen Fragen. Ich erlebe diesen Kern besonders in Momenten der Musik, in der Natur oder wenn ich ganz bei mir bin. Vielleicht ist es gerade das, was uns Halt gibt, wenn das Leben sich verändert: zu wissen, dass da etwas in uns bleibt, das immer schon da war.
Ich denke, es macht Sinn, diesen inneren Anteil willkommen zu heißen und zu würdigen – auch wenn er sich nicht in Worte fassen lässt. Ich habe das Gefühl, dass dieser Teil von uns eine ganz eigene, wortlose Sprache spricht. Kognitiv lässt er sich kaum greifen, aber ich glaube, wir können ihn dennoch in unser Leben integrieren.
Für mich zeigt sich dieser Anteil besonders in Momenten, in denen der Geist zur Ruhe kommt – wenn einfach nur Gewahrsein da ist, reine Präsenz, ohne Gedanken oder Bewertungen. Diese Zustände lassen sich nicht erzwingen. Ich möchte vielmehr offen und durchlässig dafür bleiben, damit sich diese Qualität von selbst zeigen kann.
Vielleicht ist es genau das: Nicht machen, sondern zulassen. Nicht analysieren, sondern spüren. Ich bin gespannt, wie ihr das erlebt und ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt.

Was meint ihr?
Habt ihr ähnliche Erfahrungen gemacht? Gibt es für euch auch einen Teil, der sich nie verändert hat, egal, was im Außen passiert? Wie geht ihr damit um? Und wie gelingt es euch, diesen Kern im Alltag zu spüren oder zu leben?
Ich freue mich auf eure Gedanken und Erfahrungen!

14.05.2025 09:45 • 18.05.2025 x 1 #1


24 Antworten ↓


Nachtrag
Auf jeden Fall erhält die Gegenwart eine ganz neue Qualität, wenn ich diesen Anteil integriere. Ich lasse mich mehr vom Leben tragen, mein Geist greift weniger ein und bewertet weniger. Dadurch erlebe ich viel mehr Schönheit in der Welt und habe manchmal das Gefühl, einem verborgenen Plan zu folgen, auch wenn ich ihn nicht immer verstehe.
Zu akzeptieren, dass ich nicht alles erklären kann und auch nicht muss, bringt eine große Entspannung in mein Leben. Es fühlt sich tatsächlich wie eine Befreiung an!
Dieses Loslassen von Kontrolle und das Vertrauen ins Leben eröffnen mir neue Perspektiven und machen vieles leichter.
Mich würde interessieren, ob ihr ähnliche Erfahrungen gemacht habt und wie ihr damit umgeht, nicht immer alles erklären oder verstehen zu müssen.

A


Wer bin ich im Kern? Gedanken über das ewige Selbst

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Für mich liegt vieles in den Bewertungen, wie du ja auch schon schreibst.
Denn sobald wir etwas bewerten teilen wir es ein in gut oder schlecht und somit automatisch in Ablehnung und haben wollen.
Mit allem, was wir einverstanden sind, können wir eins werden und das ist dann vielleicht der Kern den du meinst, aber sobald man etwas ablehnt, etwas verändern möchte, entfernen wir uns wieder von der Einheit. Das erleben wir als leiden.

Sobald alles gleichwertig ist, bleibt nur noch das Leben übrig. Es gibt nichts zu tun, denn alles ist recht. Es bleibt nur das Erleben von dem, was eben gerade geschieht.

Somit stimme ich dir da voll zu:
Zitat von MaKaZen:
Dadurch erlebe ich viel mehr Schönheit in der Welt und habe manchmal das Gefühl, einem verborgenen Plan zu folgen, auch wenn ich ihn nicht immer verstehe.
Zu akzeptieren, dass ich nicht alles erklären kann und auch nicht muss, bringt eine große Entspannung in mein Leben. Es fühlt sich tatsächlich wie eine Befreiung an!
Dieses Loslassen von Kontrolle und das Vertrauen ins Leben eröffnen mir neue Perspektiven und machen vieles leichter.

