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Hallo,
ich suche heute den ganzen Tag meine Campingausrüstung zusammen, gucke ob alles da ist und überall kleben kleine Notizzettel in der Wohnung, daß ich nichts vergesse und wenn es auch nur Pflaster ist. Es wird keine lange Urlaubsreise, nur mal ein paar Tage an die Ostsee ab kommenden Donnerstag und nur meine Jüngste und ich. Die Reise findet nicht überraschend statt, sondern ist seit Weihnachten angemeldet. Sechzehn Jahre lang gab es jeden Sommer und manchmal auch Pfingsten oder einfach mal so eine Fahrt auf den Darß. Es ist der einzige Ort, der für mich zu bewältigen ist mit dem Auto und der einzige Ort, an dem ich noch gerne bin, außer zu Hause. Eigentlich wollte ich gar nicht buchen, aber meine Jüngste wollte das: noch einmal mit Mama verreisen.
Aber die Angst fährt mit und es kommt mir so unwirklich vor. Wenn wir angekommen sind, haben wir ja eine Menge Arbeit. Das Zelt aufzubauen und einzurichten ist mir die letzten Jahre sichtlich schwerer gefallen und ich frage mich, wie ich das wohl dieses Jahr noch schaffe. Fremde Menschen werden mir begegnen, das läßt sich leider nicht vermeiden, sicherlich auch die der unangenehmen Sorte. Ich sehe mich heute noch nicht, daß ich Donnerstag dort bin.
Aber auch Freude fährt mit. Es hat was von nach Hause kommen, obwohl meine Heimat woanders ist. Blödeln am Strand, morgens die klare Luft, ein Regenbogen über der See, Strandwanderung, Muscheln und Steinchen sammeln, spät abends einkuscheln im Schlafsack und das Klatschen des Regens auf dem Zelt und bei Gewitter in den Dünen der Natur ausgeliefert zu sein. Sogar Überschwemmungen auf dem Campingplatz haben wir schon erlebt. Ich hoffe sogar auf ein kleines Unwetter. Ich werde wie jedes Jahr mit der Kamera los ziehen und Pflanzen, Früchte, Blüten fotografieren, die ich dann zu Hause ganz in Ruhe bestimmen kann und in meine Botanik-Galerie aufnehme.
Ich bin innerlich zerrissen zwischen dieser Angst und dieser Freude. Die sichere Rettungsinsel zu Hause zu verlassen, kostet große Überwindung. Mir schlottern die Knie. Es ist andererseits aber auch die letzte Freiheit, die ich mir über all die Jahre erhalten habe und auf keinen Fall aufgeben kann. Ich packe einige meiner Sicherheiten ein: ein altes Multifunktionstaschenmesser, wifi Hot-spot und Tablet, Kamera und einen Kugelschreiber. Von diesen Dingen darf ich nicht eins vergessen, der Rest ist nicht so wichtig.

Wie geht es euch vor einer Reise? Reiselampenfieber haben ja viele Menschen. Ich empfinde das als sehr negativ. Es ist nicht mal, daß ich vor Aufregung durcheinander bin, ich habe regelrechte Angst und ganz schlimm wird der Weg dahin - irgendwo im nirgendwo. Hat jemand auch so seine Sicherheiten, die er keinesfalls vergessen darf. Fehlt so eine Sicherheit plötzlich, ist das wie Tür zugezogen, Schlüssen drin geblieben... Angst, Panik, hilflos.

Grüße

19.07.2015 17:39 • 28.07.2015 #1


9 Antworten ↓


Mondkatze
hallo Reenchen

einiges kenne ich auch vor der Urlaubsreise.
Einen Tip habe ich für Dich. Ich mache das immer so, dass ich im PC einen Zettel schreibe, den ich das ganze Jahr über pflege und immer alles reinschreibe, was mir einfällt was ich mitnehmen muß.
Und beim Packen brauche ich dann nur abzuhaken.

Wir waren schon mal auf Usedom. Das ist von hier, NRW, sehr sehr weit.
Wir sind schon mal über 10 Stunden gefahren, ok mit viel Pausen und Stau.

Bei mir fängt die Angst an, wenn ich den Koffer packe.
Die Fahrt ist immer ein Horror für mich. Streß, Panik und Heulen ist angesagt.
Und ich habe auch einige Sicherheiten, die ich unbedingt minehmen muß. Das ist wie ein Zwang.
Das wären mein Streßball für während der Fahrt, meine Bachblüten, die ich griffbereit halte, mein Taschenmesser, gaaaaaanz wichtig und meinen Ganesha.
Das alles habe ich griffbereit in der Hosentasche.
Ohne diese Dinge geht es gar nicht.

