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Hallo ihr Lieben,
Nachdem ich immer mal wieder reingeschaut habe, hab ich nun endlich den Schritt gewagt mich zu registrieren.
Ich finde es toll die Möglichkeit zu haben sich mit Gleichgesinnten austauschen zu können. Dennoch habe ich lange Zeit gezögert mit der Registrierung, da ich insgeheim die Angst hatte, mich noch mehr in meine Ängste reinzusteigern wenn ich mich jemandem öffne und in einem Forum offen über alles spreche.

Zu mir und meiner Geschichte:
Vorweg: Ich hatte eine sehr schwierige Kindheit und Jugend, habe Gewalt aber auch viel Liebe erfahren. Habe zeitweise im Heim gelebt und einen Aufenthalt in der Geschlossenen hinter mir. Ich habe Alles überwunden und bin sehr offen mit dem Ganzen. Ich denke nicht, dass das Ganze Spuren hinterlassen hat. Ich habe alles verarbeitet und gehe mit Allem sehr souverän um, da ich ein sehr bewusster Mensch bin. Das was ich jetzt habe sind also keine Post-Traumata oder Ähnliches.
Ich bin bald 23 Jahre alt und Studentin.
Alles fing an als ich mit 20 Abends vor dem Schlafengehen zu heiß duschte (lustiger und vor allem banaler Beginn einer leider sehr einschränkenden Angststörung).
Da stand ich also vor gut 3 Jahren unter der Dusche. Das Wasser muss wohl so heiss gewesen sein, dass mir durch den ganzen Wasserdampf das Atmen schwer fiel. Ich schnappte also immer wieder nach Luft und als mir etwas schwummerig wurde rannte ich weinend zu meiner Mutter ins Zimmer. Meine Arme und Beine kribbelten, mein Herz raste und das atmen fiel mir immer schwerer. Ich war noch nie in meinem Leben ohnmächtig oder ähnliches, diese Situation hat mir so eine riesige Angst bereitet, dass daraus meine erste Panikattacke resultierte. Heute weiß ich, dass ich einfach nur hyperventiliert habe und hätte mir das zu dem Zeitpunkt jemand gesagt, wäre ich heute nicht da wo ich bin. Dass der darauffolgende Herzinfarkt nur eine Panikattacke war, wusste ich natürlich auch nicht. Also stand ich da, halb am ersticken, benebelt durchs hyperventilieren, mit Herzrasen, Schweißausbrüchen, schwachen Beinen und dem ganzen Programm, weinend vor meiner Mutter und ließ mich mitten in der Nacht ins Krankenhaus fahren. Der Arzt gab mir eine Tüte zum Rückatmen, und eine Tavor damit ich mich beruhige. Er erklärte mir, dass das bei jungen Frauen in dem Alter stressbedinngt nicht selten sei und schickte mich wieder nachhause.
Ab diesem Zeitpunkt hatte ich für das nächste 1 Jahr jeden Tag, jede Sekunde einen Hals der sich wie zugeschnürt anfühlte, aus Angst, dass dieser schlimme Zustand zurückkehren könnte. Durch dieses Gefühl im Hals resultierend habe ich permanent hyperventiliert. Ich hatte ständig Angst zu ersticken, und hatte den Drang meine Atmung kontrollieren zu müssen, da ich sonst einfach tot umfalle. Also lief ich ein Jahr lang quasi Dauer- Benebelt (so nenne ich meinen Zustand wenn durch viel zu viel Sauerstoff meine Arme und Beine kribbeln, mein Herz rast, ich Todesängste habe und mir so schwindelig ist, dass mir der Boden unter den Füßen wegrutscht) durch die Gegend. Die Panikattacken habe ich irgendwann durch etliche nächtliche Krankenhausaufenthalte, eine einjährige Therapie und einiger Medikamente in den Griff bekommen. Ich benutze die Medikamente nur noch selten bzw kaum, aber fühle mich sehr sicher da ich sie immer an meinem Schlüsselbund trage. Nach dem einem Jahr haben die Hyperventilationsattacken Gott sei Dank aufgehört. Das einzige was mich tröstete war, dass ich nun wusste ich sterbe nicht davon. Ich habe quasi 1 Jahr lang die Schule geschwänzt. Ich bin ein sehr sympathischer, smarter und charismatischer Mensch, der es weiß seine Mitmenschen (in diesem Fall meine Lehrer) um den Finger zu wickeln, also war es für mich nicht schwer, trotz meiner hohen Fehlzeiten ein gutes Abitur zu schreiben. Also stand ich da, mit meinem Abitur, das schlimmste Jahr meines Lebens hinter mir gelassen, da ich wieder laufen und atmen konnte ohne eine Panikattacke oder Hyperventilationsanfall zu bekommen und gerade als ich dachte ich hätte es hinter mir, ging das Ganze erst richtig los.
Mich plagten relativ normale Krisen die man in dem Alter nunmal hat; Existenzängste, Enttäuschungen durch Freunde, das Gefühl von Einsamkeit da ich nie einen richtigen Partner hatte dem ich mich emotional öffnen konnte, etc....
Ich erwischte mich immer häufiger dabei, wie ich meinen Puls kontrollierte, meinen Herzschlag mit dem meiner Freunde und Bekannten verglich, ich Gespräche rund um Krankheiten mied, da sich sonst Panikattacken ankündigten, etc.
