App im Playstore
Pfeil rechts
222

Zitat von Immaculatus:
Er ist dann mit 65 verstorben Er hatte auch starkes Asthma. Ich glaube aber eher, daß ihn Ängste und Depression so geschwächt hatten dass er starb. Mein Psychiater sagte: ich lebe das gerade nach. Spannende These.

So etwas kam mir spontan auch in den Sinn.
Hast Du Schuldgefühle, was den Tod Deiner Vaters angeht?
Dass Gefühl, dass Du ihm hättest helfen sollen oder können?

Wie bist Du damals mit seiner Erkrankung umgegangen?

@Cbrastreifen Ich war damals Ende der Pubertät, Anfang Erwachsen. 18Jahre. Ja, ich habe Schuldgefühle, da ich damals sehr schroff und abweisend war auch weil man sich ja in dem Alter abnabelt. Mein Vater war ein feiner Mensch wenn auch öfter mal cholerisch, Sehr gebildet, humanistisch, aber im Dienst an den Menschen (Sozialarbeiter) Die Tobsuchtsanfälle zum Schluss, die mir aber immer wie pure Verzweiflung vorkamen, wurden einfach unter dem Label Bipolare Störung abgehandelt und meine Mutter träufelte ihm das Lithium in den Tee. Damals noch Tropfen. Ich habe mich da unreflektiert in den Mainstream gegen meinen Vater gestellt und bin dann nach Berlin abgehauen .Eigentlich vor der BW geflüchtet aber wohl auch aus der ganzen Situation. Ich höre schon die vielen Entschuldigungsgründe, aber ich habe mich nicht anständig verhalten und bereue das bis heute. Ca 1 Jahr später ist er gestorben.

A


Wie geht ihr mit der Angst vor dem Tod um/ Austausch

x 3


Thomas Mann in seinem Zauberberg beschreibt eine Gesellschaft im Untergang und Abtritt. Auf den Zauberberg , dem Berghof in Davos geht das alles sehr verfeinert von statten. Es ist die Zeit kurz vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges

Mich hat dieser Roman immer besonders fasziniert.

Aktuell wünsche ich mir, ich wäre dort Patient auf dem Berghof . Umsorgt, gehegt und gepflegt schau ich dem Untergang einer Massengesellschaft zu, die ihren Höhepunkt längst überschritten hat und nur noch auf Pump weiter machen kann. Auch meinem eigenen Sorgen und Nöten könnte ich aus dieser Höhenperspektive zuschauen. Ich wäre auch dabei umhegt und gepflegt. Angst und Panik würden rasch mit Morphium gelindert und man bekäme diesen schönen Dämmerschlaf bei bester Bergluft. Hin und wieder verstirbt ein Patient an Tuberkulose oder Angst oder sonst was und wird diskret fortgefahren. In einem Sanatorium/ Krankenhaus auch ganz normal. Alles immer in gedämpfter Atmosphäre.

Leider sieht die Wirklichkeit ganz anders aus , heutzutage. Auch in Privatkliniken ist alles nur noch funktionell im Kassensegment beinah nur noch grausam.

Zitat von Immaculatus:
Ja, ich habe Schuldgefühle, da ich damals sehr schroff und abweisend war auch weil man sich ja in dem Alter abnabelt. Mein Vater war ein feiner Mensch wenn auch öfter mal cholerisch, Sehr gebildet, humanistisch, aber im Dienst an den Menschen (Sozialarbeiter) Die Tobsuchtsanfälle zum Schluss, die mir aber immer wie pure Verzweiflung vorkamen, wurden einfach unter dem Label Bipolare Störung abgehandelt und meine Mutter träufelte ihm das Lithium in den Tee. Damals noch Tropfen. Ich habe mich da unreflektiert in den Mainstream gegen meinen Vater gestellt und bin dann nach Berlin abgehauen .Eigentlich vor der BW geflüchtet aber wohl auch aus der ganzen Situation. Ich höre schon die vielen Entschuldigungsgründe, aber ich habe mich nicht anständig verhalten und bereue das bis heute. Ca 1 Jahr später ist er gestorben.

Was hältst Du von der Idee, dass Du Dich heute dafür bestrafst, dass Du damals mit Deinem Vater so umgegangen bist?

Zitat von Immaculatus:
Thomas Mann in seinem Zauberberg beschreibt eine Gesellschaft im Untergang und Abtritt. Auf den Zauberberg , dem Berghof in Davos geht das alles sehr verfeinert von statten. Es ist die Zeit kurz vor dem Ausbruch des 1. Weltkrieges

Mich hat dieser Roman immer besonders fasziniert.

Mich auch.

