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N
Hallo,

ich bin neu auf dieses Forum gestoßen und daher erst seit wenigen Minuten dabei. Ich hoffe, dass ich hier wertvolle Ratschläge erhalte und eventuell auch auf Gleichgesinnte treffe.

Ich habe dieses Jahr Abitur gemacht. Die letzten Jahre waren daher eine sehr anstrengende und zehrende Zeit. Die meisten jungen Leuten in meinem Alter sind daher sehr erleichtert darüber, dass es endlich rum ist. Das ist bei mir allerdings nicht der Fall. Vielmehr bin ich sehr traurig darüber. Um es zu konkretisieren: Natürlich bin ich froh darüber, dass ich meinen Abschluss in der Tasche habe und einen guten Durchschnitt gleich dazu, aber die Schule verlassen möchte ich trotzdem nicht. Das liegt daran, dass es der einzige Ort ist, wo ich wirklich befreit sein kann. Wenn ich morgens das Haus verlasse und zur Schule gehe, dann überkommt mich immer ein gutes Gefühl. Es sind nicht die Schulstunden oder der Unterrichtsstoff auf die ich mich so sehnlichst freue (die sind manchmal sogar eher quälend), sondern vielmehr das Gefühl, das die Schule mir vermittelt. Ich habe das Gefühl, dass ich mich in der Schule schlichtweg einfach nicht verstellen muss. Die Menschen in der Schule sehen mich mit anderen Augen. Sie haben keine Erwartungen an mich. Sie verlangen nichts von mir wofür ich nicht bereit bin. Ich übernehme gerne Verantwortung und bin pflichtbewusst, aber es muss in meiner Hand liegen und von mir aus kommen. Ich möchte nicht, dass man mich dazu nötigt. Das ist ein Gefühl, das ich zuhause nicht haben kann - vielmehr fühle ich mich dort eingeengt. Ich habe gute und fürsorgliche Eltern, das ist nicht das Problem. Es ist eher so, dass ich keine Anbindung zu ihnen habe. Meine Eltern haben immer gut für mich und meine Geschwister gesorgt, waren nicht gewalttätig und immer stets bemüht und sorgvoll. Sie haben mich gut erzogen und ich verdanke ihnen viel. Ich bin ihnen für alles dankbar und das sage ich ihnen auch immer zu gegebener Zeit. Ich helfe ihnen und erledige auch meine Pflichten als Kind. Allerdings klafft zwischen uns trotzdem eine riesige Kluft. Wir reden am Abendtisch und lachen auch gemeinsam, doch ab einem gewissen Punkt kommt in mir immer ein Gefühl auf, einfach in mein Zimmer gehen und alleine sein zu müssen. Es fühlt sich so an, als könnte ich die Anwesenheit meiner Familie nicht ertragen. Es ist ein drückendes Gefühl ganz tief in mir drinnen. Es ist ein Gemisch aus ganz vielen Emotionen, die gleichzeitig auftreten. Eigentlich ist es kaum in klare Worte zu fassen, ein Mix aus Wut, Zwang und Ablehnung. Natürlich versuche ich dieses Gefühl zu unterdrücken und nicht nach außen zu zeigen. Ich liebe meine Familie, keine Frage. Aber es ist keine Form der Liebe, die gibt und die ich ihnen zeigen kann. Ich halte meine Familie auf Abstand und zeige ihnen keine wirklichen Gefühle, ich offenbare mich ihnen gegenüber schlichtweg nicht. Das bezieht sich auf meine gesamte Verwandtschaft. Ich liebe sie und sie sind mir auch nicht egal, aber trotzdem scheue ich den Kontakt zu ihnen. Wichtig zu wissen dabei ist, dass meine Familie und meine Verwandtschaft sehr kontaktfreudig sind und man sich daher oft gegenseitig besucht und miteinander telefoniert. Doch ich kann und will mich nicht in dieses Konstrukt einfügen. Und das führt leider manchmal zu Spannungen mit meinen Eltern. Sie verstehen nicht, wie ich mich jeglichem Kontakt entbehren kann. Für sie ist es unbegreiflich, wie ich glücklich sein kann, wenn ich soviel Zeit mit mir allein verbringe. Dass ich das komplette Gegenteil von ihnen bin, wollen sie einfach nicht begreifen. Ich genieße es, Zeit mit mir allein zu verbringen und mich auf diese Weise zu erholen. Ich bin eher verschlossen und introvertiert, was partout ja nichts schlimmes bedeutet. Meine Freunde haben begriffen, wie ich ticke und dass ich eben viel Zeit für mich benötige. Sie nehmen es mir nicht übel, wenn ich mich mal ein paar Tage nicht melde oder nicht immer direkt erreichbar bin. Sie akzeptieren mich eben so. Meine Familie akzeptiert mich zwar auch, trotzdem kommt immer dieser vorwurfsvolle Unterton. Und das ruft in mir einen noch größeren Widerstand und noch größere Ablehnung hervor. Ich möchte nicht, dass sie mich nötigen, irgendwohin mitzukommen, obwohl ich dies nicht möchte. Ich möchte nicht, dass sie mich zwingen, mich mit Menschen abzugeben, obwohl mir vielleicht nicht gerade danach zumute ist. Ich mache mich entbehrlich, um entbehrlich für andere zu sein. Ich konnte das Lernen für das Abitur daher immer recht gut als Ausrede nutzen, um mich zu drücken. In dieser Zeit hat sich die Kluft zwischen mir und meinen Eltern gar vergrößert. Ich empfand die Zeit mit meiner Familie (z.B. beim Essen) als sehr abstoßend und unerträglich, daher wurde auch nur das Nötigste kommuniziert. Es sind zwei verschiedene Welten, in denen ich lebe und in denen ich zwei völlig verschiedene Menschen bin. Ich erzähle meinen Eltern nichts über mich, meine Freunde oder die Schule. Ich bin nicht wild und baue auch keinen Unsinn, vielmehr bin ich eigentlich ziemlich brav. Es ist so, als würde ich vehement verhindern wollen, dass es irgendjemand schafft, in mich hineinzugucken und meine Gefühle und verletzlichen Seiten zu sehen. Ich schaffe mir eine Einsamkeit, die ich auf der einen Seite so unerbittlich hasse und auf der anderen Seite so unerbittlich liebe, weil sie der einzige Ort ist, der mich überleben lässt.

