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Hallo hallo,

nachdem ich hier schon tolle Hilfe bekommen habe, möchte ich mal wieder was fragen

Ich hatte vor eineinhalb Jahren ein sehr schlimmes persönliches Erlebnis. Mir hat jemand nahestehendes sehr weh getan. Ich möchte gar nicht ins Detail gehen. Auf jeden Fall kämpfe ich damit, dass ich mit dem erlebten immer noch nur bedingt klarkomme. Bis heute frage ich mich wie das überhaupt passieren konnte. Ich habe bis heute eine enorme Wut auf die Person. Den Alltag schaffe ich mittlerweile ganz gut.

Mein Problem ist, dass ich aber irgendwie Schmerzen in den Armen und in den Händen habe. Mir fallen auch Kleinigkeiten im Alltag schwer, weil ich einfach keine Kraft habe. Ich bin nicht frei, ich fühle mich irgendwie wie umklammert, etwas das mich festhält, so dass alles so anstrengend wirkt.

Es gibt auch so nervige Alltaggssituationen: Die Person und ich hatten das gleiche Hobby und die Verletzung ist sehr stark mit dem Hobby verknüpft. Ich habe nun Probleme diesem Hobby nachzugehen. Dank einigen Schreibern hier im Forum habe ich wenigstens gelernt, dass ich mich dem stellen muss. D.h. ich versuche dieses Hobby weiter. Aber ich fühle mich jedes Mal sehr unwohl wenn ich damit anfange. Damit beginnt dann ein Teufelskreis, weil ich hatte früher sooooo viel Spaß damit. Es war soooo wichtig für mich. Und jetzt ist es ein innerer Kampf geworden. Lass ich das Hobby sein? Mach ich es doch? Ich kann doch nun nicht mein Hobby komplett sein lassen und mir ein neues suchen. Und das macht mich dann noch wütender auf die Person von damals. Nur weil die Person mich damals verletzt hat, habe ich nun heute auch an den Sachen, die mir mal so viel Freude gemacht haben, nicht mehr dieses gute Gefühl? D.h. nicht nur die Verletzung von damals sondern nun muss ich auch noch die weiteren Konsequenzen tragen? Das ist so gemein! Ich muss auch immer tagsüber mal dran denken und gehe noch Gespräche von früher im Kopf durch obwohl es schon fast 2 Jahre her ist.

Ich weiß gar nicht, was ich tun soll. Soll ich das Hobby sein lassen? Aber dann werde ich noch wütender, weil ich dann so viel aufgebe wegen der Person. Aber wenn ich das Hobby mache fühle ich mich auch unwohl. Das macht mich auch wütend Ich will einfach meine Zufriedenheit zurück. Und das betrifft leider viele BEreiche, die ich mit der Person verkünpfe. D.h. ich bin den ganzen Tag auf der Suche nach meinem sicheren Ort, aber den gibt es nicht. Oder ich müsste sehr viel im Leben ändern. Dazu diese Schmerzen, die fast den ganzen Tag da sind. Morgens sind sie schlimmer, im Laufe des Tages wird es etwas besser. Organisch ist da auch nichts, habe ich prüfen lassen.

Daher die Frage an Euch Experten: Ist das eine Angststörung? Ist das Angst, die ich entwickelt habe? Es fühlt sich auch an, wie wenn ich einen inneren Konflikt austrage. Ein Teil will weg, ein Teil will hin und das äußert sich körperlich. Nur wie gehe ich damit um?

Würde mich über einen Tipp freuen, Danke Euch mal wieder!

10.06.2022 18:39 • 11.07.2022 x 1 #1


14 Antworten ↓


Grüß Dich Tex,

Zitat von Sinnsucher:
habe ich wenigstens gelernt, dass ich mich dem stellen muss. D.h. ich versuche dieses Hobby weiter. Aber ich fühle mich jedes Mal sehr unwohl wenn ich damit anfange.

Hast Du schon mal mitbekommen, ob es Dir besser geht, wenn Du dann wieder mit dem besagten Hobby aufhörst? Mich würde interessieren, ob es wirklich während des aktiven Tuns so unangenehm wird oder auch, wenn Du generell an das Hobby denkst.

Es macht nämlich m. E. einen delikaten Unterschied, ob die Erinnerungen durch körperliche Tätigkeiten oder bloßes Denken getriggert werden.

Zitat von Sinnsucher:
Damit beginnt dann ein Teufelskreis, weil ich hatte früher sooooo viel Spaß damit. Es war soooo wichtig für mich. Und jetzt ist es ein innerer Kampf geworden. Lass ich das Hobby sein? Mach ich es doch?

Nach unseren bisherigen Unterhaltungen würde ich sagen, der Zwang sucht sich wieder einen neuen Loop und zwar einfach eine Etage über dem alten Loop. Ex oder Hopp? Pro oder Contra? Nichts liebt der Zwang mehr also solche Spannungsverhältnisse. Das kostet Energie und das geht auf den Körper:

Zitat von Sinnsucher:
Mein Problem ist, dass ich aber irgendwie Schmerzen in den Armen und in den Händen habe. Mir fallen auch Kleinigkeiten im Alltag schwer, weil ich einfach keine Kraft habe.

Metaphorisch gesehen würde das bedeuten, Du kannst es nicht greifen, verlierst den Halt, wirst von dem Zwang mitgerissen etc.

Zitat von Sinnsucher:
Nur weil die Person mich damals verletzt hat, habe ich nun heute auch an den Sachen, die mir mal so viel Freude gemacht haben, nicht mehr dieses gute Gefühl?

Ich liebe Deine Präzision... Denk mal in diese Richtung: Kann es sein, dass der Freund (damals) wichtiger war als das Hobby? Denn dann wäre nämlich (heute) eigentlich das Hobby selbst zu hinterfragen. Grundsätzlich hatten wir ja schon die Frage erörtert, ob Erfahrungen irgendwie mit Gegenständen zu verquicken sind. Aber ein Hobby ist ja eindeutig mehr als ein Objekt. Es drückt Dich ja aus, fordert und fördert Dich. Verwechsle nicht Hobby mit dem Gegenstand des Hobbys.

Zitat von Sinnsucher:
D.h. nicht nur die Verletzung von damals sondern nun muss ich auch noch die weiteren Konsequenzen tragen?

Musst Du nicht. Aber Du musst auch jenes Hobby nicht zwangsvollstrecken, nur um Dir zu beweisen, dass Du die damalige menschliche Verletzung gemeistert hast. Es hat nichts mit Gesichtsverlust zu tun, wenn man sein Hobby loslässt. Sobald man das Gefühl hat, es wird eine Last, ist es Zeit, es loszulassen.

Zitat von Sinnsucher:
Ich will einfach meine Zufriedenheit zurück. Und das betrifft leider viele Bereiche, die ich mit der Person verknüpfe. D.h. ich bin den ganzen Tag auf der Suche nach meinem sicheren Ort, aber den gibt es nicht.

