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J
Hallo,

ich schreibe euch heute, weil ich mir ein paar Meinungen von euch Fachleuten erhoffe. Es geht eigentlich nicht um mich, sondern um eine Bekannte, die ich schon seit sehr langer Zeit kenne und um die ich mir bzw. ihren Ehemann Sorgen mache. Ich weiß nicht so recht, was ich davon halten soll. Diese Bekannte geht nun schon seit Jahren nicht mehr aus ihrer Wohnung, schottet sich ab, geht auch nicht ans Telefon und nicht mal ans Fenster, aus Sorge man könnte sie sehen. Ich finde der Zustand ist wirklich schlimm. Ihr Ehemann macht alle Besorgungen, geht alleine - wenn überhaupt noch - zu Einladungen, macht die Einkäufe usw., während sie nur in ihren vier Wänden sitzt und per Handy mit ihm kommunierziret, wenn er unterwegs oder beim Einkaufen ist. Sie öffnet auch nicht die Tür, wenn man klingelt. Wenn man sie überhaupt mal zu sehen bekommt, dann nur nach einer ewig langen Einladungszeit ihrerseits im Vorfeld, und wenn man dann noch Pech hat, sitzt man mit ihrem Mann alleine im Wohnzimmer und sie kommt aus dem Schlafzimmer die ganze Zeit nicht heraus (ist schon zweimal passiert). Sie auf diese Situation anzusprechen ist völlig unmöglich. Ihr Mann äußerte nur mal, sie hat Angst rauszugehen und sie möchte halt immer perfekt aussehen, bevor sie jemanden empfängt bzw. sich sehen läßt.

Nun würde ich gerne mal von euren Erfahrungen her erfragen, WAS mag das sein? und wie lange hält sie bzw. beide diesen Zustand so aus. Kann es sich nach so vielen Jahren ohne psychologische Hilfe überhaupt noch mal regenerieren. Kann man überhaupt etwas tun, wenn alles abgestritten wird oder als Beleidigung aufgefaßt wird, wenn man diesen ganz offensichtlich unnormalen Zustand anspricht. Ich mache mir Sorgen und weiß nicht, soll man einfach dabei länger zusehen oder gibt es doch irgendeine Möglichkeit, sie an eine professionelle Hilfe heranzuführen. Was meint ihr denn dazu?

21.12.2011 09:40 • 21.12.2011 #1


11 Antworten ↓


M
Du erzählst grade meine Geschichte. Ich leide seit 14 Jahren unter Agoraphobie, ich habe jahrelang das Haus kaum verlassen, selbst der Weg zum Briefkasten war eine Qual. Besuch konnte ich gar nicht ertragen aus Scham man könnte mir etwas ansehen, ich könnte einen Panikanfall bekommen. Ebenso musste mein Partner alles erledigen, auch telefoniert habe ich äußerst ungern. Da ich keine Familie habe, sind meine sozialen Kontakte so ziemlich gegen 0.

Ich schätze dass sie weiß was sie hat, es ist sehr schwierig an diese Personen ranzukommen, da neben der Agoraphobie sicher noch eine Depression besteht, welche alles als sinnlos und unmöglich erscheinen lässt und den Mut etwas zu unternehmen dramatisch senkt. Ist sie in der Lage mit ihrem Mann rauszugehen ? Bei mir war das äußerst Problematisch, da ich meinem Partner nicht vertraut habe, er hat nicht verstanden, dass ich den Weg und die Dauer bestimmen möchte und auch 100 Meter ein Ziel sein können, ihm war das immer nicht ausreichend und ich habe mich dann noch mehr versteckt und aufgegeben.

Es wäre hilfreich wenn er sie unterstützt beim rausgehen, zumindest am Anfang. Sie sollte im späteren Verlauf allerdings möglichst viel allein machen. Könnte anfangen mit Haustür öffnen, ein Stockwerk nach unten gehen oder in den Vorgarten gehen, immer kleine Schritte, sie muss lernen dass nichts passieren kann. Sie vertraut sich selbst und ihrem Körper nicht, Selbstvertrauen, Selbstbewusstswein und Selbstachtung werden bei ihr im Keller sein. Ihr dürft sie natürlich nicht drängen, es ist natürlich für ausenstehende auch schwer zu verstehen, ihr müsst das auch alles nicht verstehen, lasst sie Tempo und Strecke bestimmen, lobt sie, seit einfach nur da. Wenn sie Angst bekommt und wieder flüchten möchte, ermutigt sie dass sie bis 10 zählt und dann noch mal schaut ob sie wirklich flüchten möchte. Es ist sehr schwierig und kleine Erfolge müssen gefeiert werden.

