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E
Hallo in die Runde,

ich bin mir nicht sicher, ob ich mit meiner Situation hier im richtigen Unterforum bin, ich kann es selbst noch nicht so richtig einordnen.

Ich arbeite seit zwei Jahren neben meinem Studium als Werkstudent. Auf Arbeit kommt es immer mal wieder (grob einmal im halben Jahr, aber sehr willkürlich) zu Situationen, die erstmal harmlos sind und dann für mich ganz plötzlich umschlagen. Ich gebe mal ein Beispiel dafür:

Wir saßen heute zusammen beim Mittagessen (ca. 10-12 Leute) und ein neuer Kollege war mit dabei. Wie die meisten in unserem Team ist er Ende 20 und auf den ersten Eindruck ein sehr netter Mensch. Einige Kollegen haben sich dann über Gott und die Welt unterhalten, er selbst ist auch recht gesprächig. Ich bin eher das andere Extrem. Ich sage beim Mittag eigentlich gar nichts, außer es gibt fachlich etwas zu besprechen. Eigentlich würde ich einfach gern in Ruhe essen und danach wieder meine Arbeit machen. Mit dem ganzen Smalltalk rundherum kann ich gar nichts anfangen und blocke das auch ab. Irgendwann kam dann das Gespräch darauf, ob er sich denn gut eingefunden hätte in den ersten zwei Wochen usw. Er ging dann durch mit wem er sich schon unterhalten hatte und kam dann irgendwann auf mich und sagte deinen Namen kenne ich noch nicht. Das viele Gerede hatte mich schon ein wenig angestrengt und ich sagte dann nur knapp das dürfte den meisten hier so gehen.
Ich hatte das gar nicht böse gemeint, aber es war natürlich auch nicht die Antwort, die er erwartet hatte. Eine Kollegin meinte dann nochmal er wollte einfach wissen, wie du heißt. Auch sie hatte es wohl nur gut gemeint, aber ich wusste ja, was er wollte.
Meine Antwort ist auch gar nicht so weit hergeholt. Ein paar Stunden später hat mich ein anderer Kollege mal wieder mit einem anderen Studenten verwechselt. Diesen Kollegen kenne ich von Anfang an, also etwas mehr als zwei Jahre. Wir haben sogar zwei Monate mal am selben Projekt gearbeitet. Auch viele andere Kollegen (wir sind eine recht große Abteilung, ca. 80 Mitarbeiter) kennen meinen Namen vermutlich nicht.

Jetzt kommt mein Problem: In solchen Situationen bin ich dann wie blockiert. Es geht einfach nur um die ganz banale Antwort, wie ich heiße, aber genau das kann ich dann nicht sagen. Ich will es plötzlich ganz bewusst nicht. Ich habe dann das Gefühl, dass ich ihre Erwartung bewusst enttäuschen will, aber ich weiß nicht warum. Ich will ihnen nichts böses und sie mir nicht, aber ich bin dann total im Abblockmodus.

Insgesamt verstehe ich mich mit den Kollegen sehr gut. Es gibt einige, die wie ich eher ruhiger Natur sind und nicht gerne reden, wenn es nichts zu sagen gibt. Mit denen, mit denen ich am meisten zu tun habe, mache ich auch mal blöde Witze. Die Stimmung ist also insgesamt ziemlich locker.
Das Einzige, was mich stört, ist, dass durch die sehr moderne Firmenkultur für meinen Geschmack zu viel gespielt wird. Das geht bei dem für mich nervigen Smalltalk übers Wochenende los, dann geht die Kaffeetrinkerfraktion alle zwei Stunden für eine Viertelstunde Kaffee trinken (und schreibt das natürlich als Arbeitszeit auf), in der Firma werden ständig irgendwelche Teamevents veranstaltet, oft zu späterer Stunde mit einer guten Menge Alk. im Spiel. Für's nächste Mal ist ein Karaokeabend geplant. Zum Glück sind alle diese Veranstaltungen freiwillig, aber es fällt eben doch auf, wenn man nie dabei ist.
Diese lockere Art finde ich insgesamt in Ordnung, aber ich mag diese Blödeleien nicht. Ich mag es nicht, mich so zum Affen machen zu müssen bzw. dass auch im angesprochenen Smalltalk von Einzelnen unterschwellig Informationen gesammelt werden, um nachher blöde Witze über andere zu machen. Die oben genannte Kollegin redet z.B. gerne mal über andere Leute hinter ihrem Rücken und so etwas kann ich gar nicht ab.

Solche Verhaltensweisen veranlassen mich dazu, mich so weit es geht zurückzuhalten. Ich erzähle kaum privates, es gehört für mich einfach nicht dort hin. Ich würde gerne einfach meine Arbeit machen, mich auf das fachliche konzentrieren und beim Mittag eine halbe Stunde Ruhe zum erholen haben.

Die meiste Zeit kommen wir ja gut miteinander aus, aber manchmal schlägt es dann wie beschrieben urplötzlich um. Es sind häufig Situationen, in denen ich mich nicht ernst genommen fühle. Zwei Sätze bevor der neue Kollege mich nach meinem Namen gefragt hatte, ging es noch um die Konsistenz der Suppe der Kollegin. Zwei Sätze später darum, dass er für einen Verein Bäume pflanzt. Wenn ich mich mit jemandem unterhalte, dann richtig, oder gar nicht. Das ist jedenfalls meine Position.
In einer anderen Situation bin ich mal (vermutlich wieder als Spaß gemeint) gefragt worden, ob ich eine Art Zwangsstörung hätte, weil ich zum Mittag immer ein belegtes Brötchen esse, statt mir irgendwo einen Döner/Pizza/etc. zu kaufen.

Es gibt noch ein paar weitere Beispiele dafür, aber im Kern sind es wie gesagt zunächst harmlose und oft eher witzig oder gut gemeinte Kommentare. Sie hängen auch nicht zwingend mit der Arbeit zusammen, früher ist mir das z.B. auch in der Schule passiert. Immer, wenn ich das Gefühl habe, dass jemand jetzt felsenfest auf eine bestimmte Antwort wartet, kann ich sie ihm nicht geben. Dann ist die Blockade da und ich bin gezwungen mit einer merkwürdigen Antwort zu reagieren. Außerdem haben diese Situationen alle gemeinsam, dass ich dabei das Gefühl habe nicht ernst genommen zu werden. Mir wird kein Raum für eine eigene Entscheidung gelassen, sondern es wird etwas Bestimmtes erwartet, weil alle das so machen. Man denkt gar nicht mehr darüber nach und genau diese vorgefertigte Kommunikation nach Schema F kann ich nicht. Ich WILL ihnen dann nicht sagen, was sie hören wollen, quasi aus Prinzip. Weil ich nicht möchte, dass solche impliziten Erwartungen gestellt werden.