Das ist m. E. der entscheidende Part in Deinem Beitrag. Du gibst Dir hier selber die Antwort: Du weist dieser Person (immer noch?) die Macht zu, Deinen Frieden zu bestimmen bzw. zu verunmöglichen. Durch diese zwanghafte Fremdbestimmung kann es keinen sicheren Ort geben, weil unser Geist weder Ort noch Zeit kennt.
Diese Person, dieser Freund bist Du! Nur Du hast diese Person so ermächtigt, so erschaffen. Sie steht für alles, was Dich an Dir nervt.

Zitat von Sinnsucher:
Ist das eine Angststörung?

Das würde ich nicht sagen. Hast Du denn Angst vor der Angst? Liest sich eigentlich nicht so. Ich selber war angstgestört und zwar ordentlich, aber ich sehe da keinerlei Parallelen.

Zitat von Sinnsucher:
Ist das Angst, die ich entwickelt habe?

Jegliche Emotion entwickelt sich aus Dir heraus: aus Sinneseindrücken, Gefühlen, Bewertungen und Wahrnehmungen.

Angst hat immer ein Ich vor der (seiner) Auflösung/Auslöschung. Furcht hingegen hat konkrete Objektbezüge. Gerne wird diffuse Existenzangst auf (besser greifbare) Objektfurcht umgeleitet, um (vermeintlich) besser damit klar zu kommen. Da therapieren wir dann eigentlich an einem Symptom rum - so wie es in den meisten aktuellen Therapieformen praktiziert wird.

Zitat von Sinnsucher:
Es fühlt sich auch an, wie wenn ich einen inneren Konflikt austrage. Ein Teil will weg, ein Teil will hin und das äußert sich körperlich. Nur wie gehe ich damit um?

Als alter Taoismus-Freund rate ich zu Wu Wei - Handeln durch Nicht-Handeln. Heißt hier konkret: tue weder-noch, denke weder-noch, übe Absichtslosigkeit.

Hab einen guten Abend

A


Ist das eine Angststörung?

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Hey moo! Schön von Dir zu hören!

Und wie immer... Dein Beitrag hat bei mir ein paar spannende Reaktionen getriggert.

Zitat:
Hast Du schon mal mitbekommen, ob es Dir besser geht, wenn Du dann wieder mit dem besagten Hobby aufhörst? Mich würde interessieren, ob es wirklich während des aktiven Tuns so unangenehm wird oder auch, wenn Du generell an das Hobby denkst.



So ganz klar kann ich das nicht sagen. Meist ist es so dass es mir währenddessen Spaß macht, aber ich bin nicht ganz frei. Ein Teil in mir möchte weg, aber ein Teil hat Freude an dem, wie es ist und möchte bleiben. Das ist eine echte Zerrissenheit.

Zitat:
Nach unseren bisherigen Unterhaltungen würde ich sagen, der Zwang sucht sich wieder einen neuen Loop und zwar einfach eine Etage über dem alten Loop. Ex oder Hopp? Pro oder Contra? Nichts liebt der Zwang mehr also solche Spannungsverhältnisse. Das kostet Energie und das geht auf den Körper:


Spannend. Ich habe mir nämlich neulich ein Learning aufgeschrieben: Ich muss lernen zu entscheiden. Ich entscheide mich häufig weder für noch gegen etwas. Ich sehe überall pro und contra. Ich bin in diesem Spannungsverhältnis. Vielleicht würde es mir besser gehen, wenn ich mal klar Stellung beziehe?

Zitat:
Metaphorisch gesehen würde das bedeuten, Du kannst es nicht greifen, verlierst den Halt, wirst von dem Zwang mitgerissen etc.



Das Wort mitgerissen trifft es gut. Mir geht es wie wenn ich an einem Gummiband hänge. Ich versuche das alte hinter mir zu lassen, aber irgendwas zieht mich immer wieder zurück.

Zitat:
Diese Person, dieser Freund bist Du! Nur Du hast diese Person so ermächtigt, so erschaffen. Sie steht für alles, was Dich an Dir nervt.
?


Ok, das ist nun spannend. Ich habe diese Person ermächtigt? Aber sie hat mir ja in der Situation wirklich weh getan. Manchmal denke ich, dass das ein Trauma ist? Wo alles, was damit zusammenhängt mich wieder beschäftigt? Ich kann diese Wut auch nicht einordnen. Sowas hatte ich noch nie.

Zitat:
Das würde ich nicht sagen. Hast Du denn Angst vor der Angst? Liest sich eigentlich nicht so. Ich selber war angstgestört und zwar ordentlich, aber ich sehe da keinerlei Parallelen.



So würde ich es nicht formulieren. Ich habe eigentlich nur Angst vor diesem unangenehmen Gefühl, was ich den ganzen Tag habe. Ich habe schon Angst davor das Hobby auszuüben, aber vor allem weil ich weiß, dass da wieder dieses unangenehme Gefühl kommen wird. Aber ob das nun Angst ist...

Zitat:
Angst hat immer ein Ich vor der (seiner) Auflösung/Auslöschung. Furcht hingegen hat konkrete Objektbezüge. Gerne wird diffuse Existenzangst auf (besser greifbare) Objektfurcht umgeleitet, um (vermeintlich) besser damit klar zu kommen.



Wie meinst du das mit ein ich vor der Auflösung? Erschreckend gut finde ich den zweiten Teil Diffuse Existenzangst wird umgeleitet auf Objektfurcht... ich glaube das ist, was ich tue und was ich auch schon früher gemacht habe. In meinem alten Beitrag! Das ist echt super!

D.h. ich mache nichts und tue einfach so, wie wenn das nicht wäre und mache einfach mein Ding?

Danke dir auch schönen Abend!

Moin!

Zitat von Sinnsucher:
Spannend. Ich habe mir nämlich neulich ein Learning aufgeschrieben: Ich muss lernen zu entscheiden. Ich entscheide mich häufig weder für noch gegen etwas. Ich sehe überall pro und contra. Ich bin in diesem Spannungsverhältnis. Vielleicht würde es mir besser gehen, wenn ich mal klar Stellung beziehe?

Mit Sicherheit, aber das eine verhindert doch das andere, oder?

Zitat von Sinnsucher:
Das Wort mitgerissen trifft es gut. Mir geht es wie wenn ich an einem Gummiband hänge. Ich versuche das alte hinter mir zu lassen, aber irgendwas zieht mich immer wieder zurück.

Kapiert. Dann denke bitte mal drüber nach, warum Dein Geist immer wieder dahin zurückkehrt! Vorschlag: Ein Geist, der stets zu einem Thema zurückkehrt, muss sich im Jetzt nicht entscheiden, muss keine Stellung beziehen. Es geht vielleicht gar nicht um das Thema aus der Vergangenheit, sondern um die Flucht vor dem Jetzt.

Das mag sich vielleicht überraschend anhören, aber zu jedem Zwangsgedanken gehört ein (meist unbewusster) Benefit. Und sehr oft lautet dieser Benefit: Ich kann ... nicht, weil ....

