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M
Vielleicht kann mir ja jemand von euch ein wenig weiter helfen.
Und zwar habe ich Agoraphobie mit Panik.
Seit einem Jahr bin ich in Therapie.
Theoretisch weiss ich mittlerweile alles nur praktisch ist eine andere Sache.
Mit einer Begleitperson kann ich mittlerweile schon überall hin ,ohne das was ist.
Aber ich schaffe den Sprung alleine einfach nicht.Ich nehme es mir stândig vor aber kann einfach nicht.Denke immer was mache ich bloss wenn ich voll die Panik bekomme,was passiert dann usw.
Das hindert mich einfach daran.
Aussee alleine zur Schule meine Kids bringen und kurz auf den Spielplatz gehen ich nirgends hin.
Und ganz schlimm ist es,wenn ich den einen Mann sehe,den ich total gern hab.Dann geht's erst richtig ab.
Hat jemand vielleicht einen Tip und könnte mir etwas weiter helfen?

25.03.2021 09:30 • 30.05.2021 #1


18 Antworten ↓


A
Grüße dich...das kann wesentlich länger dauern,.. ein Jahr ist noch nicht lange

25.03.2021 09:40 • x 1 #2


A


Alleine das Haus verlassen Agoraphobie

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4_0_4
Zitat von Mom4:
Theoretisch weiss ich mittlerweile alles

Wie sollst Du denn mit dir umgehen, wenn du dich selber mit dem rausgehen konfrontieren sollst?

25.03.2021 09:44 • x 1 #3


M
Zitat von cube_melon:
Wie sollst Du denn mit dir umgehen, wenn du dich selber mit dem rausgehen konfrontieren sollst?

Laut Therapeuten sollte ich der Angst entgegentreten,mich auf meine Atmung konzentrieren,auf mein Umfeld und nicht auf mich.
Und soll mir immer wieder sagen,dass mir nichts schlimmes passieren kann...
Aber das ist so einfach gesagt.

25.03.2021 10:02 • x 2 #4


4_0_4
Das ist alles was dir gesagt wurde?

25.03.2021 10:04 • #5


4_0_4
Wenn Du das mit einer Begleitperson hinbekommst und alleine eben diese Blockade hast, dann vertraut dein Unterbewusstsein nicht darauf, das Du dich nicht aus einer vermeidlich bedrohlichen Lage selbst herausnehmen kannst.

Ergo sieht es in der Konfrontation eine emotionale Überforderung und schiebt dich in die Symptome.

Von sich selbst fest überzeugt zu sein sich aus einer belastenden Situation nehmen zu können, ist elementar wichtig.

Es gibt auch Techniken der Desensibilisierung, Skills der Realitätswiederherstellung, Raster- / Etappendenken usw..

25.03.2021 10:10 • #6


M
Zitat von cube_melon:
Wenn Du das mit einer Begleitperson hinbekommst und alleine eben diese Blockade hast, dann vertraut dein Unterbewusstsein nicht darauf, das Du dich nicht aus einer vermeidlich bedrohlichen Lage selbst herausnehmen kannst. Ergo sieht es in der Konfrontation eine emotionale Überforderung und schiebt dich in die Symptome. Von sich ...
OK und wo bekomme ich diese her?
Von der Therapie habe ich diese nicht bekommen.
Sie sagte nur ich soll mir sagen das ich es schaffe und mir nichts passieren kann.
Und ich soll die Angst aushalten.

25.03.2021 10:36 • #7


Calima
Zitat von Mom4:
Und ich soll die Angst aushalten

Das Aushalten allein hilft dir nicht. Solange du immer nur Panik abspeicherst, verstärkst du die negativen Erlebnisse nur.

Wie bist du es denn mit der Begleitperson angegangen? Ich vermute, ihr seid auch nicht sofort zu einem großen Ausflug aufgebrochen?

25.03.2021 10:48 • x 2 #8


4_0_4
Im Prinzip hat dein Therapeutin recht. Nur eben ist das in der Praxis eben so wie Du das wahrnimmst, wenn Du den Grundsatz mit aus der Situation nehmen (noch) nicht erlernt hast.

Wenn Du begleitet wirst, dann vermittelt diese Person deinem Unterbewusstsein so viel Sicherheit, das es ruhig bleibt. Beobachte mal mit innerer Achtsamkeit was Du fühlst, wenn Du begleitet wirst. Damit meine ich ob Du deine Unsicherheit mit der Begleitperson kompenisierst oder Du selbst die Situation aushälst / die Begleitperson nur ein Backup/Sicherheitsnetz darstellt.