Ich weiß nicht, wie ich mich selber handhaben soll. Ich kann mich einfach niemanden öffnen. Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich mich auch niemanden offenbaren. Ich habe Angst, dass jemand dieselbe Ablehnung für mich empfinden könnte, die ich eigentlich für andere Menschen fühle.

01.06.2018 18:32 • 03.06.2018 #1


7 Antworten ↓


Schneesturm93
Hallo Nic,

Glückwunsch zum Abitur. Jetzt stehen dir doch viele Türen offen, du kannst ausziehen und studieren und deinen Weg finden. Auch mit mehr Abstand zu deinen Eltern und deiner Familie. Weißt du schon was du als nächstes machen willst?

Zitat:
Sie haben keine Erwartungen an mich. Sie verlangen nichts von mir wofür ich nicht bereit bin. Ich übernehme gerne Verantwortung und bin pflichtbewusst, aber es muss in meiner Hand liegen und von mir aus kommen.

Ich denke das kannst du an einer Uni noch viel mehr finden, als an der Schule.

Grüße

02.06.2018 11:20 • #2


A


Die Flucht vor anderen

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Gerd1965
Zitat von NicEb3420:
Ich kann mich einfach niemanden öffnen. Und wenn ich ehrlich bin, möchte ich mich auch niemanden offenbaren. Ich habe Angst, dass jemand dieselbe Ablehnung für mich empfinden könnte, die ich eigentlich für andere Menschen fühle.

Du möchtest dich niemanden offenbaren? Ich denke, das stimmt so nicht, du hast dich uns mit deinem ausführlichen Artikel offenbart.
Vor was hast du Angst, wenn dich jemand ablehnt? Es wird in deinem Leben immer wieder Situationen geben, in denen dir zugängliche Menschen aber auch dir ablehnende Menschen begegnen werden, damit müssen wir alle leben.
Ansonsten, wie ich es sehe, bist du einfach in der Phase, in der du dich von den Eltern abnabeln beginnst, dein eigenes Leben leben lernst und mit beiden Beinen im Leben stehen willst.
Ich kann darin nichts Schlechtes erkennen. Und lasse es auf dich zukommen, ohne Zwang, du wirst sehen, wenn du zu deiner Familie und zu deinen Verwandten etwas Abstand gewonnen hast, wird es dich auch wieder freuen, sie zutreffen. Das wird von alleine wieder kommen, denn wie du sagst, du liebst sie ja......
Alles Gute wünsche ich dir zu deinem weiteren Lebensweg.