Deutlich vergrößert gesehen, drückt diese Haltung aus: Hemmung (Weigerung!?) der Verantwortungsübernahme für mein Leben inklusive einer Entschuldigung dafür.

Zitat von Sinnsucher:
Ich habe diese Person ermächtigt? Aber sie hat mir ja in der Situation wirklich weh getan.

Natürlich - das wehtun war seine Sache. Die heutige (!) Ermächtigung vollziehst aber Du.

Zitat von Sinnsucher:
Manchmal denke ich, dass das ein Trauma ist? Wo alles, was damit zusammenhängt mich wieder beschäftigt?

Ja, durchaus.

Zitat von Sinnsucher:
Ich habe eigentlich nur Angst vor diesem unangenehmen Gefühl, was ich den ganzen Tag habe. Ich habe schon Angst davor das Hobby auszuüben, aber vor allem weil ich weiß, dass da wieder dieses unangenehme Gefühl kommen wird. Aber ob das nun Angst ist...

Aha! Den ganzen Tag hast Du dieses unangenehme Gefühl - nicht nur während der Beschäftigung mit dem Hobby? Somit dürftest Du Angst vor der Macht Deines unangenehmen Gefühls haben, richtig? Das würde ich durchaus als Vorstufe einer Angststörung bezeichnen. Aber interpretiere bitte in diesen Begriff nicht allzu viel rein.

(Fortsetzung folgt in ca. 1-2 Stunden)

Hallöle guten Morgen,

noch eine Sache dazu: Dieses unangenehme Gefühl hat etwas von mir passt das so gerade nicht, ich will das anders haben. Ich will meine schöne heile Welt zurück haben. Und das unangenehme Gefühl ist wie ein Kraftakt, dass ich etwas bestimmtes aushalten muss. Wie ein innerer Konflikt. Konkret: Eigentlich möchte ich alles los haben, was mich irgendwie an früher erinnert. Das ist wie eine Flucht. Aber ich will das alles nicht aufgeben wegen früher, also kämpfe ich dagegen an und zwinge mich quasi es trotzdem auszuhalten. Und das ist das unangenehme Gefühl.

Wie eben das Hobby: Alles, was bei mir im Haus steht, erinnert mich teilweise an das Hobby und damit an früher. Ich will das am liebsten alles weg haben, damit mich nichts erinnert. Aber die Sachen sind mir auch selbst wichtig, ich sehe es auch nicht ein, alles neu zu kaufen. Daher gebe ich sie nicht weg, sondern behalte sie und versuche es auszuhalten. Und das ist dieser Kampf. Die Sachen sind für mich einfach zu wertvoll, ich will mich davon nicht trennen. Aber mit ihnen kommt immer diese Erinnerung.

Und dann merke ich, dass mich das belastet und dann werde ich wieder wütend. Weil quasi mein Haus voller Sachen ist, die mich nun daran erinnern. Ich möchte aber einfach nicht alles aufgeben, was mir wertvoll ist. So und das ist der Konflikt, der glaub mir auch körperlich zu schaffen macht.

Danke schön mal wieder moo, ich antworte noch auf deine Nachricht im Detail, das war mir aber noch wichtig

Ich will auch meine schöne, heile Welt zurück! Geht aber nicht. Das habe ich inzwischen realisiert. Ich habe schon einmal mein geliebtes Hobby aufgegeben, und 'knabbere' gerade an der Tatsache das neue Hobby das ich seither begann wieder aufgeben zu müssen.
Es ist 20 Jahre her seit ich das erste Hobby aufgab und trotzdem träume ich oft davon. Ich träume von der Freude die ich empfand, wache dann auf und betrauere die Tatsache dass diese Zeit vorbei ist.
Momentan ist mein Leben stark beeinträchtigt durch die Zukunftsangst und das Gefühl dass nichts mehr wieder gut wird. Das zeigt sich bei mir in ähnlichen Symptomen wie bei dir - Arme und vor allem Hände sind schwach. Laut Ärzten psychosomatische Symptome.

Hallo Tex,

danke - das passt wohl recht gut ins Gesamtbild und ich möchte diesen Nachtrag in meine noch ausstehende Fortsetzung integrieren.

Zitat von Sinnsucher:


Wie meinst du das mit ein ich vor der Auflösung? Erschreckend gut finde ich den zweiten Teil Diffuse Existenzangst wird umgeleitet auf Objektfurcht... ich glaube das ist, was ich tue und was ich auch schon früher gemacht habe. In meinem alten Beitrag! Das ist echt super!


Erschreckend trifft es wohl ganz gut . Aber das Umleitungsobjekt sind nicht nur die Materialien des Hobbys sondern sämtliche geistigen Aspekte, die damit zusammengedacht werden.

Um das Erschreckende an dieser Umleitung wirklich zu verstehen, möchte ich den Unterschied zwischen Existenzangst und Objektfurcht klarer darstellen:

Existenzangst

Ein Ich hat automatisch nahezu stetige Angst vor dem Erlöschen, vor der Auflösung, vor dem Tod. Es hat damit genau genommen keine Angst vor etwas, sondern Angst um etwas, nämlich um sich.
Dies ist bereits ein Widerspruch in sich, denn die Angst ist subjektivgerichtet.
Wie bei jeglicher (normalen) Furcht bedarf es zu ihrer Beschwichtigung einer Betrachtung und Beurteilung von (Furcht-)Objekt und (bedrohtem) Subjekt. Im Falle dieser subjektivgerichteten Existenzangst ist das jedoch für unseren Alltagsgeist unmöglich. Warum?
Weil wir dafür dieses Ich untersuchen, verstehen müssen und dann erst die Angst untersucht und beurteilt werden kann. Die Beschäftigung mit dem Ich ist jedoch weder einfach noch leicht. Hierzu habe ich mal einen etwas ausführlicheren Beitrag reingestellt; wenn Du magst, kannst Du ihn mal in Ruhe lesen: erfolgserlebnisse-f59/sammelthread-kontemplationen-fuer-individuelle-probleme-t107790-30.html#p2427727
Das dürfte auch erklären, weshalb der Mensch idR sehr ungern dieser Existenzangst nachgeht: er ahnt nämlich (unterbewusst), dass dieses Ich gar nicht zu finden ist, zumindest nicht dergestalt, wie es sich für ihn anfühlt. Und deshalb verlagern viele empfindsame Menschen diese Existenzangst auf die

Objektfurcht

Hier nämlich fühlt sich das Ich, das Ego, vollumfänglich bestätigt. Es kann seine Struktur aufrechterhalten und voll ausagieren. Denn je mehr Angst man vor etwas hat, umso dualistischer ist die Welt. Hier kann man alle seine gelernten Unterscheidungen, Vorurteile, Kategorien und Bewertungen zum Einsatz bringen. Und jetzt kommts: indem wir Angst vor etwas haben, glauben wir, einen Lösungsansatz zu haben. Wir können

a) das Objekt der Furcht bekämpfen, verdrängen, uns schönreden
b) uns davor (vermeintlich) schützen (z. B. durch Verhaltenstherapie)
c) und es somit insgesamt behandeln.

