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B
Hey!

Mein Leben mit der Angst begann ungefähr mit 14. Ich habe mich damals dazu überreden lassen mit ein paar Leuten abzuhängen die schon deutlich älter waren. Daraus entstand dann eine soziale Drucksituation in der ich gezwungen war mehr Dro. zu rauchen als ich eigentlich vertrage. Meine Gedanken waren damals, dass ich jetzt zu viel davon in meinem Körper habe und es mich im nächsten Moment total umhaut. Ich habe dann totale Angst vor dem Kontrollverlust bekommen und das in eine Panik münden lassen.

Mein Problem war damals, dass ich das nicht als Angst gedeutet habe. Für mich war das einfach ein so starkes Gefühl, dass ich der Meinung war, dass das ein Anzeichen dafür ist verrückt zu werden. Für mich war dann klar, dass das irgendwann so schlimm wird, dass ich sabbelnd durch die Straßen laufe und in Zwangsjacke abgeführt werde. Also hab ich mir selbst gesagt, dass ich das nun so lange verheimlichen werde bis gar nichts mehr geht.

Nach der Attacke bin ich dann nicht zur Schule gegangen. Im Zuge dessen wurde nach ein paar Wochen eine abklingende Herzmuskelentzündung diagnostiziert. Aus heutiger Sicht war das vermutlich eine falsche Diagnose, aber immerhin wurde mir damals eine Psychotherapie verschrieben um damit klarzukommen. Der Arzt sagte damals sowas wie: Mensch, so eine Sache mit dem Herz kann ziemlich belastend sein. Ich schreib dir jetzt mal was auf, da kannst du dann darüber reden.

Leider ging es in der Psychotherapie dann nicht um die Angst, sondern um zwischenmenschliches. Wenn die Therapeutin mir damals sowas gesagt hätte wie: Das ist einfach nur Angst. Wenn Du es schaffst die auszuhalten wird alles viel besser. Wir arbeiten jetzt daran, dann wäre wohl sehr vieles anders verlaufen. Stattdessen haben wir irgendwelche Familienaufstellungen gemacht und uns über meine frühe Kindheit unterhalten.

Ich habe mich dann einfach selbst therapiert. Ich bin einfach in die Situationen gegangen und habe mir selbst gesagt, dass ich jetzt lernen muss mit meiner verrücktheit zu leben. Das hat auch einigermaßen geklappt. Ich bin zwar einmal sitzen geblieben, habe dann aber ein ausgezeichnetes Abitur gemacht.

Der krasseste Moment war damals dann die Abiturprüfung. Trotz der schlimmsten Panikattacke meines Lebens habe ich es irgendwie fertiggebracht eine 1+ in der mündlichen Deutschprüfung hinzulegen. Einer der Lehrer meinte nach der Klausur: Also, sie haben uns heute sehr beeindruckt. Nicht nur, was sie da vorgetragen haben, sondern auch das wie. Mit so viel Ruhe und Gelassenheit. Gratulation! In dem Moment ist für mich dann echt alles zusammengebrochen. Wie konnte es sein, dass ich nach Außen so eine tolle Wirkung habe und innerlich so unfassbar geladen bin?

Ab dem Zeitpunkt begannen dann die täglichen Panikattacken. Eigentlich war mein Leben eine einzige Panikattacke. Ich habe noch echt viele Dinge gemacht, hatte aber andauernd die Angst verrückt zu werden. Stellenweise waren das mehrere am Tag. Eine unfassbare miese Zeit.

Ich habe mich dann immer weiter zurückgezogen. Habe nur noch das nötigste gemacht. Hab mich irgendwie an der Uni eingeschrieben und alles in Eigenregie zu Hause gelernt. Dann zu den Klausuren gequält und irgendwie durchgekommen.