Nach etwa einem Jahr Ruhe vor meinen Attacken, machte das Ganze ein spektakuläres Comeback. Dieses Mal in Form von Depression und Hypochondrie. In diesem einem Jahr habe ich mich durchaus bewusst selbst bemitleidet, zurückgezogen, überarbeitet. Ich konnte mich für meine Freunde nicht mehr freuen, wurde neidisch und wütend auf alle in meinem Umfeld, hasste mich selbst und fand keinen Sinn mehr im Leben. Obwohl ich weiß dass ich ein attraktiver, gepflegter Mensch bin und oft auch entsprechende Reaktionen bekomme, fühlte ich mich einfach hässlich. Von innen und von außen. Gerade weil mich niemand mit diesem Problem ernst nehmen würde, habe ich nie mit jemandem darüber sprechen können. Immer wenn ich versucht habe etwas in die Richtung anzudeuten wurde ich ausgelacht. Es ist für mich ohnehin sehr schwer offen über Gefühle zu sprechen, ich denke das ist das intimste was man teilen kann. Und DANN Gefahr laufen, nicht ernstgenommen zu werden? Niemals! Ich weiß selbst wie nervig es ist, wenn sich offensichtlich PERFEKTE Menschen über ihr Leben oder gar ihr Aussehen beschweren, also wollte ich niemanden nerven mit so einem Unsinn. Ich bin mir meiner Probleme durchaus bewusst und die Lösung meiner Probleme ist nicht Bestätigung oder Ähnliches. Ich möchte keine Komplimente oder Bewunderung. Ich weiß nicht was die Lösung ist. Ich gucke in den Spiegel, weiß wie es eigentlich ist, und hasse dennoch den Menschen den ich da sehe. So sehr ich auch dankbar bin für das Leben und dafür dass ich gesund bin, so sehr hasse ich es auch und habe Angst davor.
Ich habe Angst, dass alle Menschen die ich liebe sich von mir Abwenden.
Ich habe Angst, dass ich sterben werde und niemand mir helfen können wird.
Ich habe Angst, krank zu werden.
Ich habe Angst, niemanden zu finden der mich liebt und dem ich vertrauen kann.
Ich habe Angst, jemand könnte bemerken, dass etwas mit mir nicht stimmt.
Mich plagen ernsthafte Ängste und ein tiefer Hass gegen mich selbst. Ich fühle mich schlapp, habe keine Lust auf irgendwas. Da ich in eine andere Stadt gezogen bin fürs Studium wohne ich alleine und fühle mich einsam. Ich habe hier keine Freunde. Keine einzige Person. Ich, der nach außen hin so offene, kommunikative Mensch, der ich vor Jahren war, der ich noch dachte zu sein, der ich wie ich zutiefst geschockt von dieser Einsicht, bemerken muss, nicht mehr bin. Trotz meiner Einsamkeit melde ich mich nicht bei meinen Freunden und Bekannten. Ich liebe sie alle von ganzem Herzen aber mich interessiert ihr Leben einfach nicht. Ich möchte nicht wissen wie es ihnen geht, was es Neues bei Ihnen gibt, etc., es interessiert mich einfach nicht und ist mir egal. Ich verstehe es nicht, warum ist das so, warum bin ich so geworden. Ich weiß dass es falsch von mir ist, aber sogar die Tatsache, dass ich eine schreckliche Freundin bin, ist mir gleich.
Warum habe ich dann noch Angst, diese Menschen könnten mich eines Tages im Stich lassen? Früher war ich ein selbstbewusstes, sehr selbstsicheres junges Mädchen aber mittlerweile kann ich nicht ohne laute Musik in den Kopfhörern rausgehen, da ich sonst sobald ich eine Stimme höre, denke, dass über mich geredet und gelacht wird. Ich fühle mich überall wie eine Neongelbe Maus inmitten eines Raumes voll mit Vipern, die sich schon freuen mich zu verschlingen. Ich habe keine Hobbies mehr, habe alles was ich gern getan habe vernachlässigt und aufgegeben, gehe nicht mehr in die Uni, verlasse meine Wohnung nur noch um einkaufen zu gehen und kann wegen meine kürzlich entwickelten Angst vor Zugfahrten nichteinmal mehr meine Familie besuchen gehen. Bei dem kleinsten Zucken in meinem Finger finde ich mich am Laptop wieder, wie ich die schlimmsten Krankheiten diagnostiziere, bei Ärzten Anrufe und Termine vereinbare, wissentlich, dass ich diese ohnehin nicht einhalten werde, da ich bis dahin längst eine neue Krankheit haben werde. Ich weiß dass es Schwachsinn ist aber ein Großteil von euch wird wissen, dass man in diesem Moment 1000 Tode stirbt vor Angst und es das plausibelste der Welt ist, dass man genau diese eine Krankheit hat! Ich werde es nicht los! Es ist schrecklich und raubt mir meine gesamte Lebensqualität.
Ich bin in einer wirklich schwierigen Phase meines Lebens, und weiß ganz genau, dass es langsam so weit ist mein Leben in den Griff zu kriegen und vor allem mein Studium durchzuziehen. Ich habe einfach Angst, dass ich das alleine nicht schaffe und aktuell auch Todesangst vor der Krankheit ALS. Ich habe ein schrecklich schlechtes Gewisssen Leiten gegenüber die tatsächlich an schlimmen Krankheiten leiden, allerdings ist es nichts was ich in der Hand habe und es tut mir schrecklich leid. Falls jemand noch bis hierhin gelesen haben sollte bedanke ich mich recht herzlich. Es ist mehr geworden als ich dachte. Kurz fassen ging aus dem Grund nicht, da ich zum ersten Mal diese ganzen Dinge in Worte gefasst habe.
Gruß Nila

