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Fiora
Es kostet mich Überwindung, hier zu schreiben, doch ich weiß nicht weiter. Seit einem halben Jahr stecke ich in einer tiefen Depression. Depressionen ziehen sich wie ein Faden durch mein Leben, doch diese ist schlimmer, als alle anderen Phasen zuvor. Ich habe einen stationären Klinikaufenthalt hinter mir. Er hat mich geringfügig stabilisiert. Meine anschließende Wiedereingliederung in meinen Beruf ist leider gescheitert. Ich bin in psychologischer Behandlung, doch ich bin nach wie vor voller Ängste und Selbstzweifel. Meine Angstblokade zieht sich über den ganzen Tag.
Es gab Zeiten, da hatte ich viel Power, Zuversicht und Mut. Ich stand im Leben und fühlte mich geerdet. Nichts davon ist geblieben.
Inzwischen habe ich Angst, unter Menschen zu gehen. Meine einstigen Interessen sind verschüttet unter einem Panzerglas, der meine Gefühle und Sinne von mir fern hält. Meine Freude, mein Antrieb, die Schwingungen des Lebens, ja sogar die Tränen sind vor meiner Angst gewichen. Ich habe Angst, der Realität ins Auge zu schauen: Angst vor der Zukunft, beruflich und finanziell. Ich bin finanziell allein auf mich gestellt. Nach dem Scheitern der beruflichen Wiedereingliederung droht mir das berufliche aus. In meinem fortgeschrittenen Alter habe ich kaum Chancen auf berufliches Umsattteln.

Ich schaffe es leider nicht, mit meiner Depression richtig umzugehen. Eine Tagesstruktur gelingt mir nicht, weil die positiven Gefühle, ja, all meine Sinne wie abgestorben sind. Meine Sinne sind und waren stets mein Motor, mein Antrieb. Es gab Zeiten, da war Musik hören für mich ein Lebenselixier, jetzt sind alle Melodien in mir abgestorben und ich kann keine Musik mehr hören.

Ohne den Zugang zu meinen Sinnen finde ich mich im Leben nicht mehr zurecht. Jeder Tag, seit Beginn dieser Depression, ist mir eine Last. Inzwischen habe ich nur noch wenige Kontakte. Ich habe mich zurückgezogen, weil ich mich so, wie ich bin, nicht mehr zeigen mag.
Als Treibgut würde ich mich derzeit bezeichnen.
Ich habe die Zusage für eine Tagesklinik bekommen, ein Hoffnungsschimmer, doch die Wartezeit erscheint mir immens, angesichts meiner desolaten Tage: 2 1/2 Monate. Ich weiß nicht, wie ich die Zeit überstehen soll. Ich bin weiterhin krank geschrieben.

Hat einer von euch ähnliches durchgemacht? Wenn ja, wie bist du aus der Krise rausgekommen, welche Wege haben dir geholfen?

09.07.2020 08:44 • 09.07.2020 x 2 #1


11 Antworten ↓


E
Hallo
Ich kenne das.
Du brauchst Geduld und Mitgefühl für dich selbst.
Vielleicht strebst du jetzt zu viel an du möchtest auf der Stelle gesund sein.
Es ist aber nicht so . Jede Krankheit braucht Zeit.
Mit Druck ,erreichst du nur eins , es wird schlimmer.
Dran arbeiten ist anders ..kleine Schritte gehen und auch Mal Pause .

09.07.2020 08:57 • x 1 #2


A


Abwärts im Strudel - wer weiß einen Rat?

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Calima
Zitat von Fiora:
Ohne den Zugang zu meinen Sinnen finde ich mich im Leben nicht mehr zurecht.

Nimmst du Medikamente? Dann wäre das eine Erklärung und würde die Frage aufwerfen, ob ihre hilfreiche Wirkung in angemessener Relation zum Preis steht, den du dafür zahlst.

Und was den Weg angeht. Ohne Veränderung in dem, was du tust, verändert sich nichts. Vielleicht könnte der Versuch, jeden Tag eine Sache anders zu machen als sonst eine Idee sein?

Kein umwälzendes Programm. Nur eine einzige Veränderung an jedem Tag. Heute mal früher aufstehen. Heute zehn Minuten spazieren gehen. Heute ein frisches Essen kochen. Heute eine Wechseldusche an den Beinen machen. Heute das Waschbecken im Bad putzen...

Egal was. Aber jeden Tag etwas Neues. Dann hast du ganz viel Neues ausprobiert, bis du in die Klinik kannst. Und vielleicht findest du dabei was, was dir taugt. Wenn nicht, kein Problem. Morgen probierst du ja wieder was anderes.

09.07.2020 09:16 • x 2 #3


Fiora
Ich danke dir für deine Antwort. Ich werde mir deine Ratschläge zu Herzen nehmen.
Was die Medikamente betrifft, da bin ich ratlos. In früheren Depressionen fühlte ich mich mitunter wie ein Versuchskaninchen. Es gibt eine lange Auflistung an Medikamenten, die ich ausprobiert habe, die jedoch nicht gewirkt haben. Derzeit nehme ich Duloxetin.

09.07.2020 09:32 • #4


Fiora
Zitat von tuffie 01:
HalloIch kenne das.Du brauchst Geduld und Mitgefühl für dich selbst.Vielleicht strebst du jetzt zu viel an du möchtest auf der Stelle gesund sein.Es ist aber nicht so . Jede Krankheit braucht Zeit.Mit Druck ,erreichst du nur eins , es wird schlimmer.Dran arbeiten ist anders ..kleine Schritte gehen und auch Mal Pause .


Ich danke dir für deine einfühlsamen und Mut machenden Worte. Es ist wahr, jede Gesundung benötigt ihre Zeit. Ich neige seit jeher dazu, mir Druck zu machen und es fällt mir schwer, dieses Muster, das ich seit meiner Kindheit in mir trage, abzulegen.