Irgendwann habe ich dann beschlossen eine Therapie zu beginnen. Da wurde mir dann das erste mal erzählt, dass das einfach nur Angst ist. Es ging dann rapide bergauf. Ich habe wieder alles gemacht, Ängste überwunden, bin gereist, ins Stadion gegangen, zur Uni, einfach alles. Ich bin auf einen riesigen Erfolgszug aufgesprungen und hab den echt lange geritten. Ich dachte die Angst verschwindet nun endgültig und ich kann wieder frei sein.

Das miese war dann allerdings, dass es einen ziemlichen Rückfall gab. Und genau zu dem Zeitpunkt hat meine Therapeutin dann auch ihrerseits einfach die Therapie abgebrochen, da sie nur noch Privatpatienten behandeln wollte. Eine unfassbar Empathielose Person. Ist sicherlich ihr gutes Recht das so zu machen, aber in der Situation hätte es sie vermutlich auch nicht umgebracht noch 10 Stunden mit mir durchzuziehen, um mir wenigstens eine Perspektive zu eröffnen.

Stattdessen habe ich zu dem Zeitpunkt dann einfach innerlich aufgegeben und wieder begonnen mich zurückzuziehen. Ich habe einen Hund mit dem ich regelmäßig Gassi gehe und habe es so geschafft einen Bereich rund um das Haus zu schaffen der einigermaßen erträglich ist. Ansonsten nehme ich an nichts mehr Teil.

Durch einen absoluten Glücksfall habe ich es irgendwie geschafft eine Frau kennenzulernen mit der ich zum ersten mal darüber wirklich reden konnte. Sie hat ihre eigenen krassen Probleme, aber ich bewundere im allgemeinen, wie sie selbst mit ihrer Panik umgeht. Wir helfen uns gegenseitig auf ganz unterschiedlichen Ebenen und das ist ein unfassbar gutes Gefühl.

Das ist auch der Grund warum ich mich hier angemeldet habe. Ich suche Menschen mit denen ich mich austauschen kann. Der Schlüssel zu meiner Angst wird sein sie zu akzeptieren und zu erkennen, dass auch andere Menschen damit umgehen können.

Ich habe die dunkelsten Orte in den letzten 10 Jahren gesehen und trotzdem habe ich das Gefühl jetzt ein besserer Mensch zu sein. Das ist etwas, auf das ich wirklich stolz bin. Mit dieser Erkenntniss kann es jetzt nur noch nach oben gehen!

Falls jemand Interesse hat sich einfach mal intensiver zu unterhalten (Chat/Telefon), meldet euch.

28.05.2018 13:05 • 28.05.2018 x 1 #1


7 Antworten ↓


Lillymaus
Hey
Du kannst zu Recht sehr stolz auf dich sein für das was du alles geschafft hast Abitur mit 1+usw
Ist deine Angst und panik jeden Tag da oder gibt es auch Phasen zb paar Tage oder Wochen wo du gar nichts hast? Nimmst du Medikamente regelmäßig oder etwas für den Notfall?

28.05.2018 13:15 • #2


A


Mein Leben mit der Angst

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B
Hey Lilly!

Vielen Dank! Ich habe mir hier so meinen Bereich geschaffen in dem die Angst nicht so stark wird. Da sind dann auch mal Tage dabei an denen es mir relativ gut geht und Wochen ohne echte Panikattacke.

Es ist allerdings so, dass ich weiß, dass ich, sobald ich nen paar 100 Meter raus aus diesem Bereich gehe, sofort eine Panikattacke bekomme. Ist eine etwas trügerische Sicherheit, aber immerhin ein ganz guter Ausgangspunkt um weiter daran zu arbeiten.

Medikamente nehme ich nicht. Ich glaube das wäre für meine Angst auch nicht der richtige Weg. Ich habe jetzt so viele Panikattacken ohne Medikamente ausgehalten, das schaffe ich auch wieder. Ich verurteile allerdings auch niemanden, der Medikamente nimmt. Ich denke es gibt durchaus Situationen in denen das genau das richtige ist.

