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B
Hallo in die Runde,

(Vorab eine kurze Randbemerkung: Der Titel Erblindungsangst, den ich ursprünglich für den Beitrag gewählt hatte, wird nicht akzeptiert. Ich mußte einen aussagekräftigeren Titel wählen, um den Beitrag abschicken zu können. Ob Angst vor Erblindung aussagekräftiger ist, sei mal dahingestellt )

Nun zum eigentlichen Thema:
Ich bin neu hier, habe aber durchaus bereits eine Vorgeschichte in Sachen Angststörung.
Ich hatte das erste mal Panikattacken (später dann eine generalisierte Angststörung), nachdem mein Vater gestorben war. Damals hatte ich Angst vor einem Herzinfarkt oder Schlaganfall und meinte, Symptome zu verspüren, die darauf hindeuten.
Habe dann eine Zeit lang SSRI genommen und gleichzeitig Therapie gemacht.

Seit einigen Monaten geht's wieder los. Diesmal entwickle ich eine Erblindungsphobie. Anlass war der Eindruck, blendempfindlicher als sonst zu sein und allgemein noch schlechter zu sehen als eh schon. Im Januar habe ich einige teure Untersuchungen machen lassen, welche die Krankheiten, die ich bis dahin ergoogelt hatte, ausschliessen konnten (ADM, Glaukom, Netzhautablösung) - ausser leicht erhöhtem Augeninnendruck und einer geringfügigen Verschlechterung meiner von schon lange vorhandenen (allerdings starken) Kurzsichtigkeit wurde nichts festgestellt. Daraufhin hatte sich die Panik tatsächlich erstmal gelegt, bis ich vor einigen Tagen bei youtube auf eine Reportage über eine Frau stieß, die innerhalb von Minuten erblindet ist. Seitdem drehe ich durch! Erneutes googeln ließ mich in Erfahrung bringen, dass man Amöben im Auge haben kann. Risikofaktor Nummer eins: Weiche Kontaltlinsen. In diesem Kontext habe ich auch zum ersten Mal erfahren, dass man mit Kontaktlinsen nicht duschen darf.
Tja, ich habe -9 Dioptrien und trage seit 25 Jahren Kontaktlinsen, davon seit ca 10 Jahren weiche. Ich habe die bislang fast rund um die Uhr getragen, oft weit über die empfohlene Zeit von einem Monat hinaus. Ich bin damit schwimmen, baden und duschen gegangen, habe meine Kontaktlinsenbehälter nur selten ausgetauscht, habe also jahrzehntelang alles falsch gemacht, was man falsch machen kann und gedacht, solange ich keine Beschwerden habe, ist alles gut.

Nun habe ich über Nacht fast eine Hygieneneurose entwicklet und panische Furcht. Ich wasche mir manisch die Hände und habe dennoch den Eindruck, dass überall fiese Bakterien mit meinen Kontaktlinsen in Berührung kommen könnten. Ab und zu bilde ich mir ein, dass die Welt um mich herum plötzlich dunkler wird (auch bei gleichbleibender Beleuchtung ohne Tageslicht) oder blasser oder dass ich sonst irgendwie komisch sehe. Dieser Zustand kostet mich viel Energie und Lebensqualität. Die in der Therapie gelernten Maßnahmen helfen im Moment irgendwie nur sehr bedingt. Eine der Strategien war damals, den Tod als Option zu entdramatisieren. Erblinden erscheint mir hingegen schlimmer als der Tod und überhaupt nicht aushaltbar. Ich bin da gerade sehr irrational, das ist mir bewußt, hilft aber im Ergebnis nicht weiter ...
(Ich überlege sogar, ob Augen lasern eine Option sein könnte, wäre mit 9 Dioptrien gerade noch so machbar)

Hm, langer Rede, kurzer Sinn: Hat jemand vergleichbare Erfahrungen und evt eine Lösungsstrategie?

Danke fürs lesen

24.03.2016 22:39 • 12.04.2023 #1


11 Antworten ↓


Icefalki
Liebe bloomsday, Da du selbst schreibst, dass du weisst, dass du eigentlich nur eine Angststörung hast, gilt diese zu behandeln.

Evtl. kehrst du back to the roots, medis und Therapie und lässt das googeln wieder sein.

Und wenn du gelernt hast, die Endlichkeit des Lebens zu akzeptieren, dann auch den Weg dort hin. Letztendlich, was bleibt den übrig? Kein Mensch weiß, was sein kann oder auch nicht.

Versuche ( ja, ist schwer), bis die Wirklichkeit eintritt, dein Leben zu leben, und dieses, was vielleicht sein könnte, dann in Angriff zu nehmen, wenn es wirklich sein muss.