Mit dem neuen Kollegen aus dem ersten Beispiel habe ich dann später nochmal kurz per Skype geschrieben, mich ihm vorgestellt und ihm gesagt, er soll mir das nicht übel nehmen. Er hat auch sehr freundlich und entspannt reagiert. Es ist ja nicht so, dass ich solche Unterhaltungen prinzipiell nicht führen will, oder zwanghaft versuche anders zu sein. Ich will nur nicht auf diese Art mit anderen umgehen, aber für etwas anderes ist der oberflächliche Smalltalk einfach nicht geeignet.

Langer Text, tut mir leid. Das musste irgendwie mal raus. Hat irgendjemand von euch schon ähnliche Erfahrungen gemacht? Kann ich das irgendwie lernen diese Blockade aufzuheben? Wie würdet ihr mir raten mit solchen Situationen umzugehen? Über eure Gedanken dazu würde ich mich freuen

Beste Grüße

01.11.2022 23:33 • 08.11.2022 x 2 #1


19 Antworten ↓


Angstmaschine
Was Smalltalk angeht und auch die ganze - ich sage mal - Atmosphäre die Du da bei der Arbeit hast, da bin ich auch so. Ich habe am liebsten - grade auch beim essen - meine Ruhe und Unterhaltungen lohnen sich für mich eigentlich nur, wenn wirkliches Interesse von beiden Seiten besteht.

Ich bin seit gut 15 Jahren selbstständig und arbeite seitdem eigentlich nur alleine oder mit wenigen Kollegen die ich natürlich gut kenne. Kenne ich jemanden nicht, dann geht es beim Gespräch ohnehin nur um die Arbeit.

Ich musste aber - da ich ja auch mit Kunden zu tun habe - Smalltalk lernen. Ich kann es immer noch nicht richtig, aber es kappt - wenn auch manchmal mit Widerwillen und arg holprig

Als ich noch angestellt war - und wir waren nur so 30 Leute - ging es mir ähnlich, obwohl ich nicht genau weiss, ob das das gleiche wie bei dir war.

Mein Problem war vor allem, dass die anderen meinten da ich so ruhig bin müssten sie mich extra ins Gespräch einbinden, vor allem extra auffällig.

So mit Spotlight und Musik: Der XX hat noch gar nichts dazu gesagt. Du hast doch bestimmt auch ... blablablabla ... , oder? und 29 Paar Augen schauen mich an. Und da hatte ich auch immer eine extreme Abneigung, das was ich gefragt wurde vernünftig und in normalem Ton zu beantworten. Keine Angst, sondern ich hatte einfach absolut keine Lust. Ich glaube ein Grund war, dass ich immer gespürt habe dass es eigentlich gar nicht interessiert was ich sage, weil bei solchen Gesprächen letztlich eigentlich nichts interessiert.
Das stimmt natürlich so nicht, weil solche Gespräche einfach dazu gehören. Man stelle sich vor, es gäbe nur so welche wie mich und nur ernsthafte Gespräche - grausam. Aber ich bin dafür einfach nicht geschaffen.

Ich bin jemand, der es ernst meint wenn er fragt wie geht es dir - ich kann nicht anders.

Mit der Zeit und vor allem seit ich selbstständig bin und daher smalltalken musste, habe ich das irgendwie gelernt. Obwohl, wenn ich recht überlege: ich hatte am Anfang meine Firma mit einem Freund zusammen und habe da noch alles was mit Reden zu tun hat ihm überlassen. Der kann das ganz gut, redet aber auch viel Unsinn (was u. a. auch ein Grund für die Trennung war).

Seit ich also ganz alleine bin, musste ich das lernen. Einfach durch den Sprung ins kalte Wasser. Was mir geholfen hat ist, dass ich - wenn ich will - sehr gut auf Menschen eingehen kann und auch ziemlich schnell den richtigen Ton erwische. Aber manchmal - und das ist echt ekelig - wenn ich mit jemandem so geplaudert habe, wie das so gar nicht meine Natur ist fühle ich mich danach ganz merkwürdig fremd.

Entschuldige, das ist glaube ich etwas off Topic geworden, aber das Thema ist ja auch umfangreich ..

02.11.2022 00:40 • x 2 #2


A


Zwang/plötzliche Blockade auf bestimmte Weise zu reagieren

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engel12
Naja also Du hast es ja schon gesagt, eigentlich willst Du nur Deine Ruhe und Arbeit machen. Ist ja okay, aber wenn ein neuer Kollege nach dem Namen fragt ist es doch recht schrullig zu sagen: das geht den meisten hier so, ich würde mich da vor den Kopf gestossen fühlen und mir denken, was ist denn mit dem los und vermutlich keinen Kontakt mehr zu Dir suchen. Du sendest mit deiner unpassenden Antwort keine klare Botschaft sondern verunsicherst. Wie wäre es mit etwas Humor? Ich denke bei Dir ist es so das Du eigentlich nicht so gerne reden magst und Dich nicht abgrenzen kannst - also finde einen höflichen Mittelweg, Humor wär das schon mal. Den Namen hätte ich allerdings bei einem neuen Kollegen gesagt, und sonst kann man ja mal erwähnen das heute Bhudda Tag ist und man somit schweigen wird, in den nächsten 7 Jahren aber nach der Erleuchtung durchaus mit einer Antwort zu rechnen sei....etc. Denk Dir was aus. Vorher. Es muss lustig sein, die klare Botschaft enthalten das man nicht reden möchte, ohne den Andern aber zu verletzen, der muss das halt einordnen können. In einem sozialen Umfeld ist das eben nicht so einfach. Der XX hat noch gar nichts dazu gesagt. Du hast doch bestimmt auch ... blablablabla ... , oder? und 29 Paar Augen schauen mich an. Ja dann lächelt man und sagt halt: Wenn ich die Sprache verlernt habe, was soll ich da sagen? Zettel hochhalten geht auch. Nun ich denke Du bist sehr eigen und die Welt ist nicht so ernst wie Du das sie nur redet wenn es nötig ist. Nee da sagt man halt. Ich melde mich schon, wenn ich reden möchte, oder eben Reden ist Silber, Schweigen ist Gold, momentan höre ich zu und das ist okay für mich. Dir fehlt es einfach an einer Positionsvertretung Deiner Art die nicht verletzend oder merkwürdig rübekommt. Das ist alles, ist aber machbar.