Diese Informationen bekommst Du eigentlich in einer Therapie. Nach einem Jahr hast Du sicher etwas gelernt, denke das da noch etwas kommen wird.
Mit Begleitperson raus gehen zu können ist viel wert.

Die Themen die ich dir genannt habe, sind aus verschiedenen Therapieformen für Traumafolgestörungen.
Daher kann ich keine direkten Quellen nennen.
Im Bereich Tagebücher finden sich von Usern Therapie- und Erlebnissberichte. Ein Blog von mir ist auch darunter.

Etappendenken soll dabei unterstützen eine große, gefühlt unüberwindbare Aufgabe in kleinere, niederschwellige Etappen zu teilen, von denen man glaubt sie mit etwas Anstrengung schaffen zu können.

Das Rasterdenken kann unterstützen, in dem Du gedanklich Teilbereiche deiner Umgebung als sicher definierst.

25.03.2021 10:58 • x 3 #9


kritisches_Auge
Zitat von cube_melon:
Etappendenken soll dabei unterstützen eine große, gefühlt unüberwindbare Aufgabe in kleinere, niederschwellige Etappen zu teilen, von denen man glaubt sie mit etwas Anstrengung schaffen zu können.

Das Rasterdenken kann unterstützen, in dem Du gedanklich Teilbereiche deiner Umgebung als sicher definierst.


Diese Aussage empfinde ich als sehr wichtig, ich glaube so praktizierte ich es schon öfters.
Ich weiß ja nicht wie du wohnst, ob im Erdgeschoß oder in einem höheren Stockwerk, wohnte ich im Erdgeschoß würde ich einfach einmal öfters die Türe öffnen und nach draußen sehen, es ginge aber generell einfach einmal die Türe zu öffnen.

Ich habe einen sicheren Wohlfühlort den ich mir in bedrängenden Situationen vorstelle.

25.03.2021 12:12 • x 3 #10


S
Ich kenn das aus der TK von einer Mitpatientin, dass die Ergotherapeuten mit ihr rausgegangen sind.

Dann hat sie kleine Aufgaben bekommen, ohne das jemand sie begleitete. 2 Stationen mit dem Bus fahren, einmal um den Block und das wurde immer mehr ausgeweitet.

Und das klappte sehr gut.

25.03.2021 12:25 • x 3 #11


Moon2
Ich würde es auch langsam ausweiten. Zur Schule und zum Spielplatz geht es ja schon. Ich habe selbst 2 Kinder. Wie machst du das wenn du das Haus nicht weiter verlässt? Was sagst du deinem Kind? Das wird ja sicherlich nicht nur zum Spielplatz wollen.
Ich bin heute stolz auf mich...ich war das erste Mal nach 3 Monaten alleine bei Edeka einkaufen. Kleine Läden waren kein Problem, aber große mit vielen Kassen und langen Schlangen.

25.03.2021 12:35 • x 2 #12


kritisches_Auge
Eine Frau, sogar selber Therapeutin, war einmal Thema in einem meiner Bücher, sie konnte das Haus nur mit einem Regenschirm verlassen.

Eine andere die ich sogar kenne, konnte sich draußen nur bewegen wenn sie ihr Fahrrad schob.

25.03.2021 12:53 • x 2 #13


ophelia
hallo,
ich hatte im sommer 2016 meine absolute tiefkrise. es folgten stationäre aufenthalte (davon ein wechsel, weil mich die erste klinik traumatisierte).
zuhause (alleine-wohnend) schaffte ich mir wieder einen kleinen bewegungsraum mit hilfe von ambulanten begleitpersonen.
mit der pandemie kam dann ein erneuter einbruch. ich vermied immer mehr aus angst, bis ich schliesslich das haus nicht mehr verlassen konnte. ich vegetiere sozusagen in meiner wohnung vor mich hin. lasse mir alles liefern.
in all den therapiejahren habe auch ich die erkenntnis mitgenommen, dass es nur einen weg nach draussen gibt: überwindung und einen schritt über die schwelle.
heute bin ich noch nicht soweit - vermeidung, sprich angst vor der angst ist grösser als der mut. aber ich weiss, dass ich es irgendwann wieder nach draussen schaffe. baby step.
an alle, die in einer ähnlichen situation sind (gelähmt vor angst, blockiert): yes, we can do it!

27.05.2021 21:25 • x 1 #14


Peekay
Kenne ich auch zu gut, alleine geht es nur mal bei mir um die Ecke zur Therapeutin, und das auch nur mit wackeligen Beinen und ungutem Gefühl. Ansonsten hab ich jemanden der mit mir einkaufen fährt. Zu Hause liegt ich meist auf dem Sofa, ich weiß, müsste mich mehr bewegen. Mittlerweile haben sich schon derbe Muskeln abgebaut so das ich nach 50 Meter laufen denke dass meine Beine nimmer wollen. Teufelskreis, ich hoffe das ich in der Therapie wieder etwas mehr Zutrauen zu meinem Körper bekomme.

