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Hallo ihr Lieben! Ich bin nun schon seit 20 Jahren (seit ich 14 war) „Gefangener“ meiner selbst bzw. meiner Erkrankung/en. Mit dem bis heute fast durchgehend gleichermaßen stark ausgeprägten Hauptsymptom der (nahezu) völligen inneren Leere, also dem nicht mehr wahrnehmen Können jeglicher positiver wie negativer Emotionen und Stimmungen und damit auch meiner Umwelt, der Natur, Menschen um mich herum oder meiner eigenen Identität.. (mit leichten Schwankungen und seltenen Mini-Ausnahmen im Laufe der 20 Jahre) Alles funktioniert seit langem primär nach dem Kopf und logischem Denken - meine Freunde und Familie mag ich vom Kopf her - aber kann sie ebensowenig spüren. Ungerechtigkeiten in der Welt nehme ich wahr und finde sie schei… - aber auch nur in Gedanken, nicht im Herzen. Freude, Trauer, Verliebtsein, Mitleid, Frühlingsgefühle, Angst, Wut, Entspannung, tiefe Interessen, Lustgefühle, Wohlbefinden: ich weiß noch, dass es sowas gibt, aber kenne es nur noch aus weit entfernter Erinnerung..

Die ersten 15 Jahre Krankheitsgeschichte war ich davon überzeugt dass es, wie auch die Psychiater mir immer wieder eintrichterten, eine schwere Depression sei, die nun mal einfach so entstand, ohne ersichtlichdn Grund und vermutlich mit vorrangig neurobiologischer Ursache. (Serotonin/Dopamin etc.) Etwa 40 verschiedene Psychopharmaka (darunter quasi alle verfügbaren Antidepressiva), Elektrokrampftherapie und einen knapp überlebten Suizidversuch später glaube ich zunehmend weniger an die Depressionstheorie und bin zum ersten Mal (wohlbemerkt durch eine Freundin und nicht etwa durch einen Facharzt) auf den Begriff „Dissoziation“ gestoßen. Ein Schutzmechanismus der Seele bei welchem bestimmte Bereiche des bewussten Wahrnehmens abgespalten werden, die extremst überfordernd für den Betroffenen wären - und auch das Emotionsleben betreffen kann. Was sich theoretisch mit dem Verlust meines Zwillingsbruders im Säuglingsalter erklären ließe und auch erklären würde, wieso Antidepressiva bestenfalls für ne Weile minimal teil-Symptombetäubend wirkten.

Bedeutet: Vermutlich 20 verschwendete Jahre Lebenszeit/-kampf und nicht absehbare Langzeitfolgen durch ununterbrochene „Medikamenten“Einnahme (finde den Begriff „legale Dro.“ mittlerweile irgendwie passender). Aber eben auch die Chance nun nochmal andere Wege auszuprobieren, die ich selbst bislang nie wirklich auf dem Schirm hatte (Traumatherapie, Psychoanalyse, Hypnose usw.). Da das alles für mich ein komplett neues Feld ist wollte ich mal hören, ob vielleicht jemand von euch eine ähnliche Problematik hatte/hat und schon Erfahrungen in die nicht-medikamentöse Richtung gesammelt hat?

Ich bin bis heute tatsächlich erst zwei Menschen begegnet, die diese über Jahre anhaltende chronische Leere ähnlich beschrieben haben wie ich, es scheint also kein so super häufig verbreitetes Phänomen zu sein. Aber es würde mich trotzdem wundern, wenn wir die einzigen wären. die innere Leere wird auch beim Borderline-Symptom oft empfunden, allerdings im ständigen Wechsel mit einem Übermaß an Gefühlsfluten, die dann auch schnell unerträglich werden. Auch bei schwersten Depressionen ist es manchmal wohl eine Art „Endzustand“. Bei mir sind es jedenfalls keine (reinen) klassischen Depressionen, aber ein Leben ohne Gefühle ist auf Dauer dennoch in keiner Weise lebenswert und für mich phasenweise sogar unerträglich. sodass ich schon seit langer langer Zeit nur noch für die Hoffnung weiter(über)lebe, eines Tages doch nochmal wieder richtig leben zu können.
Wäre über Austausch mit jeglicher Form von (Teil)Betroffenen dankbar!

Herzlicher Gruß! =)

Heute 06:09 • 27.07.2025 #1


3 Antworten ↓


Das was Du beschreibst, klingt ür mich subjektiv eher nach Dissoziation in Kombi mit einem funktionalem Modus. Depressive Anteile - möglich.