Logik in der Angst funktioniert natürlich nur begrenzt, darum mein Rat, evtl. wieder therapeutische Unterstützung holen.

24.03.2016 23:03 • x 2 #2


A


Angst vor Erblindung

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B
Ja, Du hast recht. Das eine ist das rationale Wissen um die eigene Krankheit, das andere die emotionale Umsetzung der Erkenntnisse.

Vielleicht habe ich letztere auch wieder verlernt im Laufe der Zeit, weil ich in den letzten 5 Jahren weitgehend frei von Ängsten war - zumindest hatte ich seither keine wirklich panischen Ängste mehr. Und so fühlt es sich an, als ob man wieder von vorne anfängt. Insofern ist Deine Idee, doch nochmal einen Therapeuten aufzusuchen, womöglich gar nicht verkehrt ... man denkt ja immer, das hab ich doch schon hinter mir, ist doch alles behandelt worden. Andererseits geht man ja auch zwei mal zum Arzt, wenn man zwei mal Mittelohrentzündung hat ...

24.03.2016 23:27 • #3


Schlaflose
Zitat von bloomsday:
Daraufhin hatte sich die Panik tatsächlich erstmal gelegt, bis ich vor einigen Tagen bei youtube auf eine Reportage über eine Frau stieß, die innerhalb von Minuten erblindet ist. Seitdem drehe ich durch! Erneutes googeln ließ mich in Erfahrung bringen, dass man Amöben im Auge haben kann. Risikofaktor Nummer eins: Weiche Kontaltlinsen.


Ich habe das mal gegoogelt und es steht überall, dass das das mit den Amöben im Auge sehr selten vorkommt und wenn doch, ist es behandelbar.

Zitat von bloomsday:
(Ich überlege sogar, ob Augen lasern eine Option sein könnte, wäre mit 9 Dioptrien gerade noch so machbar)


Das Risiko, dass es dabei zu Komplikationen kommt, ist wahrscheinlich höher als der Amöbenbefall.

Zitat von bloomsday:
Tja, ich habe -9 Dioptrien und trage seit 25 Jahren Kontaktlinsen, davon seit ca 10 Jahren weiche. Ich habe die bislang fast rund um die Uhr getragen, oft weit über die empfohlene Zeit von einem Monat hinaus. Ich bin damit schwimmen, baden und duschen gegangen, habe meine Kontaktlinsenbehälter nur selten ausgetauscht, habe also jahrzehntelang alles falsch gemacht, was man falsch machen kann und gedacht, solange ich keine Beschwerden habe, ist alles gut.


Ich habe auch fast so hohe Werte und habe 20 Jahre lang weiche Kontaktlinsen getragen, bin damit genauso umgegangen wie du und es ist nichts passiert.
Allerdings musst du wissen, dass weiche Kontaklinsen nicht unbegrenzt lange vertragen werden. Bei mir fing es nach ca. 15 Jahren an immer unangengenehmer zu werden und dann konnte ich sie gar nicht mehr tragen. Es kommt in den meisten Fällen zu Gefäßeinsprossungen in die Hornhaut und die Augen werden mit dem Alter (v.a. durch die Wechseljahre) auch immer trockener. Mit harten Linsen passiert das alles nicht, also hast du noch diese Option. Da du schon harte Linsen hattest, ist das für dich keine große Umstellung. Bei mir ging das nicht, weil ich einen innereren Astigmatismus (Linsenverkrümmung) habe, der nur bei harten Linsen zu Vorschein kommt. Ich hätte dann eine Spezialanfertigung haben müssen, die sehr teuer ist. Das war es mir nicht wert. Ich bin einfach auf die Brille umgestiegen.
Dazu kommt noch, dass zw. 40-45 Jahren die Alterweitsichtigkeit einsetzt und man zum Lesen sowieso ein Brille tragen muss.

25.03.2016 08:15 • x 2 #4


Icefalki
Weißt du, ich denke es ist einfach wichtig, wirklich zu wissen, was einem gut tut, wo man seine Probleme hat und, so ist es bei mir, wirklich immer auf sich aufpasst.

Und es zu akzeptieren, dass man eben eine Angsterkrankung hat, selbst wenn man diese relativ gut im Griff hat.

Ich betrachte meine als Mahnerin. Bekomme ich ein komisches Gefühl in den Bauch, werde ich leicht depressiv, überlege ich sofort, was z.Zt. belastend ist.

Und jedes Mal werde ich fündig. Dann gilt es da anzusetzen, mich damit auseinanderzusetzen, eine Entscheidung zu treffen und schon geht es mir besser.

Gut, das ist jetzt meine Erkenntnis aus den vielen Jahren der panischen Angst.

Ich weiß jetzt, wer ich bin, was ich will und was meine Schwachpunkte sind. Diese gehen nicht weg, aber sind von mir akzeptiert.