02.11.2022 00:53 • x 2 #3


E
Danke für eure Antworten

@Angstmaschine So off topic finde ich das alles gar nicht. Du beschreibst vieles, was ich auch kenne.
Nochmal zum Thema Small Talk. Es gibt für mich zwei Arten davon: Einmal inhaltsloses Geschwätz und einmal Smalltalk, um beim Kennenlernen das Eis zu brechen, oder irgend einen weiteren Zweck zu verfolgen. Diese Unterscheidung musste ich auch erst lernen. Wenn es für mich einen Grund dafür gibt, ich also selbst ein Interesse daran habe, kann ich auch problemlos mal Smalltalk führen, der mich dann auch nicht anstrengt.
Ich habe mich z.B. mit einem Kollegen von der Personalabteilung auch mal über Privates unterhalten, obwohl ich ihn kaum kenne. Er ist eigentlich auch ein sehr gesprächiger Mensch, hat aber innerhalb der ersten paar Sätze schon gemerkt, dass ich für das oberflächliche Schwätzchen nicht zu haben bin. Er ist mir dann aber in seinem Gesprächsverhalten entgegengekommen und dann kann auch ich mich mehr öffnen und mich entspannt unterhalten. Das ist sozusagen das Mindestmaß an Toleranz, was ich brauche. Wer mich ungefragt mit seinem Geschwätz überfährt, ist sofort unten durch, auch wenn das ein vorschnelles Abstempeln ist.

Zitat von Angstmaschine:
wenn ich mit jemandem so geplaudert habe, wie das so gar nicht meine Natur ist fühle ich mich danach ganz merkwürdig fremd.

So geht es mir auch und für mich gibt es einfach keinen Grund mich so sehr zu verstellen für etwas, was ich überhaupt nicht will.

@engel12

Zitat von engel12:
ich würde mich da vor den Kopf gestossen fühlen und mir denken, was ist denn mit dem los und vermutlich keinen Kontakt mehr zu Dir suchen.

Ich glaube, das ist unbewusst auch genau das, was ich erreichen will. So merkwürdig es vielleicht klingt. Wer meinen Namen nicht kennt, hat eine Hürde mehr zu nehmen, um mit mir ins Gespräch zu kommen und für die meisten ist es das kleine Schwätzchen einfach nicht wert. Ich erreiche damit also unterm Strich genau das, was ich möchte: Meine Ruhe. Leider mit dem Nebeneffekt, dass mich viele wohl für sonderbar halten und das bei meinem Verhalten ja auch zurecht.

Zitat von engel12:
Du sendest mit deiner unpassenden Antwort keine klare Botschaft sondern verunsicherst.

Darüber habe ich auch schon nachgedacht und ich habe eine Vermutung dazu: Ich bin schon vom Kleinkindalter an immer mit meiner ruhigen Art angeeckt. Meine erste Erzieherin im Kindergarten hat mich sogar für geistig behindert gehalten, weil ich nie mit anderen Kindern gesprochen habe. Ich habe im Laufe der Zeit viel Abweisung erlebt und zwar immer dann, wenn ich mich so verhalten habe, wie es sich für mich richtig angefühlt hat. Ich habe lange geglaubt, ich dürfte einfach nicht sein, wie ich bin, ein schreckliches Gefühl. Ich war sehr ängstlich und unsicher und ich wünsche mir heute manchmal noch, dass die Leute das einmal selbst erleben würden, um zu verstehen, warum ich manchmal so reagiere, wie ich reagiere.
Ich hatte früher wirklich Angst, dass ich vielleicht der einzige Außerirdische auf diesem Planeten bin, der so denkt und fühlt. Ich habe geglaubt, ich wäre für sozialen Kontakt einfach nicht geeignet. Heute weiß ich, dass das nicht stimmt, denn ich habe eine Hand voll Menschen gefunden, mit denen ich mich sehr gut verstehe. Allerdings bin ich jetzt noch weniger gewillt mich Dingen anzupassen, die für mich eine persönliche Grenze überschreiten. Ich weiß, dass ich es nicht muss, sogar nicht sollte, wenn ich glücklich sein möchte. Den Kollegen so vor den Kopf zu stoßen ist dann für mich im Vergleich kein Problem.

Die von dir vorgeschlagenen humorvollen Antworten nutze ich auch manchmal. Ich kann auch sehr selbstironisch sein, aber auch hier gilt, ich muss es wollen. Wenn nicht, kann ich sehr stur sein.

Die Frage, die sich mir immer wieder stellt, ist: Warum ist laut = normal und ruhig = komisch? Warum muss ich den Gesprächslärm der anderen tolerieren, sie mein Ruhebedürfnis aber nicht? Für mich ist das ein Ungleichgewicht. Geräuschbelästigung ist auch eine Form von Belästigung und sie sorgt bei mir sehr schnell für Stress. Wenn ich drei solche Tage hintereinander habe, bin ich am vierten Tag krank.
Warum soll ich also diese Erschöpfung in kauf nehmen, wenn ich nicht nur nichts davon habe, sondern im Fall des neuen Kollegen sogar später noch mit zusätzlichen Gesprächen rechnen muss, die ich nicht möchte?

Ich weiß, dass ich auf die konkrete Situation bezogen überreagiere, aber diese erste Antwort kommt dann instinktiv. Die lege ich mir nicht zurecht, sondern sie kommt automatisch und überrascht mich selbst manchmal. Ich weiß dann, dass mich die Situation offenbar mehr belastet, als ich bisher bemerkt habe und will eigentlich nur noch weg, ohne Rücksicht auf Verluste.

