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bunnygucker
Hallo.

Ich kann dich gut verstehen denn ich hatte mit 18 auch mal unheimliche Angst HIV Positiv zu sein.

Und rausgekommen bin ich da irgendwie... naja klingt jetzt vielleicht komisch und sollte auf keinen
Fall die Diagnose HIV bagatellisieren, aber: Was wäre mir denn passiert?

Mit den Medikamenten die in der westlichen Welt zur Verfügung stehen wird das Virus
so zurückgedrängt dass man Jahrzehnte - oder ewig - damit lebt ohne Symptome. Im schlimmsten Fall
bist du chronisch krank mit ev. Nebenwirkungen der Medikamente. Die Forschung macht
unheimliche Fortschritte, die Medikamente werden auch immer verträglicher.

Daher hat mir das HIV mit der Zeit eigentlich keine Angst mehr gemacht.
Es stellte für mich kein Todesurteil mehr dar. Ich bin daher gleich auf
Krebs usw umgesattelt *ironie-off*


Aber wie schon erwähnt - ich denke du solltest den Test vorher machen.
Sonst quälst du dich in der Schwangerschaft um das Ergebniss und das ist nicht gut fürs Kind.
Ohne Sex kein Kind - ich denke das musst du überwinden wenn du Mama werden willst.

Ich hab 3 Stück und sie sind es Wert, als Mama kommen später noch solche Herkules-Aufgaben
auf dich zu - und du wirst sie aus Liebe zu deinen Kindern alle überwinden. Sieh den Test als deine erste Hürde...

Ich wünsche dir alles Gute.

13.08.2015 21:08 • #21


Schaf
Denke nur ich, dass mit dem Test die Probleme nichtmal ansatzweise gelöst werden würden?
Die Zeugung wäre das nächste Problem, danach die Schwangerschaft und danach die Kontrolle über das Kind.

13.08.2015 21:21 • #22


A


HIV-Phobie und jetzt Kinderwunsch

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C
Liebe Bunny,

in klaren Momenten denke ich auch so wie du... Was ist wenn? Ich habe einen lieben Mann, der mir schon gesagt hat, dass alles seinen Lauf nehmen wird. Und egal, ob wir laufen, gehen, kriechen oder robben, wir machen das zusammen... Er bleibt natürlich bei mir. Aber manchmal denke ich, ich bin gesund, aber er hat was und manchmal ist es andersrum...
Liebe Schaf, Du denkst wie meine Therapeutin. Ein Test löst gar nichts. Vielleicht für den Moment... Letztes Jahr habe ich einen Knoten in der Brust getastet. Ich hab natürlich intensiv getastet und auch was gefunden, was auch meine Frauenärztin getastet hat. Sie machte daraufhin Ultraschall und fand nichts, überwies zur Sicherheit aber an eine Mammadiagnostik-Praxis. 2 Tage musste ich auf einen Termin warten. Ich habe mich schon mit Chemo gesehen. Habe über eine OP gelesen, dass man sich ein Stück vom Eierstock einfrieren lassen kann, wenn man später noch Kinder haben will... Habe im Internet recherchiert und keine Nacht geschlafen... Ich habe meinen Mann mitgenommen zur Untersuchung. Die Sprechstundenhilfe hat gesehen, wie doll ich Angst hatte. Sie meinte: Lachen Sie mal... Es wird alles gut.
ich bin dann mit meinem Mann ins Behandlungszimmer. Habe mich auf die Liege gelegt und dachte: Ok. Wenn jetzt was ist, dann ist das so.
Der Arzt untersuchte beide Brüste und meinte dann: Nein, alles ok, das ist Drüsengewebe. Ich fragte dann: Keine Mammographie? Nein, sagte er. Keine unnötige Strahlenbelastung...
Ich bin dann mit meinem Mann raus, hab geheult... War erleichtert. Doch dann kamen Zweifel. Hat er auch genau geguckt? Hat er genug Erfahrung... Ich bin dann noch mal zu meiner Frauenärztin, hab mir den Befund abgeholt. Sicher gutartig hieß es da drin. Aber unauffällige geschwollene Lymphknoten. Ok, ein Zeichen für Krebs? Oder eben doch HIV.
Ich habe mit dem Thema Brustkrebs noch nicht abgeschlossen. Habe im September wieder einen Ultraschalltermin zur Kontrolle, den ich selbst zahle.