Zitat von hereingeschneit:
Für mich liegt vieles in den Bewertungen, wie du ja auch schon schreibst.
Denn sobald wir etwas bewerten teilen wir es ein in gut oder schlecht und somit automatisch in Ablehnung und haben wollen.
Mit allem, was wir einverstanden sind, können wir eins werden und das ist dann vielleicht der Kern den du meinst, aber sobald man etwas ablehnt, etwas verändern möchte, entfernen wir uns wieder von der Einheit. Das erleben wir als leiden.

Ich merke auch, dass ich an meine Grenzen stoße, was das ganze Kognitive betrifft. Ich beschäftige mich schon so lange damit, dass ich kaum noch das Bedürfnis habe, ständig alle negativen Umstände kognitiv neu zu bewerten oder zu analysieren.
Manchmal wünsche ich mir einfach, mich selbst auch mal leben lassen zu können – ohne immerzu zu beobachten, zu reflektieren oder mir Gedanken zu machen, was ich mit all den Eindrücken anfangen soll. Es tut gut, sich selbst und das Leben einfach mal geschehen zu lassen, ohne alles kontrollieren oder einordnen zu müssen.

Ich bin nach wie vor am Überlegen, welchen Einfluss dieses „höhere Selbst“ auf mein Leben nehmen kann. Da ich den Eindruck habe, dass dieser Kern meiner Persönlichkeit ewig existiert und nach dem physischen Tod vielleicht eine neue Form annimmt, wirft das für mich einen ganz neuen Blick auf das diesseitige Leben.
Mein aktuelles Leben fühlt sich für mich sinnvoll und erfüllt an. Ich glaube, mein persönliches Ziel war es, meine Emotionen in der Tiefe kennenzulernen. Das hat mich zu einem empathischen Menschen gemacht. Für mich ist das Gefühl für die eigenen Emotionen die Basis für echtes Mitgefühl mit allen Lebewesen.
Rückblickend waren all meine schwierigen Erfahrungen notwendig, um abgespaltene Emotionen früher oder später kennenzulernen und zu verarbeiten. Ich möchte keine einzige schlechte Erfahrung missen. Gerade weil ich immer auch ein Träumer war, der sich die Welt gerne mal schön geredet hat, waren diese heilsamen Erfahrungen wichtig für mich. Ich bin sogar dankbar für die Menschen, die mir das Leben schwer gemacht haben – denn ich lebe noch und habe gelernt, schlechte Erfahrungen zu verarbeiten.
Diese Überlegungen machen für mich persönlich großen Sinn. Ich bin überzeugt, dass viele andere ähnliche Erfahrungen gemacht haben, auch wenn jeder seinen ganz eigenen Weg geht und daraus individuelle Überzeugungen gewinnt. Für mich bedeutet das, inneren Frieden zu finden und offen für neue Wege zu bleiben.

Gibt es so etwas wie Schicksal – und was ist das überhaupt?

Der Begriff „Schicksal“ wird unterschiedlich verstanden – manche sehen es als eine Art Vorherbestimmung, andere als Ergebnis von Zufall oder eigener Entscheidung. Es gibt viele Sichtweisen, von der Vorstellung, dass alles im Leben vorherbestimmt ist, bis hin zur Überzeugung, dass wir unser Leben selbst gestalten.

Der Glaube an Schicksal kann sowohl Vor- als auch Nachteile haben. Einerseits hilft er, Unabänderliches zu akzeptieren und schwere Schicksalsschläge besser zu verarbeiten. Andererseits kann er dazu führen, dass man sich weniger als Gestalter des eigenen Lebens fühlt.

Aber Schicksalsglaube ist nicht nur eine Bewältigungsstrategie, sondern kann auch positive Erwartungen, Hoffnung und Lebensmut fördern. Entscheidend ist, wie man diesen Glauben für sich interpretiert und in sein Leben integriert.

Hier einige Aspekte, wie Schicksalsglaube wirken kann:
Positive Erwartungen und Vertrauen: Er vermittelt die Überzeugung, dass das Leben einen Sinn oder eine Richtung hat, auch in schwierigen Zeiten. Das kann helfen, optimistisch zu bleiben und darauf zu vertrauen, dass Herausforderungen letztlich zu etwas Positivem führen.
Gelassenheit und Akzeptanz: Er erleichtert es, Dinge anzunehmen, die man nicht ändern kann, und bringt mehr Ruhe ins Leben.
Sinnstiftung: Gerade in Krisen kann der Gedanke, dass alles aus einem bestimmten Grund geschieht, Trost spenden und helfen, einen Sinn zu erkennen.
Motivation und Hoffnung: Der Glaube, dass das Schicksal auch Gutes bereithält, kann motivieren, weiterzumachen und an bessere Zeiten zu glauben.