Zitat von Immaculatus:
Aktuell wünsche ich mir, ich wäre dort Patient auf dem Berghof . Umsorgt, gehegt und gepflegt schau ich dem Untergang einer Massengesellschaft zu, die ihren Höhepunkt längst überschritten hat und nur noch auf Pump weiter machen kann. Auch meinem eigenen Sorgen und Nöten könnte ich aus dieser Höhenperspektive zuschauen. Ich wäre auch dabei umhegt und gepflegt. Angst und Panik würden rasch mit Morphium gelindert und man bekäme diesen schönen Dämmerschlaf bei bester Bergluft. Hin und wieder verstirbt ein Patient an Tuberkulose oder Angst oder sonst was und wird diskret fortgefahren. In einem Sanatorium/ Krankenhaus auch ganz normal. Alles immer in gedämpfter Atmosphäre.

Kann ich sehr gut nachvollziehen, aus zwei Gründen. Erstens, habe ich den Roman mindestens einmal in der Zeit meiner Angststörung gelesen und zweitens, habe ich ebenfalls eine große Sympathie für die Anderswelt der Kranken, die irgendwie auch allen normalen Bezügen herausgerissen sind.

@Cbrastreifen wir verstehen uns. Nennen wir unser psychic.de doch einfach Sanatorium Berghof. Denn alle seelischen Erkrankungen sind weit aus mehr als nur seelisch. Überhaupt was ist das die Seele? Und warum wird das heute alles nur mit Neurochemie/Pharmakologie und Neuroplastizität/ Psychotherapie beschrieben Was für ein mechanistisches Weltbild aus dem 19/20 Jahrhundert ist das denn? Was ist eine empfindsame Seele und wie genau steht sie in Verbindung mit dem Geheimnis des Lebens? Ich will mich nicht gegen Schulmedizin aussprechen, aber gegen ihren Anspruch auf Alleinvertretung. Und was bedeutet die Autonomie und Würde des Patienten in der real gelebten Klinik?

@Cbrastreifen eine steile These, mag auch sein. Aber so monokausale Erklärungen finde ich zu wenig. Der Faktor mit dem Zoplicon und andere extrinische Faktoren kommen mir da zu kurz.

Zitat von Immaculatus:
wir verstehen uns. Nennen wir unser psychic de doch einfach Sanatorium Berghof Denn alle seelischen Erkrankungen sind weit aus mehr als nur seelisch. Überhaupt was ist das die Seele?

Tja, gute Frage. Kommt auf die Definition an, es gibt breitere und engere.

Zitat von Immaculatus:
Und warum wird das heute alles nur mit Neurochemie/Pharmakologie und Neuroplastizität/ Psychotherapie beschrieben

Weil es ein Geschäft ist.

Zitat von Immaculatus:
Was für ein mechanistisches Weltbild aus dem 19/20 Jahrhundert ist das denn? Was ist eine empfindsame Seele und wie genau steht sie in Verbindung mit dem Geheimnis des Lebens? Ich will mich nicht gegen Schulmedizin aussprechen, aber gegen ihren Anspruch auf Alleinvertretung.

Ich kann diesen Neurokrempel oft nur schwer ertragen. Die Forschung selbst geht noch, aber die weltanschaulichen Ausflüge sind nichts für Leute mit schwachen Nerven. Aber zum Glück ist der Neurohype vorbei. Jetzt sind alle auf KI.

Zitat von Immaculatus:
Und was bedeutet die Autonomie und Würde des Patienten in der real gelebten Klinik?

Tja, wie das so ist, wenn sich primär alles um Kohle dreht.

Zitat von Immaculatus:
@Cbrastreifen eine steile These, mag auch sein. Aber so monokausale Erklärungen finde ich zu wenig. Der Faktor mit dem Zoplicon und andere extrinische Faktoren kommen mir da zu kurz.

Bleib mal bei der Angst.
Du musst an die Emotionen und da hättest Du sie dann, ein ganzes Knäuel, wie mir scheint.

´

Zitat von Cbrastreifen:
Wo kommt die auf einmal her. Ich habe Deine Angstkarriere gerade noch mal nachgelesen. Hast Du Bekannte oder Verwandte, die daran gestorben sind, also Darmkrebs oder dergleichen? Was ist denn seit damals anders als sonst, in Deinem Leben?

Kennst du Prof. Peter Noll, und seine Diktate über Sterben und Tod? Max Frisch hat dazu eine berühmte Trauerrede gehalten, Er ist 1982 im Alter von 55 gestorben. Er hatte einen unheilbaren Blasenkrebs. Er hat auf jede Behandlung verzichtet und hat die 9 Monate von Diagnose bis Tod geschrieben und sogar noch bis 1 Monat vor seinenm Tod gearbeitet (sowas können nur Schweizer) Er nahm zum Schluss dann nur Morphiumtropfen, war aber völlig klar bis zum Ende. Der hatte auch keinen Psychotherapeuten, aber einen sehr guten Freund, Max Frisch. Es stellte sich im Nachhinein auch als richtig dar, daß er alle Medikamente verweigert hat ,denn schon vor der Diagnose war er mit Metastasen voll.