25.04.2018 01:58 • 25.04.2018 #1


3 Antworten ↓


P
LIebe nila,

Ich liege wach weil ich nicht schlafen kann, und bin nun auf deinen beitrag gestossen.
Eins vorneweg: ich kann dir nicht helfen, aber:
Mir geht es sehr sehr ähnlich wie dir, wobei mein anfang der angst etwas von deinem abweicht, kann ich doch sehr sehr gut nachvollziehen was du gerade durchmachst
Ich kann dir nicht verraten wie du das alles loswirst, denn ich kämpfe mit dem selben problem
Ich dachte es tut dir vielleicht gut zu lesen das du nicht alleine damit bist.
Gibt es etwas was du gerne machst? Was du früher gerne getan hast? Malen, lesen, eine serie schauen? Ich weiss das das total banal klingt aber für die ablsnkung könntest du es probieren
Ich selbst gehe seit jahren zur therapie, gerade habe ich die therapeutin gewechselt
Man hat mir verboten zu googeln, das würde ich dir auch raten
Ja, ich lachte nach der aussage, denn kontrollieren ob ich es wirklich einhalte kann sie ja nicht
Aber darum gehts nicht
Ich mach das weil ich merke es geht mir wirklich besser.
Wenn es dir jedoch hilft, eine krankheit zu ergoogeln um dann herauszufinden das die wahrscheinlichkeit daran zu erkranken bei 0,00001 prozent liegt, dann ist der weg auch eine art der lösung
Angst vor ALS hatte ich eine langezeit
Zuckungen oder missempfindungen in fingern, beinen und bauch kann auch ein mineralstoffmagel sein
Die angst schlägt einem gerne auf den magen und man isst weniger und nimmt dann auch weniger mineralien auf. Du könntest kurzzeitig versuchen nahrungsergänzungsmittel zu probieren
Ich tat das und bei mir sind die zuckungen auf gelegentlich reduziert
Auch eine innerliche angespanntheit löst sowas aus.
Ich find es super das du dich hier gemeldet hast, es wird dir sicher gut tun dich mit uns auszutauschen
Mir hilft es immer zu wissen das man nicht alleine ist mit seiner angst. Den das erste gefühl was man bei ängsten bekommt ist ohgott ich bin nicht normal
Doch bist du.
Viele hier leiden unter ängsten, phobien und so weitsr. Ich selbst bin wohl einer von den krassen hypochondern. Ich traue teilweise den ärzten nichtmehr.