Um das abzulegen, müsste ich an dieser Überreaktion arbeiten. Das Problem ist, dass ich die letzten zwei Jahre schon eine ganze Menge andere Altlasten aufgearbeitet habe und das ist wirklich anstrengend. Ich habe mittlerweile einen Weg gefunden, wie ich gut und glücklich leben kann und mir fehlt ehrlich gesagt die Motivation an diesen kleinen Aussetzern noch etwas zu verändern. Vor allem, da sie sehr selten auftreten und ich sie in den meisten Fällen mittlerweile schon lange vorher umgehen kann. Nur wenn es dann doch mal wieder passiert, schlägt es bei mir ziemlich ein und ich ärgere mich tagelang über mich selbst.
Vielleicht habe ich mich innerlich schon entschieden, diesen Kampf nicht mehr zu kämpfen. Ich muss nicht mehr mit jedem Freund sein und kann es ganz gut vertragen, wenn andere nichts mit mir zu tun haben wollen. Die Kontakte, die mir wirklich wichtig sind, pflege ich ganz anders.

02.11.2022 09:57 • x 1 #4


moo
Hallo @randUser,

Zitat von randUser:
Immer, wenn ich das Gefühl habe, dass jemand jetzt felsenfest auf eine bestimmte Antwort wartet, kann ich sie ihm nicht geben.

Zitat von randUser:
Es geht einfach nur um die ganz banale Antwort, wie ich heiße, aber genau das kann ich dann nicht sagen. Ich will es plötzlich ganz bewusst nicht. Ich habe dann das Gefühl, dass ich ihre Erwartung bewusst enttäuschen will, aber ich weiß nicht warum.

Ist das nicht einfach Deine Art, das, was Du insgesamt als banal empfindest, abzulehnen?
Mag es sein, dass Du es einfach satt hast, immer aufgefordert zu werden, Dich einzufügen. Oder beneidest Du unterschwellig die Fähigkeit der Kollegen, sich zwanglos zu unterhalten?

Zitat von randUser:
Außerdem haben diese Situationen alle gemeinsam, dass ich dabei das Gefühl habe nicht ernst genommen zu werden.

Was ist schon ernst? Man kann tiefgründige Fragen stellen und in Wahrheit nicht wirklich interessiert sein. Man kann aber auch durch sogenannten Smalltalk den anderen kennenlernen wollen - und fängt halt so an, wie man es gewohnt ist.

Zitat von randUser:
Wenn ich mich mit jemandem unterhalte, dann richtig, oder gar nicht. Das ist jedenfalls meine Position.

Positionen beinhalten m. E. immer auch ein wenig Bewertung. Vielleicht setzt Du @engel12 s Beispiel einfach mal in die Tat um und machst ein Schweigeretreat bzw. Exerzitien oder was auch immer. Ich habe in meinem ersten Meditationskurs insbesondere durch das gemeinsame Schweigen meine Zuneigung zu den Menschen wieder gefunden.

02.11.2022 10:09 • #5


engel12
Die Frage, die sich mir immer wieder stellt, ist: Warum ist laut = normal und ruhig = komisch? Warum muss ich den Gesprächslärm der anderen tolerieren, sie mein Ruhebedürfnis aber nicht? Für mich ist das ein Ungleichgewicht. Geräuschbelästigung ist auch eine Form von Belästigung und sie sorgt bei mir sehr schnell für Stress. Wenn ich drei solche Tage hintereinander habe, bin ich am vierten Tag krank.

Warum soll ich also diese Erschöpfung in kauf nehmen, wenn ich nicht nur nichts davon habe, sondern im Fall des neuen Kollegen sogar später noch mit zusätzlichen Gesprächen rechnen muss, die ich nicht möchte?

Nun - Du darfst ja so sein und es gibt halt einen Unterschied zwischen dem Ka - was soviel wie leere Luft und Schwätzerei bedeutet und dem was man tatsächlich zu sagen hat. Aber bedenke, das bei den meisten Menschen einfach nur freundliches Nachfragen dahintersteckt. Jeder lebt nunmal in einer Gemeinschaft, auch als Einzelgänger. Ich kann das sogar gut nachvollziehen, da es mir auch auffällt wie undiszipliniert oft geschwätzt wird, anstatt sich auf die Sache selbst zu konzentrieren. So ist die Masse nunmal, aber nicht Jeder, bin ich voll und ganz bei Dir. Nur Dein Problem entsteht eher daraus, das Du Dein Ruhebedürfnis eben nicht kommunizierst und nicht so, das es nicht verletzend ist. Wenn also ein neuer Kollege nach dem Namen fragt, so halte ich das für höflich und normal, möchte er doch seine Kollegen kennen lernen. Du kannst auch fragen: Warum möchtest Du das wissen? Stelle eine Gegenfrage, das ist nicht unhöflich. Dann würdest Du wohl merken, das niemand Dich belästigen will, sondern man einfach normalen Kontakt pflegt und auf Small Talk nun ja, muss man ja nicht mitmachen. Man kann auch fragen wie : wieso meint ihr das ich jetzt dazu etwas sagen muss, ich möchte nichts sagen. Punkt. Dann wird auch keiner mehr Dich auffordern. Du müsstest eben jetzt lernen Deine Bedürfnisse zu kommunizieren, ohne Andere zu verletzen, und in einem sozialen Umfeld, nun ja, etwas Teamarbeit ist manchmal nötig und auch nicht schlecht, vielleicht brauchst auch Du mal den Anderen? Erschöpfung ist es nur weil Du Dich nicht vernünftig abgrenzen kannst, ohne zu verletzen, Dir fehlt nur die richtige Strategie, aber mal ehrlich, niemand lebt ganz allein auf dem Planeten, irgendwie kommunizieren wir immer, aber man entscheidet ja selbst mit wem und wie lange und wenn mir was nicht gefällt, so sage ich auch. Niemand muss an Small Talk teilnehmen, aber man sollte eben nicht ganz so über den Dingen stehen, da man schnell auch mal die Hilfe eines Anderen benötigen kann. Man muss auch andere Motive und Beweggründe verstehen, sonst wird aus dem Autisten irgendwann ein Egoist. Mag sein das man in Deiner Kindheit Dich immer bedrängt hat, aber schau mal genau hin, Du bist kein Kind mehr, Du kannst eben klar auch Grenzen setzen. Ja das Kind kann es ja nicht, wenn es immer eingeladen wird zum Kontakt, sicher hat man Deine Bedürfnisse nach Ruhe damals ignoriert, schau mal welches Muster dahinter steckt, bevor das nicht gelöst ist, wird es Dich immer wieder berühren, damit es gelöst wird. Man sagt dazu auch Prägung die nicht zu einem gehört.