Mich interessiert: Wie steht ihr zum Thema Schicksal? Glaubt ihr daran? Wie beeinflusst das euren Alltag? Oder seht ihr alles eher als Zufall und eigene Verantwortung? Ich freue mich auf eure Erfahrungen und Gedanken!

Huhu, bewundernswert, dass du so viel positives für dich selbst und dein Leben aus deinen bisherigen Erfahrungen (gerade auch die Hindernisse und Schwierigkeiten) mitnehmen konntest.
Ich denke auch, dass das Sinn gibt und Zufriedenheit schafft, wenn man die Dinge so annehmen kann, wie sie sind und dadurch mit sich selbst ins Reine kommt.
Ich teile viele Ansichten, die du beschreibst. Ich denke es gibt einen Teil in uns, der eben den physischen Tod übersteht und dann in einer Art Wiedergeburt ein neues Leben beginnt mit dem Ziel ganz viele Erfahrungen zu sammeln und Dinge aufzuarbeiten, die im vorherigen Sein noch nicht möglich waren. Je nachdem, wo man liest, ist da dann oft von alten und jungen Seelen die Rede, die eben schon unterschiedliche Erfahrungen machen konnten und deren Vergangenheit uns wiederum unbewusst beeinflusst, obwohl sie eigentlich nichts mit unserem jetzigen Leben zu tun hat.
Ich hoffe es ist noch verständlich, was ich beschreibe.
Wir werden ja auch von unserem Umfeld stark geprägt und den Generationen vor uns.
Je nachdem, was diese erlebt haben, geben sie das auch bewusst oder unbewusst an ihre Kinder weiter.
Ob das dann mehr den veränderlichen Teil des Selbst betrifft oder auch den Kern, den du beschrieben hast, weiß ich nicht.
Ich für meinen Teil finde auch oft in der Natur Ruhe und es gibt Tage, da verbringe ich die Zeit mit meinem Sohn (fast 4) besonders bewusst und lasse mich von seiner kindlichen Begeisterung und Phantasie mitreißen. Da erlebe ich dann viel mehr Zufriedenheit und Dankbarkeit, als im Arbeitsalltag, wo es oftmals nur ums Geld geht. Ich erinnere mich dann auch automatisch an schöne Erlebnisse aus meiner Kindheit und wäre selbst manchmal gerne wieder so unbeschwert. Wobei man nicht außer acht lassen darf, dass Kinder auch Lasten haben und schon in jungen Jahren schwierige Zeiten haben können. Dennoch können sie gefühlt irgendwie besser damit umgehen und loslassen, weil sie mehr im Moment leben und nicht soweit im Voraus denken.