Dasselbe wäre es sicher mit dem HIV-Test. Im ersten Moment wäre es Erleichterung, doch dann würde ich denken: Testergebnisse vertauscht, Antikörper noch nicht gebildet, Test lieber wiederholen... Beim Arzt gewesen, Test in 3 Monaten machen. Vielleicht war nicht alles sauber... Und dann schwanger. Alle 2 Wochen zum Arzt. Wieder Risiko. Ist das Kind dann jetzt auch angesteckt? Lieber doch noch mal nen Test machen? In ne Spritze getreten? Habe ich genau hingesehen? Lag da nix?
Es muss doch irgendwie schaffbar sein.
Heute habe ich den Bescheid von der KK bekommen. Es sind nur noch 15 Stunden genehmigt. Mehr nicht. Dann ist die Therapie zuende. Und ich bin wieder alleine mit meinen Sorgen ...

Kein schöner Tag heute.
Traurig

13.08.2015 21:52 • #23


Vergissmeinicht
Zitat von Conchi:
Dasselbe wäre es sicher mit dem HIV-Test. Im ersten Moment wäre es Erleichterung, doch dann würde ich denken: Testergebnisse vertauscht, Antikörper noch nicht gebildet, Test lieber wiederholen... Beim Arzt gewesen, Test in 3 Monaten machen. Vielleicht war nicht alles sauber... Und dann schwanger. Alle 2 Wochen zum Arzt. Wieder Risiko. Ist das Kind dann jetzt auch angesteckt? Lieber doch noch mal nen Test machen? In ne Spritze getreten? Habe ich genau hingesehen? Lag da nix?



Liebe Conchi,

ja, das hast Du m.E. richtig erkannt uns schätze es auch so ein, wie Du richtig oben beschreibst; leider.

13.08.2015 22:35 • #24


C
ich habe es in den Therapien immer hin geschafft, viel zu erkennen und zu verstehen. So weit bin ich schon.
Aber das mit dieser Angst muss doch mal aufhören.
Ich kann doch nicht immer Angst haben... Immer HIV. Als wäre es überall.
In Deutschland leben ca. 80 Millionen Menschen. Davon sind gerade mal 75.000 infiziert. Eventuell kommen da noch mal
die hinzu, die es noch nicht wissen. Laut Statistiken sind es ca. 15.000. Das heißt wir kommen auf 90.000 Infizierte, wenn
es hoch kommt. Das sind gerade mal etwas mehr als 1% der Bevölkerung in Deutschland. Und 2/3 davon sind gleichgeschlechtlich.
Eine Beratungsstelle hat mir mal geschrieben: HIV wird übertragen durch ungeschützten Geschlechtsverkehr oder durch gemeinsamen
Gebrauch von Spritzen bei Dro.abhängigen oder durch Mutter-Kind-Übertragungen. Alles andere kommt praktisch nicht vor.
Aids bricht im Durchschnitt nach 10 Jahren aus, wenn man keine Therapie macht. Mein Mann und ich sind 14 Jahre zusammen
und unser Blutbild (normales) war dieses Jahr super in Ordnung... Da müsste man nach so langer Zeit doch was sehen... Oder
wäre zumindest oft krank oder so. Wir haben gar nichts.

Warum kann ich dem nicht einfach auf mein Gefühl vertrauen. Und warum hatte ich damals, als ich ihn gerade mal 2 Monate kannte, keine
Angst? Wir hatten ein wildes Sexualleben ohne Kond. für 1,5 Jahre . Warum habe ich die Pille bloß nicht vertragen?
Sonst hätte ich sie jetzt einfach abgesetzt und wäre schwanger geworden...

Ihr lasst euch doch auch nicht nach jedem Arztbesuch auf HIV untersuchen, oder?
Man lässt sich doch auch nicht auf Kopfläuse untersuchen, wenn man mit keinem Kind zusammen war, was Läuse hatte.