27.05.2021 21:33 • #15


A
Das glaube ich schon aber du brauchst Geduld.....viel Glück

27.05.2021 21:45 • #16


silverleaf
Hallo Mom4,

ich kann Dir ein bisschen davon erzählen, wie in der Klinik, in der ich schon häufiger war, an solchen Problemen gearbeitet wird. Ich habe mir über das Vorgehen noch keine abschließende Meinung gebildet, berichte also nur, ohne zu bewerten, was da gemacht wird. Was ich sagen kann, ist, dass das Verfahren wohl wissenschaftlich gut erforscht ist und gute Resultate erzielt, die Patienten waren alle sehr begeistert von ihren Erfolgen (ich selber war auf einer anderen Station, kenne das Programm also nur aus Gesprächen mit den Patienten darüber, habe es aber nicht selber gemacht, bzw. nur in abgewandelter Form).
Ich fand einige Ansätze daran beim ersten Hören überraschend, aber dann auch durchaus einleuchtend, es deckt sich viel mit dem, was @cube_melon auch in ähnlicher Form beschrieben hat (so wie ich es verstanden habe): kein Sicherheitsnetz nutzen, das ist kontraproduktiv und verhindert Lernerfolge.

In dieser Klinik wird viel mit Expositionen gearbeitet, die völlig ohne irgendwelchen Ablenkungen und Hilfsgegenstände funktionieren. Also, wenn der Patient z.B. Bahnfahren soll, tut er das ohne irgendwelchen Hilfsgegenstände, kein Handy darf dabei sein u.ä. (ich glaube, nicht mal Kaugummi ist erlaubt). Der Gedanke dahinter ist: Man soll sich ganz auf die Situation einlassen und diese mit allen Sinnen wahrnehmen. Der Körper kann den Zustand von größerer Angst und Panik nicht lange aufrecht erhalten, man soll also bewusst wahrnehmen, dass die Situation realistisch betrachtet nicht gefährlich ist, dass nichts Schlimmes passiert, dass die Angst einem nichts antun kann und, ganz wichtig, irgendwann nachlässt. Hätte man etwas zur Ablenkung oder Hilfe dabei, könnte sich dieser Effekt nicht einstellen, man würde also quasi Vermeidung betreiben, was ja nicht sein soll. Man soll bewusst wahrnehmen, wie die Angst nachlässt (und das tut sie, auch wenn sie zuerst ganz heftig nach oben schießt), daraus kann das Gehirn bzw. das Emotionszentrum lernen und diese Lernerfahrung positiv ablegen. Beim nächsten Mal kann es dann auf diese Lernerfahrung zurückgreifen.
Diese Expositionen werden intensiv vor- und nachbereitet und vom Anforderungsniveau her gesteigert, damit es auch machbar ist (anspruchsvoll und fordernd: ja, definitiv angstauslösend, aber machbar).

Ein weiterer Aspekt: Es gibt keinen Schritt zurück. Soll heißen: Was man einmal kann, gilt als erreichter Meilenstein, hinter den man nicht wieder zurückfallen soll. Das würde übertragen auf Deinen Fall bedeuten: Du weißt, dass Du alleine rausgehen kannst, Dein/e Kind/er zur Schule fahren kannst und zum Spielplatz begleiten kannst, also solltest Du künftig keine Begleitperson mehr mitnehmen, wenn Du rausgehst, da Du bereits weißt, dass es ohne geht. Das hatte @cube_melon ja auch schon so erläutert (wenn ich das richtig verstanden habe, ansonsten sorry, falls ich Dich falsch zitiere), Dein Gehirn bleibt sonst bei der Überzeugung, dass Du es alleine nicht schaffen kannst.

Als mir die ersten Patienten von ihren Erfahrungen damit berichtet haben, dachte ich nur: Wow, echt krass, das könnte ich nicht schaffen. Aber alle waren wirklich ehrlich begeistert von den Fortschritten, die sie gemacht haben, es war auch wirklich toll zu beobachten, wie diese Patienten sich über die Zeit verbessert haben bzw. ihre Angstsymptome nachgelassen haben. Klar waren die auch immer völlig ausgelaugt und kaputt, wenn sie von einer solchen Expo zurückkamen, aber sie waren auch immer total glücklich und stolz, es geschafft zu haben.

