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N
Hallo miteinander,

seit einem Jahr bin ich in einer Burnout/Depressionsphase und versuche, meine Energieräuber zu identifizieren.
Ganz auffällig ist, dass ich nach aussen hin IMMER perfekt und munter scheine, selbst wenns mir richtig dreckig geht.
Ich kann irgendwie nicht anders. Jedoch merke ich immer mehr, dass mein Energieräuber Nr. 1 ist, meine negativen Emotionen wegzudrücken und auch noch zu überspielen.

Von den Therapeuten werde ich immer wieder gefragt, wovor ich denn Angst habe, was mich dazu führt etc. etc. und ich kann schon klar formulieren, dass ich Angst habe, ausgeschlossen zu werden, aber irgendwie ändert dieses Wissen nichts an meinem Verhalten.

Hat da jemand von euch einen guten Rat?

Danke und alles Gute für euch alle!

23.02.2023 20:04 • 26.02.2023 x 4 #1


11 Antworten ↓


Mylenix
Du ich hab früher auch vor mehreren Menschen einfach losgeheult und tu es immer noch. Die meisten reagieren eig. empathisch.
Emotionen sind doch menschlich, wenn Jemand das nicht versteht ist das deren Problem, dann ist denen wohl entgangen das wir alle damit geboren werden und jeder sie besitzt.

24.02.2023 01:26 • x 1 #2


A


Positivismus als Flucht vor Emotionen - wie lösen?

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dirkdouglas
@NikoXP läuft es wie automatisch ab? Also als würdest du den Raum betreten und direkt eine Maske anziehen?

24.02.2023 06:34 • x 1 #3


F
Zitat von NikoXP:
Hallo miteinander, seit einem Jahr bin ich in einer Burnout/Depressionsphase und versuche, meine Energieräuber zu identifizieren. Ganz auffällig ist, dass ich nach aussen hin IMMER perfekt und munter scheine, selbst wenns mir richtig dreckig geht. Ich kann irgendwie nicht anders. Jedoch merke ich immer mehr, dass ...


Mir geht es ähnlich. Auch ich hatte Angst ausgeschlossen zu werden und einen Minderwertigkeitskomplex. Ich habe geglaubt, dass nur Menschen mit bestimmten Eigenschaften es wert sind, dass man sie gern hat.
Immer gut drauf, immer gesellig, stark, keine Probleme.

Ich habe schließlich mich anderen anvertraut und bin überrascht worden. Ich werde nicht gehasst und verachtet.
Ich hatte Angst bei meiner Familie ausgeschlossen werden, aber das ist nicht passiert. Stattdessen weiß ich jetzt, dass mein Vater auch psychische Probleme hat.

Ich finde es noch immer sehr schwierig darüber reden.
Noch immer täusche ich vor, dass ich munter bin. Es ist aber schon mal gut, dass sie Bescheid wissen. Wenn es mir schlecht geht, steht meine Familie und meine Freunde hinter mir.

24.02.2023 07:02 • x 2 #4


N
Danke euch allen für eure Antworten und Erfahrungen.

@dirkdouglas Ja, vollkommen automatisiert. Wenn ich mit jemandem spreche, setze ich immer ein Lächeln auf. Wenn ich Menschen begegne oder mit Ihnen in einem Raum bin, bin ich unterbewusst sehr feinfühlig dafür, wie die anderen mich wohl wahrnehmen und wie ich wohl wirke.
Wenn ich den Eindruck habe, dass ich müde oder traurig wirke, beunruhigt mich das sehr. Ich schaue sogar öfters mal in den Spiegel, um festzustellen, ob ich irgendwie müde oder so aussehe.
Wenn mich jemand anspricht mit Geht es Dir nicht gut? löst das in mir ziemliche Angst aus.

Die einzige Ausnahme sind Menschen, von denen ich meine zu wissen, dass sie mich nicht verurteilen werden, was aber tatsächlich nur die engsten Familienmitglieder sind. Selbst bei meinen besten Freunden habe ich die Maske auf. Ich erzähle zwar ganz offen, dass ich eine Depression habe, dass es mir gar nicht gut geht etc. aber ich erzähle das stets mit Begeisterung und einem Lächeln... was seeeeeeehr anstrengend ist.