Ich selbs kam vor ca. 3 Monaten an den Punkt an dem ich selbst sagte ich will nicht mehr hilflos sein und will das Leben nicht an mir vorbeiziehen sehen und ich habe in sehr kleinen Schritten angefangen. Mittlerweile gehe ich mehrmals täglich für ca eine Stunde raus, erledige kleinere Einkäufe, gehe über den Markt und durch Einkaufszentrum und freunde mich grade mit Bus fahren an. Ich selbst nehme keine Medikamente.


Ich weiß nicht wie lange deine Freundin schon dadrunter leidet und ob sie noch wirklich Panik empfindet, ich selbst muss sagen nein, bei mir ist es die Angst vor der Angst die mir mein Leben derzeit noch schwer macht. Sie muss unterscheiden was sie empfindet, ob es wirklich Panik ist oder nur Unruhe, welche ihre Alarmglocken schrillen lässt und sie flüchten möchte.

Hoffe konnte dir ein wenig helfen und wünsche deiner Freundin das sie es schafft kleine Schritte zu gehen. Sie kann sich schon freuen solch ein Umfeld zu haben, welches sich informiert

21.12.2011 11:48 • #2


A


Agoraphobie? Bekannte geht nicht mehr raus

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J
Hallo Mira,

danke für deine ausführliche Antwort. Ja, so ähnlich wie du es beschreibst, ist es bei ihr wohl auch. Für Außenstehende schwer zu verstehen. Ich meine, bis zu dem Punkt dass man sich allein draußen auf der Straße ängstlich fühlt, kann ich es noch so halbwegs nachvollziehen. Aber das ganze hat bei ihr schon solche Ausmaße, dass man sie nicht mal mehr zu sehen bekommt, geschweige denn mit ihr eine kurze Strecke gehen könnte oder sie zu loben. Man hat einfach gar keine Gelegenheit dazu, weil sie sich permanent versteckt. Auch ihr Mann kann sie nicht dazu bewegen rauszugehen, er hat es wohl schon ein paar Mal versucht. Ich vermute, dass sie sich einfach mit dem Schicksal abgefunden haben. Sie fühlt sich halt zu Hause wohl und sicher und ihr Mann erledigt alles für sie, so dass sie das Gefühl haben, so könnte man ganz gut leben. Genau das glaube ich aber nicht. Wie du schon schreibst, eine Depression scheint auch eine Rolle zu spielen und weiß nicht, ob die von ganz alleine wieder weg geht. Soviel ich weiß, haben beide kaum noch soziale Kontakte, wie auch. Sobald ihr Mann unterwegs ist, klingelt sein Handy und sie ist dran um zu fragen, wo er denn bleibt. Ich denke mal, es ist für beide ein zermürbender Zustand.
Was ist denn das mit diesem Verstecken? Ich meine, bei Leuten die man gut kennt muß man doch nicht perfekt gestylt sein, um die Tür zu öffnen oder mal ans Fenster zu gehen um zu winken oder paar Worte rauszurufen. Ich kann es einfach nicht verstehen.
Und vor allem, wo soll es noch hinführen und wie kann es schlimmstenfalls enden?

21.12.2011 12:20 • #3


M
Hallo Judith,

ja, sie vermeidet alles, die Welt draussen ist ihr so fremd wie der Planet Mars, ich muss auch meine komplette Umgebung neu kennenlernen, wo vor 14 Jahren ne Bausstelle war, steht nun ein Haus, welches schon wieder ne Renovierung bedarf. Die Welt ist ihr fremd geworden und so lange sie sich vor Angst sperrt, ist es sehr problematisch. Ihr müsst irgendwie an ihren Willen kommen, solang sie nicht will, wird ihr kein Therapeut und keine Wunderpille helfen können. Sie ist praktisch ihr eigener Gefängniswächter.
Mit großer Sicherheit wird sie sehr unglücklich sein, auch wenn sie es nicht zu gibt bzw. das Gespräch dafür nicht zu stande kommt.

Das mit Partner hinterher telefonieren kenn ich auch aber das hat sich irgendwann gegeben. Ihr muss bewusst werden, dass ihr Verhalten auch für das Leben ihres Mannes konsequenzen hat und er nicht ihr Pfleger ist. Sie sollte für kleinere Dinge einfach wieder die Verantwortung übernehmen, wie zB Müll runterbringen, Post ausm Briefkasten holen. Natürlich langsam steigern.