Durch diesen Ablauf entsteht das, wonach sich jedes Ego zutiefst sehnt: eine Kontrolle. Natürlich ist diese ebenso Illusion wie das o. g. Ich-Empfinden, doch da wir uns nie mit dem Ich beschäftigt haben, werden wir immer auf diesem Nebenspielplatz, nämlich der Objektfurcht, weiter in der 2. Liga spielen. Unterbewusst hoffen wir, dadurch in die 1. Liga (Konfrontation mit und Lösung der Existenzangst) aufzusteigen, doch so läuft das nicht.

Ergo: Obwohl die Existenzangst gerne auf die Objektfurcht umgeleitet wird, besteht zwischen den beiden lediglich eine strukturelle Verbindung. Ihr Wesen jedoch ist völlig unterschiedlich. Das ist auch der Grund, weshalb m. E. mit Verhaltenstherapie niemals die Existenzangst weder adressiert noch in aller Tiefe verstanden und aufgelöst werden kann. Es gibt keine Möglichkeit, durch noch so intensives Beschäftigen mit der Objektfurcht in die 1. Liga aufzusteigen. Das einzige, was Liga 2 und Liga 1 miteinander verbindet, ist das ungute Gefühl und die Ablehnung desselben. Wir wollen weder Furcht noch Angst haben.

Und hier kommen wir zu dem Handeln durch Nicht-Handeln:
Zitat von Sinnsucher:
D.h. ich mache nichts und tue einfach so, wie wenn das nicht wäre und mache einfach mein Ding?

Wenn Du das kannst, ja. Doch ich fürchte....
Was ist denn eigentlich Dein Ding? Kann es ohne diesen Freund überhaupt (noch) so sein, wie vorher? Höchstwahrscheinlich fielen einfach weitestgehend die Bedingungen weg, die dieses Hobby seinerzeit so erfüllend machten. Deshalb würde ich nun einfach mal sowohl die Gedanken an das Hobby und seine Ausführung lassen. Lassen bedeutet nicht aufgeben oder beenden. Lassen ist ein Weder-Noch. Du beziehst KEINE Stellung zu etwas. Das Thema wird sich im Laufe der Zeit in seiner bisherigen (!) Form auslaufen. Du darfst dabei nicht den Plan hegen, dass Du es zeitnah wieder aufleben lässt. Wer keine Stellung zu einem Objekt bezieht, für den existiert dieses Objekt nicht.

Und parallel würde ich mich an Deiner Stelle mit der o. g. Existenzangst näher beschäftigen. So wie ich Dich einschätze, wirst Du ziemlich bald die Hinfälligkeit unserer Objektfurchtbemühungen erkennen. Du wirst idealerweise auch sämtliche anderen Neigungen und Abneigungen des Alltagsgeistes in einem anderen Licht sehen.

Zitat von Sinnsucher:
Alles, was bei mir im Haus steht, erinnert mich teilweise an das Hobby und damit an früher. Ich will das am liebsten alles weg haben, damit mich nichts erinnert. Aber die Sachen sind mir auch selbst wichtig, ich sehe es auch nicht ein, alles neu zu kaufen. Daher gebe ich sie nicht weg, sondern behalte sie und versuche es auszuhalten. Und das ist dieser Kampf. Die Sachen sind für mich einfach zu wertvoll, ich will mich davon nicht trennen. Aber mit ihnen kommt immer diese Erinnerung.

Hier scheint, wenn Du genau hinsiehst, die Existenzangst durch: die Sachen sind deshalb so wertvoll, weil sie Dich an ein Ich erinnern, das nie mehr so sein kann wie früher. Ich Wirklichkeit hat diese Ich-Illusion lediglich einen anderen Geschmack angenommen - den (sehr realen!) Geschmack der Veränderlichkeit. Die absolute Unmöglichkeit, zu diesem alten Er-Leben (dem alten Ich) zurückzukehren ist dieser Kampf, von dem Du sprichst.

Zitat von Sinnsucher:
Und dann merke ich, dass mich das belastet und dann werde ich wieder wütend. Weil quasi mein Haus voller Sachen ist, die mich nun daran erinnern. Ich möchte aber einfach nicht alles aufgeben, was mir wertvoll ist. So und das ist der Konflikt, der glaub mir auch körperlich zu schaffen macht.

Korrekt und klar erkannt! Also: inzwischen dürftest Du gelernt haben, dass es nichts aufzugeben gibt (letztlich nicht mal einen, der etwas aufgibt - aber das führt wohl gerade zu weit... ). Lass es einfach (sein, wie es ist). Nimm Dich raus. Lebe mit den Dingen in Deinem Haus im Einklang. Irgendwann vielleicht kommt der Tag, wo eine neues (anderes) Tex-Ich weiß, dass alles weg kann oder Du nimmst sie aus einer neuen Perspektive wahr und gehst damit unvoreingenommen, neu um.

Hallo moo,

vielen Dank mal wieder, ich habe deinen beitrag die letzten Tage immer wieder im Kopf gehabt und diese Existenzangst - Objektfurcht ist eine wahnsnnig tolle Geschichte. Das macht in meinem Fall so viel Sinn...

Die letzten Tage ging es mir vereinzelt tatsächlich mit dem Gedanken etwas besser, weil mir klar geworden ist: Nicht die Dinge neben mir sind das Problem, sondern es geht um etwas anderes. Es geht um etwas erlebtes, was ich nicht in meinem Leben haben will. Ich will die Zeit zurückdrehen. Zurück zu der Zeit, wo das alles nicht war. Will das alles vergessen und zurück in meine alte Welt. Es hat mich in sofern beruhigt weil ich gemerkt habe: Es gibt nichts, was ich los haben muss von den Dingen. Die Dinge loszuwerden ist eigentlich nur Vermeidung, denn eigentlich muss ich auf das schauen, was in mir passiert.

Ich habe daraufhin nun überlegt: Was ist das eigentlich? Was stört mich am aktuellen Zustand, was ist damals passiert? Ich erlebe immer wieder eine ganz starke Wut auf die Person. Und da ist mir aufgefallen, dass es zweierlei Wut sind: 1) Die Tatsache, was damals passiert ist. Ich war machtlos, es sind Dinge passiert, worauf ich keinen Einfluss mehr hatte. Ganz schlimm. Ich hatte keine Kontrolle mehr über die Situation. Und 2) Die Tatsache, dass ich heute so drunter leide und mir so vieles um mich rum so belastet. D.h. ich muss auch noch mit den Folgen leben.

