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A
Hallo liebe Forenmitglieder,

zunächst möchte ich etwas über meine Person sagen, da ich glaube, dass hier der Schlüssel zu diesem Problem liegt.
Ich bin männlich, 21 Jahre alt und lebe seit 3 Jahren mit meiner Freundin (18) in einer (man kann sie durchaus eine glückliche) Beziehung in der wir auch bald zusammenziehen werden. Nur gibt es da ein Problem, an dem ich verzweifle und nun hier einen Rat suche.
Mein Großvater war ein schwerer Raucher und ist nach fast 7 Jahren Kampf und unzähligen Chemos an Lungenkrebs verstorben. Mein Vater ist auch relativ schwerer Raucher, so dass die Ärzte bei einer kürzlichen OP Probleme mit der Beatmung hatten.

Und nun zu dem Problem- Vor unserer Beziehung hat meine Freundin hin und wieder mehr oder weniger zum Spaß oder Stressabbau (so nennt sie es) eine geraucht. Da ich ihr erklärt habe, dass ich damit ein wirkliches Problem habe hat sie es für mich gelassen, was bis vor kurzem auch wirklich geklappt hat (zumindest bilde ich mir das ein). Nun war der 18.Geburtstag einer gemeinsamen Freundin von uns und auf der Geburtstags Party hat sie mit allen zusammen eine geraucht und zu mir gemeint, ich solle mich nicht so haben, das sei ja nur weil es eben ein 18. Geburtstag war. Schwer und mit weggehen habe ich dem ganzen mehr oder weniger und missmutig einfach den Rücken gekehrt und mir gesagt, dass es ja nur einmal ist. Neulich war sie in Eile und hat mich gebeten ihren Rucksack für einen Ausflug zu packen. In diesem besagten Rucksack habe ich nun eine Schachtel Zig. gefunden und mir hat es sich fast den Magen umgedreht. Als ich sie darauf ansprach meinte sie nur, die seien alt (der Rucksack wird nur sehr sehr selten zu Wanderungen benutzt, liegt aber im Kleiderschrank) und ich solle ihr glauben, dass sie wirklich nicht mehr raucht, was ich auch tat, denn schließlich liebe ich sie ja auch über alles. Außerdem versprach sie mir, die Schachtel wegzuwerfen. Doch letzte Woche traf mich der Hammer voll ins Gesicht. Sie war eine Woche lang auf einem Schüleraustausch und als sie zurückkam, begrüßten wir uns natürlich wie es halt für ein Pärchen so ist. Als ich meine Freundin in den Armen hielt und ganz fest an mich drückte kam eine Schulkameradin von ihr und fragte, ob sie noch eine mit rauchen wolle, was sie natürlich verneinte. Doch darauf meinte besagte Schulfreundin nur: „Warum nicht? Die letzte Woche hast du doch auch kein Problem damit gehabt.“ Mir hat es die Sprache verschlagen, hebe sie losgelassen und bin nur ins Auto gestiegen und weggefahren. Sie ist dann mit dem Bus und der S-Bahn nach hause gekommen. Ich habe mit ihr den ganzen Abend kein Wort mehr geredet, weil nur schlechtes daraus gekommen wäre und jetzt weiß ich einfach nicht mehr weiter, mein Vertrauen ist komplett zerstört und dies alles nur, weil ich nicht damit umgehen kann bzw. es nicht verkrafte zu wissen oder gar zu sehen, dass sie sich das Gift, welches meinen Opa und beinahe meinen Vater umgebracht hat genüsslich zu sich nimmt. Ich bitte euch um euren Rat in dieser Sache und möchte mich für diesen doch sehr langen Text entschuldigen, ich habe mir einfach meine Gefühle heruntergetippt.
PS: ich habe mir erlaubt zu sehen ob sie die Zig. weggeworfen hat und nein sie waren wieder im Rucksack verstaut.

Mit Grüßen und auf eine schnelle Antwort hoffend
Allan

16.04.2013 00:32 • 20.04.2013 #1


2 Antworten ↓


D
Lieber Allan, liebes Forum.