Dennoch, eine therapie kann dir helfen, wenn du bereit dafür bist den schritt zu gehen

Es tut mir leid das ich nicht die ultimative lösung für dich habe, aber vielleicht habe ich den anfang
Das du nicht alleine bist :-*

25.04.2018 02:42 • x 1 #2


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Studium und Hypochondrie

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Liebe Piret23,
vielen lieben Dank für deine Antwort! Tatsächlich habe ich beim Lesen deiner Nachricht eine tiefe Erleichterung empfunden. So sehr ich jedem Einzelnen der hier registriert ist wünsche, dass er die ultimative Lösung aller Probleme findet, beruhigt es mich doch sehr, zu wissen, dass ich nicht die einzige bin der es so geht. Es fühlt sich sehr merkwürdig aber auch befreiend an, hier offen über alles schreiben zu können. Ich habe damals viel von der Therapie mitnehmen können. Vielleicht suche ich mir hier in der neuen Stadt tatsächlich jemanden. Ich habe es bis jetzt gemieden, da ich Angst hatte, dass alles schlimmer und realer wird, wenn ich darüber spreche aber langsam gerät das Ganze außer Kontrolle und es ist vielleicht tatsächlich an der Zeit sich Hilfe zu suchen. Hobbies hatte ich früher viele, unter anderem habe ich sehr gerne und auch sehr gut gezeichnet, allerdings habe ich mittlerweile weder die Geduld, noch die Motivation irgendetwas zu machen. Der Gedanke dass niemand was davon hat hindert mich daran. Ich zeichne etwas schönes, und dann? Ich werde Zeit verschwenden für Nichts. Das sind Gedanken die mir im Kopf herumschwirren wenn ich versuche mich doch mal zu motivieren vielleicht mal etwas hobbiemässiges zu machen.

25.04.2018 03:06 • x 1 #3


P
Zitat von Nilay_:
Liebe Piret23,
vielen lieben Dank für deine Antwort! Tatsächlich habe ich beim Lesen deiner Nachricht eine tiefe Erleichterung empfunden. So sehr ich jedem Einzelnen der hier registriert ist wünsche, dass er die ultimative Lösung aller Probleme findet, beruhigt es mich doch sehr, zu wissen, dass ich nicht die einzige bin der es so geht. Es fühlt sich sehr merkwürdig aber auch befreiend an, hier offen über alles schreiben zu können. Ich habe damals viel von der Therapie mitnehmen können. Vielleicht suche ich mir hier in der neuen Stadt tatsächlich jemanden. Ich habe es bis jetzt gemieden, da ich Angst hatte, dass alles schlimmer und realer wird, wenn ich darüber spreche aber langsam gerät das Ganze außer Kontrolle und es ist vielleicht tatsächlich an der Zeit sich Hilfe zu suchen. Hobbies hatte ich früher viele, unter anderem habe ich sehr gerne und auch sehr gut gezeichnet, allerdings habe ich mittlerweile weder die Geduld, noch die Motivation irgendetwas zu machen. Der Gedanke dass niemand was davon hat hindert mich daran. Ich zeichne etwas schönes, und dann? Ich werde Zeit verschwenden für Nichts. Das sind Gedanken die mir im Kopf herumschwirren wenn ich versuche mich doch mal zu motivieren vielleicht mal etwas hobbiemässiges zu machen.



Das freut mich zu lesen!

Ich zeichne auch, und trotz das ich es nur für mich mache und niemandem nutzt tut es gut
Es gibt bestätigung das man zu was fähig ist
Die, wie ich finde, man auch dringend braucht, gerade wenn man mal seine gedanken nicht ordmen kann!
Versuch es mal
Ich bin mir sicher das gefühl wird sich während der zeichnerei ändern

25.04.2018 07:11 • #4





Dr. Matthias Nagel