Zitat von Immaculatus:
Kennst du Prof. Peter Noll, und seine Diktate über Sterben und Tod? Max Frisch hat dazu eine berühmte Trauerrede gehalten, Er ist 1982 im Alter von 55 gestorben.

Nein, leider nicht. Frisch kenne ich, ist ja auch hier Pflichtlektüre.
Aber die Haltung ist gut, von Noll.
Todesverachtung.

@Cbrastreifen “ ‚Mitte September fängt das Sterben wirklich an, vom Intellekt nicht mehr zu verarbeiten.‘ “ Ganz leicht war sein Sterben dann wohl doch nicht. Tod 9. Oktober

Zitat von Immaculatus:
@Cbrastreifen “ ‚Mitte September fängt das Sterben wirklich an, vom Intellekt nicht mehr zu verarbeiten.‘ “ Ganz leicht war sein Sterben dann wohl doch nicht. Tod 9. Oktober

Ja. Damit musst Du ein wenig jonglieren. Also mit dem ganzen Wust.
Mach's wie Mann, oder auch Frisch, die haben das auch schön seziert.

Zitat von Immaculatus:
Mitte September fängt das Sterben wirklich an, vom Intellekt nicht mehr zu verarbeiten.‘ “ Ganz leicht war sein Sterben dann wohl doch nicht. Tod 9. Oktober

Aber warum machst Du Dir Gedanken zu sterben, wenn Du doch gesund bist.

Das habe ich noch nicht so ganz verstanden.

Wir waren gerade in der Schweiz. Die Freundin las Frischs 'Wilhelm Tell für die Schule', eine Dekonstruktion des Schweizer Gründungsmythos. Die Freundin kommt aus Gelsenkirchen. Irgendwo am Fuße der Berge im Versascatal steht ein Bücherschrank, ich entnahm ein dickes Buch von Franz Hohler, eine der vordersten Geschichten hieß 'Gelsenkirchen'. Den Frisch haben wir auf der Berghütte gelassen, für die anderen. Den hatten wir aus einem Bücherschrank bei Ascona.

Zitat von laluna74:
Aber warum machst Du Dir Gedanken zu sterben, wenn Du doch gesund bist.

Das habe ich noch nicht so ganz verstanden.

Man nennt das Angststörung.

@Cbrastreifen ich bin kein Heroe . Ich bin ein kleines, ängstliches Würstchen, das in seiner Angstneurose vor dem Tod schlottert. Das Würstchen kann sich 1000x sagen , dass da alles natürlich ist und auch vorbeigeht. Etwas von der Sterbekunst der Heroen will ich mir aber abschauen. Das nannte sich mal ars moriendi im Spätmittelalter. Damit sollte man auch viel früher beginnen. Einfach gut vorbereitet sein. Heute würde man das Bewältigungsstrategien nennen , die keine Kunst, sondern eine Technik sind. Nur technischen Denken stößt dann da doch an seine Grenzen. Verdrängung durch Ablenkung funktioniert hier nicht ewig.
Mitglied werden - kostenlos & anonym

Zitat von Alina2245:
leider leide ich immer noch sehr stark an der Angst vor dem Tod. Da ich weiß das diese Angst häufig bei Angststörungen vorkommen, wollte ich ein Beitrag eröffnen, indem wir uns austauschen können, Tipps geben können und unsere Sorgen einfach von der Seele sprechen können.


Ich kann das gut nachvollziehen, die Angst vor dem Tod. Persönlich habe ich keine Angst vor dem Tod, bin mit mir im Reinen.

Mal eine ketzerische Frage: Könnte es auch Angst vor dem Leben sein?

Der Tod gehört zum Leben wie die Nacht zum Tag!

Zitat von Cbrastreifen:
Man nennt das Angststörung

Ach so.

Dann muss man an der Angststörung arbeiten..geht ja vielen so.

Manches kann man gut abarbeiten..anderes eben eher nicht.

Ich habe auch Angst, allerdings weniger um mich als um andere Personen.

@laluna74 ich bin eben nicht ganz gesund (Schlafproblem jetzt HNO Problem noch dazu ) Solange alles tatsächlich nur psychisch wäre, würde ich es bewältigen können.Ich meinte mit Gesundheit das Üblich in meinem Alter. Ich habe aber keinen BD Hochdruck, keine Herzfehler auch die Knochen machen alle noch gut mit. Ich weiss, ich bin hier sehr aktiv weil mir das Interagieren zu dem Thema gut tut. Aber es sollte sich nicht alles auf mich fokussieren und auf meine Befunde. Ich bin halt mega interessiert, was so die community zu dem Thema wirklich denkt, wenn einmal die üblichen Phrasen gedroschen sind?

A


x 4


Pfeil rechts




Mira Weyer
App im Playstore