Ich weiß nicht, was ich mit dieser Wut machen soll. Ich habe schon gelernt, dass Wut häufig aus Ohnmacht heraus entsteht. Und ich denke, das ist es auch: Es ist die eigene Machtlosigkeit von damals. Das Gefühl die Kontrolle zu verlieren. Dazu kommt das Ego: Die andere Person hat so viel Macht über mich gehabt und ich möchte dieses Machtverhältnis gerade rücken. Aber auch da fange ich an zu akzeptieren, dass das damals nun eben so war und ich werde es nie mehr ändern können.

D.h. in Summe ist es so denke ich: Die Situation damals hat mir enorme Angst gemacht. Dieser Kontrollverlust, diese Dinge, die passiert sind ohne dass ich noch etwas tun konnte... daraus ist eine solche Existenzangst entstanden. Auch meine Vorstellung meines eigenen Egos, was ich kontrollieren kann, wurde angegriffen. Auf einmal war ich nicht mehr stark, die Dinge sind einfach passiert. Ich will nun diesen Zustand der Sicherheit wieder herstellen. Ich sehne mich anscheinend innerlich extrem stark nach meiner damaligen Illusion der Sicherheit und dem Bild von mir zurück. Wo ich stark war, wo ich nicht in die Situation kam, wo man mit mir machen konnte, was man will. Aber die Sicherheit gibt es nicht und ich kann die Zeit nicht zurückdrehen. Ich muss endlich akzeptieren, dass das so passiert ist. Aber ich sehne mich danach zurück, weshalb ich alles, was damit zusammenhängt irgendwie los haben will. Das ist die Objektfurcht.

Ich fühle mich halt manchmal einfach verloren, weil ich nicht mehr weiß wo hin. Alles um mich rum erinnert mich an die Person, diesen Verlust der Sicherheit, das Selbstbild der Stärke und damit kommt die Wut. Dieses unbeschwerte von früher, wo alles gefühlt sicher war.. das will ich zurück.

Im Grunde liegt dann aber die Lösung wahrscheinlich in der Akzeptanz der Unsicherheit und das geschehene akzeptieren?

Manchmal denke ich mir, dass das eine ganz tolle und wichtige Zeit ist, weil das wohlbehütete Ich in mir nun lernt, dass eben nichts sicher ist. Das ist vielleicht ein mühsames Lernen, aber der Weg lohnt sich hoffentlich.

Tex

Zitat von Sinnsucher:
Es gibt nichts, was ich los haben muss von den Dingen. Die Dinge loszuwerden ist eigentlich nur Vermeidung, denn eigentlich muss ich auf das schauen, was in mir passiert.

Ein bedeutender Einsichtsschritt!

Zitat von Sinnsucher:
Nicht die Dinge neben mir sind das Problem, sondern es geht um etwas anderes. Es geht um etwas erlebtes, was ich nicht in meinem Leben haben will. Ich will die Zeit zurückdrehen. Zurück zu der Zeit, wo das alles nicht war. Will das alles vergessen und zurück in meine alte Welt.

Richtig! Doch, wie oben schon festgestellt, kann weder die Zeit zurückgedreht, noch mein damaliges Ich-und-Welt-Erleben wiederhergestellt werden.

Zitat von Sinnsucher:
Und da ist mir aufgefallen, dass es zweierlei Wut sind: 1) Die Tatsache, was damals passiert ist. Ich war machtlos, es sind Dinge passiert, worauf ich keinen Einfluss mehr hatte. Ganz schlimm. Ich hatte keine Kontrolle mehr über die Situation. Und 2) Die Tatsache, dass ich heute so drunter leide und mir so vieles um mich rum so belastet. D.h. ich muss auch noch mit den Folgen leben.

Deine Fähigkeit, diese Wut sowie deren Richtung zu betrachten, ist viel wert. Wir können also zwei Merkmale aus diesen beiden Kategorien extrahieren:

1. Kontrollverlust (damals)
2. Kontrollverlust (heute).

Was sich für Außenstehende vielleicht wie eine Farce liest, ist aber in unserem Fall bedeutsam: der tiefere und somit letztlich einzig relevante Aspekt um den es geht, ist der Kontrollverlust. Der Faktor Zeit (damals und heute) ist unerheblich. Und damit sind wir wieder beim Thema:

Zitat von moo:
Ergo: Obwohl die Existenzangst gerne auf die Objektfurcht umgeleitet wird, besteht zwischen den beiden lediglich eine strukturelle Verbindung.

Und diese strukturelle Verbindung ist? Die Angst vor Kontrollverlust und die erwächst naturgemäß aus unserem Ich-Dünkel. Falls Du den oben verlinkten Exkurs aufmerksam durchgegangen bist, dürfte das hoffentlich halbwegs einleuchten. Aus meiner bisherigen persönlichen Erfahrung gibt es keine andere Möglichkeit, der Existenzangst (und somit dem Kontrollzwang) endgültig beizukommen, als genau diese Bedingung zu verstehen - und zwar existenziell zu verstehen!
Wenn dieser Anspruch zu hoch erscheint oder Dir einfach zu unerfreulich anmutet, musst Du Dich halt irgendwie in Liga 2 (s. o.) arrangieren und mit der Existenzangst Waffenstillstand vereinbaren. Aber das funktioniert ebenfalls niemals über die Objektfurcht.

Zitat von Sinnsucher:
Ich weiß nicht, was ich mit dieser Wut machen soll. Ich habe schon gelernt, dass Wut häufig aus Ohnmacht heraus entsteht. Und ich denke, das ist es auch: Es ist die eigene Machtlosigkeit von damals. Das Gefühl die Kontrolle zu verlieren.

Genau - Machtlosigkeit/Kontrollverlust. Bei dem einen kommt dann Wut auf, bei dem anderen Trauer oder eben - Furcht. Ich persönlich bin eher der Furcht-Typ, d. h. Wut ist mir relativ fern, Trauer schon näher, Furcht ziemlich nah. Die Gründe für diese Charakterunterschiede zu finden, scheint mir eher müßig, aber vielleicht ist auch das eine Betrachtung wert? Dass es jedoch zu diesen sekundären Emotionen kommt, liegt aber m. E. daran, dass die Existenzangst und ihre Umstände nicht verstanden werden.

Zitat von Sinnsucher:
Dazu kommt das Ego: Die andere Person hat so viel Macht über mich gehabt und ich möchte dieses Machtverhältnis gerade rücken.

Was im Grunde wieder nur den Kontrollverlust adressiert...

Zitat von Sinnsucher:
Aber auch da fange ich an zu akzeptieren, dass das damals nun eben so war und ich werde es nie mehr ändern können.

Gut!

So, und nun kommt ein wichtiger Absatz:

Zitat von Sinnsucher:
D.h. in Summe ist es so denke ich: Die Situation damals hat mir enorme Angst gemacht. Dieser Kontrollverlust, diese Dinge, die passiert sind ohne dass ich noch etwas tun konnte... daraus ist eine solche Existenzangst entstanden.