LG
Mondkatze

19.07.2015 18:04 • #2


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Reiselampenfieber, die Angst besiegen?

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Hallo Mondkatze,
Das ist wie ein Zwang, ist mir auch sehr bewußt. Es geht mir in allen Bereichen des Lebens so, daß ich dieses Gefühl vermeiden will, plötzlich etwas Wichtiges nicht dabei zu haben. Der Moment, in dem mir etwas von diesen Dingen fehlt und unerreichbar ist, bringt mich völlig durcheinander. Es ist wie ein Schreck und entwickelt sich mitunter schon mal zu einer Panik. Das beste Beispiel ist das Einkaufen ohne Einkaufszettel. Wenn ich, das ist meist vor Betreten des Marktes, feststelle, daß ich den Einkaufszettel nicht eingesteckt habe, kann es passieren, daß ich sofort wieder umkehre und meistens fahre ich dann nicht nochmal los. Der Schreck ist so groß, daß ich auch nicht zusammen bringe, was ich aufgeschrieben hatte - Kopf leer.

Heute morgen überwiegt die Angst vor der Fahrt. Gestern abend ging es mir besser. Diese Hin- und Hergerissenheit wird wohl bestehen bleiben, bis wir Donnerstag angekommen sind. Dann habe ich vor Arbeit erstmal keine Zeit, Angst zu haben und ich erwarte, daß diese Anspannung Donnerstag abend von mir abfällt. Ich versuche, mich nicht hinein zu steigern. Zwei Jahre Therapie und ich kann das gar nicht steuern.

Grüße

20.07.2015 07:22 • #3


Mondkatze
Hallo Reenchen,

ich denke dass Du das bestimmt steuern kannst.
Du hast doch sicherlich einiges während der Therapie gelernt, sowas wie Streßbewältigung und so.
Wenn Du mal ne ruhige Minute hast, dann besinne Dich doch darauf, was Du alles gelernt und bisher schon gemeistert hast.
Und Du kannst auch stolz auf Dich sein, wenn Du diese Reise antrittst, das ist doch schon super.
Und das andere schaffst Du auch!

Bevor Du losfährst machst Du vielleicht noch ein paar Atemübungen und Entspannungsübungen.
Und wenn Dich während der Fahrt die Angst einholt, dann machste ne Pause, nicht gerade am Rastplatz, sondern etwas außerhalb, vielleicht wo viel Grünes ist.
Das machen wir auch immer so. Der Geruch der Natur ist wie eine Aromatherapie und auch schön zu sehen.

Ich wünsche Dir alles Liebe

Mondkatze

20.07.2015 14:23 • x 1 #4


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In zwei Tagen soll es los gehen. Heute ist die Anspannung schon sehr groß. Ich muß gleich los, Volltanken und Lufdruck auf die Räder bringen. Ich eier hier bereits eine Stunde rum und komme nicht los. Gestern hatte noch mein Bruder angeboten, das zu übernehmen. Aber ich mußte ja ablehnen, weil ich das ja alleine hinbekomme und nun? Grrrrrrrr. Ich habe das Gefühl keine Luft zu bekommen, schwitze, zitter und würde am Liebsten alles absagen.
In solchen Momenten versagen alle Motivationsstrategien.

21.07.2015 09:11 • #5


Mondkatze
Liebe Reenchen

setz Dich bloß nicht selbst unter Druck.
Immer eins nach dem anderen. Und abhaken, was Du schon erledigt hast, das beruhigt auch.

LG
Mondkatze

21.07.2015 09:35 • x 1 #6


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Danke Mondkatze,
ich habe vorhin dann ganz bewußt auf einem Zettel so eine Art was noch erledigt werden muß aufgeschrieben. Jetzt kann ich Tanken und Luftdruck abstreichen und das tut gut, ich bin dann vorhin los und habe alles erledigt. Ich habe sogar das Zelt schon im Auto
So eine Erledigungsliste ist gar nicht schlecht. Ich hatte erst gedacht, daß das neuen Druck erzeugen würde, weil sich die Erledigungspunkte so ballen auf dem Zettel. Aber das Abhaken ist genial. Und meine Klebezettel in der Wohnung sind auch schon weniger geworden.