Das Thema Schicksal finde ich wiederum irgendwie schwierig. So an sich denke ich ja schon, dass schwierige Zeiten helfen uns stärker zu machen, einen gewissen Sinn haben um uns Türen zu öffnen, die sonst verschlossen blieben. Wenn ich dann aber in die Welt schaue, wo es viele Menschen gibt, die unter Armut, Hunger und Krieg leiden, deren Leben unter Umständen auch nur sehr kurz ist, frage ich mich schon, wie sie denn etwas positives daraus ziehen sollen? Sie sind schon irgendwie Opfer der äußeren/größeren Umstände und man selbst wäre vielleicht auch ganz anders, wenn man in einem anderen Land und unter anderen Vorraussetzungen geboren worden wäre. Wo man geboren wird, das wäre für mich eher Zufall als Schicksal. Denke da tatsächlich eher, dass vieles, was sich im Universum und in der Natur entwickelt hat und wie es entstanden ist durch den Zufall beeinflusst ist. Auch Krankheiten sind auf biologischer Ebene oft damit verbunden, wie viele ungünstige Faktoren zusammen treffen. Was wir aber letztendlich aus unseren, ich nenn es jetzt mal Startvoraussetzungen machen, dass können wir zu einem Großteil selbst beeinflussen. Das faszinierende ist ja, dass selbst Menschen, die in Not und Armut leben oder gesundheitlich große Probleme haben nicht zwingend unglücklicher sein müssen, als diejenigen, die in Wohlstand leben und scheinbar alles haben.
Sowas kann man also irgendwie bis zu einem gewissen Grad beeinflussen/üben.
Was ich persönlich jedoch schwierig finde, ist der Unterschied zwischen etwas wirklich annehmen können oder sich nur einreden, dass es aus einem Grund geschieht, dass man doch dankbar sein müsse usw.
Da gibt es den Begriff der toxischen Positivität - also der Zeitpunkt, ab dem man quasi die negativen Gefühle nur noch bestreitet und sie letztendlich ablehnt, statt anzunehmen, weil es muss ja einen Sinn dahinter geben und so...
Ich denke da ist es wichtig sich zu sagen, dass es durchaus berechtigt ist, zB wütend zu sein, wenn einem Ungerechtigkeit wiederfährt, traurig zu sein, wenn jemand verstorben ist usw. Die Gefühle wahrzunehmen, ohne zu beurteilen oder in ein darf nicht sein zu verfallen, ist die hohe Kunst und wie vieles im Leben ein Balanceakt.

Zitat von sandracookie:
Was ich persönlich jedoch schwierig finde, ist der Unterschied zwischen etwas wirklich annehmen können oder sich nur einreden, dass es aus einem Grund geschieht, dass man doch dankbar sein müsse usw.
Da gibt es den Begriff der toxischen Positivität - also der Zeitpunkt, ab dem man quasi die negativen Gefühle nur noch bestreitet und sie letztendlich ablehnt, statt anzunehmen, weil es muss ja einen Sinn dahinter geben und so...
Ich denke da ist es wichtig sich zu sagen, dass es durchaus berechtigt ist, zB wütend zu sein, wenn einem Ungerechtigkeit wiederfährt, traurig zu sein, wenn jemand verstorben ist usw. Die Gefühle wahrzunehmen, ohne zu beurteilen oder in ein darf nicht sein zu verfallen, ist die hohe Kunst und wie vieles im Leben ein Balanceakt.

Liebe @sandracookie

Ich sehe das auch so, denn ich hab mich früher regelrecht in spirituelle Erfahrungen geflüchtet und es hat sich anfänglich sehr cool angefühlt, bis ich dann auf dem harten Boden der Realität gelandet bin.

Ja, Emotionen aller Art und Schattierung gehören zum Leben. Die schlechten Gefühl abzuspalten wäre kontraproduktiv, denn sie kommen auf die eine oder andere Art zurück und können dann sehr mächtig werden.

Ich suche rein für mich einen bodenständigen Umgang mit spirituellen Themen und denke schon, dass das möglich ist.

Hey, vielen lieben Dank für deine Beiträge hier. Ich schätze das sehr.

Schicksalsglaube im Alltag – Loslassen und gelassener leben

Ich habe in letzter Zeit gemerkt, dass sich mein Alltag verändert, seit ich mich bewusster mit dem Thema Schicksal auseinandersetze. Wenn ich den Gedanken zulasse, dass nicht alles in meiner Hand liegt und manches einfach so kommen darf, kann ich viel besser loslassen. Ich spüre, dass ich meine Zukunft weniger kontrollieren muss und insgesamt entspannter und offener werde.

Es hilft mir auch, stärker in der Gegenwart zu leben und präsenter zu sein. Der Druck, immer alles planen und absichern zu müssen, lässt nach. Ich kann das Leben mehr nehmen, wie es kommt, und mich auf das Hier und Jetzt konzentrieren.

Außerdem verändert sich mein Blick auf die Welt: Ich nehme sie nicht mehr nur als „entweder-oder“ wahr. Es gibt gute und schlechte Zeiten, mitfühlende und egoistische Menschen, Licht und Schatten – und das alles gehört dazu. Das Leben ist nicht schwarz-weiß, sondern vielfältig und bunt.