Ich würde eher sagen, dass die Existenzangst (die ja jedes menschliche Wesen idR hat) durch dieses Erlebnis aktiv und aufgrund Deiner Beschäftigung damit erst sichtbar geworden ist. Es war schon immer zugegen, aber taucht nun auf an die Oberfläche. Oder, um wieder mal die Wurzelmetapher zu bemühen: Was man gut vergräbt, schlägt Wurzeln und drängt - dadurch gestärkt - irgendwann ans Licht.

Zitat von Sinnsucher:
Auch meine Vorstellung meines eigenen Egos, was ich kontrollieren kann, wurde angegriffen. Auf einmal war ich nicht mehr stark, die Dinge sind einfach passiert. Ich will nun diesen Zustand der Sicherheit wieder herstellen. Ich sehne mich anscheinend innerlich extrem stark nach meiner damaligen Illusion der Sicherheit und dem Bild von mir zurück. Wo ich stark war, wo ich nicht in die Situation kam, wo man mit mir machen konnte, was man will.

(Fettdruck von mir). Richtig, Du sehnst Dich nach einer Illusion. Egal, ob diese Illusion aus der Vergangenheit stammt oder aus zukünftigen Luftschlössern. Wenn man ganz genau hinschaut, sehnt sich eigentlich eine Illusion nach einer anderen Illusion. Das ist der höhere Loop, von dem ich eingangs sprach.

Zitat von Sinnsucher:
Aber die Sicherheit gibt es nicht und ich kann die Zeit nicht zurückdrehen. Ich muss endlich akzeptieren, dass das so passiert ist.

Lass vielleicht noch den Zeitfaktor und das Geschehnis raus: Akzeptiere Unsicherheit, solange das Ego (die Ich-Illusion) regiert! = Existenzangst.

Zitat von Sinnsucher:
Aber ich sehne mich danach zurück, weshalb ich alles, was damit zusammenhängt irgendwie los haben will. Das ist die Objektfurcht.

Korrekt! Die vollzogene Umleitung der Existenzangst (1. Liga) in die Objektfurcht (2. Liga).

Dass in der 2. Liga in Bezug auf die 1. Liga nichts zu holen ist, haben wir nun verstanden. Um nun nicht immer wieder denselben Fehler zu machen und dadurch regelmäßig wieder in die 2. Liga abzusteigen, versuche, Dich mit folgender Hypothese anzufreunden:

In der 1. Liga spielt nur eine einzige Mannschaft.

Und das meine ich ganz ohne jede Pathetik oder Mystik. Alles, absolut alles geht vom Geist aus, ist Geist...Subjekt und Objekt sind nicht voneinander getrennt, sind Nicht-zwei. Eine Hand mit einer Ober- und einer Unterseite. Oben und Unten sind jedoch ebenfalls nur Konstrukte. Alles ist genau so.

Es tut mir leid, dass sich das wohl wieder ziemlich philosophisch anhört. Aber wenn Du das einmal sehr unmittelbar erkannt hast, dann fallen sämtliche ideologischen Gedankengebäude in sich zusammen. Der, der sich nach Freiheit sehnt, erkennt, dass niemals Gefangenheit existiert hat. Lass Sicherheit und Unsicherheit los - was bleibt? Das Ego bildet sich sprichwörtlich aus Dualität.

Zitat von Sinnsucher:
Manchmal denke ich mir, dass das eine ganz tolle und wichtige Zeit ist, weil das wohlbehütete Ich in mir nun lernt, dass eben nichts sicher ist. Das ist vielleicht ein mühsames Lernen, aber der Weg lohnt sich hoffentlich.

Ja, das sehe ich auch so.

Und noch mal unter der Lupe:

Zitat von Sinnsucher:
weil das wohlbehütete Ich in mir nun lernt, dass eben nichts sicher ist

= die Illusion wird sich ihres Wesens bewusst. Tatsächlich ist das möglich, aber es tut erst mal ordentlich weh... Und die wenigsten unter uns wagen sich an diese Wurzel - verständlich, menschlich aber letztlich verhängnisvoll im wahrsten Sinne des Wortes.

Hallo moo,

boah wieder so ein super Beitrag, dankeeeee!

Zitat:
Deine Fähigkeit, diese Wut sowie deren Richtung zu betrachten, ist viel wert. Wir können also zwei Merkmale aus diesen beiden Kategorien extrahieren:

1. Kontrollverlust (damals)
2. Kontrollverlust (heute).


Wieso ist das heute aus deiner Sicht Kontrollverlust? Ich bin ja wütend, weil ich nicht mehr so unbeschwert bin wie früher. Du meinst weil das auch Kontrolle ist? Weil etwas nicht so läuft, wie ich es mir vorstelle?

Zitat:
Genau - Machtlosigkeit/Kontrollverlust. Bei dem einen kommt dann Wut auf, bei dem anderen Trauer oder eben - Furcht. Ich persönlich bin eher der Furcht-Typ, d. h. Wut ist mir relativ fern, Trauer schon näher, Furcht ziemlich nah. Die Gründe für diese Charakterunterschiede zu finden, scheint mir eher müßig, aber vielleicht ist auch das eine Betrachtung wert? Dass es jedoch zu diesen sekundären Emotionen kommt, liegt aber m. E. daran, dass die Existenzangst und ihre Umstände nicht verstanden werden.


Witzigerweise war ich auch noch nie wirklich wütend. Ich bin ein sehr gelassener Mensch, aber das ist echt ungewöhnlich. So geht es mir nie.
Zitat:


Lass vielleicht noch den Zeitfaktor und das Geschehnis raus: Akzeptiere Unsicherheit, solange das Ego (die Ich-Illusion) regiert! = Existenzangst.


Aber das verstehe ich manchmal nicht. Wenn ich Unischerheit akzeptiere und mein Ego ausblende... was bleibt denn noch? Ich muss mich doch an irgendwas festhalten oder nicht? Was ist denn meine Identität? Wenn ich belastende Dinge gelassen akzeptiere, kann ich mich dann über schöne Dinge überhaupt noch freuen?

D.h. also zusammengefasst: Ich hatte schon immer diese Existenzangst, aber nun ist sie durch diese Situation ordentlich nach oben gekommen. Tatsächlich hatte ich schon früher ähnliche Situationen, die mir angst gemacht haben, weshalb ich auch in der jugend leichte zwänge entwickelt hatte. D.h. das ist wieder nach oben geschwappt. Nun versuche ich zwanghaft die Illusion der Sicherheit aus der Vergangenheit wieder herzustellen und das mache ich in der 2. Liga, weil ich die 1. ja sonst anschauen müsste, wie unangenehm wenn ich so überlege waren auch die zwänge in meiner Jugend eigentlich ja dann auch nur zweite Liga... ohje, dann hab ich dringend was zu lernen...

D.h. ich muss mich dieser Existenzangst stellen. Im Moment versuche ich einfach gelassen das Gefühl auszuhalten. Aber ich verstehe nicht, wie ich mit der Existenzangst umgehen soll. Also diese 1. Liga... einfach so laufen lassen und nichts machen?

Tex

N´Abend Tex,

Zitat von Sinnsucher:
Wieso ist das heute aus deiner Sicht Kontrollverlust?