02.06.2018 13:09 • x 1 #3


N
Ja, ich gebe dir Recht, mit diesem Artikel offenbare ich mich natürlich. Aber eben auf eine geschützte, anonyme Weise. Ich bedanke mich erstmal für deine aufbauenden Worte. Für mich steht ja grundlegend die Frage im Raum, ob diese Phase nun nicht schon zu lange andauert. Leider kann ich nun wirklich kein Interesse für meine Familie aufbringen, was aber auch nicht böse gemeint ist. Es treibt mich immer weiter in eine Abseitsstellung. Die Frage ist: Soll ich irgendwie dagegen angehen oder die Dinge einfach so weiter wie bisher geschehen lassen?

02.06.2018 15:08 • #4


Schlaflose
Zitat von NicEb3420:
Vielmehr bin ich sehr traurig darüber. Um es zu konkretisieren: Natürlich bin ich froh darüber, dass ich meinen Abschluss in der Tasche habe und einen guten Durchschnitt gleich dazu, aber die Schule verlassen möchte ich trotzdem nicht. Das liegt daran, dass es der einzige Ort ist, wo ich wirklich befreit sein kann. Wenn ich morgens das Haus verlasse und zur Schule gehe, dann überkommt mich immer ein gutes Gefühl. Es sind nicht die Schulstunden oder der Unterrichtsstoff auf die ich mich so sehnlichst freue (die sind manchmal sogar eher quälend), sondern vielmehr das Gefühl, das die Schule mir vermittelt.


Mir ging es damals 1982 genauso. Aber nur bis zu dem Zeitpunkt, wo das Studium anfing. Die Uni wurde dann zu meinem neuen Zuhause und war es war alles noch viel besser als in der Schule.

02.06.2018 17:34 • x 1 #5


Hotin
Hallo NicEb,

schön, dass Du hier in dieses Forum gefunden hast.
Zitat:
aber die Schule verlassen möchte ich trotzdem nicht. Das liegt daran, dass es der einzige Ort ist, wo ich wirklich befreit sein kann.


Ein wenig verwunderlich finde ich, dass Du die Schule als einzigen befreienden Ort empfindest.
Zitat:
Ich habe das Gefühl, dass ich mich in der Schule schlichtweg einfach nicht verstellen muss. Die Menschen in der
Schule sehen mich mit anderen Augen. Sie haben keine Erwartungen an mich.


Wie kommst Du zu diesem Eindruck? Die Menschen in der Schule werden Dich grundsätzlich mit den gleichen Augen sehen,
wie alle anderen Menschen, Deine Familie eingeschlossen.

Zitat:
Sie haben keine Erwartungen an mich. Sie verlangen nichts von mir wofür ich nicht bereit bin.
Ich möchte nicht, dass man mich dazu nötigt. Das ist ein Gefühl, das ich zuhause nicht haben kann - vielmehr
fühle ich mich dort eingeengt.


Fühlst Du Dich zuhause eingeengt, oder wirst Du eingeengt? Wer ist so sehr dominant
und fordernd zuhause? Dein Vater, oder mehr Deine Mutter? Und wieviel Jahre empfindest Du das schon?
Zitat:
Ich habe gute und fürsorgliche Eltern, das ist nicht das Problem. Es ist eher so, dass ich keine Anbindung zu ihnen habe.


Was ist denn dann dass Problem? Kann es vielleicht an Deinem Verhalten liegen?
Zitat:
Allerdings klafft zwischen uns trotzdem eine riesige Kluft.


Warum genau? Warum umschreibst Du alles nur. Wie soll ich Dich verstehen, wenn Du es nicht klarer schreibst?

Zitat:
Wir reden am Abendtisch und lachen auch gemeinsam, doch ab einem gewissen Punkt kommt in mir immer ein Gefühl
auf, einfach in mein Zimmer gehen und alleine sein zu müssen. Es fühlt sich so an, als könnte ich die Anwesenheit
meiner Familie nicht ertragen.


Dass Du Dich gern mal zurückziehst finde ich normal. Nur, Du sagst ja ständig, es ist viel mehr.