Zunächst mal an Dich, Allan. Du bist nicht alleine mit dieser Angst; und es tut mir gut zu lesen, dass auch ich nicht alleine damit bin. Als ich Deine Zeilen gelesen habe, habe ich mich 1:1 wiedererkannt. Panische Angst, kein Vertrauen, heimliche Kontrolle von Verstecken. Negative Gedanken, auch wenn es akut gar keinen Grund gibt (zu geben scheint). Bei mir wiederholt sich diese Dynamik nun schon das zweite Mal in meinem Leben und ich habe große Angst, dass meine Beziehung daran kaputt geht.

Ich lebe seit einem Jahr in einer Beziehung mit einer 25-jährigen Frau, die 10 Jahre, lang geraucht hat. Wir haben uns rauchend kennengelernt und auch gemeinsam geraucht. Ja, auch ich habe geraucht, mehr oder minder regelmäßig und am Schluss stark. Mehr dazu unten (da würde es, glaube ich, an dieser Stelle zu früh zu psychologisch)

Es ist also so in meinen Beziehungen, dass ich über einige Monate überhaupt kein Problem mit dem schei. Rauchen habe und dann plötzlich -bumm- über Nacht kommt es. Ich kann die Beziehung nicht weiterführen, wenn das Rauchen weitergeht. Meine jetzige Freundin hat unter größten Erschwernissen aufgehört und ist jetzt - wenn sie die Wahrheit sagt - seit knappen 3 Monaten ohne Nikotin, sagt auch sie sei sehr stolz darauf, weil sie schon so lage hatte aufhören wollen und nie die Kraft hatte und jetzt die Liebe zu mir das letzte Quäntchen war, das Zünglein an der Waage. Aber sie sagt auch, dass sie mir nicht versprechen kann, dass sie nie mehr in ihrem Leben eine ansteckt oder wieder anfängt. Das tut mir furchtbar weh und ich werde innerlich völlig panisch. Gleichzeitig schäme ich mich jedoch, dass das Rauchen in mir eine derart starke Phobie und Panik auslöst, dass ich am liebsten immer noch jedes Mal davon laufen würde, wenn ich nur daran denke, dass sie vielleicht rauchen könnte, die Beziehung mit dem Holzhammer kaputt hauen will. Dieser Gedanke ist für mich, der ich nun auch knapp 3 Monate völlig ohne Zig. bin, furchtbar, weil ich damit ihre Leistung und Anstrengung und größte Mühe, eigentlich mit Füßen trete. So viel zur Beziehung, weiter unten nun ein paar Gedanken zum Warum?. Denn eigentlich, das sagt mir mein Kopf, dürfte mir das gar nichts ausmachen, jeder Mensch ist frei in seinen Entscheidungen. Aber das ist nur der Kopf, meine Gefühlswelt ist unkontrollierbar und spricht eine genau gegensätzliche Sprache.

Ich möchte kurz meine Geschichte erzählen, zumindest in Ausschnitten. Sie dient mir selbst zum Verständnis, bis zu einem gewissen Grad, aber sie darf mir auch nicht als Entschuldigung dienen. Das Problem mit dem Rauchen liegt nicht bei meiner Freundin, sondern die Phobie entsteht in mir. Die Tatsache, dass sie raucht hat sicher auch einen Grund (Stichwort: Flucht aus einer Realität, Alleinsein, Unzufriedenheit mit sich etc.), aber ich will bei mir bleiben.