Wenn ich den Schicksalsgedanken für mich annehme, dann gilt das auch für meine Mitmenschen. Jeder steht an einem anderen Punkt im Leben, jeder hat seine eigene Geschichte und Entwicklung. Manche sind noch ganz am Anfang, andere schon fast am Ende ihres Weges. Das macht es für mich leichter, Verständnis aufzubringen, auch wenn ich das Verhalten anderer nicht immer nachvollziehen kann. Oft können Menschen gar nicht anders handeln, weil sie eben gerade da stehen, wo sie stehen.

Für mich bedeutet das mehr Gelassenheit, mehr Mitgefühl und auch mehr Frieden mit mir selbst und den Menschen um mich herum. Ich muss nicht alles bewerten oder kontrollieren – ich darf einfach sein und das Leben geschehen lassen.

Zitat von MaKaZen:
Wenn ich den Gedanken zulasse, dass nicht alles in meiner Hand liegt und manches einfach so kommen darf, kann ich viel besser loslassen. Ich spüre, dass ich meine Zukunft weniger kontrollieren muss und insgesamt entspannter und offener werde.

Ich finde den Grundgedanken hier schon ziemlich, nunja, schräg.
Nichts liegt in der eigenen Hand und niemand kann die Zukunft kontrollieren.
Nur unsere Ego-Illusion hätte das gerne.

Zitat von User_0815_4711:
Ich finde den Grundgedanken hier schon ziemlich, nunja, schräg. Nichts liegt in der eigenen Hand und niemand kann die Zukunft kontrollieren. Nur unsere Ego-Illusion hätte das gerne.


Da gehen die Meinungen auseinander, von ich kann alles kontrollieren bis ich kann nix kontrollieren: Freier Wille kontra totales Schicksal. Ich finde beide Ansätze für mich nicht stimmig, da ich mich einerseits als ein Mensch mit freiem Wille erlebe, aber eben nicht alles kontrollieren kann und auch nicht muss.

Zitat von MaKaZen:
Freier Wille kontra totales Schicksal. Ich finde beide Ansätze für mich nicht stimmig, da ich mich einerseits als ein Mensch mit freiem Wille erlebe, aber eben nicht alles kontrollieren kann und auch nicht muss.

Du hast recht, ich habe es absichtlich zugespitzt ausgedrückt.

Freier Wille ist auch so eine Sache, ob es den überhaupt gibt.

Ok, angenommen, es gibt freien Willen. Ich treffe Entscheidungen - aber das Ergebnis liegt dann oft nicht mehr in meiner Hand. Krasseste Beispiele sind Unfälle - in die man gerät oder in die man gerade dadurch nicht gerät weil man etwas bestimmtes tut oder unternimmt. Da kommt der Schicksalsglaube dazu. An das ich nicht glaube, sondern nur an den Zufall. Und bei 9 Milliarden Menschen und 100en Milliarden Interaktionen jeden Tag ist Platz für die absurdesten Zufälle.

Weniger krass ist die Sache, wie Menschen auf meine Entscheidungen reagieren und damit das Ergebnis beeinflussen. Das kann ich auch kaum beeinflussen. Aber wir beeinflussen uns gegenseitig. Niemand ist in seinen Entscheidungen eine Insel, sondern von nahezu unendlich vielen Faktoren beeinflusst.

Ich hätte auch grade in interessantes Beispiel, wie Zufall spielen kann. Ich habe ein paar kleine Waldparzellen geerbt, die nur eine Belastung sind. Aber Verkaufen ist sehr schwer, weil klein und viele Parzellen und keine aktuelle Vermessung und so weiter. Neulich kam ein Mann hier vorbei: Sie werden mein neuer Waldnachbar, ich übernehme die Parzelle, die zwischen zwei Parzellen von ihnen liegt, aber, bitte, wo sind denn die Grenzen? Beim Gespräch erfuhr ich seine Intention und so bot ich ihm an, alle meine Parzellen (liegen alle in geringem Abstand zueinander, hängen aber nicht zusammen) auch zu kaufen. Gestern haben wir uns alles angesehen und das Geschäft mit Handschlag besiegelt.
Vor einer Woche hätte er nicht im Traum daran gedacht, dort eine etwas größere Waldfläche zu erwerben oder überhaupt erwerben zu können.
Und ich habe vor einer Woche nicht im Traum daran gedacht, diese Parzellen jemals vernünftig verkaufen zu können.
Und wir beide sind dem Preis auch sehr zufrieden.
Keiner musste unbedingt verkaufen oder kaufen, aber beide waren offen dafür und jetzt sind zwei Menschen ganz unerwartet in dieser Sache sehr zufrieden.