Du fühlst Dich Deinem aktuellen Erleben ausgeliefert und kannst es nicht dahingehend beeinflussen, dass es sich wie früher anfühlt. Das erzeugt das Gefühl von Machtlosigkeit, keine Kontrolle der Wahrnehmung.
Zitat von Sinnsucher:
Du meinst weil das auch Kontrolle ist? Weil etwas nicht so läuft, wie ich es mir vorstelle?

Ja, so hab ich das gemeint.

Zitat von Sinnsucher:
Witzigerweise war ich auch noch nie wirklich wütend. Ich bin ein sehr gelassener Mensch, aber das ist echt ungewöhnlich. So geht es mir nie.

Das könnte mit der für Dich doch recht ungewohnten Vehemenz der Gesamtsituation zusammenhängen. Da ist dann auch bei Dir nix mit Gelassenheit... und der Geist sucht ein anderes, markanteres Ventil.

Zitat von Sinnsucher:
Aber das verstehe ich manchmal nicht. Wenn ich Unsicherheit akzeptiere und mein Ego ausblende... was bleibt denn noch? Ich muss mich doch an irgendwas festhalten oder nicht? Was ist denn meine Identität?

Tja, was sind wir denn? Deshalb der Exkurs (obiger Link). Das Ego ausblenden geht nicht - zumindest nicht dauerhaft und das habe ich auch nicht empfohlen, sondern:
Zitat von moo:
Akzeptiere Unsicherheit, solange das Ego (die Ich-Illusion) regiert! = Existenzangst.

Das bedeutet: Ego (Ich-Illusion) ist gleichbedeutend mit Unsicherheit. Ego ist in sich leidhaft und somit auch alles, was als Ego (als Ich) erlebt wird. Ein Ich muss zwingend Angst um sich haben.
Da es sich um eine Illusion handelt, kann man sie nicht aktiv ausblenden, sondern muss die Illusion verstehen (hinter den Vorhang blicken). Mit dem Verständnis der Illusion löst sich die Illusion auf. Illusion ist Verblendung in Reinkultur. Sie sorgt für das Wollen und Nicht-Wollen, für die Dualität.
Und Du hast recht: Das Ego (Subjekt) muss sich an Etwas (Objekt/Welt) festhalten. Im Buddhismus nennt man das Ergreifen oder Vermeinen. Da es aber absolut nichts gibt, das man festhalten könnte, besteht der Dauerkonflikt des Egos weiter fort.

Zitat von Sinnsucher:
D.h. also zusammengefasst: Ich hatte schon immer diese Existenzangst, aber nun ist sie durch diese Situation ordentlich nach oben gekommen. Tatsächlich hatte ich schon früher ähnliche Situationen, die mir Angst gemacht haben, weshalb ich auch in der Jugend leichte zwänge entwickelt hatte. D.h. das ist wieder nach oben geschwappt. Nun versuche ich zwanghaft die Illusion der Sicherheit aus der Vergangenheit wieder herzustellen und das mache ich in der 2. Liga, weil ich die 1. ja sonst anschauen müsste, wie unangenehm wenn ich so überlege waren auch die zwänge in meiner Jugend eigentlich ja dann auch nur zweite Liga... ohje, dann hab ich dringend was zu lernen...

Ja, alles richtig! Aber stell Dir dieses Lernen nicht wie ein anstrengendes Studium vor. Klar, ein wenig Wissen gehört schon dazu, aber der Rest ist vorwiegend Achtsamkeit - Betrachtung der steten Veränderung, der Illusion des Ichs. Das ist keine Verhaltenstherapie sondern wahrhaft wirksame Geistesschulung im ganzheitlichen Sinne.

Zitat von Sinnsucher:
D.h. ich muss mich dieser Existenzangst stellen. Im Moment versuche ich einfach gelassen das Gefühl auszuhalten. Aber ich verstehe nicht, wie ich mit der Existenzangst umgehen soll. Also diese 1. Liga... einfach so laufen lassen und nichts machen?

Es ergibt keinen Sinn, sich einer Angst zu stellen, die man nicht wirklich versteht. Es geht nicht um Kampf oder Herausforderung, Heldentum oder lebenslangen Zweifel. Es geht um das Verstehen und die Akzeptanz der drei Daseinsmerkmale: Leidhaftigkeit, Vergänglichkeit und Nicht-Ich (Leerheit von Subjekt und Objekt). Hier hilft natürlich Meditation. Man muss langsam lernen, zumindest für eine regelmäßige Zeitspanne am Tag das verbale Denken stiller werden zu lassen. Und zu erleben, dass es ein Erleben, jenseits der Ich-Illusion gibt. Dieses (nicht vermeinte) Erleben ist eigentlich immer da, wird jedoch von der alltäglichen Verblendung (Ego) überlagert.

Das ist die 1. Liga - kein Kampf - einfach so.

Hi moo

Zitat:
Du fühlst Dich Deinem aktuellen Erleben ausgeliefert und kannst es nicht dahingehend beeinflussen, dass es sich wie früher anfühlt. Das erzeugt das Gefühl von Machtlosigkeit, keine Kontrolle der Wahrnehmung.


Ok, verstanden.

Zitat:
Das könnte mit der für Dich doch recht ungewohnten Vehemenz der Gesamtsituation zusammenhängen. Da ist dann auch bei Dir nix mit Gelassenheit... und der Geist sucht ein anderes, markanteres Ventil.

Ja, das kann gut sein. Sowas hat mich noch nie erwischt Irgendwie schlimm, aber irgendwie auch nicht. Ich glaube, ich lerne gerade so viel über mich selbst, wie ich es sonst nie getan hätte. Aber ob ich das nun unbedingt gebraucht hätte weiß ich nicht, aber ich habe irgendwie den Eindruck, dass es mir irgendwas bringt.

Zitat:
Ein Ich muss zwingend Angst um sich haben.


Ok krasser Satz. Du solltest Kalender bedrucken Das ist wirklich nun spannend. D.h. mein Ich hat Angst. Es hat etwas erlebt, was es nicht kannte. Ist verunsichert.


Zitat:
Da es aber absolut nichts gibt, das man festhalten könnte, besteht der Dauerkonflikt des Egos weiter fort.


D.h. ich kann mein Problem zwar mit Meditation etc. zwar besser aushalten, aber ich werde dieses Problem niemals beseitigen? D.h. diese Angst ist einfach Teil?

Es ist ja wie wenn etwas an die Oberfläche geschwemmt wurde, was bisher unerkannt war. Ich würde es am liebsten wieder einbuddeln wo es hergekommen ist, manchmal zumindest. Aber je länger ich drüber nachdenke, umso mehr habe ich ein Gefühl von: Freunde dich damit an. D.h. nicht verbuddeln sondern annehmen.