Ich verstehe das nicht, was in meinem Kopf vorgeht. Mich macht das so traurig, dass ich denke:
Mensch, mein armer Mann... Der hat doch so ein Leben nicht verdient. Und nur, weil er so lieb ist, bleibt er bei mir...

Zum Heulen...

13.08.2015 23:09 • #25


Schaf
Du schreibst, du hast schon viel verstanden. Hast du auch schon ergründen können, wofür diese Angst steht? Sicher habt ihr doch schon über den Zusammenhang mit der Trennung deiner Eltern gesprochen oder? Denn irgendwas liegt ja hinter dieser Angst und das ist nicht die Sorge vor einer Erkrankung. Vielleicht gibt die Angst dir auch irgendwas, ich weiß es nicht.
Du denkst an deinen Mann, bitte denke auch (VOR! einer Zeugung) an ein Kind und welches Umfeld du ihm geben kannst. Denn dass ein Kind darunter leidet, wenn Mama es jede Woche zum Arzt schleppt, um es auf XY zu untersuchen zu lassen, wird dir ja auch klar sein.

Viele schreiben hier so nach dem Motto mach halt einfach und werd schwanger. Ja, ab und zu im Leben sollte man einfach mal machen. Ich finde das aber in dieser Situation zu leichtfertig gesprochen. Es geht nicht nur um euch, es geht auch um ein Kind/Kinder. Und ganz ehrlich? Als Lehrerin seh ich täglich, was aus Kindern werden kann, deren Eltern einfach mal gemacht haben ohne der Verantwortung ansatzweise gerecht werden zu können.

Ich bin immer noch der Meinung, dass du in einigen Dingen erst noch versuchen solltest stabiler zu werden. Wer weiß? Vielleicht bewirkt die Aussicht auf ein Kind, dass die Therapie schnellere Erfolge bringt? Und wenn deine Therapie dem Ende zugeht, vielleicht wäre eine Selbsthilfegruppe eine Möglichkeit (weiß nicht, ob es die für dieses Thema so oft gibt)?

Und zu guter letzt noch: Nein, ich lasse nicht jede Woche einen HIV-Test machen und kenne keinen, der das macht. Wäre ich nicht durch eine Kinderwunschbehandlung gegangen, hätte ich vermutlich noch nie einen gemacht.

13.08.2015 23:32 • #26


C
Wie soll ich anfangen...
Zu Hause war es damals die Hölle. Ich war gerade in der Pubertät und musste plötzlich auf der Suche nach dem eigenen Ich Verantwortung für meine Eltern übernehmen. Mein Vater wollte sich umbringen, ich musste meinen Vater trösten... Ich bin in eine Rolle geschlüpft, in die ich nicht hätte schlüpfen dürfen... Und obwohl man meinen könnte, ich bin dadurch total erwachsen geworden ist es eher das Gegenteil... In mir ist noch ein total kindlicher Teil. Ich sehne mich seit Jahren nach Zuneigung meiner Eltern. Ich habe doch auch so viel für sie getan. Wenn man es ganz hart sieht, habe ich meinem Vater das Leben gerettet. Aber ich bekomme kaum etwas. Meine Mutter hat es mir damals sehr übel genommen, dass ich nicht auf ihrer Seite stand, als es rauskam...
Meine Muttet sagte dann auch irgendwann sie schmeißt sich vor den Zug... Meine Eltern haben sich nie getrennt, aber das Thema ist auch nach 20 Jahren noch aktuell.
Nie hat jemand gefragt, wie es uns (habe noch eine kleinere Schwester) geht. Ich habe damals mein Zimmer verkommen lassen, damit wenigstens mal jemand mit mir meckert und mich wahrnimmt...
Ich entwickelte einen starken Ekel gegenüber meiner Eltern. Ich wollte nicht, dass im Urlsub die Putzfrau mein Bett macht. Habe es mit Koffern abgesperrt...
Ich entwickelte einen Waschzwang zusammen mit Angst vor HIV... Das war vor fast 20 Jahren...
Naja, seitdem schlage ich mich durch. Abitur, Studium, guter Job, toller Mann, schöne Wohnung... Alles perfekt, wäre da nicht die Angst. Meine Therapeutin fragte neulich: wie lange wollen Sie warten mit einem Kind? Bis ich keine Angst mehr habe, meinte ich. Daraufhin sagte sie: gut, dann werden Sie nie Mutter sein ...