Ein solcher Verlust im Säuglingsalter kann ein frühkindliches Trauma darstellen. Hier wäre es vielleicht eine Idee das abklären zu lassen.

Das Symptom chronische, innere Leere ist eher ein Zustand der in Schüben von Stunden oder Tagen stattfindet. Glaube nicht dieser über Wochen+ geht. Es gibt immer wieder ein Ende des Schubs.

Es ist nicht nur emotionslosikeit, sondern auch innere Kälte. Der Widerspruch zwischen Anspannung und dem Gefühl man löse sich auf - bis zur non-existenz.
CIL wird oft begleitet von einem anderem Symptom - die emotionale Instabilität. Diese muss nicht mit allen Facetten komplett vorhanden sein. Dennoch kann der Teil vorhanden sein, der die Anspannungskurve schneller und höher ansteigen lässt und zu dem es länger dauert bis dieser Pegel wieder auf dem normalem Level ist.

Bei mir wurde das im Alter von 8-9 Jahren durch Trauma ausgelöst. Erst mit ca, 18 Jahren habe ich das in den Griff bekommen. Ohne jede Therapie von aussen.

Alles was ich schreibe ist dennoch subjektive Spekulation, auch wenn ich mich mit (komplexen) Traumafolgstörungen sehr gut auskenne.

Wenn Du mal eine andere Sichtweise auf Traumafolgen haben willst, kann ich dir einen YT Kanal empfehlen.
Würde ihn dann hier posten.

A


Chronische INNERE LEERE / Gefühllosigkeit / Dissoziation?

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Zitat von Freiseinn:
Alles funktioniert seit langem primär nach dem Kopf und logischem Denken - meine Freunde und Familie mag ich vom Kopf her - aber kann sie ebensowenig spüren. Ungerechtigkeiten in der Welt nehme ich wahr und finde sie schei… - aber auch nur in Gedanken, nicht im Herzen. Freude, Trauer, Verliebtsein, Mitleid, Frühlingsgefühle, Angst, Wut, Entspannung, tiefe Interessen, Lustgefühle, Wohlbefinden: ich weiß noch, dass es sowas gibt, aber kenne es nur noch aus weit entfernter Erinnerung...

Hallo Freiseinn,
das, was du hier beschreibst, erlebe ich in abgeschwächter Form seit zwei bis drei Jahren.
Es kommt bei mir phasenweise und aus dem Nichts.
So, wie manchmal das Wetter plötzlich umschlägt, war meine Wahrnehmung plötzlich völlig verändert und ich hatte keinerlei Zugang zu positiven Empfindungen mehr, nur noch diese Leere.
Es war, als lebe ich in einer grauen Welt, der man alle Farben und damit jegliche Emotionen geraubt hatte. Als ob ich unter Wasser wäre, abgeschnitten von dem, was sich oberhalb des Wassers abspielt und es trotzdem irgendwie wahrnehmend - verzerrt und mit viel zu geringer Intensität.
Das logische Wissen, dass es da Dinge gibt, die mich früher einmal glücklich gemacht haben, die mich definitiv glücklich machen sollten und gleichzeitig Nichts zu empfinden, hat mich extrem frustriert, tief traurig gemacht und mich so hilflos fühlen lassen.
Ich habe ausgeharrt in diesen Phasen, als wäre es eine Erkältung und nach zwei bis drei Tagen war es wieder besser bis nach spätestens zwei Wochen die nächste Phase an stand.
Es hat mich fertig gemacht.

Ich bin von Arzt zu Arzt gerannt, hab um alle möglichen Untersuchungen gebeten, egal ob es mich viel Geld kostet und versuche verschiedene AD mit unterschiedlichen Dosierungen - wo ich aktuell nach 8 Wochen extremer Müdigkeit als Nebenwirkung und wenig Veränderung des Allgemeinzustands wieder frustriert ausschleichen will und ohne Medikamente klar kommen will...
Meine Diagnosen sind Angststörung und Depression. In meinem Fall passt das auch im großen und ganzen.

Ich will mir hier gar nicht anmaßen mir vorstellen zu können, wie es ist, wenn es, wie bei dir, über so viele Jahre besteht.
Aber verliere trotz des großen Leidendrucks bitte nicht die Hoffnung.
Ich hatte vor kurzem eine überraschende hoch Phase, für die ich unendlich dankbar bin und von der ich nicht mehr glaubte, das je wieder so empfinden zu können.
Hintergrund war eine positive Wendung im Leben, eine Chance, die mir einen lang ersehnten Herzenswunsch erfüllen wird...