Ich hab mir schon öfters Gedanken gemacht, was hinter einer hypochondrischen Störung stecken könnte. Selbst musste ich mich mit PAs und Depris rumschlagen.

Dieser Angst vor Siechtum, schrecklichen Krankheiten etc. könnte ein Mangel an Urvertrauen sein. Einerseits in einem selbst, andererseits in andere Menschen (Ärzte).

Ist nur mal so dahin sinniert.

25.03.2016 13:49 • x 2 #5


B
Hallo Schlaflose,
aus intellektueller Sicht ist mir klar, dass meine Sorge sehr irrational ist und die Wahrscheinlichkeit, auf der Autobahn einen Unfall zu haben sehr viel höher ist als Amöben im Auge. Es ist schon abgefahren, wie irrational Emotionen funktionieren.
Erblindungsängste hatte ich zwar tatsächlich schon als Kind, und die Augen sind in gewisser Weise Thema, weil ich - allein schon beruflich - auf die Kontaktlinsen angewiesen bin. Bei den harten war das Problem, dass immer mal wieder Staub oder Schminke ins Auge kam und ich dann, wenn ich Pech hatte, mitten in einer Menschenmenge oder sogar auf der Bühne die Linse rausprokeln und in den Mund nehmen musste, um sie notdürftig zu verwahren und/oder zu reinigen. Das empfand ich als sehr nervig. Vertragen hab ich die Dinger ansonsten gut.
Der Laser-Gedanke besteht auch schon länger, gar nicht nur im Zusammenhang mit der Augenpanik, sondern weil bei meiner Dioptrienzahl über die Jahre viel Geld ins immer wieder neu kaufen von Brillen, Linsen und Pflegemitteln fließt (gerade gute harte Linsen und auch Brillengläser sind ja nicht ganz billig) und auch ein gewisser Aufwand damit verbunden ist. Panik vor Amöben, das sehe ich ein, ist aber wohl tatsächlich ein schlechter Ratgeber bei der Entscheidung ...
Sollte ich eines Tages gar keine Linsen mehr vertragen, ist das Lasern aber auf jeden Fall eine Option, einerseits aus Eitelkeit, andererseits weil ausschliessliches Brille tragen z.B. beim Sport und im Beruf mit erheblichen Einschränkungen verbunden wäre.

25.03.2016 20:47 • #6


B
Zitat von Icefalki:
Ich hab mir schon öfters Gedanken gemacht, was hinter einer hypochondrischen Störung stecken könnte. Selbst musste ich mich mit PAs und Depris rumschlagen.

Dieser Angst vor Siechtum, schrecklichen Krankheiten etc. könnte ein Mangel an Urvertrauen sein. Einerseits in einem selbst, andererseits in andere Menschen (Ärzte).


Diese Gedanken kann ich gut nachvollziehen. Auch ich stelle einen Zusammenhang fest zwischen Panikattacken und Verlust von Urvertrauen ins Leben. Das macht sich bemerkbar in vielen Lebensbereichen, wo ich mit zunehmendem Alter eine größer werdende Sorge oder sogar Existenzangst erlebe. Ich habe zwar keine diagnostizierte Depression, aber in schlechten Phasen immer wieder depressive Verstimmungen, die ich mir ebenfalls mit einem Mangel an Urvertrauen erkläre.

In meiner Therapie war ein großes Thema, das (Er-)Leben im Hier und Jetzt wieder zu lernen, weil man ja meistens keine Angst hat vor dem, was jetzt in diesem Moment gerade ist, sondern vor dem, was gleich kommt. Das versuche ich jetzt wieder erneut zu fokussieren. Klappt in letzter Zeit nicht mehr so gut, wie es schonmal war. Aber ich denke, dass es sinnvoll ist, wieder gezielter dran zu arbeiten. In den letzten Jahren war wohl das normale Empfinden so selbstverständlich geworden, dass ich verlernt habe, wie man sich bewußt in den Moment begibt, der jetzt gerade ist.

25.03.2016 20:57 • #7


Icefalki
Schau, ich denke, du darfst dir deine erarbeiteten Konzepte nur mal wieder wirklich bewusst machen. Genau das ist es nämlich, diesen Leben in Hier und Jetzt und den Glauben an dich nicht verlieren, auch wenn's mal wieder schwieriger wird.

Kein Mensch weiß, was noch kommt. Und wenn's schlecht kommt, werden wir wieder versuchen, den Umgang damit zu lernen. Wissen wir doch, dass wir es können.

25.03.2016 23:11 • #8


Carcass
Moin Moin,

da war ich letzte Woche beim Optiker, weil ich feststelle dass ich der Nähe nicht mehr gut lesen kann, völlig normal im gewissen Alter!