13.08.2015 23:57 • #27


L
Conchi,
als ich eben deinen Beitrag über deine Kindheit gelesen habe, musste ich an meine eigene denken, die zwar ganz anders verlaufen ist, aber mit einem ähnlichen Resultat endete.
Hier meine Kindheit in Stichworten:
- nach außen hin idyllisches Familienleben
- Vorzeigefamilie mit überduchschnittlich gutem Familieneinkommen
- alle Kinder auf dem Gymnasium (was meinem Vater extrem wichtig war)

Es schien also alles perfekt - wäre da nicht mein cholerischer Vater gewesen, der es besonders auf mich, seine älteste Tochter, abgesehen hatte.
In meiner Familie bekamen wir Kinder nur Liebe und Anerkennung, wenn die schulische Leistung stimmte.
Sobald mein Vater unzufrieden mit uns war, rastete er aus.
Meine Brüder bekamen das nur in verbaler Form zu spüren. Bei mir kannte seine Wut keine Grenzen.
Er hat so oft die Kontrolle über sich verloren und einfach zugeschlagen - sei es wegen einer 5 in Mathe oder wegen irgendeinem anderen Vergehen.
Mal war es ein spontaner Faustschlag ins Gesicht, mal musste ich mit ihm in den Keller, wo er mir die Hose herunterzog und er meinen *beep* Hintern entweder mit einem Gürtel oder einem Pantoffel bearbeitete.
Ich habe mein Leben lang in Angst vor meinem Vater gelebt - später entwickelte sich daraus ein abgrundtiefer Hass.
Meine Mutter hat das alles nur zu bagatellisieren versucht, um das Image der Bilderbuchfamilie aufrechtzuerhalten.
Sie hatte zwar auch Angst, dass mein Vater es eines Tages mit seiner Gewaltbereitschaft zu weit treiben könnte, aber oft stellte sie es einfach so dar, als sei diese körperliche Züchtigung für ein so schlechtes Kind wie mich absolut gerechtfertigt.

Im Rückblick denke ich, dass ich auch von meiner Mutter nie wirklich geliebt wurde. Ihr Verhältnis zu meinen Brüdern war viel liebevoller.
Ich fühlte mich während meiner Kindheit und Jugend einfach nur unverstanden, einsam und ungeliebt.
Mit etwa 16 habe ich dann Bulimie bekommen - vielleicht ein Ausdruck dafür, dass ich das Leben einfach nur zum Kotzen fand.

Kurz nach dem Abitur bin ich mit meinem damaligen Freund zusammengezogen - und es ging mir in jeder Hinsicht nach und nach besser.

Aber meine Kindheit hat Spuren hinterlassen.
Ich habe eine Art Argwohn gegen meinen Körper, bzw. gegen meine Gesundheit entwickelt.

So richtig kann ich es nicht benennen, aber ich ich habe immer das Gefühl, da muss noch etwas kommen, mich erwartet noch eine Art Strafe - vielleicht weil ich es meinem Vater nicht recht machen konnte, weil ich damals die Bulimie entwickelt habe, einfach weil ich es nicht verdient habe, ein glückliches, gesundes Leben zu führen.
Auch wenn ich heute natürlich weiß, dass das alles Quatsch ist, hat sich tief in meinem Inneren die Idee verankert, Glück und Gesundheit stehen mir nicht zu.

Jetzt habe ich viel über mich geschrieben.
Conchi, um nun wieder auf dich zurückzukommen: ich sehe da einige Parallelen, auch wenn wir unterschiedliche Kindheitserfahrungen gemacht haben und heute vor unterschiedlichen seelischen Baustellen stehen.

