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Hey Leute,

ich habe in meinem Leben aufgrund meiner Angststörung schon mit vielen Panikattacken zu kämpfen gehabt.
Ich bin beim recherchieren auf folgendes Thema gestoßen:

Das es einen Zeitraum zwischen Reiz und Reaktion gibt, in dem man bewusst entscheiden kann, ob man überhaupt emotional reagieren möchte.

Ich habe keine konkrete Anleitung oder Übung dazu gefunden. Oft lese ich nur, das Meditation und Achtsamkeit hilft, diese sogenannte „Lücke“ zu finden. Kann mir vielleicht jemand sagen ob ich das konkret üben kann oder mir Literatur dazu empfehlen? Lernt man sowas eigentlich auch in der Verhaltenstherapie?

LG

15.06.2025 18:07 • 15.06.2025 x 2 #1


3 Antworten ↓


Zitat von MexVo99:
Das es einen Zeitraum zwischen Reiz und Reaktion gibt, in dem man bewusst entscheiden kann, ob man überhaupt emotional reagieren möchte.

Hallo Mex,

so weit ich weiß, gibt es tatsächlich einen Zeitraum, zwischen Reiz und Reaktion.
Diesen Zeitraum gibt es aber nur, wenn Du diesen Zeitraum auch nutzen möchtest.

Wir haben zwei Bereiche in unserem Gehirn die wir hauptsächlich zum Denken benutzen.
Diese nennen sich das Unterbewusstsein und das Bewusstsein.

Der Psychologe, Professor Stefan Kölsch schreibt dazu.

Zitat:

Wir haben nicht nur ein einziges Denkorgan im Gehirn, sondern zwei-eines für bewusstes und
eines für unterbewusstes Denken.

Unterbewusstes Denken ist spontan, intuitiv-es braucht weder bewusste Absicht noch
bewusste Aufmerksamkeit und kann sogar leicht vom bewussten Denken ablenken.

Bewusstes Denken hingegen braucht Konzentration. Es ist in der Lage, logische
Schlussfolgerungen zu ziehen, komplizierte Pläne zu entwerfen und knifflige Probleme
zu lösen.
Bewusstes Denken wird jedoch oft als anstrengend und langsam empfunden.

Zitat Ende

Nun ergänze ich.Wir haben nicht nur diese zwei unterschiedliche Bereiche.
Sie funktionieren auch völlig unterschiedlich.


Unterbewusstes Denken funktioniert schnell wie das Licht. Es braucht also keine erkennbare Zeit.
Und das bedeutet weiterhin.
Wenn Du auf einen Reiz mit Deinen unterbewussten Gedanken reagierst, erfolgt Deine Reaktion
fast wie automatisch und sofort. Du verzichtest in dem Fall darauf, bewusst (also ruhig und absichtlich)
den Grund und die Stärke Deines Reizes zu bewerten.
Gleichzeitig verzichtest Du damit auf einen Teil der Kontrolle über Deine eigene Reaktion.

Deine Reaktion erfolgt dann teilweise viel zu schnell, weil Du Dir nicht die Zeit genommen hast,
zuerst mal zu überlegen.
Was ist gerade passiert? Warum ist das wohl passiert? Habe ich mehrere Möglichkeiten auf
den Reiz zu reagieren? Und wenn ja, welche Reaktion wäre nach Überlegung die Bessere
Reaktion für mich.

Nun kannst Du aber folgendes machen.
Du kannst einen großen Vorteil von Deinem Gehirn benutzen. Du entscheidest Dich, möglichst oft
auf einen Reiz nicht sofort und unterbewusst zu reagieren, sondern Du lernst Dir selbst.
Ich möchte üben, nicht mehr emotional (also unterbewusst) zu reagieren, sondern überlegt und
bewusst reagieren.

Das hat dann zur Folge. Du reagierst fast nie mehr sofort. Immer überlegst Du zuerst.

Was ist gerade passiert? Schadet mir das? Greift mich das an? Und was finde ich, ist meine
klügste Reaktion darauf.

In dem zweiten Fall entscheidest Du jeweils allein, wie lang die Zeitspanne zwischen
dem Reiz und Deiner Reaktion sein soll.
Die Zeitspanne kann zwischen wenigen Sekunden und Tagen oder Wochen liegen.
Wenn Du der Meinung bist, nun habe ich entschieden, wie ich darauf reagieren möchte,
dann kannst Du reagieren.
Du könntest auch entscheiden. Ich halte es für klug, gar nicht darauf zu reagieren.

Das bewusste Denken dauert natürlich deutlich länger. Und das bewusste Denken ist das Denken,
mit dem man sich selbst etwas lernen kann.


Unterbewusstes Denken besteht überwiegend aus, sich selbst bereits gelerntem Denken.
Dieses unterbewusste Denken dann wieder zu erweitern, das braucht oft viel Zeit und
Mühe. Weil sich Dein Unterbewusstsein fragt.
Warum soll ich denn für etwas, was ich schon gelernt habe, noch einmal etwas anderes
dazu lernen?



Viele Grüße
Bernhard

A


Raum zwischen Reiz und Reaktion?

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Zitat von MexVo99:
Lernt man sowas eigentlich auch in der Verhaltenstherapie?


Kommt wohl die Methodik des Therapeuten an, aber im Grunde ist es relativ einfach diesen Zeitraum zwischen Reiz oder Gedanke und Reaktion zu bemerken.

Entspannt hinsetzen und atmen.
Nach 10 Minuten ungefähr beginnt man die Gedanken, die einem kommen zu nennen. Sorge, Gedanke, Angst, Motivation, Freude usw usf.

Also wirklich nur die Überschrift des Gedanken aussprechen und dann wieder zurück in die Atmung gehen.

Dieses Labeling dient dazu, einen Abstand zwischen Reiz und Reaktion zu bringen. Am Anfang klappt das eher so gar nicht, weil man die Gedanken häufig trotzdem festhält, aber mit der Zeit merkt man, dass die Zeitspanne, wie lange der Gedanke gehalten wird kürzer, und die Reaktionszeit länger wird, bis aus dem Gedanken auch ein Gefühl wird.

Theoretisch lässt sich das am Ende beliebig regulieren, aber ich würde da realistisch bleiben wollen, dass es schon ausreicht, selbst wieder einen Ansatz von Kontrolle über die Reaktion herzustellen.

Die Lücke dazwischen ist die Stille, zwischen den Gedanken, die kannst du dir auch vorstellen. Zuerst war bei mir der Schritt, den stillen Beobachter stärken am wichtigsten dazu. Das ist die stille Person die den Zug der Gedanken beobachtet und erkennt, daß es nur wie Projektionen auf einer Leinwand sind, Filmszenen und Bilder. Als ich das erkannt habe, war mir die Leinwand dahinter klar, nämlich die ist, die Stille und die Ruhe oder samtige Schwärze, auf der sich alles abspielt. Mit der Zeit kriegt man die Lücken zu fassen und mit Übung, kann man sie ausdehnen.




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Dr. Christina Wiesemann
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