Dann sagte diese Optikerin, wo ich schon seit 40 Jahren Kunde bin, dass das linke Auge seit einem Jahr um ein Dioptrin schlechter geworden sei und da ich auch einmal erhöhten Augendruck hatte, dies zu Grünem Star und Erblindung führen könnte.

Vielen Dank sprach der Hypochonder und ich sehe alles wie immer, eben nur nahe Lesen ist verschwommen.

Ich habe so eine Angst bekommen, dass oich natürlich nun darauf achte ob ich noch alles lesen kann und das macht mich rammdösig.

Habe im Mai aber einen Termin beim Augenarzt und da wird der Augendruck gemessen und auch ein Sehtest gemacht.

Wie wenig Empathie manche Ärtzte so haben, ist erstaunlich!

11.04.2023 10:20 • #9


Schlaflose
Zitat von Carcass:
Wie wenig Empathie manche Ärtzte so haben, ist erstaunlich!

Optiker sind keine Ärzte
Zitat von Carcass:
dass das linke Auge seit einem Jahr um ein Dioptrin schlechter geworden sei

Das ist mir auch schon passiert.

Zitat von Carcass:
und da ich auch einmal erhöhten Augendruck hatte, dies zu Grünem Star und Erblindung führen könnte.

Das hat mit Erhöhung der Dioptriezahl überhaupt nichts zu tun. Und es ist allgemein bekannt, dass ein erhöhter Augendruck zu grünem Star führen kann und schließlich zu Erblindung, wenn es unbahandelt bleibt. Aber bis es dazu kommt ist es ein sehr langer Weg.

Zitat von Carcass:
Ich habe so eine Angst bekommen, dass oich natürlich nun darauf achte ob ich noch alles lesen kann und das macht mich rammdösig.

Ein erhöhter Augendruck/grüner Star macht sich nicht durch verschwommenes Sehen oder etwas nicht lesen können bemerkbar, sondern durch Einengung des Sehrfelds (Tunnelblick).

Es ist also völlig ausreichend, wenn du im Mai deinen Termin hast und falls der Augendruck erhöht ist, wird das mit Tropfen behandelt.

11.04.2023 14:09 • x 1 #10


Carcass
Zitat von Schlaflose:
Optiker sind keine Ärzte Das ist mir auch schon passiert. Das hat mit Erhöhung der Dioptriezahl überhaupt nichts zu tun. Und es ist allgemein bekannt, dass ein erhöhter Augendruck zu grünem Star führen kann und schließlich zu Erblindung, wenn es unbahandelt bleibt. Aber bis es dazu kommt ...

Huhu,

danke für deine ausführliche Antwort Ich bekomme seit einem Jahr breits Tropfen und bin alle 3 Monate beim Augenarzt und die Optikerin hat mir einfach Angst gemacht. Klar ist sie keine Ärztin , aber es gibt auch genug Ärzte die das nicht können. Zum Glück bin ich immer offen mit meiner Angststörung.

Sehfeld ist ok, Tunnelblick habe ich nicht und verschwommen sehen kommt halt auch vor, wenn man trockene Augen hat. Das hatte ich schon als kleines Kind gehabt, war immer schon furchtbar, daher habe ich auch Kontaktlinsen nur schwer vertragen und dann die Entscheidung getroffen, nur eine Brille zu tragen.

Was es nicht alles gibt und trotzdem hat man wieder umsonst Angst!

12.04.2023 06:36 • #11


Grashüpfer
Hallo Carcass,
War der Augendruck trotz der Tropfen erhöht? Wie waren die Werte des Augeninnendrucks? Wenn du eh jedes Quartal beim Augenarzt bist und der Augendruck so engmaschig kontrolliert wird, wäre dort sicher aufgefallen, wenn die Dosis nicht mehr ausreichend ist. Warte mal ab, was beim nächsten Besuch beim Doc rauskommt.
Welche Tropfen nimmst du denn, Timo Commod?
Ich habe links auch erhöhten Druck, aber mit den Tropfen lässt es sich gut einstellen.
Das Problem der trockenen Augen kenne ich leider nur zu gut. Hast du es mal mit Leinsamen versucht? Täglich etwas Leinsamen essen, in Joghurt oder Suppe. Sie regen die Tränenproduktion an. Und, so blöd es klingt, viel trinken, auch das kommt den trockenen Augen zugute.
Es ist unglaublich, wie wenig empathisch manche Menschen sein können! Lass dich nicht kirre machen, du bist in guter ärztlicher Betreuung und das zählt. Bist du mit deinem Augenarzt zufrieden?
Vermutlich brauchst du eine Lesebrille, und damit ist das Problem erst einmal gelöst.

12.04.2023 07:26 • #12


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Dr. Matthias Nagel