24.02.2023 10:19 • x 2 #5


dirkdouglas
@NikoXP aber wieso ist es dir so wichtig was andere von dir denken? Jeder ist mit sich selber beschäftigt. Keiner denkt länger als 5 Sekunden über dich nach

24.02.2023 10:21 • x 2 #6


N
@dirkdouglas Es ist nichts Rationales - ich kann nicht sagen, dass ist so, weil Grund A oder Grund B.
Ich habe von klein auf gelernt, dass ich mich mit meiner Energie und meinem Humor profilieren und bei allen beliebt machen kann. Ich war immer der Freund von allen, habe mich mit allen verstanden.
Diese Strategie habe ich mein ganzes Leben unbewusst gelebt und daher sitzt diese Gewohnheit so fest in mir drin.
Nun merke ich eben, wie sie mir meine Energie raubt und mich ich nicht echt durch die Welt gehen kann. Dafür suche ich eine Lösung, die wahrscheinlich nicht durch den Kopf gehen kann, weil es eben nichts Rationales ist.

24.02.2023 14:47 • x 2 #7


moo
Hi @NikoXP,

Respekt - ich finde, Deine Einsichten sind schon recht weit gediehen, Gratulation!

Zitat von NikoXP:
Ich kann irgendwie nicht anders. Jedoch merke ich immer mehr, dass mein Energieräuber Nr. 1 ist, meine negativen Emotionen wegzudrücken und auch noch zu überspielen.

Erwäge mal folgende Hypothese: Kann es sein, dass das Wegdrücken und Überspielen letztlich immer noch weniger Energie raubt, als das Zeigen der negativen Emotionen?
Wenn dem nämlich so ist (wovon ich eigentlich ausgehe), sind die eigentlichen Energieräuber die negativen Emotionen.

Zitat von NikoXP:
Wenn mich jemand anspricht mit Geht es Dir nicht gut? löst das in mir ziemliche Angst aus.

Weiterführende Hypothese: Andere mit Deinen negativen Emotionen zu konfrontieren würde nicht nur eine Aufdeckung derselben bedeuten sondern v. a. das Potenzial zu deren Erörterung eröffnen. Angst hat man idR vor Kontrollverlust. Wenn Du bislang versäumt hast, Deine Ängste a) zu zeigen und b) zu adressieren, erklärt sich die aus diesem Kreislauf selbsterhaltende Angststörung. Es ist m. E. vor allem dieser Kreislauf, der enorm Energie verbrät.

Zitat von NikoXP:
Selbst bei meinen besten Freunden habe ich die Maske auf. Ich erzähle zwar ganz offen, dass ich eine Depression habe, dass es mir gar nicht gut geht etc. aber ich erzähle das stets mit Begeisterung und einem Lächeln... was seeeeeeehr anstrengend ist.

Die vorgebliche Begeisterung und das Lächeln soll dem Gegenüber (und ein wenig auch Dir selber) implizieren: Ich habe sie (die Depri) aber im Griff...

Zitat von NikoXP:
Ich war immer der Freund von allen, habe mich mit allen verstanden.
Diese Strategie habe ich mein ganzes Leben unbewusst gelebt und daher sitzt diese Gewohnheit so fest in mir drin. Nun merke ich eben, wie sie mir meine Energie raubt und mich ich nicht echt durch die Welt gehen kann. Dafür suche ich eine Lösung, die wahrscheinlich nicht durch den Kopf gehen kann, weil es eben nichts Rationales ist.

Sehr gut erkannt. Aber der Kopf ist definitiv zumindest ein Teil der Lösung, weil er ja auch Teil des Problems ist, oder? Rationalität ist letzten Endes übrigens ziemlich relativ, wenn man genau hinschaut. Allerdings hast Du schon Recht - Deine Klugheit spielt Dir hier m. E. einen Streich, weil sie Dich erneut aus der Verantwortung rauswinden will, wie stets.