Hat ihr Mann mal mit dem Hausarzt gesprochen ? Das der eventuell mal vorbei kommt bzw einen Therapeuten oder auch Nervenarzt empfehlen kann, der Hausbesuche macht ? Sie muss irgendwie animiert werden wieder Mut zufassen. Es ist natürlich schwierig nun pauschal zu sagen, wo man bei ihr vielleicht den Hebel ansetzen könnte.

Könnte sie kleine Dinge für dich tun ? Hat sie Talente an denen man ansetzen könnte ? Sie scheint viel Wert auf ihr Äusseres zu legen, vielleicht fragen ob sie dir Tipps geben kann oder dir die Nägel machen kann. Etwas das dir ein Türchen bei ihr öffnet und wo du dich etwas rantasten könntest. Vielleicht hat ihr Mann da auch Chancen, sie zu irgendwas zu animieren, er müsste ja auch Wissen was sie gern macht und wo er eventuell ansetzen könnte. Ihr das Gefühl geben, dass ihre Meinung etc gefragt ist, ihr Selbstbewusstsein etwas steigern.

Also Agoraphobiker bringen sich nur selten um, sie haben ja Angst vor dem Tod und fürchten die körperlichen Symptome. Sie leiden eher vor sich hin, sie wird nicht verrückt oder ähnliches. Sicher verändern die Angst und die Depression ihr Verhalten und ihre Denkweise aber sie ist tief in sich drinnen noch der Mensch, der sie vorher war. Sie wird halt solang in dieser Rolle bleiben, bis sie irgendwann an den Punkt kommt wo sie sich selbst sagt Ich kämpfe. Daher ist es nicht sinnvoll ihr das komplette Leben abzunehmen. Der Mann handelt da natürlich aus Liebe und Hilflosigkeit, nur sollte er ihr wie ich schon schrieb kleine Aufgaben wieder übertragen. Es ist falsch ihr alles abzunehmen.


Gruß

21.12.2011 12:59 • #4


J
Also das mit eigener Gefängniswächter ist schon sehr passend. Ich danke dir für deine vielen guten Ratschläge, Mira. Ich glaube aber, dein allerletzter Satz wird wohl zutreffen. Es wird so lange weiter gehen, bis sie endlich selber kämpfen will. Allerdings wird es schwierig werden, denn ihr Mann wird nie aufhören, ihr alles abzunehmen. Ich denke mal, er fühlt sich auch ganz gut in seiner Rolle, gebraucht zu werden. Das ist natürlich fatal und wird den Leidensweg noch verlängern, soweit ich dich richtig verstanden habe. Ja, ihr Äußeres ist ihr sehr wichtig, bevor sie sich zeigt, muß sie perfekt geschminkt und gekleidet sein, hinzu kommt eine ausgesprochene Überempfindlichkeit was Kritik anbetrifft, und selbst wenn niemand kritisiert, findet sie noch ein Haar in der Suppe, nach einem harmonischen Abend (was heute sowieso nicht mehr vorkommt) kann es passieren, dass ihr im Nachhinein eine falsche oder unpassende Geste von irgendeinem ihrer Gäste oder ein falsches Wort oder sonst irgendeine falsche Handlung einfällt, und bricht dann noch einen Streit vom Zaun, entweder mit der Person selber oder - was noch schlimmer ist - mit ihrem Mann, der sie ja angeblich nicht ausreichend geschützt hat. Somit ist auch dein Ratschlag hinfällig, dass ihr Mann mal mit dem Hausarzt sprechen könnte, der sie dann an Neurologen o. ä. weitervermittelt. Das wäre eine Katastrophe, allein schon wenn ihr Mann mit irgendjemand über ihren Zustand, der ja absolut geheim bleiben muß, reden würde. Geschweige denn, dass sie gar nicht erst mit einem Hausarzt in Kontakt käme. Alles in allem also eine aussichtslose Situation, die sich wohl noch ewig hinziehen kann

21.12.2011 13:22 • #5


M
Noch etwas, inwiefern ist sie über Krankheit informiert ? Damit meine ich, ob sie sich in Form von Büchern oder dem Internet informiert. Diese Krankheit ist nicht unheilbar. Oft hilft es sich mit Betroffenen zu unterhalten, seine eigene Geschichte wiederzuerkennen um neuen Mut zu fassen. Zu sehen, dass es nicht Hoffnungslos ist, da ihr Kontakt ja sehr eingeschränkt ist und sie nur normale Menschen um sich hat, die nicht nachempfinden können, was sie hat. Ich kann auch nicht nachempfinden wie sich ein gebrochener Knochen anfühlt, da ich mir nie einen gebrochen habe. Es kann hilfreich sein, dass sie einen Vergleich zu Betroffenen bekommt und von denen Erfahrungen auf sich ummünzen kann um mit ihren Ängsten besser umzugehen.