Zitat:
Es ergibt keinen Sinn, sich einer Angst zu stellen, die man nicht wirklich versteht. Es geht nicht um Kampf oder Herausforderung, Heldentum oder lebenslangen Zweifel. Es geht um das Verstehen und die Akzeptanz der drei Daseinsmerkmale: Leidhaftigkeit, Vergänglichkeit und Nicht-Ich (Leerheit von Subjekt und Objekt).

Was ist für dich denn leidhaftigkeit? Ist das Leiden?

Leerheit von Subjekt und Objekt... also moo, du bist echt philosophisch, ich finds soooo klasse. Darüber muss ich nachdenken.

Aber ich glaube das ist der springende Punkt: WIe ich geschrieben habe, wurde etwas an die Oberfläche geschwemmt. Da ist etwas, was ich seit Jahren, ach Jahrzehnten unterdrückt habe. Kein wunder, dass es mich so aus den latschen haut.

Aber dann beobachte ich einfach. Und gehe nicht in die Vermeidung und grab es nicht mehr ein, sondern lasse es teil meines Lebens werden und begrüße es und schau es mir an.

Mal wieder Danke!

Tex

Morgen Tex

Zitat von Sinnsucher:



Das ist wirklich nun spannend. D.h. mein Ich hat Angst. Es hat etwas erlebt, was es nicht kannte. Ist verunsichert.

Nein, ich meine das grundsätzlicher (1. Liga ): Sobald ein Ich-Erleben etabliert ist, entsteht gleichzeitig Dualität: Ich und Welt, Subjekt-Objekt-Wahrnehmung. Es entsteht eine (illusionäre, verblendete) Separation. Und sobald ein (von der Welt separiertes) Ich erlebt wird, bringt dies automatisch Gefahr mit sich, denn unübersehbar kann dieses Ich (Körper und Geist) weder dauerhaft geschützt werden, noch ist er stabil, sondern stetigem Wandel unterworfen. Dieser Konflikt erzeugt das Leiden. Etwas flapsig formuliert: Ohne mich gibt´s kein Problem...


Zitat von Sinnsucher:
Aber dann beobachte ich einfach. Und gehe nicht in die Vermeidung und grab es nicht mehr ein, sondern lasse es Teil meines Lebens werden und begrüße es und schau es mir an.

Ja. Je weniger Ablehnung Du gegen einen Gedanken oder eine daraus entstandene Emotion entwickelst, umso geringer wird die Reibung (das Leiden). Das ist Liga 2... . Liga 1 ist, die Leerheit der beiden (illusionären) Reibungs-Parteien zu erkennen.

Zitat von Sinnsucher:
D.h. ich kann mein Problem zwar mit Meditation etc. zwar besser aushalten, aber ich werde dieses Problem niemals beseitigen? D.h. diese Angst ist einfach Teil?

Solange Du stets von einem unabhängig existenten Ich ausgehst, wird die Wurzel des Problems niemals ganz ausgerissen. Durch (die richtige) Meditation kannst Du jedoch das nötige Verständnis entwickeln, um immerhin temporär die Zusammenhänge zu sehen. Wenn man das einmal auch nur ansatzweise gesehen hat, fällt eine gehörige Portion Verblendung weg, der Ich-Glaube wird ganz natürlich schwächer, das Leiden geringer. Eine völlige Beendigung des Leidens wäre volle Erleuchtung (Nibbana bzw. im Sanskrit: Nirvana). Doch dafür sollte karmisch in vorherigen Daseinsrunden schon a bisserl was gemacht worden sein... .

Zitat von Sinnsucher:
Ich glaube, ich lerne gerade so viel über mich selbst, wie ich es sonst nie getan hätte. Aber ob ich das nun unbedingt gebraucht hätte weiß ich nicht, aber ich habe irgendwie den Eindruck, dass es mir irgendwas bringt.

Eine Frage der Perspektive... Es gibt Menschen, die augenscheinlich ziemlich problemlos durch´s Leben gehen. Sie altern nach Rinderart - werden größer, schwerer und sterben irgendwann. Wenn es ihnen halbwegs gut geht, läuft alles prima. Wenn es jedoch schwer wird, zerbrechen sie daran - manche gar erst kurz vor ihrem Tod. Andere wiederum (und so einer scheinst Du m. E. zu sein) sind nicht dazu geboren, ständig den Kopf in den Sand zu stecken. Sie spüren, dass alles nicht so rosig ist, wie es scheint und begeben sich intuitiv auf die Suche. Meistens angetrieben von einer tiefen Unzufriedenheit und den Wunsch nach dauerhafter Befreiung.

Tatsache ist, dass Menschen, die die (vom Buddha) erkannten Vier Edlen Wahrheiten auf Anhieb irgendwie einleuchtend finden, sehr gute Möglichkeiten mitbringen um hinter den Vorhang zu blicken. Das damit einhergehende Schwimmen gegen den Strom nehmen sie in Kauf.

Ein großes Hindernis für uns Westler, insbesondere bei stark ausgeprägter christlicher Erziehung, ist die Abneigung, die viele gegen sogenannte anderweitige Religionen oder Philosophie generell haben. Da ist dann keine Möglichkeit, das Dhamma (die Vier Edlen Wahrheiten) wirklich kennenzulernen. Bei mir hat das vor inzwischen 17 Jahren sofort klick gemacht und sogar im Alter von ca. 16 Jahren hatte ich durch die Berührung mit der Zazen-Meditation sofort den Geschmack der Freiheit auf der Zunge. Die meisten Menschen, die diesen Weg gehen betraten ihn durch eine Lebenskrise - nicht selten Depression oder zumindest eine Sinnkrise. Und insofern sehe ich darin generell die Chance für ein wahrhaft sinnvolles Leben (mit guter Aussicht auf eine etwaige Zukunft).

Wenn Dich das Thema Meditation ernsthaft interessiert, gerne mehr per PN.

Liebe Grüße mal wieder und weiterhin alles Gute

Danke Dir moo!

Ich finde es immer spannend, wie so eine Erkenntnis nach der nächsten kommt. Ich habe neulich einen Artikel gelesen zum Thema Kränkung und habe mich sofort wiedererkannt. Das, was mir damals mit meinem Bekannten passiert ist, war eine Mischung aus Angst und auch Kränkung, wie mir jetzt klar ist. Dadurch kommt auch diese Verbitterung, diese starken Emotionen und wieso ich immer so wütend bin. Es geht darum, das Gleichgewicht nach dieser Kränkung wieder herstellen zu wollen. Da das nicht geht, ist es auch wieder ein Problem mit Kontrolle. Ich habe diese Kränkung erfahren und kann das Gleichgewicht nicht mehr herstellen wie es vorher war. Aber Kränkung ist ja auch etwas in mir. Ich merke zunehmend, dass ich auch hier bei mir schauen muss.

Am Ende geht es auch wieder darum wahrscheinlich, diese Situationen gelassener zu sehen. Ich würde gerne gelassener werden

Danke Dir

Tex

Hi Tex, danke für die Antwort. Alles weitere per PN. LG

A


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Mira Weyer
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