Wir müssen wohl irgendwie versuchen, mit unserer Vergangenheit abzuschließen und nicht länger all das Schlechte von damals in die Gegenwart zu transportieren.

14.08.2015 09:57 • x 1 #28


M
Zitat von Conchi:
Therapeutin fragte neulich: wie lange wollen Sie warten mit einem Kind? Bis ich keine Angst mehr habe, meinte ich. Daraufhin sagte sie: gut, dann werden Sie nie Mutter sein ...


Dann würde ich vorschlagen, such dir eine andere Therapeutin mit mehr Kompetenz.

14.08.2015 10:06 • #29


Bride
Zitat von Conchi:

Warum kann ich dem nicht einfach auf mein Gefühl vertrauen. Und warum hatte ich damals, als ich ihn gerade mal 2 Monate kannte, keine
Angst? Wir hatten ein wildes Sexualleben ohne Kond. für 1,5 Jahre . Warum habe ich die Pille bloß nicht vertragen?
Sonst hätte ich sie jetzt einfach abgesetzt und wäre schwanger geworden...



Setz dich nicht unter Druck.
Weist du warum du damals keine Angst hattest? Weil du abgelenkt warst. 2 Monate, noch alles frisch, alles neu, verliebt usw.
Du hattest keine Zeit an diese Angst zu denken.

14.08.2015 10:08 • x 1 #30


Schaf
Zitat von MathiasT:
Zitat von Conchi:
Therapeutin fragte neulich: wie lange wollen Sie warten mit einem Kind? Bis ich keine Angst mehr habe, meinte ich. Daraufhin sagte sie: gut, dann werden Sie nie Mutter sein ...


Dann würde ich vorschlagen, such dir eine andere Therapeutin mit mehr Kompetenz.


Ich denke/hoffe, die Therapeutin wollte damit deutlich machen, dass es den komplett angstfreien Zustand nicht gibt. Angst vor einer Krankheit zu haben ist ja auch nichts Unnormales. Wenn Conchi aber warten will bis sie keine Angst mehr hat, wird sie wirklich ewig warten. Das Ziel ist nicht, keine Angst mehr zu haben, sondern die Angst in gesundem Maß als Teil des Lebens zu begreifen. Das heißt, Conchi wird vielleicht nie ihre Angst vor HIV komplett verlieren. Aber sie kann in den Hintergrund treten und das Leben nicht mehr so sehr bestimmen.