09.07.2020 12:18 • x 2 #5


E
Wow , du bist wieder auf den richtigen Weg.
Einmal hast du dich geschüttelt und schwupps wieder bei dir .
Das ist toll . Dir hat einen Impuls gefehlt .
Das ist typisch bei einer Angststörung

Da bleibt man drin stecken und stecken und dreht sich permanent im Kreis.
Es reicht wirklich nur einen Impuls dann geht's wo der voran

Druck war einmal ,heute , bist du erwachsen und du bestimmst wie du und was du haben möchtest

Das solltest du dir mehrfach am Tag bewusst machen , dass du kein Kind mehr bis .
Dass hineinfallen oder Kindheit geht sehr leicht . Vielleicht kannst du dir ein Püppchen besorgen , diese Puppe sympolisiert dich als Kind

Ich habe damit sehr gute Erfolge und Erfahrungen gemacht. Dialoge mit dir führen . Die Puppe bist du als Kind und du bist der einfühlsame Elternteil .
Das was dir in der Kindheit gefehlt hat.

09.07.2020 12:27 • x 1 #6


Fiora
Es fühlt sich so an, als ob mein inneres Kind krank am Boden liegt, und die Erwachsene in mir ist verzweifelt, weil sie es nicht gelernt hat, mit dem inneren Kind behutsam und einfühlsam umzugehen.
Das führt zu den blokierenden Ängsten.

09.07.2020 13:10 • x 1 #7


E
So fühlt dein inneren Kind an dann brauche es Wärme und Aufmunterung und liebende Worte.
Frage was dein Kind braucht ?
Ich als Kind bekam keine Zuwendungen oder Wärme .
Es geschieht sehr in unserer Kindheit , sprich, unserer Umwelt ,Tod , Krankheit , Trennung etc von Eltern oder Angehörige .
Die Kinder bleiben bei solchen Ereignisse meistens mit ihren Ängsten alleine zurück oder sie müssen sich erwachsen Benehmen.
Es kommt bei vielen Menschen dazu im erwachsenen alter ,dass die Gefühle dann Oberhand nehmen.
Der erwachsenen Mensch handelt dann so wie er noch fühlt zu Zeiten als es Kind war.
Mit ständigem nachfragen und Umdenken erreicht der erwachsene Mensch auf Dauer ein befriedigendes Ergebnis .
Er widmet sich seine Wunden zu und heilt die Wunden die seit Jahrzehnten in innen steckt .
Wir sind für unser Körper verantwortlich.
Ich habe Jahrzehnte auf eine Entschuldigung von aussen gewartet von denen die mich nie erhört oder abgewiesen hatten.
Damit verdrängte ich mich selbst in einer Opferrolle.
Dadurch entstehen Depressionen.

Es wäre zum Vorteil von uns allen wenn Kränkungen oder falsches verhalten erkannt werden könnte und dann es zu einer Entschuldigung käme .
Viele Menschen sind nicht gerecht .
Das ist so .
Diese Tatsache anzunehmen ist wünschenswert .

Enttäuschungen werden dann nicht zum Drama .
Lebe für dich .
Selbstachtung ist ganz wichtig und Selbstliebe in Form von sich immer wieder seinen Rücken stärken gerade dann wenn andere uns krumm machen wollen.

09.07.2020 14:26 • x 1 #8


E
Ein Dialog mit dem verletztes Kind kann sehr schmerzhaft sein.
Ich habe den Dialog im Beisein meiner Therapeutin gemacht und durchgehalten.
Anfangs war ich zu sehr entfernt von der Verletzung .
Ich spürte Jahrzehnte nur das Gefühl , Schmerz und Trauer und viele andere Gefühle.
Es braucht alles seine Zeit .
Schwere Verletzungen kommen erst dann hoch wenn unsere Seele reif dazu ist um das Geschehende zu verarbeiten .
Setze dich nicht unter Druck.
Alles ist so wie es ist .
Es wird bestimmt nur besser .

09.07.2020 14:56 • x 1 #9


Fiora
Ich danke dir für deine hilfreiche Antwort. Ich fühle mich von dir verstanden. Derzeit sitzt ein mir noch nicht bekannter Schmerz so tief, dass er alles überdeckelt. Es ist so, als ob ich den Deckel alleine nicht öffnen kann, weil es darunter gefährlich zischt und brodelt mit einer Kraft, die ich alleine nicht zu kanalisieren weiß.
Dieser Schwebezustand, das Wissen darum, dass ich aus der Blockade nur rauszukomme, wenn ich in den Brodelkessel reingeschaut und ihn mit fachlicher Hilfe verarbeitet haben werde, fühlt sich für mich ähnlich lähmend an, wie viele Jahrzehnte zurückliegend, die Prüfungsvorbereitungszeit vor meinem Abitur.

09.07.2020 15:14 • #10


E
Ich kenne das Gefühl. Das Töpfchen mit dem Deckelchen wird sich so wie deine Seele reif dazu ist sich mehr und mehr öffnen.
Ich wünsche dir viel Kraft . Diese wirst du haben müssen.
So , wie ich dich hier lesen darf besitzt du gesunde innerliche resilenz.
Sonst warst du schon längst durchgedreht .
Lasse dir Zeit.
Es freut mich sehr das wir uns auf diese Ebene gut verstehen.
Bestimmt ist es ein Reichtum für uns beide.

09.07.2020 15:21 • x 1 #11


Fiora
Ich danke dir von Herzen. Deine Worte sind das Schönste, was ich heute erfahren durfte.
Ich wünsche dir einen schönen Tag.
Liebe Grüße

09.07.2020 15:24 • x 1 #12


A


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