Ich hatte eine durchwachsene Kindheit. Mit Eltern, die mich sehr geliebt haben, die aber unglaublich viele Probleme hatten. So viele Probleme, dass sie beide in eine psychosomatische Klinik mussten. Zuerst mein Vater, dann meine Mutter. Ich könnte da jetzt viel erzählen an Hintergründen, aber es ist glaube ich in den Details nicht so wichtig. Mein Vater ging also zuerst in diese Klinik, nach einem sehr schweren Unfall, der eine Kopf-OP und schlimme Depressionen zur Folge hatte, an denen er aber immer schon litt. Dort hat mein Vater dann meine Mutter betrogen. Meine Mutter, mit der ich zu Hause lebte brach zusammen. Auch meine Mutter hat eine sehr heftige Lebensgeschichte. Als der Aufenthalt meines Vaters zu Ende ging, ging dann meine Mutter in die Klinik. Ich lebte mit meinem Vater, der aber nicht gesund war, mich vernachlässigte und weiter meine Mutter betrog. Das habe ich bemerkt und als 9-jähriger meiner Mutter Briefe geschrieben, Hilferufe, sodass ich dann geholt wurde und über einige Wochen in der Klinik gelebt habe. Das hatte ich völlig vergessen und verdrängt. Ich weiss es erst seit einer Woche. Ich habe mich in psychotherapeutische Behandlung gegeben, mir fehlen Erinnerungen an viele Jahre Kindheit.

Zurück zu den Zig.. Meine Mutter war Raucherin - und ist es bis heute. In der Klinik hat sie aufgehört zu rauchen und war darauf sehr stolz. Für mich als Kind war das ein Symbol von jetzt wird alles wieder gut.. Als sie dann nach Hause kam aus der Klinik und mit meinem Vater alles so schwierig war, hat sie heimlich wieder angefangen und mich belogen, als ich sie damit konfrontierte. Ich glaube in dieser Phase ist meine Phobie geboren worden. Wenn ich es nicht aushalte, dass meine Freundin raucht, wiederholt sich meine Geschichte und der kleine David will eigentlich nicht, dass seine Mama raucht. Das nennt man Projektion. Das weiss ich, aber ich kann es nicht abstellen, ich weiss, dass es sie gibt, aber das hilft kaum etwas. Das Interessante ist auch, dass ich überhaupt keine Probleme damit habe, dass meine Mutter wieder raucht heute. Das kommt nur in Beziehungen. Das kann man jetzt sicher tiefenpsychologisch und im Sinne von Freud analysieren: Stichwort Freundin als Mutter, Verwechselung der Beziehungsebenen. Wut und Angst, weil Mutter wieder anfängt, abgekapselt und dann auf Freundin übertragen, wenn die Beziehung intensiv wird. Ein Dämon der Kindheit, der mich so plagt, dass ich nur davonrennen will. Ich hasse mich für ihn.

Die Beziehung zu meiner Mutter ist gut, wir reden auch sehr sehr offen über all das und ich möchte meine Probleme in den Griff bekommen. Denn man kann niemanden ändern außer sich selbst. Man kann nur hoffen, dass der andere Dinge tut, damit es einem selbst nicht so weh tut, aber man kann sie nicht erwarten und darf nicht enttäuscht sein, wenn die Hoffnungen nicht erfüllt werden. Das sagt mein Kopf. Aber mein Kopf sagt mir auch, dass ich nicht mehr leiden will. Meine Mutterbeziehung ist gut, aber sie ist auch oft keine Mutter-Kind Beziehung, vor allem seit mein Vater gestorben ist, nach langer Krebserkrankung. Damals war ich 15 Jahre alt.

Eine Lösung für unser Dilemma, Allan, habe ich nicht. Weder für Deines noch für meines, aber ich stehe auch noch am Anfang meines Weges und hoffe, dass erfahrenere Mitglieder des Forums sich zu Wort melden. Ich habe Hilfe bitter nötig, aber ich hab große Kraft in mir und will meine Angst besiegen.

Ich fühle mit Dir,

David.

20.04.2013 11:58 • #2


A
Lieber David,

vielen Dank für deine Antwort, es tut gut zu wissen, dass man mit der Angst nicht alleine ist. Meine Beziehung zu meinen Eltern ist an sich gut, lediglich in meiner Kindheit hatte ich Probleme mit meiner Mutter.

Ich hoffe, dass erfahrenere Mitglieder uns beiden mit diesem Problem helfen können, bevor wir unsere Beziehung zerstören.

Grüße
Allan

20.04.2013 13:17 • #3





Prof. Dr. Borwin Bandelow