Also, kurz zusammengefasst: neues Verhalten in kleinen Schritten, aber konsequent aufbauen, keine Hilfspersonen oder Ablenkungen nutzen, erreichte Meilensteine nicht wieder unterschreiten.

Ich weiß nicht, ob da für Dich etwas dabei ist, was Dir vielleicht hilft. Deine Therapeutin wird Dir bestimmt viel dazu sagen können, falls Du so etwas ausprobieren möchtest.

Ich wünsche Dir auf jeden Fall viel Erfolg!

LG Silver

28.05.2021 03:42 • x 5 #17

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Zitat von silverleaf:
Ein weiterer Aspekt: Es gibt keinen Schritt zurück. Soll heißen: Was man einmal kann, gilt als erreichter Meilenstein, hinter den man nicht wieder zurückfallen soll. Das würde übertragen auf Deinen Fall bedeuten: Du weißt, dass Du alleine rausgehen kannst, Dein Kind/er zur Schule fahren kannst und zum Spielplatz begleiten kannst, also solltest Du künftig keine Begleitperson mehr mitnehmen, wenn Du rausgehst, da Du bereits weißt, dass es ohne geht. Das hatte ja auch schon so erläutert (wenn ich das richtig verstanden habe, ansonsten sorry, falls ich Dich falsch zitiere), Dein Gehirn bleibt sonst bei der Überzeugung, dass Du es alleine nicht schaffen kannst.


Das Ziel ist es irgendwann komplett ohne Hilfmittel die Situation aushalten zu können, sprich auch ohne externes Sicherheitsnetz. Die Vor- und Nachbereitung ist da ein Teil des Prozesses.

Die Erfahrung, das man das Aushalten kann und auch das das Angstzentrum da irgendwann nachgibt, weil eben die Annahme einer Gefahr eine Fiktion des Unterbewusstseins ist, halte ich für eine der elementar wichtigsten Erfahrungen. In einer Klinik geht das gut dosiert und kontrolliert. Ambulant dauert es länger bis man an diesen Punkt kommt.

Will man seine Erfolge behalten, hat man die Aufgabe das konsequent weiter zu üben und auszubauen.

Stellt einen Fluss vor auf dem ihr mit einem Ruderboot unterwegs seit. Ihr befindet euch in einem Bereich wo sich der FLuss natürlich durch die Landschaft schlängelt und somit langsam fließt.
Hier hat man nur wenig zu rudern um seine Position zu halten.

Ruht man sich zu lange aus, treibt man weiter den Fluss hinunter. In Bereiche wo mehr begradigt sind und es ein höherer Energieaufwand ist seine Postion zu halten, bzw. wieder in den ruhigen Bereich zu kommen.

Vermeidet man nun weiterhin zu rudern, kommt man in einen Bereich wo man erheblich Energie benötigt um ein weiteres Abtreiben zu vermeiden. Und entsprechend auch mehr, um sich wieder mühevoll in ruhigere Bereiche zu kommen.

Mit Vermeidung in Kombination mit einem sich selbst bestätigten Katastrophengedanken kann sich eben ein solch Bollwerk von Blockade aufbauen, das man selbst es für real annimmt das man beim druchbrechen der eigenen, psychischen Schallmauer schlicht weg sterben muss.

Es entsteht ein sich selbst erhaltender Angstmechanismus der sich auch in weitere Bereiche des Lebens ausbreiten kann. Und in der Konsequenz auch der eigene Bewegungsradius eben multidimensional schrumpft.
Es wird mehr Energie benötigt für das Aushalten der Symtome, welche dann einem fehlt um eine Exposition/Konfrontation durchziehen zu können.

Die Schwellenhöhe ist bei jedem Menschen individuell. Aber - nahezu jeder kann mehr aushalten als er selbst denkt.
Den Mittelweg zu finden, bzw. den zu steigern ist das worum es aus meiner Sicht geht.

Also wo die Grenze zwischen aushaltbarer Belastung mit Lerneffekt und emotionaler Überlastung ist.

Silverleaf, eines möchte ich anmerken. Ich finde deine Beiträge echt fundiert. Sie zeigen ein hohes Maß an Therapieerfahrung und Fachwissen.

28.05.2021 10:50 • x 3 #18


silverleaf
Zitat von cube_melon:
Silverleaf, eines möchte ich anmerken. Ich finde deine Beiträge echt fundiert. Sie zeigen ein hohes Maß an Therapieerfahrung und Fachwissen.

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Vielen lieben Dank, @cube_melon, darüber freue ich mich sehr !

Ich empfinde Deine Beiträge immer als wirklich sehr hilfreich, aufschlussreich und bereichernd!

LG Silver

30.05.2021 01:40 • x 4 #19


A


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