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H
Hallo,

ich weiß, dass es nervt, wenn jemand das Gleiche postet wie schon zig andere, aber ich würde mich und mein Problem trotzdem ganz gerne vorstellen.
Ich bin männlich, 24 Jahre alt und Student.
Ich hatte zwar schon immer Probleme mit dem Magen-/Darmbereich (nichts konkretes gefunden worden, aber immer mal Magenschmerzen oder Durchfall) - bislang war das absolut kontrollierbar, zwar nervig, aber nicht einschränkend. Im Oktober war ich dann mit meiner Freundin und ihrem Bruder mit dem Auto unterwegs und unmittelbar vor der Einfahrt in einen Tunnel, habe ich einen extremen Drang bekommen mich zu entleeren. Also binnen Sekunden hat es sich angefühlt als würde alles aus meinem Darm entweichen wollen. Der Tunnel war 1,5 km lang und in ihm war Section Control (Österreich eine Art Blitzer die die Geschwindigkeit nicht an einem bestimmten Punkt, sondern über eine Strecke misst). Ich war absolut machtlos und ich wechselte zwischen extremen Schwitzen, meine Freundin anschreien, dass sie schneller fahren soll (was nicht ging) und dem Drang gleich aus dem fahrenden Auto zu springen. Und anscheinend hat dieser Tag etwas bei mir hinterlassen.

Normale Tätigkeiten wie U-Bahn fahren oder Fahrstuhlfahrten wurden in den folgenden Tagen zur Qual. Also sobald alles ok ist geht es mir gut. Ich kann ja rein theoretisch jede Station rausspringen. Aber ein Mal hat die Bahn zwischen 2 Stationen gehalten. Noch während der Durchsage, das es sich um einen technischen Defekt handelt ging die Panik wieder los. Hände komplett nass, Herzrasen, Tunnelblick und natürlich Magenkrämpfe. Dann waren wir mit einer Gruppe in Zagbreb mit dem Bus. Morgens getroffen, alles super, gelacht, gescherzt, geredet, setzte mich in den Bus und sobald die Tür zu ging und der Bus losfuhr gings wieder los. Gut, geht wieder vorbei dachte ich mir. Aber vor knapp 2 Wochen habe ich einen neuen Höhepunkt erreicht. Ich bin in meinem Leben bestimmt ca 100 mal geflogen und habe mir vorher keine Gedanken gemacht. Aber dann kam die Durchsage Boarding Completed, die Tür geht zu und das Flugzeug rollt aus der Position raus. Wenn man jetzt aufsteht um auf Toilette zu gehen, kann man nicht mal mehr rausgeschmissen werden aus dem Flieger. Umdrehen, Anzeige, Weihnachten nicht zu Hause...das waren meine Gedanken und die folgende Panikattacke suchte seines Gleichen. Wieder extreme Magenkrämpfe, sofort Schwitzen, Herzrasen etc. Und dann hält das Flugzeug auch noch an um enteist zu werden - wieder 15 min länger. Sobald die Möglichkeit wieder gegeben war die Toilette zu benutzen (Flieger war in der Luft) war alles wie weggeblasen und hielt dann so lange an bis es wieder hieß Bitte nehmen Sie ihre Sitzplätze wieder ein, benutzen Sie nicht mehr die Waschräume etc.... Mein Vater hat sich unser Aufeinandertreffen auch anders vorgestellt als seinen Sohn heulend zusammenbrechen zu sehen im Flughafengebäude.

Den Rückflug habe ich dann überlebt, weil ich mir vorher 4 Antidepressiva (doxepin neuraxpharm) eingeworfen habe.
Nun merke ich leider wie diese ganze Geschichte mich so mitgenommen hat, dass ich selbst vor normalen Sachen Angst habe. War gestern mit meiner Freundin und Ihrer Familie in einem Variete und es hat 20 min gedauert bis ein mulmiges Gefühl im Magen aufgehört und mein Körper mir signalisiert hat, das alles gut ist und ich die Show genießen darf. Im Februar wollten wir mit 8 Freunden Schifahren gehen und ich überlege den Trip abzusagen.

Ich hatte bislang nie mit Ängsten zu tun und habe auch kein Problem nach einer Toilette zu fragen bzw bin da ganz offen und rede da eig mit jedem drüber mit dem ich dahingehend zu tun haben könnte (Gegenteiliges liest man ja leider auch sehr oft hier im Forum).

Hat IRGENDJEMAND Ähnliches erlebt? Geht das wieder vorbei?

LG

06.01.2014 23:44 • 07.01.2014 #1


4 Antworten ↓


C
Hallo und willkommen,

du bist nicht allein mit dieser Situation. Vor nicht allzu langer Zeit hatte ich etwas ganz ähnliches, diese Gefühle tauchten nur dann auf, wenn man die Situation nicht ohne Weiteres verlassen konnte. Mein Highlight in der Hinsicht war auf einer Beerdigung, man, so heiß war mir noch nie in einer Kapelle...

Was du auf keinen Fall tun solltest, ist, diese Situationen zu vermeiden. Wenn du das machst wird es nur noch schlimmer, weil du dich in deiner Angst bestätigst.