Zitat von Freiseinn:
Aber eben auch die Chance nun nochmal andere Wege auszuprobieren, die ich selbst bislang nie wirklich auf dem Schirm hatte (Traumatherapie, Psychoanalyse, Hypnose usw.). Da das alles für mich ein komplett neues Feld ist wollte ich mal hören, ob vielleicht jemand von euch eine ähnliche Problematik hatte/hat und schon Erfahrungen in die nicht-medikamentöse Richtung gesammelt hat?

Ließ ruhig mal hier im Forum, da haben einige gute Erfahrungen mit Traumatherapie gemacht, ebenso mit Hypnose.
Ich selbst kenne nur die klassische Verhaltenstherapie, habe mich aber mittlerweile mit Literatur zum Thema Traumata auseinander gesetzt und ich denke das viele Ansätze dort eine Chance für dich sein können - am besten wäre aber wahrscheinlich eine begleitete Therapie mit fachlich kompetenten Therapeuten (muss man leider oft selbst bezahlen), denn, wenn deine Form der Dissoziation ein Schutzmechanismus ist und dann Dinge aufgedeckt werden, kann das wiederum erstmal überwältigend sein.
Womit ich mich allgemein mittlerweile beschäftige, ist Journaling, Achtsamkeit und Selbstreflexion. Das klingt immer so platt, aber hat mir Erkenntnisse und Einblicke gegeben, die ich so nicht gesehen habe.
Vieles hat sich in meinem Leben so entwickelt, dass es eigentlich gar nicht mehr mir selbst entspricht, ich Dinge nur tue, weil man das eben so macht und weil das in der Gesellschaft so erwartet wird.
Dass, mich das nicht zufrieden macht, ist eigentlich logisch.
Ist man sich bewusst, wo die eigenen Wünsche und Bedürfnisse nicht mehr mit der Realität übereinstimmen, kann man sich Lösungen überlegen, wie man sich Freiheiten im Alltag zurück holt und wieder mehr man selbst ist.
Wenn du offen dafür bist, sind auch spirituelle Themen etwas, was einen erfüllen kann und auch mit der Zusammenarbeit mit Heilpraktikern und Homöopathie habe ich schon gute Erfahrungen machen dürfen (wenn du zu denen gehörst, für die Homöopathie ein rotes Tuch ist, ignoriere den Hinweis einfach).

Du hast auf jeden Fall nichts zu verlieren, wenn du neue Therapieformen und Möglichkeiten ausprobierst.
Dass es dir so lange verwehrt blieb andere Möglichkeiten zu ergreifen, da von ärztlicher Seite pauschal von Depressionen ausgegangen wurde, ist bitter, aber es bedeutet nicht, dass es nicht immer noch andere und neue lohnenswerte Wege gibt.
In diesem Sinne alles Gute für dich, liebe Grüße Sandra

Hallo Freiseinn,

Zitat von Freiseinn:
Ich bin nun schon seit 20 Jahren (seit ich 14 war) „Gefangener“ meiner selbst bzw. meiner Erkrankung/en.

was Du beschreibst fühlt sich sicher sehr, sehr belastend an.
Wie ist Dein Leben die ersten 13 Jahre verlaufen? Kannst Du Dich daran erinnern? Gut erinnern?

Wie war es früher, mit Deinen Gefühlen?

Zitat von Freiseinn:
Alles funktioniert seit langem primär nach dem Kopf und logischem Denken - meine Freunde und Familie mag ich vom Kopf her - aber kann sie ebensowenig spüren.

Wenn Du es so beschreibst. Dir also passende Gefühle dazu fehlen, dann wirst Du Dich sicher
aus früheren Zeiten Deines Lebens gut daran erinnern können, wie Du damals etwas gefühlt hast.
Denn Du beschreibst es scheinbar ganz genau, was Du vermisst.
Oder sehe ich das falsch?

Zitat von Freiseinn:
sodass ich schon seit langer langer Zeit nur noch für die Hoffnung weiter(über)lebe, eines Tages doch nochmal wieder richtig leben zu können.

Das wünsche ich Dir.
Am Anfang sollte es dafür aber vermutlich damit beginnen, dass Du erst mal hier und dort mal wieder
richtig etwas fühlen lernst.

Du beschreibst, dass bei Dir alles rein nach dem logischen Denken abläuft.
Wie bewertest Du denn dann Deine eigenen Gedanken?
Gibt es für Dich eher eine Empfindung, was Du als gut und richtig beurteilst? Und entsprechend
dann auch eine Empfindung, was Du eher als falsch beurteilst?

Viele Grüße

Bernhard





Prof. Dr. med. Ulrich Hegerl
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