02.11.2022 11:18 • x 1 #6


C
Guten Tag, finde deinen Eintrag interessant
Ich wollte fragen wie du dich dann bei Leuten verhältst , die du mAgst und auch kennenlernen willst? Also Kontakt suchst? Weil du hast geschrieben, dass du diese Kontakte ganz anders pflegst.

02.11.2022 11:32 • #7


E
Hallo @moo,

Zitat von moo:
Ist das nicht einfach Deine Art, das, was Du insgesamt als banal empfindest, abzulehnen?

So habe ich das noch gar nicht betrachtet. In solchen Situationen ist mein erster Impuls immer noch Was habe ich falsch gemacht?/Was stimmt nicht mit mir?.

Zitat von moo:
Mag es sein, dass Du es einfach satt hast, immer aufgefordert zu werden, Dich einzufügen. Oder beneidest Du unterschwellig die Fähigkeit der Kollegen, sich zwanglos zu unterhalten?

Ersteres trifft es ziemlich genau. Mittlerweile habe ich auch eine ganze Reihe positiver Erfahrungen gemacht, die mir gezeigt haben, dass auch ich mich zwanglos unterhalten kann. Nur eben nicht mit inhaltslosem Smalltalk, der ist für mich das zwanghafte Gegenteil.
Wenn ich bei anderen etwas beneide, dann, wie selbstverständlich das Leben und ihre Handlungen für sie sind. Vielleicht sind sie es manchmal gar nicht und sie überspielen ihre Unsicherheit bloß wesentlich geschickter. Diese Fassade aufrecht zu erhalten, ist für mach allerdings noch wesentlich anstrengender.
Früher war ich wie gesagt sehr unsicher und ängstlich. Ich habe mir ständig Sorgen gemacht, dass etwas mit mir nicht stimme. Heute weiß ich, dass es einen Platz in der Welt für mich gibt, aber um ihn einnehmen zu können, muss ich in Kauf nehmen von manchen als komisch erachtet zu werden. An sich ist das ja auch nicht ungewöhnlich, man muss sich ja nicht mit jedem super verstehen.

Zitat von moo:
Was ist schon ernst? Man kann tiefgründige Fragen stellen und in Wahrheit nicht wirklich interessiert sein. Man kann aber auch durch sogenannten Smalltalk den anderen kennenlernen wollen - und fängt halt so an, wie man es gewohnt ist.

Das Interesse bzw. das Wollen, was du ansprichst, ist das entscheidende. Wer mich nach meinem Namen fragt, weil er ein Gespräch mit mir beginnen will, dem stelle ich mich auch vor. Wer mich aber zwischen Suppenkonsistenz und Bäumen beiläufig nach meinem Namen fragt, nur weil man das eben so macht, dem unterstelle ich, dass er es nicht ernst meint bzw. nicht die Absicht hat nach dem einsteigenden Smalltalk noch in ein gehaltvolleres Gespräch überzugehen. Gehaltvoll muss ja nicht heißen, dass man über Kant philosophiert, das kann z.B. auch ein privates Hobby sein.
Vielleicht hast du recht und ich urteile hier teilweise vorschnell oder nach starren Mustern. In der Regel kann ich andere Menschen aber recht gut einschätzen bzw. mich in sie hineinversetzen und mein erster intuitiver Eindruck hat sich bisher fast immer bestätigt.

Ich habe über die Zeit viel Hin und Her zwischen Anpassung und Eigensinn erlebt und ich weiß manchmal nicht mehr so wirklich, wo dabei für mich das richtige Gleichgewicht liegt. Was muss ich tolerieren, was müssen andere tolerieren? Was darf ich erwarten, was andere? usw.
Und immer, wenn ich dann an diesem Punkt bin, weiß ich, dass ich gerade zu viel nachdenke.
Nüchtern betrachtet, sind gestern wohl einfach ein paar ungünstige Umstände zu viel zusammen gekommen. Ich hatte ein aufregendes Wochenende (positiv) und wollte den Wochenstart eigentlich ruhig angehen. Dann kamen die für mich nervigen Gespräche zum Mittag statt der ersehnten Ruhe und zum Schluss wurde ich auch noch direkt angesprochen. Vielleicht ist es also auch einfach nur nicht mein Tag gewesen und blöd gelaufen. Genau das meine ich aber mit dem, was ich an anderen beneide. Sie würden es vermutlich einfach als dumm gelaufen abhaken und am nächsten Tag wieder zusammen Kaffee trinken. In meinem Kopf triggert das dann aber doch wieder die vielen schlechten Erfahrungen und ich bin mir nicht sicher, ob ich das jemals wirklich loswerde.

02.11.2022 12:00 • x 3 #8


E
@engel12, ich glaube, du hast einen zentralen Punkt getroffen. Ich habe kaum Strategien mein Ruhebedürfnis in solchen Umfeldern zu kommunizieren. Ich hoffe immer drauf, dass man die Absicht hinter meinem Verhalten irgendwann erkennt, aber du hast Recht, das kann ich nicht erwarten. Es ist vermutlich sogar ziemlich unwahrscheinlich, wenn nicht sogar paradox. Ich lasse in diesem Umfeld keine so enge Bindung zu, erwarte aber, dass man mich aus dem Innersten heraus versteht. Das schließt sich eigentlich aus, ist mir aber tatsächlich gerade zum ersten Mal so bewusst geworden.

