Hallo
Arbeiten und soziale Phobie passt nur bedingt zusammen. Ich war auch 5 Monate
ohne Arbeit, und es ist schwer was zu finden, vor allem weil ich lieber allein arbeite.
Es gibt dann einfach weniger Probleme. Nach ewig vielen Bewerbungen endlich ein
Job, musste ich einfach nehmen, wer weiß wann die nächste Chance kommt.
Seit Ende März bin ich dort. Aaaaber: Sehr viele Menschen um mich drumrum,
Hektik und Chaos, harter Umgangston, 60 - 70 Wochenstunden. Also alles nicht
besonders gut für eine soziale Phobie, oder doch? Die erste Auswirkunge nach ein
paar Wochen Arbeit war die, das der unerträgliche Schmerz der Einsamkeit wie
weggeblasen war. Kein Wunder, wenn ich 10 - 12 Stunden täglich unter Menschen bin
und zudem auch Kundenkontakte habe. Die zweite Auswirkung machte sich in meinem
Privatleben bemerkbar: Die Angst unter Menschen zu sein sank rapide ab, auch reden
fällt mir um ein vielfaches leichter. Das lag erstens daran, das auf der Arbeit viel
geredet werden muss, also wurden Redehemmungen abgebaut. Zweitens ist die
Arbeit körperlich extrem schwer, dadurch wurde mein Körper bis in die letzte Faser
beansprucht. Das führte wiederum dazu das ich besser ruhen konnte, und Verspannungen
sich auflösten, was zu einer besseren Artikulation führte.
Was im Privaten Bereich Positiv war, funktioniert auf der Arbeit nur bedingt. Denn die
eben genannten Vorteile haben alle dort. Auf der Arbeit selbst kämpfe ich nach wie
vor mit der Phobie. Um meiner Laune auf die Sprünge zu helfen, meditiere ich vor
und nach der Arbeit circa 40min. Die Meditation reduziert Gedanken an die Zukunft auf
ein Minimum, verarbeitet belastende Erlebnisse und intensiviert die momentane
Präsenz. Leider hält das nur etwa 3 Stunden an. Und zwischendurch meditieren ist
nur selten, und dann auch nur für 10 - 15min möglich. Natürlich so, das es niemand
mitbekommt, also wenn ich rausfahre zu Kunden.
Die ärgsten Probleme ergeben sich im richtigen Reden auf der Arbeit. Es wird ausgenutzt,
das ich offensichtlich Ängste habe mich mittels Kommunikation zur Wehr zu setzen.
Gezielt wird die Schuld in meine Richtung geschoben, Widerstand zwecklos. Leute die
besser Reden können, nutzen diese Fähigkeit aus, um meine Position zu schwächen und Ihre zu stärken. Teilweise wird mit erstaunlichen Methoden gearbeitet um bloß kein
eigenes Versagen auf sich zu nehmen, es möglichst auf andere zu schieben, am besten
auf mich. Auch im Bereich der Kundschaft wird ähnlich gehandelt, der eigene Frust wird
möglichst woanders abgeladen. Natürlich mache ich auch Fehler, aber so viele sind
es auch nicht.
Fazit: Einkommen gut, einige Ängste sind reduziert, ein paar sind stärker geworden und
kaum noch Freizeit.
Ich bin bereits kräfig am suchen nach einem Halbtagsjob der weniger belastend ist.
Da ich mich neben dem Beruf selbständig mache, brauch ich einfach mehr Zeit.
Ich weiß, wenn das Dilemma mit dem zur Wehr setzen und richtigem reden
auf der Arbeit nicht wäre, wäre jeder Job tausendmal erträglicher.
Deswegen mein Aufruf an Leser aus Rhein Main:
Lasst es uns lernen, ich habe genug Ideen, wir könnten uns zu diesem
Zweck treffen. Wer sich an diesem Punkt weiter entwickeln will, kann mir
eine PM schicken.
10.06.2010 09:20 •
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