Sorry, für eventuell zu viel Info bzw. Fragen aber mir liegen grade die Agoraphobiker am Herzen, welche das Haus schon lange nicht mehr verlassen, weil ich weiß wie schlecht es diesen Menschen geht und wie hilflos und vom Gesundheitssystem verlassen sie sind.

21.12.2011 13:24 • #6


J
Hallo Mira,
du mußte dich nicht entschuldigen für zuviel Info oder Fragen, ich bin dankbar für jede Info und für jedes Interesse und Fragen. Ich wüßte ja sonst auch gar nicht, wo ich mich informieren könnte.

Ehrlich gesagt, mein Kontakt zu ihr ist inzwischen schon so mager, daß ich es gar nicht beantworten kenn, ob sie sich mit ihrer Erkrankung auskennt bzw. sie inzwischen überhaupt schon erkannt hat. Auf diese Sache dürfte man sie überhaupt nicht ansprechen, das wäre das schlimmst was man tun könnte. Wie gesagt, diese Überempfindlichkeit von ihr macht das Ganze noch schwieriger als es überhaupt ist. Ich komm ja nicht mehr ran, weder per Telefon noch über einen persönlchen Kontakt. Das einzige was mir im Moment bleibt ist, mich schlau zu machen, um was für ein seltsames Phänomen es sich bei ihr überhaupt handeln mag und was man tun könnte, wenn sie es überhaupt zuließe.

21.12.2011 13:30 • #7


M
Kritikunfähigkeit, Perfektionismus etc, das kenne ich alles, Zeichen für ein schwaches Selbstbewusstsein. Es gibt nur Schwarz oder Weiss denken, Graustufen gibt es nicht. Agoraphobiker haben ein Katastrophendenken. Es ist auch verständlich, dass sie versucht es zu verbergen, geheimzuhalten, nur wird sie innerlich wissen, das es ein fataler Fehler ist. Ich wollte auch nie Hilfe annehmen.

Solch Beziehungen sind natürlich schwierig, im Laufe der Jahre, hat sie sich an ihre Opferrolle gewöhnt und er an seine Beschützerrolle aber grade das ist fatal. Er sollte ein Gespräch mit ihr führen, in dem er ihr klar macht, dass er sie liebt aber auch ein eigenes Leben hat und auch sein Leben dadrunter leidet. Er sie unterstützen möchte aber ihr nicht ihr Leben abnehmen kann. Er im Leben auch Wünsche und Ziele hat, welche er mit ihr erreichen möchte. Er müsste ihr bewusst machen, dass sein Leben auch leidet und sie sich aufraffen muss. Der Schonwaschgang müsste aufhören. Sie muss manch Wahrheit erkennen und nicht jede Wahrheit ist schön. Auch wenns hart klingt aber das Leben ist kein Ponyhof und sie muss ihren Teil in der Beziehung auch übernehmen.

Man müsste also an ihren Mann appellieren etwas strenger zu sein.

21.12.2011 13:36 • #8


J
Kritikunfähigkeit, Perfektionismus etc, das kenne ich alles, Zeichen für ein schwaches Selbstbewusstsein. Es gibt nur Schwarz oder Weiss denken, Graustufen gibt es nicht. Agoraphobiker haben ein Katastrophendenken. Es ist auch verständlich, dass sie versucht es zu verbergen, geheimzuhalten, nur wird sie innerlich wissen, das es ein fataler Fehler ist. Ich wollte auch nie Hilfe annehmen.

Genau so ist es, du triffst den Nagel auf den Kopf. Sie hat Angst in eine Psychiatrie eingewiesen zu werden, sagte sie wohl mal zu ihrem Mann , das ist aber auch das einzige, was ich jemals überhaupt von den beiden gehört habe. Das Schlimme ist ja, diese Kritikunfähigkeit und der Perfektionismus führen immer dazu, anderen irgendeine Schuld in die Schuhe zu schieben. Auf Dauer macht das keiner lange mit und es ziehen sich alle zurück. Auch ich bin unter anderem deswegen inzwischen auf Distanz gegangen, weil ich mit diesen ewigen Schuldzuweisungen nicht klar komme.


Solch Beziehungen sind natürlich schwierig, im Laufe der Jahre, hat sie sich an ihre Opferrolle gewöhnt und er an seine Beschützerrolle aber grade das ist fatal. Er sollte ein Gespräch mit ihr führen, in dem er ihr klar macht, dass er sie liebt aber auch ein eigenes Leben hat und auch sein Leben dadrunter leidet. Er sie unterstützen möchte aber ihr nicht ihr Leben abnehmen kann. Er im Leben auch Wünsche und Ziele hat, welche er mit ihr erreichen möchte. Er müsste ihr bewusst machen, dass sein Leben auch leidet und sie sich aufraffen muss. Der Schonwaschgang müsste aufhören. Sie muss manch Wahrheit erkennen und nicht jede Wahrheit ist schön. Auch wenns hart klingt aber das Leben ist kein Ponyhof und sie muss ihren Teil in der Beziehung auch übernehmen.

Man müsste also an ihren Mann appellieren etwas strenger zu sein.

Deine Argumente sind für mich absolut überzeugend und einleuchtend. So und nicht anders müßte er handeln.
Ich befürchte, dazu ist er nicht in der Lage, es fehlt ihm die Kraft und der Mut. Die Angst, sie könnte wieder sauer sein und ihn tagelang mit Nichtbeachtung strafen, ist zu groß. In dem Moment, wo er ihr klar machen würde, daß auch sein Leben unter diesen Umständen leidet, käme es wieder einer Kritik gleich und die nächste Tragödie wäre vorprogrammiert. Er ist zu labil, um das auszuhalten.

Ich weiß ja nicht, was sie da ganz intern im privaten Bereich für Gespräche führen. Das werden sie niemandem, auch nicht mir, erzählen. Ich hoffe wirklich, dass SIE irgendwann noch mal die Kurve kriegt und Hilfe annimmt.

21.12.2011 14:23 • #9


M
Psychatrie, Klappse das sind halt die allgemeinen Vorurteile die wir alle kennen, man sieht sich in ner Zwangsjacke in nem weissen Raum sitzen, sabbert vor sich hin und malt mit Kot kryptische Zeichen an die Wände

Das Problem ist, dass sie sich selbst in Watte packt. Es ist natürlich einfacher der ganzen Welt die Schuld zu geben als zuzugeben dass man grade aus der Spur läuft. Es sind wie ich schon sagte die Wahrheiten über sich selbst welche man erkennen müsste und die sind nicht immer schön, es wird vermieden. Sie lebt in einem Vakuum, aus dem ihr sie irgendwie rausholen solltet und der erste Schritt wäre ihr gewisse Wahrheiten aufzutischen, auch wenn sie diese nicht hören mag, auch wenn sie zetert und euch verflucht. Sie muss erkennen dass ihr, ihr nichts böses wollt, nur mit dieser Coabhängigkeit werdet ihr ihr nicht helfen können.

Er muss wirklich eingreifen und auch er muss ihren Zorn über sich ergehen lassen, wenn er will das es ihr wieder besser geht. Du müsstest ihm mal ins Gewissen reden und ihm klar machen, dass er mit seinem Verhalten ihre Krankheit aufrecht erhält. Er muss einsehen das er vielleicht erstmal durch die Hölle gehen muss. Er vielleicht mal nicht ans Handy geht und eben das erwähnte Gespräch mit ihr führen muss. Sicher wird nicht von heute auf morgen alles prima werden, sie hat Jahrelang dieses Verhalten und diese Denkweise aufgebaut und muss diese wieder verlernen und neu erlernen.

Ich würde dir raten, dich wirklich mit ihrem Mann auseinander zusetzen und ihn als Hebel zu benutzen, er kann dieses Leiden verkürzen indem er resoluter vorgeht auch wenn sie nur am keifen sein wird. Schlimmer kann es nicht werden, ihm muss bewusst sein das er nur die Frau zurückbekommen hat, welche er geheiratet hat und das in verbesserter Form. Angst ist eine Chance sein Leben zu verbessern, als diese muss man es sehen auch wenn der Weg hart und steinig ist. Du musst vielleicht unterstützend auf ihren Mann wirken, um ihr zu helfen.

21.12.2011 14:51 • #10


J
Na ja, man merkt, du weißt wovon du spricht bzw. wovon ich spreche Ich bin ja schon mal froh, dass das ganze jetzt einen Namen hat. Ich habe mir eben auch mal die Videos hier über Agoraphobie angesehen und habe festgestellt, dass vieles auf meine Bekannte zutrifft. Auch wenn man einiges als nicht selbst Betroffener schwer nachvollziehen kann, z. B. ist immer wieder die Rede davon, Angst in vollen Räumen einen Infarkt zu bekommen oder umzufallen, warum sollte man gerade in dem Moment einen Infarkt beommen oder umfallen? Das kann auch Hause passieren, und einen Arzt werden die umstehenden Leute man schon herbeiholen, vielleicht noch eher als wenn man allein zu Hause ist und etwas passiert. Vieles, auch was meine Bekannte so macht, ist unverständlich, man ärgert sich warum sie einen so ignoriert, nicht reinläßt, sich im Nebenraum versteckt, nicht ans Telefon geht usw. Ok nun weiß ich, dass es vermutlich zu dieser Erkrankung gehört. Es ist sicher schlimm wenn man so drauf ist. Nur, warum schämt man sich dafür und versucht die Erkrankung zu verheimlichen? Es wäre doch für alle Beteiligte viel einfacher, wenn man darüber Bescheid weiß, niemand würde lachen oder dumme Bemerkungen machen.

Du hsat sicher Recht, ihr Mann muß etwas tun. Vielleicht ergibt sich noch mal die Gelegenheit, dass ich mit ihm darüber reden kann. Im Moment wohl eher nicht, denn die Fronten sind etwas verhärtet. Wie ein Co-Abhängiger neigt er dazu, ihre Fehler zu decken und ihre - aus ihrer Erkrankung heraus - unhaltbaren Anschuldigungen, man hätte dies oder jenes verkehrt gemacht, zu übernehmen und auf der selben Schiene zu fahren. Das macht ein harmonisches Miteinander leider kaum noch möglich

Ich find es jedenfalls toll, daß du dir helfen lassen hast und angefangen hast zu kämpfen. So einen Zustand wünscht man ja auch wirklich niemandem.

Ich danke dir erstmal für deinen geduldigen Zuspruch. Wenn sich etwas neues ergibt, werde ich es dir mitteilen. Morgen früh fahre ich erstmal zu meiner Familie und bleibe dort über Weihnachten. Ich wünde dir, liebe Mira, ein schönes Weihnachtsfest. Wir lesen uns sicher wieder

21.12.2011 18:03 • #11


M
Auch nochmal huhu,

Du kannst nur Verständnis für ihr Gezicke aufbringen mit dem Wissen, dass sie es eigentlich gar nicht so meint. Sie geht in Verteidigungshaltung und versucht sich mit Händen und Füssen zu wehren, auch wenn sie weiß das sie Unrecht hat und gegen Windmühlen kämpft. Sie will ihr Gesicht nicht verlieren, daher auch ihr aufgebrezel und diese Geheimniskrämerei, damit müsste sie Schwäche zeigen und das will sie nicht.

Ja, das mit der Angst , Panik und Agoraphobie ist eine komische Sache, die wir ja selbst nicht verstehen. Wir wissen dass es blödsinnig ist und uns all das auch zuhause passieren könnte, nur wir fürchten uns ua Fremden ausgeliefert zu sein, uns zu blamieren, uns auffällig zu benehmen, in der Öffentlichkeit auszurasten, wahnsinnig zu werden. Die Angst vor der Angst treibt uns immer mehr in die Enge und wenn die Angst einsetzt, sind wir praktisch nicht mehr in der Lage mit Logik dagegen zu argumentieren. Was sie lernen müsste, ist die Angst zulassen, in sie hineingehen und die Situationen neu bewerten, dem Unterbewusstsein die Chance geben es als ungefährlich einzustufen.

Ihrem Mann würde es mit Sicherheit auch gut tun mal neutral über diese Sache zu sprechen, es muss natürlich auch für ihn sehr belastend sein. Ich wünsche euch, dass es mal zu einem ruhigen Gespräch kommt und Du ihm etwas die Augen öffnen kannst. Das Leben ist so kein Leben mehr, für keinen der beiden. Beide gehen im Endeffekt den Weg des geringsten Widerstandes und den vermeintlich einfacheren Weg.

Ich freue mich sehr, Dir etwas helfen zu können und dir einen kleinen Einblick in die wunderbare Welt der Psychologie zu zeigen ; ) Ich wünsche dir ebenfalls ein frohes Fest. Würde mich freuen Neuigkeiten zu hören.

21.12.2011 19:25 • #12


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