@Caito, deine Frage knüpft direkt daran an. In meinem engsten Freundeskreis verhalte ich mich anders. Diese Menschen habe ich alle innerhalb des letzten Jahres kennengelernt. Ich bin von Anfang an offener auf sie zugegangen, habe meine ruhige Art und mein Ruhebedürfnis als einen wichtigen Teil von mir explizit kommuniziert und von ihnen auch von Anfang an Verständnis dafür bekommen. Der Unterschied ist, dass ich mir hier ja bewusst aussuchen kann, mit wem ich meine Freizeit verbringe und mit wem nicht. Auf Arbeit habe ich diese Wahlfreiheit nicht. Bisher war mein Ansatz deshalb eben alles Persönliche und Private dort rauszuhalten und nur auf fachlicher Ebene zu kommunizieren. Die Frage nach dem Namen gehört natürlich trotzdem zur Verständigung dazu, allerdings habe ich dann sofort wieder die Bilder von endlosem Gerede im Kopf. Ich glaube diese Projektion muss ich noch aufdröseln.
Vielleicht sehe ich mich auf Arbeit oder in ähnlichen Umgebungen der Situation auch viel mehr ausgeliefert, was dann die Erinnerung an die Hilflosigkeit von früher triggert. In anderen Situationen kann ich jederzeit abbrechen, wenn ich mich unwohl fühle, die Kollegen sehe ich jede Woche aufs neue und habe keine wirkliche Kontrolle darüber.

02.11.2022 12:20 • #9


Angstmaschine
Zitat von randUser:
Wer mich aber zwischen Suppenkonsistenz und Bäumen beiläufig nach meinem Namen fragt, nur weil man das eben so macht, dem unterstelle ich, dass er es nicht ernst meint bzw. nicht die Absicht hat nach dem einsteigenden Smalltalk noch in ein gehaltvolleres Gespräch überzugehen.

Naja, beim Namen muss das ja auch nicht so sein, da würde ich jetzt mal unterstellen, dass da jemand wirklich deinen Namen wissen möchte.
Aber ansonsten kann ich das nachvollziehen. Ich hatte schon Situationen, wo ich auch in einer Runde etwas gefragt wurde und während ich noch kurz überlegt habe, was ich antworte, macht jemand anderes irgend eine Bemerkung zu etwas ganz anderem und meine Antwort wurde überhaupt nicht mehr erwartet, weil das Thema plötzlich ganz woanders war.
Und das kann mich extrem frustrieren, auch wenn es von den anderen nicht böse gemeint war.

02.11.2022 12:21 • x 2 #10


C
Was sind denn die Themen mit Freunden?gibt es da auch eher tiefe Gespräche oder macht dich das nur in der Arbeit sauer?bist du bei Freunden dann eher herzlich?
Vielleicht kannst du demnächst ja einfach an einem anderen Tisch zu Mittag essen. Dann dürfte klar sein, dass nicht reden magst.wir haben auch einen pausenraum, der zb in der Essenszeit leer ist.

02.11.2022 12:34 • #11


E
Zitat von Angstmaschine:
Naja, beim Namen muss das ja auch nicht so sein, da würde ich jetzt mal unterstellen, dass da jemand wirklich deinen Namen wissen möchte.

Ich glaube, ich muss den neuen Kollegen nochmal etwas genauer beschreiben, damit man es einordnen kann. Wir saßen letzte Woche schonmal zusammen. Das erste, was ich von ihm wusste, war seine Blutgruppe (es gab an dem Tag eine Blutspendeaktion in der Firma). Danach folge seine gesamte Krankheitsgeschichte von klein an mit allen Details. Dann die letzten Urlaubserlebnisse, sein Studium im Ausland. Beim letzten mal dann eben das Essen, seine Vereinsarbeit. Dann ging es ums Gendern der Vereinssatzung und um irgend eine KI, die sie entwickeln, um Waldbrände zu erkennen. Er redet wirklich ohne Punkt und Komma. Vor allem verteilt er munter sehr private Dinge von Anderen und ist auch völlig hämmungslos nach diesen zu fragen. Die Kollegin stieg dann zeitweise mit ein und erzählte mit sehr abfälligem Unterton von peinlichen Bewerbungsschreiben, die sie mal bekommen hatte.

Das ist einfach ein Gesprächsklima, in dem ich sehr vorsichtig werde. Das mit dem Namen bleibt eine Überreaktion meinerseits, aber ich habe in der Vergangenheit ein paar böse Dinge erlebt mit Leuten, die nichts für sich behalten können. Am liebsten möchte ich mit solchen Menschen gar nicht kommunizieren. Es ist wieder die schon beschriebene Angst vor Kontrollverlust. Trotzdem habt ihr recht, dass ich auch diese Kontakte nicht so hart und unfreundlich abwürgen sollte. Ich muss ja nichts sagen, was ich nicht sagen möchte, aber ich habe manchmal die Sorge, dass ich dann doch nicht selbstsicher genug bin und mich zu irgend etwas überreden lasse.

02.11.2022 12:40 • x 3 #12


E
@Caito, mit Freunden kann ich sowohl über Belanglosigkeiten, als auch über Tiefgründiges reden. Das wechselt sich eigentlich immer ab, so wie es halt gerade passt. Ich weiß nicht, ob es eine Rolle spielt, aber ich bin bis auf meinen besten Kumpel nur mit Frauen befreundet. Mit ihnen kann ich mich viel vertrauensvoller unterhalten, insbesondere über meine emotionale Seite (was dann oft die tiefgründigen Themen ausmacht) und sie haben auch mehr Verständnis für meine ruhige Art. Vielleicht verhält man sich als Mann aber Frauen gegenüber unbewusst anders, selbst wenn keinerlei romantisches Interesse aneinander besteht.

An einen anderen Tisch setzen, ist wohl kaum eine Option. Wir haben auf jeder Etage mehrere kleine Essecken mit jeweils nur zwei großen quadratischen Tischen für je acht Personen. Ich habe schonmal eine Zeit lang versucht einfach eine Stunde später Mittag zu machen, das wäre mir ohnehin auch zeitlich lieber. Nach kurzer Zeit bin ich dann aber auch wieder gefragt worden, ob irgendetwas nicht in Ordnung sei, weil ich plötzlich immer alleine sitzen würde usw. An der Stelle habe ich dann sogar mal klar angesprochen, dass alles ok ist und ich einfach in meiner Mittagspause mal Ruhe für mich brauche. Das ist allerdings nur mit einem ungläubigen Wenn du meinst.. quittiert worden, bevor im nächsten Satz vorgeschlagen wurde, sie könnten mir auch Bescheid sagen, wenn sie Pause machen, ich könne mich gerne dazusetzen usw.
Bei solchen Reaktionen habe ich wieder dieses Gefühl, dass ihnen eigentlich völlig egal ist, wie es mir geht. Meine Bedürfnisse haben keinen Wert und alles, was nicht ihrer Vorstellung entspricht muss schlecht/besorgniserregend sein. Genau diese Engstirnigkeit regt mich auf. Diese Vorstellung, man könne bestimmte Dinge nur auf bestimmte Weise machen und nur auf eine Art glücklich sein. Ich weiß, dass es gut gemeint ist, aber irgendwann muss man doch merken, dass das gut Gemeinte jedes mal daneben liegt?