Zitat:
Es ist ein Gemisch aus ganz vielen Emotionen, die gleichzeitig auftreten. Eigentlich ist es kaum in klare Worte
zu fassen, ein Mix aus Wut, Zwang und Ablehnung.


Kannst Du normalerweise über Deine Gefühle reden? Erlaubst Du Dir selbst, von Deinen Gefühlen zu sprechen?

Zitat:
Ich halte meine Familie auf Abstand und zeige ihnen keine wirklichen Gefühle, ich offenbare mich ihnen
gegenüber schlichtweg nicht.


Warum fehlt von Deiner Seite das Vertrauen, Deinen Familienmitgliedern etwa von Deinen Gefühlen zu zeigen?

Zitat:
Doch ich kann und will mich nicht in dieses Konstrukt einfügen. Und das führt leider manchmal zu Spannungen mit
meinen Eltern. Sie verstehen nicht, wie ich mich jeglichem Kontakt entbehren kann. Für sie ist es unbegreiflich,
wie ich glücklich sein kann, wenn ich soviel Zeit mit mir allein verbringe.


Das verstehe ich gut, dass Dein Verhalten zu Spannungen führt. Du musst ja nicht das gleiche machen, wie es eine
Familie macht. Du solltest es ihnen aber versuchen zu erklären.
Haben sie nicht ein Recht darauf, zu wissen, warum Du Dich so verhältst?

Zitat:
Ich erzähle meinen Eltern nichts über mich, meine Freunde oder die Schule.
Es ist so, als würde ich vehement verhindern wollen, dass es irgendjemand schafft, in mich hineinzugucken und
meine Gefühle und verletzlichen Seiten zu sehen.
Ich schaffe mir eine Einsamkeit, die ich auf der einen Seite so unerbittlich hasse und auf der anderen Seite so
unerbittlich liebe, weil sie der einzige Ort ist, der mich überleben lässt.



Lieber NicEb, kann es sein, dass Du mit der Einsamkeit, die Du Dir selbst schaffst, einen
Weg eingeschlagen hast, der gar nicht Deinem wirklichen Charakter und Deinem Wesen entspricht? Falls ja, sprich
mal mit Deinem Hausarzt und bitte ihn, Dir einen Kontakt zu einem psychologischen Berater zu machen.
Solche Fachleute werden Dir helfen, aus Deinen gedanklichen Gegensätzen wieder heraus zu finden. Allein geht so
etwas nicht so einfach, weil Du ja ständig beide Gegensätze als richtig akzeptierst.
Zitat:
Ich weiß nicht, wie ich mich selber handhaben soll.


Das kann ich gut verstehen. Du wirst wieder wissen, wie Du Dich handhaben sollst, wenn Du beginnst, Dich
jemandem zu öffnen. Und das geht einem fremden psychologischen Berater gegenüber viel leichter, weil Du
diesem keine Verpflichtungen gegenüber hast und auch nicht empfindest.

Ich hoffe, Du kannst mit meiner Antwort etwas anfangen. Falls nicht, sage es mir eindeutig und klar. Ich kann Kritik vertragen.