14.08.2015 10:19 • #31


C
Liebe Lianna,
das klingt schlimm, was Du als Kind erlebt hast.
Schläge habe ich nie bekommen... Aber Beschimpfungen, Beleidigungen, Missachtung.
Hauptsächlich von meinem Vater. Und das schon, bevor meine Mutter fremdging.
Natürlich stand ich auf der Seite meines Vaters. Ich war der Meinung, meine Mutter hat alles zerstört...
Mein Vater hatte sich nicht mehr unter Kontrolle. Er ist nachts abgehauen, meine Mutter hat ihn beim Bahnhof eingesammelt... Irgendwann hat meine Schwester dann im Flur geschlafen, damit er nicht mehr wegläuft... Auch Jahre später, wenn meine Eltern irgendwo eingeladen waren und was getrunken hatten, hatte er sich noch weniger unter Kontrolle. Ihm war es auch egal, ob wir nächsten Tag zur Schule mussten... Bis nachts um 4 hat er rumgeschrien, ist auf meine Mutter los. Als meine Schwester dazwischen wollte, hat er sie weggeschubst. Meine Schwester hatte irgendwie ein besseres Verhältnis zu meiner Mutter danach als ich. Ich konnte fast 2 Jahre nicht mit ihr sprechen. Sie durfte mir nix zu essen machen, weil ich mich so geekelt habe... Berührungen konnte ich noch länger nicht zu lassen. Sie hat mir immer vorgehalten, noch Jahre später, ich wäre kalt.
Zwischendurch habe ich immer Anflüge von: meinen armen Eltern darf nichts zustoßen. Es wäre das schlimmste, sie zu verlieren... Jetzt aktuell bin ich wütend. Ich wurde damals emotional missbraucht. Das muss man ehrlich mal sagen. Ich kann hier noch so viel schreiben, aber gleich heul ich wieder...
Als ich meinen jetzigen Mann kennenlernte wohnte er noch zu Hause. Seine Eltern haben mich so herzlich aufgenommen und immer behandelt wie ihre eigene Tochter. Ich glaube, deshalb hatte ich keine Angst vor HIV als ich mit ihm geschlafen habe. Irgendwie idiotisch aber ich fühlte mich sicher und geborgen...
Nach 2 Jahren Beziehung habe ich dann meine erste Therapie gemacht. Meine Schwiegermama und mein Mann haben mich dazu gebracht. Eigentlich wäre es mal die Aufgabe meiner Eltern gewesen. Sie müssen gemerkt haben, dass was nicht mit mir stimmt. Irgendwie empfinde ich es so wie unterlassene Hilfeleistung. Es waren ja schon 5 Jahre seit dem Vorfall vergangen und mein Kopf dieses Thema Angst erlernt.
Gestern Nacht hatte ich einen Nervenzusammenbruch. Ich konnte mich kaum beruhigen. Ich habe meinem Mann gesagt, dass ich glaube, nie wieder gesund zu werden. Und das Leben kann von heute auf morgen zuende sein. Und ich hatte nur Angst.
Gestern war ich bei der Mass. zur Entspannung. Doch es ist mittlerweile schon so weit, dass ich denke, mich infiziert jmd mit Absicht. Total wahnhaft. Dann gehe ich dort weg und denke: was ist, wenn die Masseurin geblutet hat und dir das Blut in den Rücken in einen Pickel gerieben hat... Es gibt bald keinen Tsg mehr ohne Risikosituation. Deshalb wäre ein Test vermutlich unnütz... Auch wenn ich immer noch Hoffnung habe, dass ein negatives Ergebnis endlich Ruhe einkehren lässt. Aber bis zum Test müsste ich mich 12 Wochen zu Hause einsperren, damit nicht vorher was passiert

14.08.2015 10:33 • #32


Icefalki
Liebe conchi, dein seelischer Missbrauch, deine Hilflosigkeit, spiegelt sich in deinen krankheitsängsten. Erwartest du bildlich gesprochen, immer noch den Supergau.

Da ich das auch kenne, wäre mal die Frage, in wieweit du das Problem mit deinen Eltern erarbeitet hast.

Du sagst einerseits, du hast Angst, sie nicht zu verlieren, andererseits bist du auch zornig. Habt ihr diese Geschichte schon therapeutisch bearbeitet?

Und wie geht es dir dabei, dieses Thema insgesamt zu betrachten?

14.08.2015 11:02 • #33


Vergissmeinicht
Zitat von Schaf:
Ich denke/hoffe, die Therapeutin wollte damit deutlich machen, dass es den komplett angstfreien Zustand nicht gibt. Angst vor einer Krankheit zu haben ist ja auch nichts Unnormales. Wenn Conchi aber warten will bis sie keine Angst mehr hat, wird sie wirklich ewig warten. Das Ziel ist nicht, keine Angst mehr zu haben, sondern die Angst in gesundem Maß als Teil des Lebens zu begreifen. Das heißt, Conchi wird vielleicht nie ihre Angst vor HIV komplett verlieren. Aber sie kann in den Hintergrund treten und das Leben nicht mehr so sehr bestimmen.


Liebe Conchi,

erstmal finde ich es gut, dass Du ein bißchen mehr Dich geöffnet hast und Deinen wirklichen Kummer hier niederlegst. Sich etwas von der Seele schreiben, hilft ungemein.

Ich sehe es auch so wie Schaf und habe ihre Zeilen nochmal zitiert. Komplett wirst Du die Angst nie verlieren, aber lernen damit umzugehen ganz sicher.