02.11.2022 13:21 • x 2 #13


E
Vielleicht der Vollständigkeit halber: Wenn ich die Kollegen schreibe, dann sind es eigentlich nur zwei oder drei, die wirklich so beharrlich ihr Verhalten als das richtige ansehen. Die, mit denen ich direkt zusammenarbeite sind alle ähnlich ruhig wie ich und reden nur wenig zum Mittag, aber auch generell. Die beiden ruhigsten haben übrigens ähnliche Probleme wie ich, gehen damit aber wesentlich souveräner um und lassen sich nicht so schnell überrumpeln. Mittlerweile sind die beiden aber auch fast ausschließlich im Homeoffice. Ich habe auch schon überlegt, zumindest meine Pause irgendwo auswärts zu machen. Die fachliche Zusammenarbeit klappt ja ohne Probleme.

02.11.2022 13:37 • #14


moo
Hallo @randUser (klasse Name, übrigens ), danke für Deine Rückmeldung.

Zitat von randUser:
Wenn ich bei anderen etwas beneide, dann, wie selbstverständlich das Leben und ihre Handlungen für sie sind. Vielleicht sind sie es manchmal gar nicht und sie überspielen ihre Unsicherheit bloß wesentlich geschickter. Diese Fassade aufrecht zu erhalten, ist für mach allerdings noch wesentlich anstrengender.

Wie Du selber sagst: vielleicht ist ihr Leben gar nicht so selbstverständlich. Aber wenn wir quasi vorauseilend über ihr Handeln und ihr Erleben subjektiv urteilen, kann das nur fehlerhaft sein. Das nennt man dann wohl Vorverurteilung. Das kann man natürlich machen (und es geschieht m. E. sehr häufig) aber wenn man so reflektiert wie Du durch´s Leben geht, kann das einem selbst ordentlich Probleme bereiten.
Und was die (vermeintliche) Fassade angeht: keiner verlangt, dass Du ihre Fassade mit aufrecht erhalten musst. Aber sie müssen auch Deine Fassade nicht verstehen, lediglich akzeptieren - und das tun sie offenbar weitestgehend.

Zitat von randUser:
Ich habe mir ständig Sorgen gemacht, dass etwas mit mir nicht stimme. Heute weiß ich, dass es einen Platz in der Welt für mich gibt, aber um ihn einnehmen zu können, muss ich in Kauf nehmen von manchen als komisch erachtet zu werden.

Das sehe ich sehr ähnlich und solche Gedanken hatte ich früher auch. Aber vielleicht probierst Du statt komisch einfach mal anders. Ich hatte während meiner Wahrnehmungstransformation auch mal die besonders-Phase - aber die geht auf Dauer sehr nach hinten los... Nichts destotrotz habe ich auch als (vermeintlicher) Paradiesvogel viel gelernt - vor allem, wie leer derlei Attribute plötzlich werden, wenn man weinend vor Isolation nachts im Bett liegt.

Zitat von randUser:
Ich habe über die Zeit viel Hin und Her zwischen Anpassung und Eigensinn erlebt und ich weiß manchmal nicht mehr so wirklich, wo dabei für mich das richtige Gleichgewicht liegt. Was muss ich tolerieren, was müssen andere tolerieren? Was darf ich erwarten, was andere? usw.

Ich hoffe, es kommt nicht altklug rüber, aber es würde mich nicht wundern, wenn genau dieses Gleichgewicht etwas ist, das man als Lebenserfahrung bezeichnet. Ich kann für mich feststellen, dass ich das erst in den letzten 17 Jahren entwickelt habe (und fühle mich immer noch als Anfänger). Denke, darüber könnte man viel Kluges und Fragwürdiges sagen aber er-leben bzw. durch-leben muss es jeder selber... Ich finde es jedenfalls bemerkenswert, dass Du m. E. bereits sehr weit fortgeschritten bist und trotzdem noch nach der Meinung anderer fragst. Alles nicht selbstverständlich...

Zitat von randUser:
Vielleicht hast du recht und ich urteile hier teilweise vorschnell oder nach starren Mustern. In der Regel kann ich andere Menschen aber recht gut einschätzen bzw. mich in sie hineinversetzen und mein erster intuitiver Eindruck hat sich bisher fast immer bestätigt.

Ich wollte damit nicht Deine Menschenkenntnis in Frage stellen sondern die Bewertungsgrundlage an sich, auf der wir die Sinnhaftigkeit eines Gesprächs bestimmen. Jeder hat die Wahl, seine persönliche Grundlage zu schaffen, zu ändern oder sie vollständig unreflektiert von außen zu übernehmen. Ich mochte nur andeuten, dass wir uns der Veränderlichkeit und somit der Fragwürdigkeit jeglicher Bewertungsgrundlage bewusst sein sollten.

Zitat von randUser:
Ich habe über die Zeit viel Hin und Her zwischen Anpassung und Eigensinn erlebt und ich weiß manchmal nicht mehr so wirklich, wo dabei für mich das richtige Gleichgewicht liegt. Was muss ich tolerieren, was müssen andere tolerieren? Was darf ich erwarten, was andere?

Um ein bisserl Zen reinzubringen: das richtige Gleichgewicht liegt in der Akzeptanz des Ungleichgewichts.

Zitat von randUser:
Und immer, wenn ich dann an diesem Punkt bin, weiß ich, dass ich gerade zu viel nachdenke.

Du bist so herrlich knuffig!
Wer weiß, denkt nicht. Wer denkt, hört auf zu wissen...

Zitat von randUser:
Vielleicht ist es also auch einfach nur nicht mein Tag gewesen und blöd gelaufen.

Weder noch - es war einfach so.