25.02.2023 11:46 • x 1 #8


Reconquista
Zitat von NikoXP:
@dirkdouglas Es ist nichts Rationales - ich kann nicht sagen, dass ist so, weil Grund A oder Grund B. Ich habe von klein auf gelernt, dass ich mich mit meiner Energie und meinem Humor profilieren und bei allen beliebt machen kann. Ich war immer der Freund von allen, habe mich mit allen verstanden. Diese Strategie habe ...


Lieber NikoXP,
ich kenne das auch. Es ist aber nicht „unecht“. Nach außen fröhlich zu sein obwohl man innerlich leidet, ist ganz normal und durchaus „echt“. Damit hilft man sich und es wirkt ja auch zurück auf einen. Es gibt sogar Übungen, bei denen man vor dem Spiegel lächeln soll, mechanisch. Durch das „unechte“ Lächeln werden Nerven positiv angeregt und es kann eine Stimmungsbesserung eintreten. Humor ist übrigens eine der besten Therapien gegen jedes Unglück. Würden sich alle Menschen ständig die wahre innere Stimmung gegenseitig zeigen, es wäre eine schlimme Welt und würde alle noch viel mehr herunterziehen. Natürlich ist es am schönsten, wenn Innen und Außen ausgeglichen ist und man sich in Harmonie befindet. Das lässt unsere Welt, besonders die Arbeitswelt, aber kaum zu und alle müssen so tun als wäre alles in Ordnung, auch wenn es das nicht ist. Ich finde es unglaublich, was die Menschen aushalten und mitmachen …
Ein schönes Wochenende wünsche ich!

25.02.2023 13:21 • x 1 #9


N
Zitat von moo:
Deine Ängste a) zu zeigen und b) zu adressieren, erklärt sich die aus diesem Kreislauf selbsterhaltende Angststörung. Es ist m. E. vor allem dieser Kreislauf, der enorm Energie verbrät.

Hallo Moo,
wow, danke für diese neuen Perspektiven. Kannst Du das noch weiter ausführen?
Du sagst, die eigentlichen Energieräuber sind die Emotionen. Das leuchtet mir nicht ein, denn E-Motion heisst wörtlich nur Energie in Bewegung. Emotionen sind für mich erstmal nur eine Kraft. Was mich aber Kraft kostet, ist diese lenken und kontrollieren zu wollen.
Du hast Recht - ich habe grosse Angst vor Kontrollverlust. Welchen Kreislauf meinst Du genau? Und für mich viel wichtiger - was fange ich damit an? = wie kann ich diesen Kreislauf durchbrechen und meine Energie nicht wie einen Käse auf dem Grill verbraten?

25.02.2023 18:01 • x 1 #10


N
@Reconquista Schöne Perspektive, vielen lieben Dank dafür. Du hast auf jeden Fall Recht - ich bin ja auch gerne der Entertainer und mache Menschen damit tatsächlich eine Spur fröhlicher. Das Mass hat wohl bei mir nicht ganz gestimmt bzw. ich habe mich in meiner Rolle vermutlich verausgabt. Jetzt geht es darum, wieder die Balance zu finden

25.02.2023 18:02 • #11


moo
Hallo NikoXP,

danke für die Rückmeldung und Deine klare Ausdrucksweise (ist hier nicht selbstverständlich)!

Zitat von NikoXP:
Du sagst, die eigentlichen Energieräuber sind die Emotionen. Das leuchtet mir nicht ein, denn E-Motion heisst wörtlich nur Energie in Bewegung. Emotionen sind für mich erstmal nur eine Kraft.

Gut, dass Du Deine Verwendung des Begriffs klarstellst - dann muss ich etwas umformulieren. Hier im Forum verwenden die meisten Leute das Wort Emotion für Gefühle, was ich persönlich nicht für zutreffend halte. Ich halte Emotionen für Produkte, die im Verbund mit Sinneseindrücken, Gefühlen (angenehm, unangenehm, neutral), Wahrnehmung und dem Bewusstsein entstehen.
Und deshalb finde ich Energie in Bewegung auch ziemlich passend, denn eigentlich ist eine Emotion ein aktives geistiges Gestalten.
Zitat von NikoXP:
Was mich aber Kraft kostet, ist diese lenken und kontrollieren zu wollen.