Jetzt ist alles ok bei Dir; Studium, ein schönes Zuhause, einen lieben Mann und Schwiegereltern und Du siehst Dich als Störfaktor weil Du Angst hast. Es ist immer wieder traurig zu lesen, was in der Kindheit alles so geschieht und wie lange wir diese Dinge mit uns rumtragen bis sie dann irgendwann und irgendwie aus uns ausbrechen. Wie ist das Verhätnis heute zu Deinen Eltern und Deiner Schwester? Habt Ihr noch Kontakt?

14.08.2015 11:12 • #34


C
Liebe Icefalki,
irgendwie habe ich manchmal das Gefühl, ich hab das noch nicht so aufgearbeitet mit meinen Eltern. Gerade mache ich eine Verhaltenstherapie, die erste war tiefenpsychologisch... In der jetzigen Therapie reden wir wenig über das Vergangene. Klar, weiß meine Therapeutin darüber und nennt es auch als Ursache, aber irgendwie muss ich das vielleicht tiefenpsychologisch noch mal angehen...

Wie könntest du es mir erklären mit dem: Du wartest immer noch auf den Supergau?

14.08.2015 11:18 • #35


C
Liebe Vergissmeinnicht,
ja, ich habe noch Kontakt zu allen. Aber ich bin diejenige, die immer anruft. Weil ich mich ja auch nach etwas sehne, was ich nie bekommen werde...
Meine Eltern melden sich oft gar nicht. In Zeiten, in denen ich Panik habe, sie zu verlieren, habe ich jeden Tag angerufen. Gerade, wenn sie mal ein paar Wehwehchen haben, bin ich stark besorgt und denke das Schlimmste. Es dreht sich alles um Krankheit. Entweder ich sorge mich um sie oder um mich. Aber warum haben sie sich nicht um mich gesorgt? Als ich den Waschzwang hatte mit 14, hat mein Vater eher noch Witze gemacht: Na, wieder auf den Weg in den OP?

Da hätte man mir doch helfen müssen...
Ich war ein Kind in der Pubertät.

Meine Schwester hat eine Essstörung (Richtung Magersucht).
Das ist das, was sie mitgenommen hat von damals, sieht es aber nicht so.

Ich kann es kaum beschreiben, wie es mir geht. Ich will es einfach noch stärker begreifen, dass es eine Störung ist, die nichts mit HIV ansich zu tun hat. Das will mein Kopf noch nicht verstehen...

14.08.2015 11:27 • #36


Vergissmeinicht
Liebe Conchi,

nun, da haben aber Eure Eltern ganze Arbeit geleistet im negativen Sinne. Manno man

Es ist eine Störung aufgrund vieler Dinge in der Kindheit. Diese fing bei Dir ja schon in der Pubertät an.

Hast Du ein gutes Verhältnis zu Deiner Schwester und belastet Dich ihr Essstörung?

14.08.2015 11:30 • #37

Sponsor-Mitgliedschaft

Icefalki
Überlege doch mal. Angst vor lebensbedrohlichen Erkrankungen, die verbunden mit Schmerz , Siechtum, Hilflosigkeit, Ausgeliefertsein, Ungewissheit, Angst sind.

Fällt dir da nichts auf? Siehst du da keine Parallelen zum Verhältnis zu deinen Eltern?

14.08.2015 11:38 • #38


C
Manchmal denke ich, meine Eltern wussten es einfach nicht besser...
Sie hatten selbst keine gute Kindheit

Das Verhältnis zu meiner Schwester ist wieder ganz gut. Es gab Phasen, da hatten wir keinen Kontakt. Ich war oft neidisch auf sie. Schon als kleines Kind fühlte ich mich benachteiligt. Das mit ihrer Essstörung hat mich lange Zeit belastet. Ich hätte sie am liebsten geschüttelt... Das habe ich aber abgelegt. Dafür habe ich selbst auch einfach zu viele Probleme...

14.08.2015 11:41 • #39


Vergissmeinicht
Liebe Conchi,

ja, auch meine Eltern hatten keine gute Kindheit. Irgendwie scheint sich das denn generationsübergreifend wie ein roter Faden zu ziehen.

Was mir jetzt gefallen hat, dass Du erkennst anderen nicht helfen zu können, da Du selber genug Probleme hast

14.08.2015 11:48 • #40


A


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