Zitat von MaKaZen:

Wenn ich den Schicksalsgedanken für mich annehme, dann gilt das auch für meine Mitmenschen. Jeder steht an einem anderen Punkt im Leben, jeder hat seine eigene Geschichte und Entwicklung. Manche sind noch ganz am Anfang, andere schon fast am Ende ihres Weges. Das macht es für mich leichter, Verständnis aufzubringen, auch wenn ich das Verhalten anderer nicht immer nachvollziehen kann. Oft können Menschen gar nicht anders handeln, weil sie eben gerade da stehen, wo sie stehen.

Eine solche Sichtweise hilft mir persönlich auch Dinge nicht immer auf mich zu beziehen und persönlich zu nehmen. Oftmals ist es nämlich auch gar nicht so vom Gegenüber gemeint und wenn jemand im Konflikt beleidigend wird, sagt das mehr über seine eigenen Grenzen und wunden Punkte aus, als über denjenigen gegen den sich die Beleidigung gerichtet hat. Aber das ist nicht immer einfach die Menschen so zulassen wie sie sind. Man muss trotzdem seine eigenen Grenzen abstecken und darf nicht prinzipiell alles tolerieren, weil man sonst Gefahr läuft, dass der andere sich zu viel raus nimmt.
Grundsätzliche Offenheit und hinterfragen, warum eine Person so ist wie sie ist und weshalb sie so handelt, wie sie es tut, ist aber sehr hilfreich und kann für beide Seiten nützliche Erkenntnisse bringen.

Zitat von User_0815_4711:
Weniger krass ist die Sache, wie Menschen auf meine Entscheidungen reagieren und damit das Ergebnis beeinflussen. Das kann ich auch kaum beeinflussen. Aber wir beeinflussen uns gegenseitig. Niemand ist in seinen Entscheidungen eine Insel, sondern von nahezu unendlich vielen Faktoren beeinflusst

Dass es viele Faktoren gibt, die uns beeinflussen, schließt für mich den freien Willen nicht aus. Bei allem, was man offensichtlich nicht kontrollieren kann (zB sowas wie das Wetter), hat man doch die Möglichkeit sich anzupassen. Ärgere ich mich über den Regen oder passe ich mich einfach zB mit entsprechender Kleidung an?
Und das ist für mich eine freie Entscheidung. Welche Auswirkungen es hat, wenn ich mich nun dafür entscheide drinnen zu bleiben oder rauszugehen - ja das kann man dann wirklich wieder als Zufall oder Schicksal ansehen, je nachdem welche Folgen die Entscheidung hat.
Manchmal hat man ja auch ein gutes oder schlechtes Bauchgefühl im Vorfeld und ist hinterher froh, dass man diesem vertraut hat. Interessant wäre, woher sowas kommt. Eine Art Schicksal, dass uns vorbestimmt ist? Ein Zufall, der vielleicht gar nicht wirklich etwas mit den vorhergehenden Emotionen zu tun hatte und das Gefühl zB körperlich entstanden ist (zB abhängig davon, was man gegessen hat)?
Gute und schlechte Energien, die möglicherweise existieren und uns beeinflussen (das gänge jetzt schon leicht ins paranormale)?
In der Hinsicht hab ich keine Antwort für mich, aber dennoch fühlt sich für mich nicht alles vorherbestimmt an oder so, dass ich es nicht beeinflussen könnte

Zitat von Zitat von User_0815_4711:
Keiner musste unbedingt verkaufen oder kaufen, aber beide waren offen dafür und jetzt sind zwei Menschen ganz unerwartet in dieser Sache sehr zufrieden.

Ich denke Offenheit kann auch eine bewusste Lebenseinstellung sein und insofern schon dem freien Willen zu zuordnen. Ich kann mich in der Gegenwart entscheiden, ob ich eher offen sein will oder ob ich mich lieber verschlossen verhalte, weil ich aktuell Distanz brauche. Ansonsten ein sehr schönes Beispiel für glückliche Zufälle.