Viele Grüße

Bernhard

03.06.2018 00:52 • #6


N
Hallo Bernhard,
vielen Dank für Deine Antwort. Ich versuche ein paar Deiner Fragen zu beantworten.
Ich empfinde gerade die Schule als einzigen befreienden Ort, weil dort ein gewisses Maß an Distanz eingehalten wird. Bei mir auf der Schule herrscht ein tolles Klima, man kann sich sowohl mit Schülern als auch mit Lehrern über alles mögliche unterhalten, von Politik über Sport bis hin zu wissenschaftlichen Themen. Das Schöne dabei ist, dass niemand persönlich wird. Wenn ich mich beispielsweise zu kritischen Themen äußere, dann wird rege diskutiert und jeder vertritt sowohl seine Meinung, kann aber auch andere Ansichten verstehen. Auch wenn die Diskussion mal hitziger wird, am Ende können wir uns alle die Hand geben und zusammen darüber lachen. Es wird also niemand emotional angegriffen. Das Gefühl habe ich zuhause leider nicht. Wenn hier mal eine Diskussion entartet, dann versucht jeder nur seine Meinung zu vertreten, auch wenn jemand anderes dadurch emotional verletzt wird. Zudem habe ich das Gefühl, dass meine Familie sehr viel weniger kritikfähig ist als Menschen außerhalb meines Familienkreises. Diskussionen und Gespräche mit meiner Familie sind daher immer sehr mühsam und anstrengend. Ich muss dazu aber auch sagen, dass mir jetzt niemand seine Ansichten aufzwingt. Ich habe oft eine andere Meinung, die dann aber nicht nachvollzogen werden möchte. Daher entziehe ich mich öfter der Konversation und sage lieber nichts.
Das geht leider schon ein paar Jahre so. Es ist auch kein Umstand, der sich von jetzt auf gleich aufgetan hat. Vielmehr war es ein schleichender Prozess. Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich andere Interessen und andere Ansichten habe als meine Familie. Ich habe z.B. das Gefühl, dass die Heirat für meine Mutter die höchste Priorität im Leben ist. Als ich geäußert habe, dass ich das nicht so sehe, hat sie nur erwidert, dass es zu mir passen würde, ein Leben lang alleine zu sein, weil es mich ja so glücklich macht. Das hat mich dann schon verletzt, was ich aber in dem Moment nicht geäußert habe. Vielmehr kam wieder dieses drückende Gefühl auf.
Auf Deine Frage, ob es mir schwer fällt, Gefühle zu zeigen: Ja. Ich kann und konnte Gefühle noch nie nach außen hin ausdrücken, ganz besonders nicht vor meiner Familie. Das liegt daran, dass ich sehr introvertiert bin und das ist für mich auch so in Ordnung. Es stört mich eher, dass meine Familie meine Gefühle gar nicht verstehen würden. Dahinter liegt gar keine böse Absicht. Es ist eher so, dass sie nicht in der Lage sind, es nachvollziehen zu können. Ich höre sehr aufmerksam zu und kenne daher ihre Ansichten und weiß, dass sie mit meinen nicht wirklich kompatibel sind. Gefühle sind für mich immernoch etwas intimes, daher vermeide ich es, sie in irgendeiner Art und Weise zu zeigen.
Ich vertraue meiner Familie zu 100% und weiß, dass sie für mich nur das Beste wollen. Aber wir passen eben in vielerlei Hinsicht überhaupt nicht zusammen. Diese Kluft, von der ich schrieb, bezieht sich auf so viele Dinge und sie scheint größer zu werden. Ich scheue einen längeren Kontakt mit meinen Eltern, weil sie mir nicht gerecht werden und ich ihnen nicht gerecht werde (sowohl emotional als auch in vielen Lebensbereichen). Das führt eben zu spürbaren Spannungen. Ich habe ihnen schon mehrmals erklärt, warum ich bestimmte Dinge nicht mag, aber es scheint immer auf taube Ohren zu stoßen.
Ich spüre nur, dass die Situation immer untragbarer wird und meine Ablehnung gegenüber meiner Familie wächst. Daher ziehe ich mich immer weiter zurück.

03.06.2018 16:51 • x 1 #7


Hotin
Hallo NicEb,

Das es in der Schule anders, als zuhause abläuft ist mir schon klar.
Und nicht jeder ist ein Familienmensch. Ich übrigens auch nur zum Teil.

Nur glaube ich, da wird es bei Dir schon eine bestimmte Ursache geben.
Da Du aber nicht gewohnt und nicht bereit bist, über Deine Gefühle zu sprechen,
kannst Du vermutlich auch keinem erklären, warum Du Dich so verhältst.

Für mich bedeutet dies, dass Dich nach meiner Ansicht eine Mitschuld an der Angelegenheit trifft.
Zum jetzigen Zeitpunkt wirst Du das noch bestreiten.
Zitat:
Das Gefühl habe ich zuhause leider nicht. Wenn hier mal eine Diskussion entartet, dann versucht jeder nur
seine Meinung zu vertreten, auch wenn jemand anderes dadurch emotional verletzt wird.


Kannst Du Beispiele nennen, worin Du diese emotionalen Verletzungen siehst?
Zitat:
Zudem habe ich das Gefühl, dass meine Familie sehr viel weniger kritikfähig ist als Menschen außerhalb meines Familienkreises.


Vermutungen auszusprechen hilft nicht. Wer und warum ist in Deiner Familie nicht
ausreichend kritikfähig?
Zitat:
Ich habe oft eine andere Meinung, die dann aber nicht nachvollzogen werden möchte.