Hier liegt m. E. bereits der Hund begraben. Um ein Produkt zu kontrollieren, bedarf es einer Betrachtung seiner Bestandteile und Abhängigkeiten. Wir blicken jedoch (oberflächlich) auf das Produkt selber und machen uns dadurch zum Opfer desselben. Das Produkt lenkt uns und nicht wir das Produkt.

Ich weiß nicht, ob Du einen längeren Exkurs bzgl. dieser Bedingtheiten auf Dich nehmen willst? Falls ja, dann hier: erfolgserlebnisse-f59/sammelthread-kontemplationen-fuer-individuelle-probleme-t107790-30.html#p2427727
Kürzer kann ich nicht formulieren, das ist mein Manko...

Wenn Du Dir das in Ruhe anschaust, wird sich vielleicht Dein Wunsch, Emotionen lenken und kontrollieren zu wollen, erledigen oder zumindest relativieren.

Zitat von NikoXP:
Du hast Recht - ich habe grosse Angst vor Kontrollverlust. Welchen Kreislauf meinst Du genau?

a) Die Ursachen der Angst nicht anschauen (und zeigen) zu wollen
führt zur
b) Etablierung einer diffusen (unbekannten) Angst (Lavierte Angst/Lavierte Depression). Anstatt die Ursachen zu ergründen oder zumindest die Zusammenhänge (wie wir sie hier erörtern) anzuschauen,
c) blicken wir auf die Angst (Produkt) und wollen diese kontrollieren. Da dies nicht möglich ist (s. o.)
d) verstärkt sich die Angst.

Oder, griffiger: Angst - Ignoranz - Angst - Ignoranz...

Bitte beachte, dass mit Ignoranz nicht nur das Wegschauen (und Nicht-Zeigen) gemeint ist, sondern auch der Wille zu einer - letztlich unmöglichen - Kontrolle. Es ist ein verschleißendes Perpetuum Mobile des Geistes.

Man kann diesen Kreislauf bei nahezu allen ungewünschten Emotionen beobachten aber im Falle der Angst geht das natürlich mit der Dauer an die Substanz. Irgendwann erleiden wir einen Burnout und wissen gar nicht warum. Bzgl. Deiner Energie in Bewegung fällt mir wieder der Spruch meiner damaligen Therapeutin ein: Am Anfang des Burnouts steht die Euphorie. Selten traf eine Äußerung bei mir so ins Schwarze...

Zitat von NikoXP:
Und für mich viel wichtiger - was fange ich damit an? = wie kann ich diesen Kreislauf durchbrechen und meine Energie nicht wie einen Käse auf dem Grill verbraten?

Das dürfte sich inzwischen evtl. bereits beantwortet haben:

1. Verinnerliche und verstehe die Entstehung und Bedingungen von Emotionen.
2. Verstehe, zu was uns Emotionen verleiten (= Kreislauf).
3. Gehe zu den Wurzeln.

Zu 2: Bedenke, dass Emotionen zu Handlungen und Sicht- und somit zu Erlebensweisen führen. Denken, Sprechen und Handeln folgen in hohem Maße den Emotionen.
Übrigens gilt das auch für Emotionen, die wir allgemein als positiv empfinden: wir wollen sie immer wieder erzeugen...

Zu 3: Hast Du hierfür Ideen, wo die liegen (vergraben sein) könnten?

Und noch zum Kreislauf: der muss bzw. kann nicht durchbrochen werden. Es ist kein Gefängnis oder Hamsterrad und letztlich ist auch der, der sich darin wähnt, nicht zu finden... (siehe obiger Exkurs/Link)

Es müssen lediglich die Ursachen und Bedingungen verstanden und dadurch geschwächt bzw. gelöst (= lose gelassen) werden, dann fallen Problem und Opfer weg.

Das einzig aktive, was wir vielleicht auf dem Weg der Heilung tun können, wäre, es nicht zu tun.

26.02.2023 08:52 • x 1 #12


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Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl