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M
Hallo,
seit 6 Monaten leide ich an einer undifferenzierten somatoformen Störung und an gedrückter Stimmung.

Ich vermute diese kommt dadurch, dass ich eine ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung zu haben scheine und mein Vater Narzist ist und ich in einer Co-Abhängigkeit bin, die ich mein ganzes Leben lang durch Verschiebung und Verneinung mir selbst geleugnet habe, wahrscheinlich da mein Unterbewusstsein dachte, dass sich diese Situation nicht ändern kann. Ich werde stark ausgenutzt durch meinen Vater und trotz nun vorliegenden somatischer Symptomen traue ich mir kaum irgendetwas zu sagen, d.h. zu widersprechen. Er hat eine sehr starke Meinung und ich bin extrem manipulierbar. Allerdings verstehen wir uns im Grunde gut, doch trotzdem möchte ich unabhängiger sein, nicht ständig angerufen werden, nicht Hotel, kotenlose Arbeitskraft und Büro sein. Jedoch kann ich einfach nie nein sagen,da ich jeden Konflikt vermeiden will und zweifle ständig an mir, wenn ich - was äußerst selten vorkommt - doch widerspreche. Das ist alles sehr difizil.
Durch ihn werde ich mit allen möglichen Problemen belastet, die im Grunde nicht meine sind. Ich kann das Wir müssen.
nicht mehr hören.
Auf der anderen Seite ist und bleibt es mein Vater. Das ist ein furchtbar zweischneidiges Schwert

Bin seit einigen Monaten in psychotherapeutischer Behandlung. Noch nicht einmal 3 freie Tage konnte ich mir erarbeiten. Wenn doch, sitze ich allein und grübele, werde depressiver und versuche zwanghaft möglicherweise positive Dinge zu tun.

In depressiven Phasen belastet mich außerdem, dass ich meine geliebten Fernreisen nicht mehr unternehmen kann und auch, dass ich, wahrscheinlich aus Angst, mit 33 Jahren noch nie körperliche Nähe oder gar Sex hatte.

Ich habe einen gut bezahlten Job, einen hervorragenden besten Freund, ein Haufen Geld und bin doch unglücklich mit mir, meiner Ängstlichkeit und dieser Co-Abhängigkeit.

Ich konfrontiere mich nun ständig mit meinen sozialen Ängsten. Bisher mit Erfolg. Die somatoforme Störung bleibt und mein Befinden wechselt ständig, oft sogar mehrmals täglich.

22.12.2021 00:20 • 03.01.2022 x 1 #1


8 Antworten ↓


Schlaflose
Es gibt zwei Gruppen von ÄVPSlern: die nachgiebig-ausnutzbaren und die kühl-distanzierten. Du gehörst offensichtlich zur ersten Gruppe. Ich gehöre zur zweiten und Neinsagen ist mein Lieblingswort Ich breche lieber Kontakte direkt völlig ab als etwas zu tun, was ich nicht will. Das Einzige, was wir beide gemeinsam haben ist die fehlende Partnerschaft. Ich bin fast 60 und hatte noch nie eine Beziehung, weil ich schon als kleines Kind Angst davor hatte. Aber ich vermisse es nicht.

22.12.2021 08:33 • x 1 #2


A


ÄVPS und Co-Abhängigkeit

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-IchBins-
Wie lang leidest du bereits darunter? Man kann auch nicht erwarten, dass des einem schnell besser geht. Es ist ein Prozess, den du sicherlich in der Therapie erlernst. Welche Tipps gab es in deiner Therapie? Abgrenzung? Nein sagen, kann man erlernen, ohne ein schlechtes Gewissen danach haben zu müssen und zu grübeln...
Da du bereits dein Problem erkannt hast, gilt es nun (d)einen Weg zu finden.
Meine Überlegung ist:
Du könntest deinen Vater fragen, was seine Probleme mit dir zu tun haben oder schreibst dein Befinden einfach in einem Brief an deinen Vater auf und könntest dadurch schon freier werden, allerdings mit allen Konsequenzen, die es anzunehmen gilt.
Innere Freiheit bedeutet loslassen, nicht aufgeben. Wenn du wieder entspannter bist, strahlst du das auch nach Außen hin aus und somit könnten sich wieder neue Kontakte ergeben und vielleicht auch ein Partner/in.

22.12.2021 12:26 • x 1 #3


Icefalki
Weisst du @Munzi , über allem steht, dass man sehr genau überlegen darf, was man eigentlich wirklich will.

Im Prinzip reagieren wir anfänglich alle so: Man sieht Probleme, um dann zu bemerken: Mist, dazu muss ich ja etwas tun.

Nicht falsch verstehen, ist jetzt nicht böse gemeint, sondern tatsächlich das Dilemma, indem wir uns befinden, wenn wir bemerken, irgendetwas läuft gewaltig falsch. Und da dieses falschlaufen eh schon eine ganze Weile falsch funktioniert, hängt man in diesem Dazwischen, das so belastet.

Wenn dein Vater ein echter Narzisst ist, hast du schlechte Karten. Narzissten kennen keine Selbstreflektion, und jeder vermeintlicher Angriff wird übelst abgewehrt.

Kinder von Narzissten haben das Problem, dass sie nicht wirklich lernen konnten, wie man seine Bedürfnisse sachlich argumentiert, sich abgrenzt und Vertrauen in sich gewinnt . Bedeutet, man hat echte Defizite, die natürlich therapierbar und auch erarbeitet werden können. Allerdings ist eine geschundene Seele nie ganz heile.

Ganz wichtig ist, dass du dir über all dieses Ursache-Wirkungsprinzip mal wirklich klar wirst, begreifst, warum du so reagierst, wie du reagierst und dann so ganz behutsam versuchst, hier Änderungen vorzunehmen.

Wie deine Diagnose nun lautet, ich finde, dass das egal ist. Wichtig ist, dass man mit seinen Defiziten relativ gut leben lernen kann und wirklich weiss, was nun für einen wichtig ist, und was nicht.

Alleine das ist doch schon drübernachdenkenswert und lenkt von den somatoformen Problemen ab.

22.12.2021 12:50 • x 2 #4


M
Erst einmal vielen Dank für eure aufmunternden Worte.

Was ICH wirklich will ist tatsächlich die Frage. Diese habe ich mir viel zu selten gestellt. Leider kann ich mir vorstellen, dass ein wenig mehr Ruhe, Entspannung und Freiheit in meinem Leben wohl nur durch einen vollständigen Kontaktabbruch zu machen sein wird. Erst dieser wird wohl meine Symptome verschwinden lassen oder diese verringern. Doch dazu sehe ich mich momentan noch völlig außer Stande. Diese Erkenntnis hat mich zwei Wochen nicht schlafen lassen, sodass ich seitdem Antidepressiva nehme.

Ich hätte halt gern eine einvernehmliche Lösung, da mein Gewissen damit besser zurecht käme.

Den Zusammenhang zwischen den somatischen Beschwerden und den Problemen sehe ich, d.h. fühlte ich bereits. Nur kann ich einfach nicht nein sagen oder wiedersprechen. Es kommt einfach kein Wort heraus, wo es angebracht wäre.

Zitat:
Wenn dein Vater ein echter Narzisst ist, hast du schlechte Karten. Narzissten kennen keine Selbstreflektion, und jeder vermeintlicher Angriff wird übelst abgewehrt.

Ich habe erst kürzlich auf Anraten meiner Psychotherapeutin und insbesondere in Ihrem Namen durchgesetzt, dass ich 3 Tage in der Woche nur für mich habe, damit sich meine Beschwerden nicht verschlimmern. Allein das anzusprechen hat mich unendlich viel Überwindung gekostet. Es hat 12 Wiederholungen dieses Satzes gebraucht. Am Ende musste ich ihn allerdings dann erneut darauf hinweisen. Seitdem habe ich mehr Ruhe, aber wirklich an die Abmachung gehalten hat er sich nicht und angerufen hat er trotzdem mehrfach. Das hat mich, obwohl ich sonst meine Gefühle kaum erkenne, extrem wütend gemacht. Nur bekomme ich es nicht übers Herz diese Wut zu kommunzieren und habe nur eine SMS mit der Wiederholung der Botschaft geschickt.
Am Ende hatte ich ein schlechtes Gewissen, wo keins hätte sein sollen. Kurzum - es wird wohl noch ein langer Weg werden.