28.05.2018 13:36 • #3


Lillymaus
Zitat von bjarne:
Hey Lilly!

Vielen Dank! Ich habe mir hier so meinen Bereich geschaffen in dem die Angst nicht so stark wird. Da sind dann auch mal Tage dabei an denen es mir relativ gut geht und Wochen ohne echte Panikattacke.

Es ist allerdings so, dass ich weiß, dass ich, sobald ich nen paar 100 Meter raus aus diesem Bereich gehe, sofort eine Panikattacke bekomme. Ist eine etwas trügerische Sicherheit, aber immerhin ein ganz guter Ausgangspunkt um weiter daran zu arbeiten.

Medikamente nehme ich nicht. Ich glaube das wäre für meine Angst auch nicht der richtige Weg. Ich habe jetzt so viele Panikattacken ohne Medikamente ausgehalten, das schaffe ich auch wieder. Ich verurteile allerdings auch niemanden, der Medikamente nimmt. Ich denke es gibt durchaus Situationen in denen das genau das richtige ist.


Das ist schon mal ein guter Anfang mit deinem kleinen Bereich den du dir da geschaffen hast, aber versuch nach und nach den Bereich ein bißchen zu erweitern. Vor 10 Jahren wo das bei mir anfing mit 19 diese panikattacken da konnte ich nicht mehr bus oder U-Bahn oder Zug fahren oder in ein einkaufszentrum rein usw, heute kein Problem mehr aber ich habe halt Medikamente genommen und nehme sie auch jetzt noch und habe selber viel an mir gearbeitet. Respekt das du es ohne Medikamente schaffst im Gegensatz zu früher sind meine panikattacken und die ganzen Symptome heute fast nichts mehr im Gegensatz zu früher da ging ich durch die Hölle

28.05.2018 13:49 • #4


B
Oh, dann sind wir beide etwa im selben Alter. Als es bei mir so richtig anfing war ich dann auch 20. Klasse, dass es bei dir so gut läuft im Moment.

Derzeit arbeite ich noch daran mir genug Motivation zu verschaffen den nächsten Schritt zu gehen. Ich merke selbst, dass ich da einfach etwas Zeit benötige. Und genau die gebe ich mir jetzt auch. Mit dem Blick in die Zukunft

28.05.2018 14:34 • #5


Lillymaus
Zitat von bjarne:
Oh, dann sind wir beide etwa im selben Alter. Als es bei mir so richtig anfing war ich dann auch 20. Klasse, dass es bei dir so gut läuft im Moment.

Derzeit arbeite ich noch daran mir genug Motivation zu verschaffen den nächsten Schritt zu gehen. Ich merke selbst, dass ich da einfach etwas Zeit benötige. Und genau die gebe ich mir jetzt auch. Mit dem Blick in die Zukunft


Ja wir sind fast im selben Alter zwei Jahre auseinander
Genau, gib dir die Zeit, den mit druck funktioniert das nicht.
Ganz raus bin ich da auch nicht, manchmal geht es mir echt beschissen und dann Tage oder wenn ich Glück habe auch mal wochenlang gut. Gestern abend zb ging es mir gar nicht gut :kribbeln in den Händen, Gefühl von Hals enge und so ein Druck im Kopf zum kotzen ist das! Aber dann habe ich mein Notfall Medikament tavor genommen und dann ging es mir mit der Zeit wieder gut

28.05.2018 15:12 • #6


B
Was passiert, wenn du das Tavor nicht nimmst? Hältst du dann die Panik nicht aus?

28.05.2018 16:06 • #7


Lillymaus
Doch am Tag halte ich es dann schon aus manchmal nicht aber das geht aber nachts wenn was ist dann nicht
Eigentlich habe ich fast gar keine richtigen panikattacken mehr sondern eher diese Vorboten mit denken ich bekomme schlecht Luft und komisches sehen usw

28.05.2018 16:10 • #8





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