Können Deine Eltern dies denn überhaupt nachvollziehen? Deine Beschreibungen hier
sind auch für mich gelegentlich nicht so einfach zu verstehen. Du umschreibst meistens den Sachverhalt, nennst in
aber selten klar. Dadurch fühle ich mich oft so unsicher, dass ich eine Nachfrage stelle.
Zitat:
Daher entziehe ich mich öfter der Konversation und sage lieber nichts.


Du meinst, weil Du Angst hast, klar Deine Meinung zu vertreten, flüchtest Du lieber?
Habe ich das richtig verstanden?
Zitat:
Es ist auch kein Umstand, der sich von jetzt auf gleich aufgetan hat.


Das verstehe ich gut. Deswegen scheint Dir auch nicht bewusst zu sein, wann und warum
das angefangen hat. Irgendetwas ist da ein oder mehrere Male vorgekommen.
Das alles wäre nicht schlimm, wenn Du nicht diesen Fluchtreflex entwickelt hättest.
Wenn Du in der Nähe Deiner Eltern bist, scheinen sie Dich nicht zu verstehen, weil Du
Deine Gefühle nicht aussprichst.
Und wenn Du gegangen bist, verstehen sie auch nicht, warum Du Dich zurückziehst.


Somit wird es mindestens drei (Du, Dein Vater, Deine Mutter) Personen geben, die
mit eurer Art, miteinander zu kommunizieren äußerst unzufrieden sind.

Zitat:
Ich habe irgendwann gemerkt, dass ich andere Interessen und andere Ansichten habe als meine Familie.


Das ist gut so.

Zitat:
Ich habe z.B. das Gefühl, dass die Heirat für meine Mutter die höchste Priorität im Leben ist. Als ich geäußert habe, dass
ich das nicht so sehe, hat sie nur erwidert, dass es zu mir passen würde, ein Leben lang alleine zu sein, weil es mich
ja so glücklich macht.


Was genau daran macht Dir ein Problem?
Zitat:
Das hat mich dann schon verletzt, was ich aber in dem Moment nicht geäußert habe.


Also wieder Deine Schuld, dass Du nicht gesagt hast, was Du zu diesem Thema denkst.

Zitat:
Auf Deine Frage, ob es mir schwer fällt, Gefühle zu zeigen: Ja. Ich kann und konnte Gefühle noch nie nach außen
hin ausdrücken, ganz besonders nicht vor meiner Familie.


Dann lerne es und zwar möglichst schnell.

Zitat:
Das liegt daran, dass ich sehr introvertiert bin und das ist für mich auch so in Ordnung


Zitat:
Diese Kluft, von der ich schrieb, bezieht sich auf so viele Dinge und sie scheint größer zu werden. Ich scheue einen
längeren Kontakt mit meinen Eltern, weil sie mir nicht gerecht werden und ich ihnen nicht gerecht werde
(sowohl emotional als auch in vielen Lebensbereichen).


Du widersprichst Dir. Ist es so in Ordnung, oder nicht?
Zitat:
Ich vertraue meiner Familie zu 100%


Bitte sei mir nicht böse. Das mit dem völlig vertrauen, kann kaum sein. Da Du mit ihnen nie über Deine Gefühle sprichst,
vertraust Du ihnen nicht 100%ig. Du hast Angst, von ihnen nicht ganz akzeptiert zu werden.
Zitat:
Aber wir passen eben in vielerlei Hinsicht überhaupt nicht zusammen.


Warum denn nicht? Nur weil ihr Schwierigkeiten in der gemeinsamen Kommunikation habt?
Das lässt sich einfach beseitigen.
Zitat:
Diese Kluft, von der ich schrieb, bezieht sich auf so viele Dinge und sie scheint größer zu werden.


Das wird so sein, weil Du da nicht gegensteuerst.
Zitat:
Ich scheue einen längeren Kontakt mit meinen Eltern, weil sie mir nicht gerecht werden und ich ihnen nicht gerecht werde


Dann mache endlich etwas dagegen. Aber Du willst ja scheinbar auch gar nicht, dass es besser wird. Oder doch?
Laufe nicht immer weg.

Du bist am Zug!

Was wirst Du jetzt tun? Was wirst Du an Deiner Verhaltensweise verändern?

03.06.2018 19:08 • #8





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