Jetzt gerade habe ich so eine Stimmung, in der ich einfach losfahren könnte, ganz ohne Angst. Das fühlt sich gut an, obwohl es ja noch nicht so weit ist.

Grüße

21.07.2015 12:28 • #7


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Ich finde die Idee mit dem Zettel und dem Abhaken auch super!
So kann man immer sehen, wie viel man schon geschafft hat und gerade bei Dingen, für die man sich mehr aufraffen muss, ist es ein befriedigendes Gefühl, wenn man sie abhaken kann!

Ich hoffe für dich, dass du im Urlaub entspannen kannst (so gut es geht), um dann ausgeruht dich wieder den Prüfungen des Alltags zu widmen!
Und sollte die Angst auf der Fahrt kommen, denke dran, dass Ziel ist ja sicher. Alles ist gebucht und geplant, dafür habt ihr gesorgt, ihr steht nicht auf einmal verlassen da!

Mir hilft es immer zu wissen, dass ich mobil bin, also nicht an Zug / Flugzeug etc. gebunden bin. Sollte ein Notfall kommen, kann ich gehen, ich bin ja mobil! Das ist für mich sehr wichtig.
Was ebenso wichtig für mich ist mein Handy, dass mag aber jeder unterschiedlich sehen. Ist mein Handy nicht da, kann ich nicht entspannen. Ist aber das Handy dabei, dann ist alles gut.
Genauso wie der Ring, den mir mein Partner geschenkt hat, habe ich den nicht, fühle ich mich fast schon leer, unvollkommen, der muss also auch immer mit!

Viel Spaß an der Ostsee

Liebe Grüße Anthana

21.07.2015 12:37 • #8


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Zitat:
Mir hilft es immer zu wissen, dass ich mobil bin, also nicht an Zug / Flugzeug etc. gebunden bin. Sollte ein Notfall kommen, kann ich gehen, ich bin ja mobil! Das ist für mich sehr wichtig.
Was ebenso wichtig für mich ist mein Handy, dass mag aber jeder unterschiedlich sehen. Ist mein Handy nicht da, kann ich nicht entspannen. Ist aber das Handy dabei, dann ist alles gut.
Genauso wie der Ring, den mir mein Partner geschenkt hat, habe ich den nicht, fühle ich mich fast schon leer, unvollkommen, der muss also auch immer mit!


Hallo Anthana,
ja genau-die Sicherheiten müssen mit, egal wie individuell sie auch sind. Ich fahre auch nur ausschließlich mit dem eigenen Auto oder bin Mitfahrer bei meiner älteren Tochter. Wenn ich da Panik kriege, brauche ich nicht lange was erklären, sondern habe es selbst in der Hand und die eigenen Kinder brauchen nur meinen Gesichtsausdruck sehen und meine Stimme hören und wissen sofort, was los ist.

Lieben Dank für deine guten Wünsche!

21.07.2015 13:05 • #9


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Ich wollte mich jetzt danach nochmal melden. Gestern nachmittag bin ich wieder zu Hause gelandet. Es ging alles ganz gut, nur das ich die unfreiwillige Gesellschaft anderer Menschen jetzt noch schwerer ertragen kann, als in den Jahren zuvor. Ganz große Stücke halte ich nun auf meine Jüngste. Während sie in all den Jahren immer diejenige war, auf die ich große Rücksicht nehmen mußte, war sie diesmal diejenige, die immer und überall mit anpackte. Ich habe mir am letzten Abend auch noch dummerweise einen Brustwirbel verrenkt und konnte am Abreisetag noch nicht mal am Zeltabbau richtig mit anpacken. Gemeinsam aber haben wir dann doch alles irgendwie wieder eingepackt.
Die lange Autofahrt nach Hause war eine Qual mit dem Bandscheibenknack des Brustwirbels. Schon beim Atmen tut es weh. Ich nahm Schmerzmittel und das merkte ich dann beim Autofahren (mit Beta-Blocker und Tianeurax). Ich hatte mächtig mit Müdigkeit zu tun und Probleme beim Überholen auf der Autobahn, weil ich mich kaum bewegen konnte. Immer wenn ich die Arme bewegen mußte, Schalten und blinken und Schulterblick ...auahhhh.
Trotzdem war es schön und ich bin froh, daß ich die kleine Reise gemacht habe. Nun bereite ich mich auf die nächste Reise vor: nächste Woche nach Graal Müritz mit meiner Ältesten und meinem Enkel.

Grüße

28.07.2015 12:18 • #10


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