Zitat von sandracookie:
Manchmal hat man ja auch ein gutes oder schlechtes Bauchgefühl im Vorfeld und ist hinterher froh, dass man diesem vertraut hat. Interessant wäre, woher sowas kommt. Eine Art Schicksal, dass uns vorbestimmt ist? Ein Zufall, der vielleicht gar nicht wirklich etwas mit den vorhergehenden Emotionen zu tun hatte und das Gefühl zB körperlich entstanden ist (zB abhängig davon, was man gegessen hat)?
Gute und schlechte Energien, die möglicherweise existieren und uns beeinflussen (das gänge jetzt schon leicht ins paranormale)?
In der Hinsicht hab ich keine Antwort für mich, aber dennoch fühlt sich für mich nicht alles vorherbestimmt an oder so, dass ich es nicht beeinflussen könnte

Ich glaub Bauchgefühl oder Intuition basiert stark auf unseren Erfahrungen. Intuition gehörte bei C. G. Jung zu einem wichtigen Persönlichkeitsmerkmal.
Zitat:
Bei C. G. Jung ist die Intuition eine von vier grundlegenden psychologischen Funktionen, neben Denken, Fühlen und Empfinden. Sie gehört zu den sogenannten irrationalen Funktionen, weil sie nicht logisch oder analytisch arbeitet, sondern Wahrnehmungen und Eindrücke vermittelt, die über das direkt Sinnliche hinausgehen.

Intuition bedeutet für Jung die Fähigkeit, verborgene Möglichkeiten, Zusammenhänge oder zukünftige Entwicklungen zu erkennen, ohne dass diese sofort bewusst oder rational erklärbar sind. Während die Empfindung das Wahrnehmbare und Konkrete erfasst, nimmt die Intuition das wahr, was noch nicht sichtbar oder greifbar ist – also das Potenzielle und Zukünftige.
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Zitat von sandracookie:
Manchmal hat man ja auch ein gutes oder schlechtes Bauchgefühl im Vorfeld und ist hinterher froh, dass man diesem vertraut hat.

Bauchgefühl kenne ich fast gar nicht. Es sind eher ziemlich rationale Überlegungen, die mich von diversen Aktivitäten abhalten, beispielsweise.


Zitat von sandracookie:
aber dennoch fühlt sich für mich nicht alles vorherbestimmt an oder so, dass ich es nicht beeinflussen könnte

Ja, Vorbestimmt ist eher gar nichts. Das Geschehen ergibt sich aus den billionenfachen Interaktionen jeden Tag.

Aber manchmal ist es auch einfach: Niemand hatte R.F. Prevost als neuen Papst auf dem Radar. Bis auf ein Institut an der Uni Mailand. Die hatten ihn durch ein recht einfaches soziologisches Modell als Nr. 1 Topkandidat errechnet (Also so ungefähr).

Ein Problem ist noch, wir treffen eine (freie) Entscheidung, aber das Ergebnis gefällt uns dann doch nicht! Was war das dann?

Zitat von User_0815_4711:
Ein Problem ist noch, wir treffen eine (freie) Entscheidung, aber das Ergebnis gefällt uns dann doch nicht! Was war das dann?

Ich würde sagen trotzdem eine freie Entscheidung, die einfach nur nicht zum gewünschten/erwarteten Ergebnis geführt hat. Dann muss man neu überlegen und entscheiden wie es weiter geht. Dass ich mich bewusst für etwas entscheide, muss nicht heißen, dass sich dass dann erfüllt, was man sich erhofft hat.

Zitat von sandracookie:
Dass ich mich bewusst für etwas entscheide, muss nicht heißen, dass sich dass dann erfüllt, was man sich erhofft hat.

Das ist das Dilemma!
Deshalb lasse ich mich eher treiben und ergreife Gelegenheiten, als aktiv zu forcieren. Siehe mein aktuelles Beispiel, aber auch sonst praktisch mein ganzen Leben. Grundinteressen sind vorhanden, aber ganz konkret ergibt es sich einfach.

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