Zwischen Weihnachten und Neujahr möchte ich, nein werde ich, ein paar Tage Urlaub machen. Nicht nur um zu entspannen und Abstand zu gewinnen, sondern insbesondere um in eine unvermeidbare Konfrontation zu geraten. Traurig genug, dass ich dafür rechtfertige.

Zitat:
Kinder von Narzissten haben das Problem, dass sie nicht wirklich lernen konnten, wie man seine Bedürfnisse sachlich argumentiert, sich abgrenzt und Vertrauen in sich gewinnt .

Das beschreibt mich wohl in einem Satz und alle Probleme in meinem Leben

22.12.2021 21:42 • x 2 #5


Icefalki
Zitat von Munzi:
Das beschreibt mich wohl in einem Satz und alle Probleme in meinem Leben


Aber, du hast doch erkannt, warum und weshalb. Ich habe Jahrzehnte gebraucht um alles zu verstehen und um zu lernen, was nun gut für mich ist. Und das Lernen hört auch niemals auf.

Betrachte es eher als ein Weg zu dir selbst. Das nimmt dir den Druck. Habe auch Verständnis für dich, da sich kein Kind vernünftig entwickeln kann, wenn von den Eltern schwere Fehler gemacht werden. Manche sind eben so, und wir hatten das Pech, ausgerechnet auf diese Spezies zu treffen, echt dumm gelaufen.

Eines können wir aber tun: Keinen einzigen, von uns abhängigen Menschen, so zu behandeln. Never, ever.

Und den Umgang, die Abgrenzung, die Konsequenzen wirst auch du noch lernen, dann umsetzen und notgedrungen die Akzeptanz entwickeln müssen, dass vieles so ist, wie es ist. Und man andere nicht ändern kann, sondern immer Änderungen von sich selbst aus vornehmen kann.

23.12.2021 12:52 • x 2 #6


M
Vielen lieben Dank.

Ich stelle mir das so vor:
Es lässt sich alles ändern, es liegt einzig und allein an mir. Ich muss nur eine feste Meinung und ein Ziel im Leben entwickeln und wenn ich mir nur sicher genug bin, wird sich auch kein schlechtes Gewissen einstellen.

Den Kurzurlaub habe ich übrigens gerade durchgesetzt. Keinerlei schlechtes Gewissen bisher.

23.12.2021 16:26 • x 2 #7


Icefalki
Zitat von Munzi:
Keinerlei schlechtes Gewissen bisher.


Siehste, funktioniert doch. Das wichtigste ist immer, dass man mal erkennt, wo der Hund begraben ist. Wenn das geschehen ist, man viel darüber nachdenkt, kommen die Lösungen automatisch. Man muss ja nicht sofort alles umsetzen oder ändern. Nö, so nach und nach reicht allemal.

23.12.2021 17:43 • x 2 #8


M
Er sollte mich nicht mehr täglich anrufen. Wieder und wieder werde ich angerufen. Anfangs bin ich nicht ran gegangen. Nun wegen des kranken Hundes doch wieder - und was höre ich - nur bla bla. Und morgen ruft er wieder an. Und ich will das nicht, konnte aber wieder nichts sagen als ja, bis morgen.

Ich vermeide jeden Konflikt. Bewusst und unbewusst. Bin nach dem Telefonat weinend zusammen gebrochen. Ob es an seinem Verhalten, an meinem oder den düsteren Zukunftsaussichten liegt, weiß ich nicht.

03.01.2022 22:27 • #9





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