02.11.2022 15:14 • x 4 #15


C
Wenn das mit den Freunden auch als small Talk klappt, sind das sicher einfach die falschen Leute.

02.11.2022 18:46 • #16


E
@moo, Danke für die liebe Nachricht

Ich greife mal deinen letzten Satz auf:
Zitat von moo:
Weder noch - es war einfach so.

Ich glaube, da sind wir uns einig und es ist das, was zum Schluss übrig bleibt. Nachdem ich das gestern und heute alles mal rausgeschrieben habe, geht es mir jetzt schon wesentlich besser. Mein Kopf beruhigt sich auch so langsam.
Vorhin gab's ein monatliches Teammeeting, da war die Stimmung auch total entspannt. Und ich habe bei der Terminfindungsumfrage für's nächste Teamevent diesmal explizit eingetragen, dass ich nicht teilnehmen werde. Akzeptiert wurde es bisher ja so oder so immer, aber so ist es wenigstens von Anfang an klar und mir bleibt vielleicht die eine oder andere unnötige Frage erspart.

(Wer Probleme mit Selbstmordgedanken hat, überspringt den Trigger bitte. Es geht nur um die Vorstufe davon.)
Trigger

Zitat von moo:
Nichts destotrotz habe ich auch als vermeintlicher Paradiesvogel viel gelernt - vor allem, wie leer derlei Attribute plötzlich werden, wenn man weinend vor Isolation nachts im Bett liegt.

Diese Situation hatte ich Anfang diesen Jahres. Nur, dass ich nicht im Bett lag, sondern nachts auf dem Fensterbrett am offenen Fenster saß. Im 6. Stock. Und der Abgrund sah .. naja. Da habe ich entschieden, ich muss etwas ändern.


Letztlich sind diese Situationen die ganze Aufregung eigentlich nicht wert. Aber es ist immer das gleiche Muster: Sie schleichen sich unbemerkt an, meist wenn ich mein Mindestmaß an Ruhe nicht habe. Irgend eine eigentlich harmlose Situation schlägt dann plötzlich um und ich reagiere unerwartet heftig (teils auch für mich selbst unerwartet). Fünf Minuten später ist für alle anderen das Schauspiel wieder vergessen, nur in meinem Kopf läuft wieder der gleiche Film ab. Der ganze Müll aus der Vergangenheit kommt wieder hoch und für einen Tag verfluche ich alles und jeden und empfinde die Welt als eine Art Verschwörung gegen mich. Dann kommen die Selbstzweifel: Bist am Ende nicht doch du selbst das Problem?. Dann wieder die Wut, dass ich ständig meine Art erklären muss und andere scheinbar einfach nur zu existieren brauchen. Wenn das Kapitel dann auch durch ist, werde ich langsam wieder realistischer und kann die Situation letztlich irgendwie einordnen.

Lebenserfahrung ist ein gutes Stichwort. Ich bin zwar noch ziemlich jung, aber auch ich merke, dass ich in den letzten zwei Jahren schon wesentlich ruhiger geworden bin, als früher. Vor allem innerlich ruhiger. Wenn man die Runde ein paar mal gedreht hat, weiß man irgendwann schon worauf es hinausläuft und lässt den Zwischenteil mehr und mehr einfach weg.

Zitat von moo:
Wer weiß, denkt nicht. Wer denkt, hört auf zu wissen...

Bevor ich darauf eine kluge Antwort weiß, muss ich erst nochmal nachdenken..

02.11.2022 18:46 • x 1 #17

Sponsor-Mitgliedschaft

moo
Bzgl. Deines Triggers, herzlichen (ganz eigennützigen) Dank, Randy, dass Du Dich rückentschlossen hast. Sonst bliebe uns dieser Dialog verwehrt...

Zitat von randUser:
Sie schleichen sich unbemerkt an, meist wenn ich mein Mindestmaß an Ruhe nicht habe.

So geht es mir heute noch, aber der Burnout hatte (nicht nur) den erfreulichen Nebeneffekt, dass ich mich nun nicht mehr schäme, wenn ich genau für dieses Mindestmaß an Ruhe einstehe.

Zitat von randUser:
Fünf Minuten später ist für alle anderen das Schauspiel wieder vergessen, nur in meinem Kopf läuft wieder der gleiche Film ab.

Irgendwie lustig, oder? Ist wie aufgedoppeltes Fremdschämen...

Zitat von randUser:
Dann wieder die Wut, dass ich ständig meine Art erklären muss und andere scheinbar einfach nur zu existieren brauchen.

Bedenke, dass jeder in seinem Leben irgendwann an den Punkt kommt, an dem er resümiert, ob er wirklich was gelernt hat im Leben. Da ist dann nicht mehr viel rückgängig zu machen bzw. nachzuholen. Und ich persönlich glaube, dass Unsereins dieser Frage letztendlich recht heiter entgegensehen kann. Ob das gesellschaftlich viel her macht und immer easy ist, steht nicht zur Debatte. Das sinnvolle Leben ist kein leichtes, ohne Zweifel.

Zitat von randUser:
Wenn man die Runde ein paar mal gedreht hat, weiß man irgendwann schon worauf es hinausläuft und lässt den Zwischenteil mehr und mehr einfach weg.

Hätte ich ein Poesiealbum, würde ich es Dir für diesen Spruch rüberschieben...

Zitat von randUser:
Bevor ich darauf eine kluge Antwort weiß, muss ich erst nochmal nachdenken..

Ich sehe, wir verstehen uns

Guts Nächtle

02.11.2022 19:48 • x 1 #18


C
Das ist richtig,Freunde sucht man au
S.konntest du herausfinden was an den Freunden
Anders ist?das hat Mir geholfen.weiß jetzt wer mir schadet und suche das genaue Gegenteil

08.11.2022 21:23 • #19


E
@Caito ja, dafür habe ich mittlerweile ein ganz gutes Gefühl. Es gibt sozusagen ein paar Grundvoraussetzungen, aber die kann ich so konkret gar nicht auflisten. Insgesamt geht es vor allem um den Umgang miteinander, Vertrauen usw. Umgekehrt gibt es so auch ein paar Ausschlusskriterien, was für mich gar nicht geht.

08.11.2022 22:47 • x 1 #20


A


x 4





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