Was mir geholfen hat, waren ein paar Wochen Konfrontation. Jeden Tag mehrere Situationen, in denen das Problem für gewöhnlich auftaucht. Und keine Ausreden oder Ausflüchte, wenn die Angst kommt, in der Situation bleiben und versuchen sich zu beruhigen oder abzulenken! Du kannst deinem Körper vertrauen und solange einhalten, bis der Drang verschwindet. Nur wichtig, dass du nicht fliehst. Das nährt und bestätigt die Angst nur.

Ich weiß, das klingt nach einer ziemlichen Anstrengung, aber es kann helfen. Nach jeder überstandenen Sache kannst du stolz auf dich sein. Und mit jedem Mal steigt das Vertrauen in deinen eigenen Körper.

07.01.2014 01:00 • x 1 #2


A


Angst vor ausweglosen Situationen

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raja
Hallo Hammerburg,

Ja, diese Panikattacken in der stehenden U-Bahn kenne ich sehr gut. Habe auch Magen-Darm und genau wie du das Gefühl, das plötzlich alles raus muss. Dazu kann ich auch kaum auf fremden Toiletten gehen also bin ich auch am liebsten zu Hause geblieben.
Ich hab das schon seit 1 1/2 Jahren aber es ist mit der zeit besser geworden. Warum kann ich nicht sagen aber ich nehme keine Medikamente. Ich gehe zwar ganz normal zur schule und an Ausflügen nehme ich auch teil, wenn auch sehr ungern. Trotzdem hab ich mir für dieses Jahr einiges vorgenommen und ich kann nur jedem raten: aktiv bleiben! (Man muss es ja nicht gleich übertreiben)
Also ich würde dir auf jeden Fall empfehlen, im Februar mir deinen Freunden mitzufahren. Wenn du gewillt bist, dass die Probleme aufhören dann klappt das auch irgendwann!
Auf jeden Fall wünsche ich dir alles Gute für die Zukunft!

Raja

07.01.2014 01:02 • x 1 #3


H
Vielen Dank für die raschen und auch motivierenden Antworten. Das Ganze ist relativ neu für mich und ich muss sehen wie ich wann wie reagiere. Vor allem wenn morgen die Uni weitergeht mit 4 Std Vorlesung am Stück, aber eigentlich sollte das ja kein Problem sein, weil ich rein theoretisch gehen kann. Auf jeden Fall waren das große Schocks, die wie gesagt einen bleibenden Eindruck hinterlassen haben. Das ich mich nicht einigeln darf verstehe ich total, habe ich an und für sich auch nicht vor. Da gerät man glaube ich sehr schnell in einen Teufelskreis in dem einen die Angst kontrolliert. Ich merke ja so schon bei jeder Aktion die ansteht, dass ich mir Gedanken mache was passieren könnte bzw ich mir eine Strategie zurechtlege für den Ernstfall. Zb schaue ich bei jeder UBahnstation ob ein WC ausgewiesen ist. Selbst das zeigt ja, dass ich selbst in Situationen in denen nichts ist, an nichts anderes denke.

Euch auch alles Gute!

07.01.2014 02:04 • #4


P
Ich kenne das auch. Allerdings weniger mit zur Toilette müssen, sondern Angst, umzukippen. Daher würde ich mich nie in eine Menschenmenge (Konzert etc.) begeben. Oder in ein Stadion. Auch habe ich, besonders als Fahrer, Angstzustände an roten Ampeln (besonders bei denen, wo man mittig steht und von Vorne, rechts und links der Verkehr an einem entlang fährt) und vor allem im Stau. Autobahn fahre ich eh nie, aber falls es dazu kommen würde, würde ich wahrscheinlich halb verrückt.
So lange ich ohne Behinderung durch fahren kann, ist soweit alles ok. So richtig schlimm ist es bei mir geworden als ich 2012 im Sommer mal fast zusammen geklappt bin als ich mit dem Auto allein unterwegs war.
Früher bin ich 30-50 km weit in größere Städte gefahren, auch in Parkhäuser und Einkaufszentren. Auch alleine. Das würde ich heute nicht mehr tun. Muss man ja auch nicht, seit man auch in kleineren Städten und im Internet alles bekommt (z.B. Klamotten und Elektrogeräte und was weiß ich).
In meinem Umkreis von bekannten Geschäften / Orten fühle ich mich wieder relativ sicher. Auch im Kino war ich letztens und mit meinem Mann in einem Einkaufszentrum. Aber alleine würde ich mich derzeit nicht weiter als 15 km mit dem Auto weg bewegen und dann allenfalls eine kurze Strecke Bundesstraße. Keinesfalls Autobahn. Und nie, ohne Handy und Papiere dabei zu haben und meinem Mann oder meiner Mutter Bescheid zu geben, wo ich hin fahre.
Für mich ist die Vorstellung, alleine unterwegs umzufallen, eine Horrorvision.
Ich habe dann auch Symptome. Panik, Fluchtgedanken, Schwindel usw.

07.01.2014 11:26 • #5





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